Kapitel 102

KAPITEL 102

~ May's Sicht ~

Ich fuhr auf den Hinterhof auf und stieg, nachdem ich das Auto parkgerecht abgestellt hatte - die den die Führerscheinprüfung bestanden hatten - wussten, was damit gemeint war. Ich hielt neben einen Wagen mit Münchner Kennzeichen. Da war der Robert wohl hier, was. Anders konnte ich mir das nicht erklären.

Genervt klapperte ich die Klingelschilder ab - pah, witzig. War ja nur einer zu dem Haus, den dieser Hinterhof gehörte.

Böhs, stand da.

Ich drückte die Klingel solange runter, bis eine genervte Stimme mit polnischem Akzent ertönte.

"Was?", zischte Robert und riss die Tür auf.

Ich nahm den Zeigefinger von der Klingel und blickte Robert an, der mich erschrocken anstarrte.

"Hi", sagte ich.

"Woher, was frage ich. Was machst du hier?"

"Marco weiß es", sagte ich.

"War klar, dass du ihm das sagst."

"Bin ja auch seine Freundin."

Robert nickte.

"Willst du ihm weiter aus dem Weg gehen, oder mal mit ihm reden?"

"Sollte ich."

"Du hast seine Exfreundin gevögelt- unter seinem Dach? Die noch geschwängert? Du bist ein guter Freund von ihm?"

"Ich mag Caro eben", nuschelte Robert.

"Ja, mag sein. Aber das musst du mir beim besten Willen sagen. Rede trotzdem mit Marco. Was machst du überhaupt hier, musst du nicht in Bremen sein?"

"Hab gesagt ich hab eine Blasenentzündung-"

"Klar, Caro sitzt ja auch an der Quelle", sagte ich. "Magst du gleich mitkommen?"

"Wieso?"

"Um mit Marco zu reden."

"Wie sauer ist er auf uns?"

"Er ist nur sauer auf dich. Caro ist ihn scheißegal."

"Das Gefühl hatte Caro während der Beziehung auch immer gehabt. Deshalb, ist da was zwischen uns."

"Was ist mit deiner Frau?"

"Du bist wie ein Bohrer", meinte Robert.

"Bohrer?"

"Vergiss es. Ist er zu Hause?"

"Ja, deshalb wollte ich dich abholen."

"Toll, dann wird er denken, dass es nicht von mir kam, mit dem Gespräch."

"Du, das weiß ich. Aber ich bin immer da, um Leute in den Arsch treten. Freunde oder keine Freunde. Mein Freund wird mich vermutlich mit seinen Blicken töten und mit Schweigen strafen, wenn ich mit dir da auftauche, aber ich will, dass es endlich alles aus der Welt geschafft wird- mehr oder weniger. Ich will einfach nur, dass Marco damit abschließt und Caro dann nie wieder ein Thema bei uns sein wird."

"Du magst Caro nicht sonderlich, oder?"

"Naja, sie hat Marco betrogen. Ich finde nicht, dass ich sie mögen sollte."

"Bevor du wusstest, dass Caro untreu war?"

"Ach nicht sonderlich", gab ich zu.

"Naja, du brauchst dich ganz sicherlich nicht als Trostpflaster empfinden, welches Marco in der Beziehungspause zu Caro geschwängert hat. Hab euch mal gesehen- er schaut dich anders an, als Caro."

"Wie auch immer. Mit fremden über meine Beziehung reden, ist nicht gerade mein Fall", winkte ich ab.

Robert lachte. "Mein Fall, ist das auch nicht gerade."

"Hm", machte ich nur und Robert blickte wieder ernst. "Ich zieh mir nur schnell was an und dann fahre ich mit."

"Ich warte", sagte ich und ging zum Aston zurück.

Nach fünf Minuten kam Robert angezogen - also Jacke und Schuhe aus der Tür und schloss diese ab, ehe er sich zu mir auf den Beifahrersitz setzte.

"Wird Marco mich umbringen?"

"Woher soll ich das wissen?", stellte ich die Gegenfrage.

Zehn Minuten spielter hielt ich dann wieder eben Emma - Gott, die Arme hab ich ja gar nicht mehr gefahren in letzter Zeit- in der Auffahrt.

"Dein Auto?", fragte Robert mich.

"Ist das so offensichtlich?", stellte ich die Gegenfrage.

Robert nickte und wir beide stiegen aus. 

Nervös schloss ich die Tür auf und rief nach Marco. Robert folgte mir noch nervöser.

