Kapitel 134

KAPITEL 134

~ May's Sicht ~

"Mensch, Cengiz, kannst du mal anständig fahren. Du fährst beschissen", meckerte ich über das Headset herum.

"Hömma, wir werden von einem Buzzard-Kampfhubschrauber verfolgt, der auf uns schießt. Es bleibt mir nichts anderes übrig, als in Schlangenlinien zu fahren!", schrie er ins Headset. Gott. Hatte der ein Organ.

"Mensch, Cengiz. Hör doch mal auf zu schreien. Man schreit keine Frauen an", hörte ich Andre sagen. "Fahr! Felix schießt schon wieder auf uns!"

"Fahr in den Tunnel, da tauschen wir die Plätze, ey!", sagte ich.

War ja klar, dass Cengiz an dem Tunnel in der Pampa vorbei fuhr, der uns von der Westküste zum Alamosee bringen sollte, wo unser Ziel war.

"Cengiz!", schrien Andre und ich gleichzeitig.

"Wo ist eigentlich Jan die ganze Zeit?", hörte ich Felix fragen.

"Der sitzt doch schon die ganze Zeit mit Dünnpfiff auf dem Klo", antwortete Cengiz.

"Oh Gott", meinte ich.

"Ja?", hörte ich Andre sagen.

"Was?"

"Du hast mich gerufen?"

"Ich habe Gott gesagt und nicht Andre."

"Ich. Bin. Gott."

"Wo ist Erik, ey?", fragte ich.

"Erik?"

"Gronkh", sagte ich.

"Der spielt doch kein GTA mehr, wegen eben Ameisen. Ameisen hat sich hier wieder angemeldet und Gronkh ziemlich genervt."

"Ach, was?"

"Ja, das ist eben so", meinte Andre. "Mensch, Cengiz!"

Tja, da war der Andre wohl drauf gegangen. Prima.

"Weißt du was, das hier ist die reinste Suizidfahrt", sagte ich und suchte unter meinen Waffen die Handgranaten. Ich hielt diese aus dem Fenster raus und wartete nur darauf, bis sie hoch ging. Die Zeit lief runter und dann krachte es.

"Oh nee! Weib!", brüllte Cengiz.

"Wat is?", fragte ich, während Felix und Andre am lachen waren. Ich grinste nur.

"Weiiiiib!", brüllte er weiter.

Nach ein paar Stunden hatte ich dann auch keine Lust mehr und verabschiedete mich von den Jungs.

"Halt Stopp!", rief Andre.

"Was denn?", stellte ich die Gegenfrage.

"Du scheinst ja irgendwie ganz nett zu sein-"

"Andre, nein", hörte ich Felix sagen.

Andre überhörte Felix einfach und fragte mich, nach meiner Handynummer.

"Nein, da muss ich ablehnen. Ich bin in einer Beziehung."

"Hab ich's dir gesagt, Andre, oder hab ich's dir gesagt?", hörte ich Felix sagen.

Andre seufzte nur. "Ich habe nach deiner Handynummer gefragt und nicht nach einem Blowjob. Was ist denn nun?"

"Also für diese Aussage kriegst du die nicht", bemerkte ich und loggte mich aus. Als ich alles ausgeschaltet hatte, schaute ich auf mein Handy. Marco hat mir ein paar Fotos vom Training geschickt.

Anscheinend fühlte sich Kane da pudelwohl. Aber so ziemlich. Mit einem Grinsen stand er bei seinem Trainer und hörte wie die anderen Kinder zu.

Das eine Foto zeigte Kane beim Laufen. Das andere, wie er sich mit einem weiteren Bambini-Kollegen unterhielt. Ein weiteres zeigt ihn mit der Pille an dem Fuß.

Ich schrieb Marco zurück.

Ich: Es kommt mir so vor, als wäre er da schon ewig ^.^

Marco schrieb mir zurück.

Marco: Ja, das habe ich auch gedacht. *.* Ich bin so stolz auf den Kleinen *----*

Ich legte mein Handy wieder weg und beschloss mal wieder die Wäsche zu machen. Die lag auch auf der Strecke. Eine Woche habe ich die schon nicht gemacht und das bemerkte ich, als ich im Keller die ganze Wäsche von uns dreien auf einem Haufen schmiss.

Boah, Marcos Angebot eine Putze zu holen, stand hoffentlich noch. Ich machte ein Foto von dem Knie hohen Wäschehaufen und sendete den an Marco.

Ich: Steht das Angebot mit einer Putzfrau noch?

Marco: o.O

Marco: Wann haben wir zu letzt die Wäsche gemacht?

Ich: Vor einer Woche

Marco: Vor einer Woche? Nicht vor einem Monat?

