Kapitel 26
KAPITEL 26
~ Marco's Sicht ~
Während May sich um die Schnitzel kümmerte, die sie in Ei, Mehl und Paniermehl wälzte und salzte und pfefferte, kümmerte ich mich um den Salat und schnitt die Salatzutaten.
Kane konnte ich von der Küche aus beobachten, der im Zimmer saß, mit dem Blick zu mir, die Arme vor der Brust verschränkt.
Seine Augen folgten jeder meine Bewegungen. Anscheinend habe ich gerade voll bei Kane verschissen.
"Hast du mir eigentlich den Kicker mitgebracht?", fragte ich May.
"Ach, Scheiße, tut mir leid", meinte May und sie klatschte das Schnitzel unliebsam in die Pfanne.
Das Öl war schon erhitzt und es fing an zu zischen.
"Macht nichts, dann hol ich mir die auf dem Nachhauseweg."
"Bevor du wieder öffentliche Verkehrsmittel nimmst und blöd angeguckt wirst, fahre ich dich."
"War nur der Busfahrer, der mich blöd angeguckt hat. Die schon todwirkenden Omis und Opis haben das gar nicht realisiert. Ich denke, die Hälfte der alten Leute, wusste noch nicht mal das sie in einem Bus sitzen."
"Naja, oder die wissen nicht, dass sie schon längst tot sind", lachte May und ich stimmte mit ein.
"Oder so", meinte ich. "Kane ist sauer auf mich."
"Ach Quatsch, er liebt dich. Wieso sollte er sauer-"
May blickte mich fragend an, als ich zu ihr auf blickte.
Ich zeigte auf Kane und sie folgte meinem Arm, bis sie zu Kane guckte.
"Jesus, er ist wirklich angepisst", bemerkte May. "Ich hab die Hoffnung schon aufgegeben, dass der Tag mal kommen würde und hier ist er Ladys und Gentlemen."
Ich seufzte nur. "Das ist ein bescheuertes Gefühl, wenn er mich so anguckt."
"Denk nicht mal daran nachzugeben. Wenn du schwach wirst und ihn jetzt die Oreos gibst, macht er es immer wieder, da er weiß, dass du immer als erster nachgibst. Das ist schon richtig so, wie du es gehandhabt hast."
"Okay, trotzdem sein Blick brennt", sagte ich und wollte mich umsetzen- mit dem Rücken zu Kane.
"Glaub mir. Wenn er direkt ins Gesicht starrt, brennt das nicht so dolle, wie im Rückenmark", warf May ein, noch bevor ich mit meinem vier Buchstaben auf den Stuhl Platz nehmen konnte.
Ich setzte mich wieder mit dem Gesicht zu Kane, da es gerade schon die drei Sekunden im Rücken gebrannt hat, als Kane's Blick meinen Körper durchbohrt hat.
"Ignorier Kane und schneide die Tomaten doch in mundgerechte Stücke, Marco", sagte May und hielt mir eine ungeschnittene Tomate vor die Augen.
"Ich hab nur dieses Grünzeug da aus der Tomate entfernt. Die ist noch nicht fertig", rechtfertigte ich mich.
"Klar", meinte May, gab mir einen leichten Klapps auf den Hinterkopf und wandte sich wieder den Schniffeln zu.
Nachdem wir beide den Tisch gedeckt hatten, wandte sich May zu Kane, der immer noch im Zimmer saß und in die Küche starrte. Er hatte sich immer noch nicht gerührt, keinen Zentimeter. Und das mehr als einer Stunde.
Das war das erste Mal, dass mir mein Sohn gerade angst machte.
"Kommst du essen?", fragte May Kane. Dieser schüttelte seinem Kopf und drehte sich mit dem Rücken zu uns.
"Okay, mehr Schnitzel und Oreos für Mama und Papa", sagte ich und setzte mich an den Tisch.
May ging ins Schlafzimmer und hob Kane einfach hoch.
Er schrie auf und wackelte mit den Beinen herum. "Neeeein", meinte Kane.
"Willst du, dass dein Vater die ganzen Oreos auffrisst. Schön langsam und genüsslich vor deinen Augen."
"Nein!", kreischte Kane. "Runter."
"Wenn du gegessen hast", sagte May und setzte ihn in seinem Hochstuhl ab. Kane schaute grimmig auf den Tisch und verschränkte die Arme vor der Brust.
"Schnitzel?", fragte ich.
"Pff", machte Kane abwinkend und wich meinen Blick aus.
"Gut, dann nicht. Dann kriegst du auch keine Oreos."
Kane zuckte trotzig mit den Schultern. "Trotzdem bleibst du hier sitzen", meinte May und tat sich den Salat auf. Wir beide waren kein großer Fan von Salatsoßen, also ließen wir die weg.
