Kapitel 39
KAPITEL 39
~ May's Sicht ~
"Hi, ich will ja nicht stören", hörte ich jemanden vorsichtig sagen.
Ich drückte den grummelden Marco von mir weg und blickte zu einer Mitarbeiterin, die bei uns stand.
"Falls Sie es nicht mitbekommen haben, dass tun Sie mit Ihrer Anwesenheit", entgegnete ich und versuchte somit meine Scharmesröte, wegen dem rumgeknutsche mit Marco zu überdecken. Und dann kam eben unfreiwillig die nicht gerade charmante Seite bei mir raus.
Trotzdem färbten sich meine Wangen immer mehr und nicht nur, weil Marco mich anschaute und verschmitzt grinsen musste.
"Sie haben ziemliches Chaos angerichtet", fing die unsichere Mitarbeiterin noch mal von vorne an.
"Wir werden das gleich weg machen", sagte Marco höflich.
"Das Konfetti und dann noch eine doppelte Entschuldigung für die Seniorengruppe."
"Eine doppelte?", fragte ich. "Er hat doch nur einmal deren Tisch abgeräumt."
"Die Damen und Herren fanden das andere nicht gut."
"Was?", zischte ich und konnte es mir einfach nicht verkneifen, die Frau wegen ihrer Unsicherheit noch unsicherer zu machen.
Sie fuhr ängstlich zusammen. "Als Sie sich-"
Mit zitternder Stimme blickte mich die Frau an.
"Um, ich h-hole was damit ich das sauber machen kann."
Die Frau drehte sich um und ließ Marco und mich stehen.
"Musste das sein?", fragte Marco mich.
"Keine Ahnung was mit mir los war", meinte ich und zuckte mit den Schultern.
"Wir sollten das hier sauber machen, bezahlen und nach hause fahren, bevor noch irgendwas kaputt geht, oder die Frau sich wegen dir in die Hosen macht."
"Sehe ich genauso", meinte ich.
Die Frau kam wieder und bat mich bei Seite zu treten.
Ich streckte meine Hände aus und sie dachte, ich würde ihr eine rein hauen, weshalb sie Kehrfeger und Kehrblech fallen ließ und mit einem kurzen Schrei von mir weg lief.
Ich runzelte nur die Stirn, während Marco verwirrt hinter her schaute.
"Merkwürdig", murmelte er.
"Wen sagst du das", nuschelte ich und machte mich daran, dass Konfetti aufzusammeln, während Marco zu dem alten Leuten ging, um sich zu entschuldigen.
Nachdem Marco dann auch noch bezahlt hat und die Rechnung der Seniorengruppe gleich mit übernahm, machten wir uns wieder auf den Weg zum Parkplatz.
Der Club an dem wir vorbeigingen, war schon ziemlich voll und die Musik dröhnte aus den Boxen.
"Lust zu feiern?", fragte Marco mich, der neben mir her ging. Er deutete auf den Club und ich schüttelte nur meinen Kopf.
"Ich mag diesen Club nicht", murmelte ich und schloss das Auto auf.
"Wieso?", fragte Marco.
"Da sind mindestens die Hälfte meiner Klassenkameraden drinnen. Von der Grundschule bis hin zur Berufsschule."
"Aber du willst feiern?", hakte Marco nach und schloss die Beifahrertür ohne einzusteigen.
"Könnte ich auch mal wieder", nickte ich.
"Gut, dann bestelle ich ein Taxi und wir fahren nach Braunschweig in diesen Club wo Marcel und du immer wart."
"Privileg, der Russen-Club", sagte ich.
"Oder so", meinte Marco. "Dann lassen wir Emma hier stehen-"
"Ich denke nicht, dass sie mich mit Sneakers und Jeans in den Laden lassen. Lass uns lieber nach Hause fahren."
"Aber du kommst nur nächsten Cocaine-Party mit? Du warst noch nie da gewesen."
"Mal gucken", meinte ich und Marco steckte sein Handy wieder weg.
"Nichts hier mit mal gucken", sagte Marco und stieg ein. "Du kommst mit und Basta-Pasta."
Seufzend stieg ich ebenfalls in mein Auto und wollte gerade den Motor starten, als Marco meinte, dass es gerade mal halb neun war. Auch ich war verwundert.
