Kapitel 171

KAPITEL 171

~ May's Sicht ~

Ich drehte mich im Bett auf die andere Seite, um automatisch meine Arme um Marco zu schlingen, aber er war nicht da. Ich fasste ins leere. Erst an seinem Kissen und dann auch weiter runter. Nichts. Vermutlich war er wieder aus dem Bett oder so gefallen. Passierte ihn ja eigentlich andauernd. Ich drehte mich auf Marco's Bettseite und sog den Duft von ihm aus dem Kopfkissen ein.

Gott. Dieses Aftershave machte mich verrückt. Ich schnappte mir Marco's Handy, welches auf seinem Nachtschrank lag und schaute nach wie spät es war.

Fünf Uhr morgens. Herrjemine. Ein schmunzeln breitete sich auf meinen Lippen aus, als ich das Sperrbild sah. Ein Bild von Kane und mir. Ich leuchtete mit der Taschenlampe des Handys auf den Boden. Da lag mein Ehemann schon mal nicht. Ich machte die Taschenlampe wieder aus und legte das Handy zurück an seinen Platz. Dann stand ich vom Bett auf und ging aus dem Schlafzimmer. Ich schaute bei Kane rein. Dieser schlief seelenruhig in seinem Bett. Marco war nicht hier.

Er war unten in der Küche gewesen. Hätte ich mir schon denken können. Aber er war nicht am essen, sondern schaute sich den riesigen Haufen Bilder an, die er all die Jahre angesammelt hatte. Ich lehnte mich an den Türrahmen und beobachtete ihn und seine Reaktionen. Bei einigen Fotos grinste er breit, seufzte oder verdrehte die Augen, da er von irgendwas genervt war oder einfach nur glücklich.

"Du solltest echt mal anfangen die Fotos zu sortieren und dir Alben zu kaufen", meinte ich und ging zu ihm. Ich drückte ihn einen Kuss auf die Stirn und Marco seufzte nur.

"Das sollte ich", meinte er und zog mich auf seinen Schoß. Ich schlang meine Arme um seinem Hals und vergrub sein Gesicht in meiner Brust. Ich drückte ihn einen Kuss auf die Nasenspitze. Seine Haare waren nass. Er war anscheinend schon duschen gewesen.

"Wann habt ihr denn heute Training?", fragte ich.

"Um acht", murmelte er und schaute mir kurz in die Augen. Gott. Dieser Dackelblick. Ich lachte leise. "Was?", wollte er sofort wissen.

"Dieser Blick. Jetzt weiß ich woher Kane den hat", meinte ich und drückte Marco einen Kuss auf den Mund.

"Ich bin ja auch sein Papi, du Blitzbirne", sagte er und biss mir kurz auf der Unterlippe herum. "Auf jeden Fall, haben wir das Gefühl, dass Thomas immer früher mit Training an kommt."

"Da müsst ihr durch. Er ist eben nicht Kloppo, der erst um elf ausgeschlafen hat", sagte ich und zog Marco leicht im nassen und schon zurück gekämmten Haaren. Marco schielte, da diese eine kleine Haarsträhne aus den zurück gekämmten Haaren in seiner Stirn landete.

"Danke, Frau", bemerkte er seufzend.

"Deine Frau ist dazu da, dir die Frisur zu zerstören", meinte ich.

"Aber bitte beim Knuddeln, oder beim Sex", schmollte er herum. "Das ist genau, die Haarsträhne die ich sowieso schon auf dem Kieker habe."

Ich lachte nur. "Komm damit klar", sagte ich und durchwuschelte ihm das Haar jetzt schlimmer.

"May Reus!", motzte er herum und zog seine Schmollschnute auf.

"Jaja, ich liebe dich auch", sagte ich und drückte ihn einen liebevollen Kuss auf den Mund.

"Dieser kleine Kuss macht es nicht wieder gut, dass ich wieder heulend vor dem Spiegel stehen werde, während ich versuche das meine Haare richtig sitzen."

Ich lachte leise. "Was darf es denn sonst sein? Ein nicht spontaner Spontanhandjob?"

Marco lachte nur. "Du bist bekloppt", meinte er. "Aber ein Blowjob wäre mir lieber", flüsterte er mir ins Ohr.