Kane ließ verzweifelt seinen Kopf auf den kleinen Tisch des Hochstuhls fallen und hielt sich die Hände an den Schläfen. Das tat er nur, um uns nicht zugucken zu müssen, wie wir genüsslich über die Schnitzel herfielen.
"Passt du nachher auf Kane auf, während ich zum Fitty fahre?", fragte May mich.
"Ich wollte mit ins Fitty und heimlich Elenas Reaktion beobachten", antwortete ich grinsend.
"Ihr beiden bleibt hier und ich Regel das alleine. Keine zwei Stunden."
"Du willst zwei Stunden mit deiner Mutter reden?", fragte ich.
"Zehn Minuten reden und die restlichen Minuten Probetag machen", grinste May. "Hab mich da für den Yogakurs angemeldet."
"Du und Yoga ehrlich?"
"Ja, wieso nicht", meinte May schulterzuckend.
"Du weißt schon, was beim letzten Mal nach dem Yoga gewesen war?"
"Hat dir Tuğba das wirklich erzählt?"
"Ja", nickte ich. "Normale Leute sind nach Yoga tiefenentspannt, nur du nicht."
"Ich war voll tiefenentspannt", motzte May rum.
"Ach, is das so?", fragte ich. "Dann bist du während der Nachhausefahrt, nicht sauer auf den dichtauffahrenden Capriofahrer gewesen? Und hast dann nicht bei siebzig Stundenkilometern, die hintere Scheibenwischanlage angemacht, sodass der Kerl nicht die ganze Scheibenwischflüssigkeit abbekam?", fragte ich grinsend.
"Naja, danach hat er auch endlich mal Abstand gehalten", murmelte May.
"Nachdem du nicht angehalten hast und nicht zu dem Kerl gegangen bist, der wegen dir keine Vollbremsung machen musste und du den Kerl so überhaupt nicht am Kragen gepackt hast und er wollte auch nicht die Polizei rufen?"
"Okay, dann war es eben so. Ich bin halt eine sehr impulsive Autofahrerin."
"Impulsiv, beleidigend, aggressiv. Du bist die weibliche Form eines Vin Diesels. Nur mit Haaren, kleiner, weiblich, mit Brüsten. Du bist ein Bleifuß. Wenn du siehst du kannst schnell fahren, dann trittst du voll in die Bretter."
"Nur wenn Kane nicht dabei ist", warf May ein.
"Wie rücksichtsvoll von dir."
"Musst du gerade sagen", sagte May feixend.
"Ja, stimmt", meinte ich und kratzte mich an der Schläfe. "Okay, hast gewonnen."
"Naja. In Braunschweig habe ich an der Ampel einen aufgemotzten Mustang abgehängt", grinste May. "Das mit einem 2000er Ford Fiesta und Burnout. Der Kerl hat doch nur dumm aus der Wäsche geguckt."
"Oder hat gesehen, dass du eine Frau bist und hat dich gewinnen lassen."
"Eine Frau die Burnouts kann-"
"Ja und Donuts, ich weiß. Du hast dir schon so oft neue Hinterräder gekauft."
"Gekauft nicht. Geschenkt bekommen. Von meinem Onkel. Er hat doch eine Werkstatt in Berchtesgarden. Ich hab im Keller zig Reifen, die ich abfahren darf."
"Ich mag dein Onkel, dass er das Risiko eingeht, dass du deinen Lappen und höchstwahrscheinlich dein Leben verlierst."
"Ja, solange ich keine illegalen Autorennen fahre", murmelte May.
Komischer Unterton!
"Nee!", meinte ich fassungslos.
"Ehrlich, dass käufst du mir ab? Als ob ich mit Emma Autorennen fahren könnte", beruhigte May mich wieder. "Aber vielleicht mit deinem Aston."
"Was!?"
Sie lachte. "Das man dich auch immer so leicht verarschen kann."
"Ich hoffe es war ein Scherz."
"Ist es. Genauso wie mit den Reifen in meinem Keller. Sind nur Winterreifen unten."
"Wie gesagt ich hoffe es", wiederholte ich mich.
"Kannst beruhigt sein. Ich mach das nicht. Aber du machst was."
Na ihr Glück. Ich denke mal die Cops wollten nicht May's Überreste von der Straße kratzen und zusammen puzzlen, damit ich sie letztlich im Leichenschauhaus identifizieren könnte.
"Und was?"
"Das Geschirr nach dem Essen in den Geschirrspüler räumen."
"Klaro", meinte ich und blickte zu Kane, der immer noch so da hang.
Ich fuhr ihn durchs blonde Haar, doch er schlug nur meine Hände weg.
"Er hasst mich", meinte ich.
"Wenn du ihn du weißt schon was gibst, dann bestimmt nicht mehr."
Wow. In May's stimme konnte ich riesen Hoffnung für eine Versöhnung mit meinem Sohn heraushören.
"Hoffentlich", meinte ich und wandte mich wieder meinem Schnitzel zu.
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