"Lass mich raten, du hast Robert im Schlepptau?", kam es von oben.

"Ja", meinte ich und zog Robert zurück ins Haus, da dieser abhauen wollte. Ich knallte die Tür zu und stellte mich davor, blickte Robert warnend an. "Reiß dich doch zusammen, Mensch."

Marco kam die Treppen runter, die Haare waren nass - ich lass jetzt mal eine Vermutung platzen, aber ich glaube er war duschen. Badum tss- aber auf jeden Fall, blickten sich die beiden mit an.

"War ja klar, dass du den hier herschleifst", sagte Marco und blieb auf der Treppe stehen.

"Redet, klärt das, schließt damit ab", sagte ich. "Ich blieb sicherheitshalber hier stehen und höre zu."

Robert blickte zu mir und zog die Brauen zusammen. 

"Ich geh ja schon", meinte ich und wollte in Richtung Küche gehen, doch Marco pfiff mich zurück.

Vielleicht durfte ich dann doch zuhören. Erwartungsvoll drehte ich mich zu Marco.

"Schuhe aus", meinte er nur.

Ich schlüpfte aus meinen Schuhen und ging in die Küche. Von hier konnte ich trotzdem alles hören.

"Die lauscht vermutlich", nuschelte Robert.

"Ja und? Soll ich meine Freundin im Keller einsperren, oder was?", motzte Marco rum. "Und sie heißt immer noch May."

"Ist ja gut", meinte Robert. "Hör mal-"

"Was?"

"Ich weiß du bist sauer auf uns-"

"Sauer auf euch? Pah, Caro ist mir scheiß egal. Ich bin nur sauer auf dich verdammt. Ich dachte du bist ein Kumpel von mir, aber hintergehst mich so?"

"Caro hat gemerkt, dass da nichts mehr zwischen euch ist. Sie hat sich nur nicht getraut, vorher mit dir Schluss zu machen- wie dem auch sei-"

"Wie dem auch sei, bist du von München hier hoch und hast meine verblödete Exfreundin in meinem Bett gepimpert, sobald ich mal nicht da war."

"Ja, und es tut mir leid, dass ich unsere Freundschaft so mit Füßen getreten habe. Aber ich mag Caro und sie mag mich."

"Aha", machte Marco. "Und was willst du jetzt? Ein Konfetti-Regen? Standing Ovations? Nen Plaket mit den Worten Super gemacht, Lewy?"

"Oder alles zusammen!", rief ich aus der Küche.

"Nichts von dem. Ich kann daran nichts mehr ändern. Es ist passiert- mehrmals und dann ist sie auch noch schwanger geworden. Wenn man bedenkt, dass du Caro auch angelogen hast. Mit dem Kind."

"Joah", machte Marco nur. "Projiziere jetzt nicht den Fokus auf mich und meine Lebensgeschichte. Caro und ich waren da getrennt und das hatte sich richtig mit May angefühlt."

"Caro ist nach wie vor enttäuscht von dir." 

"Und?"

"Sie hätte es verstanden, dass du in der Zeit eine Beziehung gehabt hast und dann noch ein Kind bekommen hast. Sie dachte, als ihr die Beziehung neu gedingst habt, dass es wieder was wird. Aber ihr ist erst nach ein paar Monaten klar geworden, dass du das anscheinend nicht so siehst."

"Weil es wahr ist. Das mit Caro war einfach komisch, nach der Beziehung mit May."

"Also hast du danach Caro-"

"als Trostpflaster benutzt. Kann man so sagen", unterbrach Marco Robert.

"Wieso hast du nicht all die Jahre versucht, es wieder mit May-"

"Da werfe ich mich ein!", sagte ich und kam aus der Küche. 

Die beiden Männer blickten mich warnend an. "Oder auch nicht-", flüsterte ich und ging rückwärts wieder in die Küche. "Weiter machen, Jungs."

"Hab den Faden verloren", meinte Robert.

"Du hast mich gefragt, wieso ich es nicht weiter bei May versucht habe, all die Jahre", sagte Marco.

"Ja, und wieso hast du das nicht versucht."

"Weil ich dachte, dass sie keine Gefühle mehr für mich hat."

"Und wir wissen, dass das nicht so ist", flüsterte ich und zog mir die Jacke aus.

"Ich weiß ja nicht, was du unters Flüstern verstehst, aber danke, gut zu wissen!", rief Marco und ich blickte zur Tür.