"Ja, aber nicht vor dem Training, dann bist du wieder so schlapp."

"Boah, du bist gemein. Erst geil machen und dann abblitzen lassen."

"Immer", lachte ich und wandte mich wieder den Fotos zu. "Du bist was das angeht so ein Messi", meinte ich.

"Fotos sind Erinnerungen. Entweder hältst du alles mit der Kamera fest, oder in einem Tagebuch. In deinem Kopf werden die nicht lange bleiben, auch wenn du glaubst, dein Hirn hat einen großen Platz an Speicher. Irgendwann schmort die Festplatte durch und du verlierst alle Erinnerungen. Gut oder schlecht. Die schönsten Erinnerungen, die du gerne immer in deinem Kopf haben willst, um diese in schlechten Zeiten vor deinen Augen abzuspielen. Wie ein Film. Und dein Hirn ist die Videothek. Oder die schlechten Erinnerungen, die du am liebsten sofort vergessen willst, aber es nicht kannst, da dir die so eine Angst gemacht haben, dass sie sich in dein Hirn gefressen haben. Wie ein Virus auf der Festplatte. Du wirst die Erinnerungen verlieren. Autounfall, Alzheimer, einfach so. Man weiß nicht, ob man die Festplatte wieder herstellen kann, oder ob sie ganz verloren ist."

"Manchmal steckt in dir so ein kleiner Poet", meinte ich schwärmend.

Marco schnaubte belustigt. "Ich sag eben nur das, was ich denke."

"Was denkt der Poet jetzt?"

"Das ich mir Alben für die Fotos kaufen sollte, und das dein Arsch meinen Schwanz eindrückt", sagte er trocken.

"Wenn du ihn nicht unter Kontrolle hast, kann ich doch auch nichts dafür, dass er schon wieder steht."

Er seufzte nur.

"Ich denke, ich muss nur dieselbe Luft wie du atmen und du bist Horny as fuck, huh."

"Bei dir doch immer, Wifey", grinste Marco.

"Typisch, Hubby."

Marco wollte mich küssen, aber ich drehte mich wieder zu den Fotos. Er drückte mir schnell einen Kuss auf die Wange, da er ja den Mund verfehlt hatte.

"Schau dir das an", lachte ich, als ich das Foto fand, in dem ich perfekt abgedrückt hatte.

Das passiert eben wenn der Vater gleich dem den Stillen, den kleinen Kane hoch wirft. Baby's haben halt einen empfindlichen Magen. Das Foto ist einfach legendär. Kane der in der Luft fliegt, Marco mit weit auf gerissenen Augen, da er realisiert, dass die ausgespuckte Muttermilch aus Kane's Mund direkt in seinem Gesicht landen wird. So war es dann auch.

Marco lachte ebenfalls. "Ich bin froh, dass es nur die Muttermilch war", sagte er. "Aber hat geschmeckt."

"Du bist so widerlich, Junge", sagte ich.

Marco lachte nur und legte das Foto weg. Dann schnappte ich mir das nächste.

"Formenterra 2011", sagte Marco und ich lachte. "Mama hat recht, ich finde immer einen Weg dich zu berühren."

Ich legte das Foto weg und schnappte mir das nächste. Das Foto von Marco und Kane, wo Kane Marco als Baby in die Nase biss.

"Anscheinend hat er es mit deinem Gesicht. Erst voll kotzen, dann in die Nase beißen", meinte ich belustigt.

"Ja, so zeigt er mir nur seine Liebe", entgegnete Marco trocken und legte das Foto weg. Ich blickte belustigt zu Marco, dessen Gesicht plötzlich wie versteinert wirkte. Huch, was hatte er nun. Er blickte zu mir, skeptisch, und legte die Stirn in Falten. Dann starrte er wieder auf das Foto in seiner Hand. Gerade als ich mich umdrehen wollte, um zu schauen, was das für ein Foto war, hatte er es zurück in den Stapel gesteckt.

Verwirrt runzelte ich die Stirn und schnappte mir ein anderes Foto. Ich wusste ja welches Foto das war. Das würde ich mir dann unter die Finger reißen.