"Erst?", fragte ich und nahm die Hand vom Schlüssel im Zündschloss.
"Erst", sagte Marco nachdenklich. "Bock auf Kino?"
"Uiiii, da fällt mir sofort ein Film ein in den ich schon die ganze Zeit gehen wollte", grinste ich.
"Ich werde es vermutlich bereuen. Aber ich lasse dich aussuchen und mich überraschen."
"Cool", freute ich mich wie ein kleines Kind, was Marco nur zum lachen brachte.
Während Marco abseits stand und durch eine Zeitschrift blätterte, welche Filme den noch im Kino kommen werden, stand ich in der Reihe um mir Karten zu kaufen.
"Hi, zwei mal Magic Mike XXL", sagte ich zu der Verkäuferin.
Oh man, der Arme wusste nicht auf was er sich da einließ.
Ich hatte das gleiche schon mal mit Marcel gemacht beim ersten Teil. Das Kino war proppenvoll und er war der einzige Kerl zwischen dem kreischenden Frauen gewesen. Die erste Stunde des Filmes hat er mich sauer angestarrt, ehe er eingeschlafen ist.
"Darf es noch was sein?", fragte sie mich und druckte die Karten aus.
"Nein, danke", meinte ich.
Das Kino war leicht überteuert, also ließ ich das essen und die Getränke weg. Ich war vorher noch im E-Center neben an und habe etwas zu essen und trinken für uns eingekauft.
"Kommst du", sagte ich zu Marco, der von der Zeitung aufblickte.
"Sichi", meinte er und legte die Zeitung weg. Als er mir die Karten aus der Hand reißen wollte, zog ich meine Hand zurück.
"Warte einfach ab", zischte ich und Marco seufzte nur.
Nachdem wir die Treppen zum Saal hoch gingen, hörte ich schon viel Gegacker von verschiedenen Frauen.
Als wir um die Ecke gingen erstreckten sich Reihen von Sitzplätzen und die Mädchen blickten irritiert dein einzigen Hahn in der Runde an.
Ich musste grinsen und bahnte mich den weg nach oben durch, während Marco sich an meiner Hand festklammerte und die Blicke der Frauen ertragen musste.
"Entweder ist der Schwul, oder seine Freundin hat ihn einfach nur im Griff", hörte ich eine Frau mittleren Alters zu ihrer Freundin sagen.
Diese nickte nur zustimmend und stopfte sich Popcorn in den Mund.
"May!", zischte Marco, der das anscheinend auch gehört hatte.
Wir beide setzten uns in unsere Reihe, direkt am Rand, ganz hinten und Marco hielt immer noch meine Hand fest.
Die Frauen blickten ihn immer noch an und Marco rutschte weiter in den Sitz hinein.
"Ich glaube die haben mich erkannt", flüsterte er.
"Japp", meinte ich und drehte mein Kopf von ihm weg, damit er nicht sehen konnte, dass ich grinsen musste. Das liegt natürlich daran.
Der Arme ahnte immer noch nichts, als sich der Raum verdunkelte und die Vorhänge aufgingen. Die Frauen drehten sich jubelnd zum Vorhang, was aber schnell wieder leise wurde, als nur Werbung gezeigt wurde.
Ich drehte mich zu Marco, der zur Leinwand schaute und musterte sein Gesicht.
"Was?", fragte er und schaute immer noch zur Leinwand.
"Ach, nichts", grinste ich und zog mir auch die Werbung rein.
"Okay", meinte Marco und lehnte sich zu mir rüber. Ich dachte, dass er mich wieder küssen wollte und drehte mein Gesicht ebenfalls zu seinem. "Smarties, hätte ich gerne."
"Aber natürlich kriegst du deine Smarties", meinte ich leicht zischend, machte meine Handtasche auf und drückte Marco die Pappröhre mit den Smarties in der Hand. Dieser freute sich wie ein kleines Kind riss ungeduldig, das Klebeband von der Öffnung. Jeder normale Mensch schüttete sich die Smarties in die Hand, aber nicht Marco. Er lehnte seinen Kopf nach hinten, riss seinen Mund auf und schüttete sich die Smarties in den Mund. Mindestens die Hälfte ging daneben und landete in seinem Schritt, die er alle aufsammelte und sich in den Mund stopfte. Seine Augen wanderten zu mir. "Ja?", fragte er mich mit vollem Mund.