"Was hab ich denn gesagt!", rief ich.

"Und wir wissen, dass das nicht so ist!", riefen Robert und Marco gleichzeitig.

"Ohren wie ein Adler habt ihr", meinte ich.

"Nee, du kannst anscheinend nicht mehr flüstern!"

"Was machen wir jetzt?", fragte Robert und kam zum eigentlichen Thema zurück.

"Wir lassen erstmal Gras über die Sache wachsen", meinte Marco nur. "May bringt dich wieder nach Hause. Ich muss eh los, will meine Eltern nicht noch weiter meinen Sohn aufhetzen."

"Naja, okay", meinte Robert nur. "Es tut mir leid."

"Der Spitzel, kann aus der Küche treten", hörte ich Marco sagen.

Das war dann wohl mein Zeichen. Ich kam aus der Küche und zog mir dabei wieder die Jacke über.

"Das Gespräch war das kürzeste, was ich jemals belauscht habe."

"Wir sind Männer- liegt daran", schmunzelte Robert.

Marco nickte nur ernst. Ich zog mir meine Schuhe an und machte mich dann mit Robert auf den Weg nach Hause.

"So, da sind wir", meinte ich zu Robert, als ich im Hinterhof hielt. Jetzt stand noch ein Renault in der Auffahrt.

"Caro ist schon da", sagte Robert, nachdem er zu dem grünen Wagen schaute.

"Ja", meinte ich und deutete zu Tür, wo Caro rausschaute.

"Die denkt bestimmt Marco sitzt drinnen."

"Nee, ich denke, da ist sie doch so schlau und denkt das nicht, weil Marco eben kein Auto fahren darf."

"Stimmt, da war ja was", nickte Robert.

"Hast du vergessen wie man aussteigt?", fragte ich ungeduldig.

"Nö", meinte Robert und schnallte sich ab.

Er öffnete die Tür und stieg aus. Caro bombardierte ihn gleich mit Fragen, als er auf sie zu ging und ich verließ Rückwärts den Hinterhof- ein wenig zu schnell.

Ich bretterte über irgendwas rüber, was das Auto zum wackeln brachte. Ich fuhr wieder nach vorne und runzelte die Stirn- machte das Fenster runter.

"Was war denn das?", fragte ich und streckte meinen Kopf aus dem Fenster. Als ich an der weißen Wand zur Hofauffahrt Blutspritzer sah, wurde ich panisch. "Hab ich ein Mensch überfahren? Oh Gott nein!"

Ich sprang aus dem Auto und ließ das Auto auf Leerlauf.

Mir drehte sich der Magen um und ich ging wieder einen Schritt zurück. "Nah, nur ne Katze", sagte ich und stieg wieder ins Auto, um mich auf dem Weg nach Hause zu machen.


                                           Zu Hause angekommen, wurde ich schon sehnsüchtig von meinem Sohn empfangen.

"Moooooooooom!", kreischte er und kam mir entgegen gelaufen, nachdem ich das Haus betrat.

Ich schmiss meine Handtasche auf den Boden und nahm Kane auf mein Arm. "Hey, Süßer", sagte ich und drückte ihn an mich. "Wie war es bei Oma und Opa?"

"Gut", antwortete Kane und grinste mich an. Er drückte mir einen Kuss auf die Wange und ich ließ ihn wieder runter. Kaum hatte ich mich ausgezogen, kam Marco aus dem Wohnzimmer, das Telefons in der Hand.

"Emely will mit uns ins Monkey Town."

"Ins bitte was?", fragte ich.

"Monkey Town. Ein Indoorspielplatz?"

"Will Emely oder du?", hakte ich nach.

"Ehrlich gesagt, ist das bei Emely und mir immer so. Wir sind da jedes Jahr mindestens einmal."

"Nur ihr beiden? Alleine? Ohne ein kleineres Kind?"

"Seit fünf Jahren ist das so. Jetzt habe ich Kane und er muss die Tradition von Emely abnehmen, Kinder im Bällebad in die Rippen zu springen."

"B-bällebad?", fragte ich hellhörig.

"Ich wusste, das ich dich damit kriegen werde."

"Hab ich ja gesagt?", fragte ich.

"Du willst es aber."

"Nein. Fahr du mit Emely und Kane alleine-"

"Höhöhö", machte Marco und schnitt eine behinderte Grimasse. "Da ich auch fahren kann."

"Nimmt die S-Bahn, oder ein Taxi."

"Oder du kommst mit."