"Ah, guck mal Schatz", sagte ich und hielt ihn das andere Foto unter die Nase.

Marco blitzelte verwirrt, als ich ihn das Foto hin hielt. Er war gewaltig in Gedanken verschwunden und schien es immer noch zu sein, da ich mich drei mal wiederholen musste.

"Guck mal, da haben sich Kane und Nico wegen Mia in den Haaren gehabt", sagte ich lachend.

Marco blickte immer noch total neben sich, auf das Foto, zwischen meinen Fingern und runzelte die Stirn.

"Hm", meinte er nur. "Kannst du mal aufstehen. Ich muss mich weiter fertig machen und einen der Jungs fragen, ob sie mich nicht mit nehmen können."

"Ich kann dich auch fahren", schlug ich vor.

"Quatsch, das geht schon", winkte er ab und klopfte mir ungeduldig auf den Oberschenkel.

"Na gut", meinte ich und stand von seinem Schoß auf. Marco stand auf und verließ fluchtartig die Küche. Ich schmiss das Foto auf den Tisch und zog genau das vor, was Marco in seinem Griff leicht zerknüllt hatte.

Ich musste erstmal schlucken, als ich das leicht zerknüllte Bildchen in der Hand hielt. Es war ein Ultraschallbild von mir gewesen. Damals als ich mit Kane schwanger war. Es war das erste was entstanden ist. Ich war da im fünften Monat gewesen, als ich erfahren habe, das ich schwanger bin.

Mir schossen Tränen in die Augen. Deshalb hat er so verletzt geschaut. Anscheinend wurde ihn endgültig klar, dass er mit mir keine Kinder mehr bekommen kann und fragt sich, was er mit mir anstellen soll. Ich wurde das Gefühl nicht los, dass das unsere Beziehung -unsere Ehe- nicht mit machen wird. So überhaupt nicht.

Man sieht und hört es oft, dass irgendwelche Beziehungen wegen einen nicht in erfüllung gehenden Kinderwunsch scheitern.

Ich sah es Marco an, dass er sich so sehnlich ein weiteres Kind mit mir wünscht. Aber ich kann ihn kein weiteres mehr schenken. Niemals mehr.

Ich wischte mir die Tränen mit den Fingern von der Wange und starrte das Foto wütend an.

Wieso werde ich auch mit solch ein Pech verfolgt. Wieso wurde ich damit bestraft, dass ich keine Kinder mehr bekommen kann. Das Marco nie wieder Papa wird. Nie wieder sein eigenes Fleisch und Blut in den Händen halten wird, was gerade mal ein paar Stunden halt sein wird.

Ich bin daran schuld. Ich bin die Schande der Ehe. Der schwarze Fleck, der dieses Pech an der Backe kleben hatte, nie wieder schwanger zu werden. Obwohl ich mir es so sehr gewünscht hätte, noch irgendwann mit Marco ein weiteres Kind zu bekommen.

Noch so ein kleiner Flitzer wie Kane, oder eine kleine Borussin. Darauf wartete Marco doch nur. Eine kleine Tochter, die er beschützen kann- wie seine kleine Prinzessin behandeln.

Kane, der würde mich auch immer und immer wieder fragen, wenn er denn endlich seine Schwester bekommt.

Marco's Eltern. Der Rest seiner Familie. Freunde. Alle werden immer und immer wieder danach fragen, wann denn das zweite Kind kommt.

Schon wieder hatte ich Marco's Blick von vor fünf Minuten vor mir. Es zerriss mir das Herz immer weiter. Ich musste diesen Blick vergessen.

Ich brauch dringend einen freien Kopf. Ich muss dringend hier mal raus. Raus aus diesen vier Wänden. Raus aus Dortmund. Weg von Marco's Blick, der mir sagte, dass er nie wieder Daddy wird. Das ich diejenige bin, die ihm die Zukunft versaut hat.

Ich musste einfach nur mal raus. Für ein paar Tage, alleine sein. Klar im Kopf werden. Keine Fragen mehr von Kane ertragen. Und schon recht nicht diesen Blick von Marco.