"Nichts, friss nur weiter", antwortete ich. "Krieg ich auch ein welche?"
"Nein, die hab ich mir ausgesucht. Das sind meine. Du hättest dir selber welche mitnehmen sollen", meinte er trotzig.
"Komm schon, ich hab die auch bezahlt. Nur ein paar."
"Ein paar?", fragte Marco und blickte mich nachdenklich an. "Okay, die kriegst du."
Ich hielt in meine Hand hin und letztlich legte er mir nur zwei Smarties hin. Und ich verstand. Ein Paar.
"Ich mecker jetzt nicht herum, sondern genieße diese beiden Smarties."
"Solltest du. Bedanke dich auch schon für die Kleinigkeiten in deinem Leben", meinte Marco und schüttete sich den Rest in den Mund. "Nah, die sind schon wieder leer. Wieso eigentlich immer so schnell."
Marco blickte verzweifelt und mit vollgestopften Mund auf die Packung und ein paar Smarties schossen aus seinem Mund. Das Beste kam ja jetzt auch noch. Vor uns saß eine Frau mit einer gewaltigen Lockenmähne und darin verfingen sich mindestens drei Smarties. Und die Frau bekam davon nichts mit.
Ich fing an zu lachen und Marco blickte mich verwirrt an. "Was denn?", wollte er wissen, nachdem er aufgekaut und die Smarties runtergeschluckt hatte.
Ich zog mein Handy hervor und ging auf Memos, wo ich etwas eintippte. Das musste die Frau jetzt auch nicht mitkriegen.
Du hast der Frau vor dir, die Smarties in die Haare gespuckt und nun haben diese sich verfangen
Marco fing nur an zu lachen und schien sich gar nicht mehr einzukriegen. Auch, wenn nur die Werbung läuft, beschwerten sich einige Frauen, dass er doch bitte leise sein soll.
Ich hielt Marco den Mund zu und er hörte auf zu lachen. Er drückte mir einen kleinen Kuss auf die Handfläche und ich war endlich froh, dass die Werbung vorbei war und es so aussah, als ob der Film los ging.
"Entschuldigung, ich müsste da mal durch, Entschuldigung. Ich hab Probleme mit der Blase", meinte eine indische Frau um die fünfzig und mit den typischen indischen Akzent und quetschte sich durch die anderen Leute hindurch.
"Beine anziehen", meinte ich zu Marco.
"Wieso sitzen wir genau am Gang?", fragte er mich.
"Ich weiß es nicht. Vermutlich weil die anderen guten Plätze belegt sind", entgegnete ich und zog meine Beine an. Die Frau blieb vor mir stehen und wirkte nachdenklich.
"Ich muss noch mal zurück. Ich hab meine Handtasche vergessen."
Ein genervtes Raunen ging durch die Reihe und die Frau quetschte sich ihren Weg wieder zurück. Marco meinte nur: "Typisch, Frauen."
Das war ein wenig zu laut, sodass einige Frauen zu ihm herum drehten und ihn sauer anblickten. Marco ließ sich darauf hin, nur noch weiter in den Sitz zurücksinken und murmelte: "Ich will nach Hause."
"Nach dem Film", meinte ich und schnappte mir die Paprikaerdnüsse aus meiner Handtasche.
"Entschuldigung, Entschuldigung. Ich müsste noch mal durch. Danke. Huch, eine Tasche. Tut mir leid."
"Und da ist sie schon wieder", meinte Marco und setzte sich gerade hin.
Ich zog meine Beine an und war froh, dass es die indische Frau endlich geschafft hatte und die Treppen herunter lief.
"Die kommt noch wieder, dass ist dir schon klar", meinte Marco.
"Ja, das ist mir schon klar", murmelte ich und endlich, endlich fing der Film an.
Kaum wurde das erste Mal Channing Tatum eingeblendet, blickte Marco zu mir. "Ehrlich?"
"Was meinst du?"
"Das ist dieser Film mit den Strippern?", zischte er.
"Quatsch. Nein. Ist ein Kriegsdrama", antwortete ich und war innerlich am Lachen.
"Achso, okay", meinte Marco und wandte sich wieder der Leinwand zu.