Ich: Nein. Vor einer Woche.

Marco: Jesus. Dann suchen wir mal nach einer Putzfrau, wenn ich wieder komme!

Ich: Sehe ich genau! Aber dann eine Conzuela like in Family Guy :D

Marco: Ja, genau die xD

~ Marco's Sicht ~

Papa und ich waren so ziemlich stolz auf Kane gewesen, der das einstündige Training wirklich prima ablieferte. Nach dem Training kam Kane zu mir gelaufen und sprang mir überglücklich ans Bein. Anscheinend hat er gelernt, dass ich ihn nicht weiter hochheben konnte. Herrjemine.

"Papa will wieder", sagte er und sprang auf und ab.

"Montag wieder", lachte ich und fuhr ihm durchs Haar. "Opa bringt uns nach Hause, okay?"

"Zu Mama?", hakte Kane nach.

"Ja, zu deiner Mama", meinte ich.

"Dann spiele ich mal wieder das väterliche Taxi. Mach deinen Lappen, du Lappen. Die Weihnachtsferien stehen an."

"Äh, das wird da nicht klappen. Ich fliege höchstwahrscheinlich am zweiten Weihnachtstag mit meiner Familie nach Las Vegas."

"Ach was", bemerkte Papa. "Gönnste dir da die Casinos und die Stripclubs ohne deinen Alten?"

"Will auch mit?"

"Du kommst doch mit nach Las Vegas", sagte ich zu Kane.

"Stripclub", meinte er.

Ich blickte zu meinem Vater. "Papa, überlege dir in Zukunft, was du sagst, ne."

"Ja nö, dass hast du mir nicht zu sagen", schnaubte er und nahm Kane auf den Arm. "So, Minium, hab nach Hause. Opi möchte noch an der Omma rumfummeln."

"Och nö, Vatti", motzte ich herum.

"Heul nicht. Würde ich nicht an deiner Mutter rumfummeln, würdest du Nachzügler dir heute nicht die Eier von deiner Freundin kraulen lassen."

"Vater!", knurrte ich. "Es langt gleich."

"Was willst du Salzstange jetzt von mir? Ich kann dich mit meinem Bierbauch Schrägstrich Sixpack zerquetschen."

"Sixpack? Bierfass passt da besser, nech."

"Und ich hab zu deiner Mutter gesagt, dass es nicht so schlimm sei, dass das Kondom ein Riss hat. Wird ja nichts passieren. Buuum, siebenundzwanzig Jahre später steht mein Sohn vor mir, der sich ein Lama als Frisurbeispiel genommen hat. Leckomio."

"Papa, deine Beleidigungen gehen vom einen Ohr rein und vom anderen wieder raus", sagte ich.

"Und hinterlassen tiefe Narben an meinem Herz", flüsterte ich noch.

"So, danke Papa, dass du uns umher gefahren hast", sagte ich, als Papa vor der Haustür hielt.

"Ja, Montag wieder, ne?", fragte er begeistert. 

"Ja, klar. Ich ruf dann noch mal durch."

"Das ist wie früher, als du noch dieser dünne Junge warst und ich dich immer zum Training begleitet habe. Nur, dass ich das jetzt mit meinem Enkel weiterführen kann."

"Stimmt", meinte ich. "Schade, dass Nico nicht spielen will."

"Irgendwann ändert er noch seine Meinung. Er ist halt ein kleiner Angsthase."

"Ich auch?", fragte Kane, der hinten in seinem Kindersitz saß.

"Nein, du nicht. Du bist schlagfertig- zwischendurch mal", grinste ich.

"Eben, ganz wie dein Papa, Kane", meinte Papa und drehte sich im Sitz zu ihn um. "Heulen, oder schlagfertig sein- dazwischen schwankt er noch heute."

"Okay. Danke. Wir sehen uns, Papa", sagte ich und stieg aus.

Papa wollte schon los fahren, aber ich schrie hinter her, dass Kane noch im Auto saß. Papa machte eine Vollbremsung und ich öffnete hinten am Ford Focus die Tür.

"Papa, wie wäre es zur Abwechslung mal, dass du nachdenkst?", fragte ich ihn.

"Sohn, wie wäre es zur Abwechslung mal, dass du schweigst?", stellte er trocken die Gegenfrage.

Ich holte Kane aus dem Sitz und schnappte mir seinen Rucksack. "Gott, meine Rippe."

"Gott, meine Rippe", ahmte mich mein Vater nach. "Hab ich dich so erzogen, dass du bei jeder Verletzung rumheulst."