Ich atmete tief durch und legte das Foto zurück zu den anderen. Ganz oben legte ich es hin, damit Marco es auch sah, dass ich wusste, welches Foto er in den Fingern hatte- weshalb er mich so angeschaut hat, als wäre ich schuldig. Der Blick, der mein Herz getroffen hatte- und das mal im negativen und schmerzlichen Sinne.

Ich wischte mir noch einmal die Tränen aus den Augen und lief nach oben. Marco war im Schlafzimmer, weshalb ich sofort das Badezimmer ansteuerte und da drinnen verschwand.

"May, ich brauch mein Haargel!", rief Marco und rannte gegen die Tür.

"Klaro", sagte ich gespielt munter und griff in seinem fach des weißen Regals nach dem Haargel. Ich versteckte mich hinter der Tür, als ich ihm die Tube hin hielt. Ich war schon wieder am weinen, da mir wieder dieser eine Blick von Marco vor die Augen trat.
Marco nahm mir die Tube aus der Hand und drückte mir einen Kuss auf die Handfläche. Dann hörte ich die Schlafzimmertür ins Schloss fallen. Ich zog meine Hand zurück und schloss die Tür.

Marco wurde von Moritz abgeholt, der draußen wartete.

"Tschüssi, Kleiner", sagte Marco lachend und nahm Kane hoch. Er drückte Kane etliche Küsse auf die Wange und ließ den kichernden Jungen runter.

"Bye, Poppy."

"Poppy? Ehrlich?", lachte Marco und fuhr Kane, der breit grinsend neben seinen Vater stand durch die Haare.

"Aaaah, Papi meine Haare!", rief Kane und schlug sich die Hände auf den Kopf.

"Mensch, wird schon wieder", sagte Marco und schnappte sich seine Trainingstasche.

"Viel Spaß beim Training", meinte ich nur und verschwand wieder in der Küche. Das Ultraschallbild was ganz oben auf den Fotos gelegen hatte war weg. Hm. Illuminati oder was?

"Alles goody?", fragte Marco und kam in die Küche. Er blickte mich skeptisch an und ich nickte nur. "Alles gut."

"Normalerweise küsst du mich, wenn ich los zum Training muss. Selbst wenn du Knoblauch gegessen hast. Dann steckst du mir sogar noch mit Absicht die Zunge in den Mund."

"Pardon. Dann habe ich das mal vergessen", meinte ich und ging zu ihm. Ich drückte ihn einen kleinen Kuss auf den Mund.

Marco runzelte die Stirn. "Wie? Mehr nicht?"

"Was willst du?", fragte ich. "Das ich dir durchs Gesicht lecke, oder was?"

"Ja", sagte Marco, da er dachte ich meinte es ironisch. Meinte ich aber nicht. Das war mein Ernst. Wirklich. Das bekam Marco dann auch gleich zu spüren.

"Pläääääähhh", meinte ich und leckte ihn einfach über die Wange. Er drückte mich verdutzt zurück und blickte mich an.

"Alles klar bei dir?", fragte er mich und schob meine Zunge, die immer noch raus hing zurück in meinen Mund. "Meine Frau ist nicht mehr ganz Dicht." Dann fing er an zu lachen und wischte sich mit der Handfläche über die Wange. "Heilige Guacamole. Ein Tag in dem du kein Sarkasmus verstehst. Auch gut. Ich denke, kriegst wieder deine Tage."

"Du weißt ja als erster Bescheid", entgegnete ich. "Du hast dir ja schließlich den Periodenkalender runtergeladen und trägst das immer ein."

"Doppelt hält besser", meinte Marco.

"Da ich auch schwanger werden kann", murmelte ich.

"Auch wenn du das unverständlich gemittelt hast, hab ich das verstanden", machte Marco mich darauf aufmerksam.

"Jipp", meinte ich nur und öffnete den Kühlschrank.

"Mami, Papi. Ist das ein Foto meiner Schwester!", rief Kane und kam in die Küche gelaufen.

"Kleiner, nicht einfach so die Bilder von mir klauen", sagte Marco. "Nee, das bist du als kleines Baby gewesen. Da warst du noch in Mama's Bauch."

Ich ließ meinen Kopf gegen das Fach im Kühlschrank knallen.

"Also keine Schwester?"