Bis er mich keine halbe Stunde später wieder anblickte. "Lügnerin. LÜGNERIN!", flüsterte er mir ins Ohr und ich musste grinsen. Das er das erst realisiert hatte, als die Jungs erst strippen mussten. Herrlich, dieser Kerl neben mir.
Während ich den ganzen Film mit offenen Mund da saß und Channing, Matt, Joe und deren durchtrainierten Körper und vor allen Dingen Channings Tanzeinlagen, saß Marco grummelnd neben mir und fand urplötzlich die Schnürsenkel seiner Sneakers hochinteressant.
Und die indische Frau? Die war mittlerweile gerade zum zwölften Mal zum Klo gelaufen. Das nächste mal, werde ich ihr ein Bein stellen. Das kann sich ja nicht sehen. Der Boden ist ja dunkel. Kann ja meine Handtasche gewesen sein. Marco war auch deswegen genervt gewesen, da die Frau ihn schon drei mal auf den Fuß getreten ist und einmal sogar auf seinen gebrochenen Zeh.
"Willst du auch Kuchen?", fragte Zoe, gespielt von Amber Heard - Johnny Depps Ehefrau - Channing.
"Was?", fragte Channing und zog eine Schnute, was sämtliche Frauen in diesem Raum, zum "Aaaaw", sagen bewegte. Mich eingeschlossen. "Nein, ich mag lieber Kekse."
"Ich auch", meinte ich und starrte den Schauspieler weiter an.
"Oh Gott", nuschelte Marco neben mir und schüttelte seinen Kopf.
Ich sah, dass die Inderin wieder kam, während Marco weiter mit den Schnürsenkeln seines rechten Schuhs herumspielte. Gerade als ich sagen wollte, dass er doch bitte sein Fuß einziehen sollte, schob er sein Bein nach vorne und die Frau flog in den Gang.
"Woah!", rief ich.
"Hoppla", meinte Marco unbeeindruckt und spielte weiter an den Schnürsenkeln herum.
"Fall nicht hin-du", sagte ich zu der Inderin und wollte ihr aufhelfen.
"Was war dass den?", fragte sie geschockt.
"Ich denke, das war meine Handtasche. Tut mir leid", meinte ich und warf Marco einen Blick zu, er zuckte nur mit den Schultern und ich half der Frau auf. "Haben Sie sich wehgetan?"
"Nein, schon in Ordnung. Machen Sie sich keine Vorwürfe. Passiert jeden Mal. Danke."
"Wirklich, es tut mir leid."
"Ist schon okay."
Ich ließ mich wieder in den Sitz fallen und die Frau ging humpelnd weiter. Dann wandte ich mich zu Marco und blickte ihn fassungslos und auch belustigt an. "Wat is denn los mit dir?"
"Ich hatte es kommen sehen, dass die wieder auf meinen Zeh tritt", flüsterte er. "Falls du es nicht weißt, aber das tut weh."
"Ist ja gut, aber die hätte sich das Genick brechen können und dann?"
"Sie lebt noch", meinte Marco. "Keep calm und guck dir da deinen Channing-ich-steh-nur-auf-Kekse-Tatum an. Und versuch nicht mehr zu viel zu sabbern. Vermutlich ist die Inderin, deswegen ausgerutscht, oder es war eine andere Körperflüssigkeit-"
"Psssst", ging es durch den Saal.
"Ja, pssst, Mr-von-und-zu-eifersüchtig," zischte ich ebenfalls. "Und was meinst du mit andere Körperflüssigkeit?"
"Komm, als ob du nicht weißt, was ich damit meine. Im Ernst May, du bist keine Nonne. Du weißt genau, was ich gemeint habe", sagte Marco und wandte sich wieder seinen Schnürsenkeln herum.
"Du bist so was von eifersüchtig", murmelte ich.
"Bin ich nicht", knurrte er, aber in seinem Blick sah ich ihn an, dass er am liebsten die Leinwand samt Channing Tatum, abgerissen hätte.
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Wer den Satz mit der Inderin 'fall nicht hin du' kapiert hat, kriegt eine Rolle im nächsten Kapitel.
Wer zu erst kommt mahlt zu erst :)
(Hier bitte die höchst wissenschaftlichen Vermutungen)
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