"Wegen dir bin ich ja nur am heulen, Papa. Und außerdem bin ich in der Unterzahl aufgewachsen, was die Geschlechter angeht. Da bin ich nun mal sentimental und nah am Wasser gebaut."

Ich machte die Autotür zu und Papa fuhr weg. Ich trug Kane bis zur Tür und klingelte, weil ich sonst nicht an die Hosentasche mit den Haustürschlüssel gekommen war.

"Ihr seid ja auch endlich wieder da", sagte May, die aus dem Keller kam.

Sie drückte Kane einen Kuss auf die Wange und mir auf den Mund und nahm mir Kane ab, nachdem sie mich wegen der Rippe ermahnt hat.

Sie setzte ihn auf der Treppe ab und zog ihn erstmal die dicken Klamotten aus. Ich machte das bei mir selbst. War ja schon alt genug.

"Langsam kannst du auch mal deine Klamotten selber ausziehen, nech. Das kannst du doch schon so gut", bemerkte May in Richtung Kane.

"Wenn du das immer machst", sagte er nur.

"Stimmt auch wieder", lachte sie und drückte Kane einen Kuss auf die Stirn. "Wie war das Training?"

"Genital", sagte Kane begeistert und grinste breit. Er zeigte seine kleinen Grübchen auf der Wange- ganz wie der Papa eben. Ich schmunzelte.

May seufzte nur und warf mir einen Blick zu. Ich zuckte unschuldig mit den Schultern.

"Das ist doch gut", sagte May freudig.

"Mama?"

"Ja, was denn?"

"Gehen wir in den Stripclub."

"Thomas?", grummelte May nur.

"Japp", sagte ich trocken.

"Gehen wir?"

"Nein, vergiss das Wort aber ganz schnell wieder."

"Warum?"

"Weil Mama es dir sagt."

"Warum?"

"Weil Mama sonst böse wird."

"Warum?"

"Darum."

"Oke."

Wir drei saßen am Küchentisch und aßen zu Abendbrot. Kane legte mal wieder nur den Frischkäse vom Brot oder aß die Mortadella, während May und ich ihn zig mal deswegen ermahnten.

May war selber nicht besser. Sie klatschte sich eine gewaltige Schicht Marmelade aufs Brot und blickte mich fragend an. Der der sie irritiert anschaute.

"Ja, bitte?", fragte sie nett. "Was kann ich für Sie tun?"

"Willst du noch Brot zu der Himbeermarmelade?", fragte ich stirnrunzelnd.

"Nee, wenn ich Himbeermarmeladenvollkornbrot essen will, dann will ich auch ein Himbeermarmeladenvollkornbrot, dass nach Himbeermarmelade schmeckt und nicht nach Vollkornbrot. Sonst wäre es ja kein Himbeermarmeladenvollkornbrot, sondern ein Vollkornbrothimbeermarmelade, wo ist da der Sinn?"

"Wo ist gerade bei dir der Sinn?", stellte ich verdattert die Gegenfrage.

"Im Urlaub auf Malle", sagte sie trocken.

"Parteeey!", rief Kane nur und warf die Arme in die Luft.

"Neeeein!", rief ich und warf ebenfalls die Arme in die Luft.

May musste nur lachen. "Idioten", murmelte sie.

"Mama, nicht beleidigen", sagte Kane entsetzt.

"Nee, ich meine das Positiv."

"Stimmt, Kane. Wir sind eben Mamas Idioten."

"Schwör'?"

"Schwöre", sagte ich und fuhr ihm durchs Haar.

~ Tugba's Sicht ~

Nach der Untersuchung bei Frau Doktor Momo, ging ich wieder an die Rezeption, um mir einen Termin für das nächste Mal geben zu lassen.

Ja, ich war schwanger und das im vierten Monat. Der Test war also positiv. Und das hatte meine Frauenärztin einfach nur bestätigt. Ich blickte über den Tresen rüber und sah eine Krankenakte dort liegen. Auf dem Aufkleber, konnte ich May's Namen erkennen.

Ach, nee. Sie war also auch hier. Sofort wurde ich neugierig. Da wollte ich mal rein gucken und das unbedingt. Auf jeden Fall ratterte mein Kopf ab, während die Helferin im Computer nach einen Termin suchte, wie ich an die Akte ran kam.

Wäre May nicht auf einmal so komisch, auf den Bezug mit weiteren Kindern gewesen, würde ich erst gar nicht auf die abartige Idee kommen in ihrer Akte rumschnüffeln zu wollen. 

Aber da blieb mir nichts anderes übrig.

"Mist, ich muss schon wieder auf's Klo. Wo haben Sie hier nochmal das Klo?", fragte ich.

"Hinten den Flur entlang", sagte die Frau.