"Nein."

"Auch kein Bruder?"

Knurrend knallte ich die Kühlschranktür zu. "Nein, Kane. Keine Schwester. Kein Bruder. Nein. Wieso geht das nicht in dein Kopf!", fuhr ich den kleinen sauer an.

"May!", rief Marco sauer hinter her, als ich die Küche verließ. Mo stand an der Haustür und war am Klingeln.

"Du musst zum Training!", rief ich, als ich Mo die Tür öffnete. Marco kam aus der Küche, als ich an der Treppe stand.

"War das nötig, May?", fragte er mich.

Ich atmete nur tief und durch und ging genervt ins Wohnzimmer.

"Ärger bei den Reus'. Ist ja auch mal was Neues", bemerkte Mo.

"Halt die Klappe", motzte Marco rum. "Raus. Ab zum Training!"

"Ist ja gut. Aua!", rief Mo. Dann knallte die Haustür zu.

Ich schmiss mich auf die Couch und atmete tief durch.

Ich musste hier raus, bevor ich noch völlig am Rad drehe und mir vermutlich noch was schlimmes an Kane auslasse.

"Mama, bist du böse auf mich?", fragte Kane scheu. Ich blickte zur Tür. Er traute sich nicht ins Zimmer. Er stand scheu an der Tür und spielte nervös mit seinen Fingern herum.

"Nein, tut mir leid, das Mama gerade ein wenig laut geworden ist. Komm her, Stinker."

"Aber Papa ist sauer."

"Quatsch", meinte ich und streckte die Arme aus. Kane zögerte einen Moment und kam dann zu mir gelaufen. Er sprang mir in die Arme und setzte sich dann auf meinem Schoß.

"Magst du zur Oma Manu?", fragte ich ihn.

"Ja!", rief er begeistert.

Während ich mit Manuela telefonierte, die freudig war Kane für ein paar Stunden zu sich nehmen zu dürfen, war ich in meinem alten Zimmer und packte ein paar Sachen zusammen, die ich für ein paar Tage brauche. Ich musste hier ehrlich dringend raus. Aber wie.

"Dann gehen wir ins Monkey Town", meinte Manuela. "Marco und du habt ja Hausverbot auf Lebenszeit. Das soll ja nicht den kleinen treffen."

"Ja, sehe ich genauso", sagte ich.

Wenig später setzte ich Kane in dem Kindersitz vorne in meinem Chevy ab und schnallte ihn an. Meine Reisetasche schmiss ich in den Kofferraum.

"Was hast du in der Tasche?", fragte Kane.

"Die spendet Mama nachher ein paar Leuten die auch mal schicke Klamotten brauchen. Und dich bringe ich noch Oma und Opa."

"Yeih!", rief Kane.

An der Haustür drückte ich Kane einmal ganz schön dolle und drückte ihn etliche Küsse auf die Wange.

"Ich liebe dich Kleiner", sagte ich und übergab ihn seiner Oma. "Danke, Manu."

"Viel Spaß beim Wellness", sagte sie.

"Danke."

Ich stellte noch den Kindersitz bei Manu ab, da sie diesen brauchten, dann stieg ich in meinem Wagen ein und blickte auf den Navi.
Wolfenbüttel.

Also machte ich das wirklich. Ohne irgendwelche Worte, einfach mal eine Woche abhauen. Oder nur bis Freitag. Ja nur bis Freitag. Ich denke das würde genügen.

Bei einem Autobahnrasthof in der Nähe von Hildesheim, machte ich eine kleine Pause. Ich hatte mir eine Cola geholt, die ich am Auto gelehnt trank, während ich am meinem Handy rumdaddelte.

Marco hatte mir ein Video von sich und den Jungs in einem Fahrstuhl gesteckt. Da haben sie anscheinend irgendwas celebriert, weshalb die im Fahrstuhl rumhüpften. Der Fahrstuhl rappelte auf und die Lichter flackerten. Moritz stand die angst wortwörtlich ins Gesicht geschrieben.

"Du bist Pussy ey!", rief Auba und dann war das Video vorbei.

Marco: Der Fahrstuhl an der Geschäftsstelle war mir noch nie geheuer.

Ich ging aus Whatsapp raus, nachdem ich Marco den Daumen gesendet habe. Er wusste wenn ich den Daumen sende, war was. Er selbst wusste auch, dass ich es absolut hasste, wenn man mir den Daumen schickte. Ich hasste ihn einfach. Der machte mich genauso aggressiv, wie pinke Heliumluftballons.

Genug von meinen Problemen was mich aggressiv macht. Als ich vom Handy auf schaute und zur Rutsche von BK blickte, runzelte ich die Stirn.

Das war doch dieser André Schürrle gewesen, der oben drauf stand und seinen Fuß immer wieder in die Öffnung drückte. Was ging da vor? Ich steckte mein Handy weg und musste mir das mal genauer ansehen, was da abging. Zwei Autos weiter blieb ich stehen und blickte auf ein bekannten Geländewagen von Mercedes.
Wolfsburger Kennzeichen. Ach. Der Rest kam mir auch bekannt vor.

WOB ED 9237

Erik war hier irgendwo. Aber wo? Vermischen bei André. Nee, das wäre keine gute Idee, wenn ich da hin gehe.

Schließlich ist Erik wegen mir aus Dortmund geflüchtet.

Ich ging schnell zurück zu meinen Auto und trank die Cola aus. Die Flasche warf ich in den Mülleimer.

Ich schloss Emma die Zweite auf, setzte mich auf den Fahrersitz und schnallte mich an. Gerade, als ich den Motor starten wollte, wurde die Beifahrertür aufgerissen. Sofort schnappte ich unter dem Lenkrad weiter unten nach etwas und hielt es an die Tür.

"Wow. May! Pack die Wumme weg!", rief Erik erschrocken.

Ja. Ich hatte eine Waffe. Eine Beretta. So ungefähr seit meinem 21 Geburtstag.

Ich bin Schottin- ich darf das.

Außerdem war das Familientradition der Familie meines Vaters gewesen. Jeder musste mit 21 eine Knarre besitzen. Ob Weib oder Kerl. Jeder. Ein Nein gab es nicht. Weshalb ich Kane auch mit 21 eine Waffe besorgen werden. Tradition muss gehalten werden, auch wenn Marco sich dagegen stellen wird.

Er weiß noch nicht mal, dass ich eine Knarre besitze. Ich weiß auch nicht, wie er reagieren würde. Die war ja legal erworben und ich hatte alle scheine dafür. Aber eigentlich muss ich die Knarre in einem Safe im Haus bewahren. Getrennt von der Munition. Aber ich fand mein Auto war ein besseres Versteck.

Ich packte die Waffe zurück an meinem Platz. "Sorry, ich dachte, jetzt werde ich ausgeraubt", meinte ich und blickte zu Erik, der mich musterte.

"Was machst du hier?", fragte er mich.

"Fahre zu meiner Mom. Die braucht meine Hilfe."

"Deine Mom? Super gelogen, May", meinte Erik und runzelte die Stirn.

"Ja die ist ja immer noch meine Mom."

"Klar", sagte Erik nur.

"Was machst du hier?"

"Mich vor den Idioten verstecken. Julian steckt mit seinem Eierkopf am Geländer der Rutsche fest. André glaubt, man könnte ihn runter treten. Das einzige was passieren wird, das Julian sich den Schädel vom Hals reißt. Ist aber nicht mein Problem. Ich würde ja abhauen. Julian hat die Schlüssel."

"Müsst ihr drei nicht trainieren? Für Wolfsburg?"

"Ja. Wir drei Idioten sind verletzt. Bei mir ist der große Zeh durch."

"Au. Wie hast du das hingebekommen?"

"Ich wollte gegen den Ball treten, hab aber den Pfosten getroffen."

"Na, passiert, wenn das Tor aus dem nichts kommt", lachte ich.

Erik lachte ebenfalls. "Wir drei gurken einfach durch die Gegend und schleudern das Geld für Benzin raus. Haben ja sonst nichts zu tun", bemerkte Erik. "Und du willst aus Dortmund raus? Kopf frei bekommen?"

"Ich will zu meiner Mom."

"Klar, May. Glaube ich dir sofort", sagte Erik mit voller Ironie. "Stress mit Marco?"