"Ich bin gleich wieder da", sagte ich und war zu den Toiletten verschwunden. Bitte funktioniere, dachte ich mir.

Ich schloss die Tür ab, schnappte mir die dicke Klorolle die ich ins Klo schmiss und mit der Klobürste runterdrückte, bis sie nicht mehr zu sehen war. Dann betätigte ich die Spüle. Das Wasser sprudelte über und überschwemmte das Badezimmer. Ich wich zurück und ging fluchend raus.

"Herrjemine!", rief ich und ging wieder nach vorne. "Ich habe die Spülung betätigt und jetzt steht alles im Bad unter Wasser. Ich denke das Klo ist verstopft", bemerkte ich zu der Frau an dem Tresen. Sie drehte sich zu mir und blickte mich schockiert an.

"Gott, dann guck ich mal schnell", sagte sie und war nach hinten verschwunden. "Das mit ihrem Termin machen wir gleich."

"Okay", sagte ich und schlich mich hinter dem Tresen, nachdem die Medizinische Fachangestellte im Badezimmer verschwunden war.

Ich schnappte mir die Akte von May und blätterte diese durch. Diese war dünn, da sie auch das erste Mal hier war. Deshalb war das was die Ärztin reingeschrieben hatte, schnell zu finden.

"Was ist denn das?", fragte ich, als ich das bescheuerte Wort versuchte zu entziffern. Sie hatte ja eine gute Schrift, aber was heißt da bitte schön. Gott.

Ich fotografierte das Bild ab und legte die Akte zurück. Danach musste ich sofort nach schauen.

"Eh, ich rufe an, wegen einen Termin. Ich muss los. Mein Sohn muss abgeholt werden", sagte ich und schnappte mir meine Handtasche, als ich vor dem Tresen stand und die Frau zurück kam.

"Okay, dann rufen Sie an", meinte sie nur und rief nach einer weiteren Arzthelferin, die gerade Pause hatte.

Ich verließ die Praxis und setzte mich ins Auto. Sofort ging ich auf Google und wurde schnell fündig.

May hatte eine Eileiterentzündung gehabt. Heilige Scheiße. Ich las mir das weiter durch.

"Eine häufige Entzündungstelle ist der Eileiter selbst. Hier wird bei einer Entzündung das zarte Flimmerepithel des Eileiters beschädigt. Ein Flimmerepithel ist eine feuchte Schleimhaut mit beweglichen Härchen darauf. Weil sich die Härchen wellenartig im Schleim bewegen, können sie das Ei wie auf einem Förderband in Richtung Gebärmutter transportieren. Wenn sich nach einer Entzündung eine Vernarbung bildet, wird der Durchgang verstopft. Manchmal verkapselt sich die Entzündung und bildet eine eitergefüllte Höhle, ein Abszess. Die Höhle führt auch zu einem Zuschwellen der Eileiter und zerstört meist deren Funktion", las ich mir selber vor und runzelte die Stirn, ehe ich weiter las. "Im Grunde ist jeder eindringliche Keim entzündlich, wenn er es geschafft hat, durch das saure Milieu der Scheide nach oben zu wandern. Denn oberhalb des inneren Muttermundes beginnt die keimfreie Zone. Ab hier können Erreger ungehindert in Gebärmutter und Eileiter, bis hinauf in den Eierstock und in die freie Bauchhöhle wandern. Oft bemerkt eine Frau die Infektion erst, wenn diese in den Eileitern angekommen ist, weil sich in der Gebärmutterschleimhaut keine Nerven befinden. Der einzige Hinweis ist oft eine Schmierblutung. Später zeigt sich die Entzündung durch Schmerzen im Unterleib, Fieber und einem allgemeinem Krankheitsgefühl, weshalb manche Ärzte anfangs denken, dass eine Blasenentzündung vorliegt."

Ich suchte weiter danach und fand heraus, dass das eine häufige Sache dafür sein kann, dass man keine Kinder mehr bekommen kann. Erst wenn es richtig behandelt wurde. Deshalb hatte May so komisch reagiert. Oh man.

Sie konnte nicht mehr Schwanger werden.

"Verdammt", fluchte ich und steckte mein Handy weg. Ich saß noch einige Minuten nachdenklich im Auto, bis Nuri mich anrief und fragte, wo ich bleibe.

"Ich mach mich ja schon auf dem Weg", antwortete ich.

"Und was ist jetzt? Werden wir wieder Eltern?"

"Sag ich dir zu Hause", sagte ich niedergeschlagen und legte auf. Ich schmiss mein Handy auf den Beifahrersitz, startete den Motor und machte mich auf dem Weg nach Hause.

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