"Nee", meinte ich. "Ich brauch echt nur einen freien Kopf-"

"Doch nicht zu deiner Mom?"

"Nee."

"Wo willst du dann hin?"

"Ich finde schon was", meinte ich.

"Hm, komm doch mit zu mir. Ich starte dann das Kopf frei bekommen Paket."

"Nee, lass mal. Keine gute Idee. Du weißt, wieso du gegangen bist?"

"Ich bin über dich hinweg", meinte er sofort.

"So schnell?"

Er nickte.

"Oke."

"Was. Ist das ein Ja."

"Wenn du mir ein Hotel in der Stadt der Radkappen zeigst?"

"Klar, dann fahr mal-"

"Äh. Die beiden."

"Julian hat meine Schlüssel. Die kennen den Weg", meinte Erik und schnallte sich an. Dann spielte er am Navi meines Wagens herum. Er gab eine Adresse ein.

"Das ist kein Hotel", bemerkte ich.

"Ist es auch nicht", sagte Erik. "Meine Wohnung. Ich hab ein Gästezimmer. Da kannst du schlafen."

"Sicher?"

"Ja, fragst du mich noch mal ob alles sicher sei, hau ich dich", sagte er und drückte auf Start. "Na los."

Na gut. Dann fuhr ich einfach mal los. In Wolfsburg standen wir erstmal im Stau, wegen einer Baustelle, dann waren wir zwei Stunden später auch schon da. Ich hielt auf einen kleinen Parkplatz, wo Erik mich hinlotste. Neben uns hielt der Geländewagen.

"Erik, wieso bist du einfach abgehauen?", fragte André, der vom Beifahrersitz sprang.

"Würde ich bei dem Auto auch", sagte der Draxler und kam zu uns. Ich stieg aus und André blickte mich bedutzt an.

"Dich kenne ich irgendwo her!", meinte er. "Hä! Ha! Aber natürlich. Du bist Marco's Frau!"

"Freundin, passt eher", sagte Erik.

"Nee, Frau", meinte André. "Die haben doch geheiratet!"

Erik blickte so, als wurde er gerade von einem Auto überfahren. Hui. Er war über mich hinweg? Sah nicht so aus, so hart wie er schlucken musste.

"Taxi ist da!", rief Julian, als er zur Straße blickte.

"Müssen dann. Bye. Grüß Marco", meinte André zu mir. Die beiden gaben Shakehands mit Erik und waren dann zum Taxi verschwunden.

"Verheiratet?", fragte Erik mich.

"Vegas", meinte ich und hielt ihn die Hand hin. Erik schluckte wieder. "Du hast gelogen."

Er wich meinen Blick aus.

"Du ich fahre doch lieber", meinte ich. Erik hielt mich am Handgelenk fest und blickte mich flehend an.

"Jetzt geh nicht. Bitte."

"Du hast mir gesagt, du seist über mich weg?"

"May, ich liebe dich verdammt noch mal. Und das ist kein bisschen einfach, dich auch nur ansatzweise zu vergessen. Du schwirrst immer in meinem Kopf herum. Ich kann dich nicht so einfach vergessen. Und du- geh bitte nicht, oke? Bitte geh nicht. Lass mich hier nicht wieder alleine," und dann fing Erik tatsächlich an zu schluchzen. Die ersten Tränen liefen ihn über die Wange und ich seufzte nur.

Kann es einen wirklich so schlimm ergehen, wenn man sich verliebte? Das muss es echt übel sein. Gott. Ich hätte schneller abhauen sollen, als ich konnte. Dann wäre ich jetzt nicht hier. Da ich irgendwie doch ein Herz hatte, für Kerle die einen so hilflos anschauten, Erik wirkte wie ein verlorener Welpe, nahm ich ihn erstmal in den Arm. Erik schlang sofort seine Arme um meinen Rücken und vergrub sein Gesicht in meiner Schulter. "Weißt du wie weh das tut, dass du gerade vor mir stehst. Aber gleichzeitig ist das auch irgendwie schön."

Oh man.

"Keine Ahnung, nur beruhige dich", meinte ich irritiert und drückte Erik automatisch an mich heran.


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