"Nein, mach nen Vater-Sohn-Tag."

"Vater-Sohn-Emely-May-Tag", sagte Marco und blieb stur.

"Ich will nicht."

"Emely will, dass du mitkommst."

"Nein."

Marco nahm den Hörer an die Ohren und sprach da rein. "Emely, hast du das gehört? Meine Freundin will nicht mit... Ich wende vor meinem Sohn keine Gewalt an seiner Mutter an... Aus guten Grund... Nee, Gewalt gibt es nur in Actionfilmen... möglicherweise... du bist sechszehn wie kommst du darauf... ja, du müsstest eigentlich noch mit Puppen spielen... bei uns gibt es nicht wirklich Gewalt in der Kiste, Emy-"

Ich zog die Brauen hoch. Über was redete er damit Emy? Waren die Kumpels aus einem Motorcycle-Club, oder Cousine und Cousin?

"Emy möchte gerne mit dir sprechen", sagte Marco und hielt mir das Telefon hin. Ich seufzte und nahm ihn das Telefon ab.

"Ja, Emely", meinte ich.

"Wieso willst du da nicht mit, Mann? Monkey Town ist life, Mädel. Life. Das ist eine Hochburg dafür, kleine Kinder die Sachen wegzunehmen. Sei es Fußball, Spielzeug oder Essen."

"Okay?", meinte ich und runzelte die Stirn.

"Komm schon. Marco gibt auch aus. Die Fritten schmecken hier sau gut und da ist ein Bällebad und Trampoline und da kannst du sogar Fußballspielen und mit Hubschrauber fliegen. Bitteeee."

"Emely, ich habe aber keinen Nerv auf drei schreiende Idioten und die anderen Kinder da."

"Du nennst mich Idiot, Marco Idiot und deinen eigenen Sohn?", fragte Emely empört. "Komm schon. Sag ja, sag ja, sag ja. Oder ich werde dir auflauern und dir das Leben zur Hölle machen."

"Ah, Drohungen, wie nett", meinte ich.

"Boah, May, nun komm doch einfach mit. Ist doch nur dieses eine Mal. Mach doch Marco damit eine Freude- Kane. Na komm. Sag ja, sag ja, sag ja."

Ich seufzte. "Meine Fresse, na gut, dann komme ich mit."

"Jaaaaa!", rief Marco.

"Meine Fresse!", kam es von Kane und warf wie sein Vater die Arme in die Luft.

"Gut, dann seit ihr drei in einer halben Stunde bei mir."

Dann hatte sie aufgelegt. Ich stellte das Telefon auf die Station und Marco drückte mir einen Kuss auf den Mund. "Geht doch, geht doch, geht doch", trällerte er happy vor sich hin.

Von der Aussprache mit Lewy, war anscheinend nichts mehr übrig geblieben? Aber vermutlich verarbeitete er das auch nun so- dann will ich ihn mal dabei helfen.


                              "MONKEY, UHUHUHUH, MONKEYTOWN, UHUHUHUH!", schrien Marco und Emely während der Fahrt zu diesem Spielplatz immer wieder. Dieses Uhuhuh - damit machten sie sogar diese Affen nach. Ich gab den beiden fünf Minuten, bis sie sich mit der Faust auf den Brustkorb schlugen und wie die Gorillas durch den Rover hüpften. Wieso auch immer trugen die beiden Herrschaften noch Marcos MRXI-T-Shirts mit den Affen drauf. Und ich wurde auch in eins gezwängt. Marco hatte: ich sehe nichts.

Emely: Ich sage nichts.

Und ich hatte: ich höre nichts, und ich wünschte es wäre so, dass ich das Gejaule dieser beiden Menschen nicht mitbekommen müsste.

Diese Reus-Familie war echt ein Fall für sich.

"Money, ahahaha, moneytuff, ahahaha", stimmte selbst Kane ein, weshalb ich dann lachen musste. 

Kane trug übrigens seine MRXI-Snapback. Er hat sich erst geweigert und rumgeschrien, als Marco diese ihn aufsetzen wollte, hatte Marco wieder seine Masche durchgezogen und sich schreiend vor Kane auf den Boden geworfen und ist erstmal durch den Flur gerollt- wie eine Abrisswalze, hat dabei den Gardrobenständer umgerissen und dann mich, die aus der Küche kam. Mich würde es nicht wundern, wenn ich einen blauen Fleck auf meiner rechten Arschbacke habe- aber was soll's. 

Letztlich hat Kane sich dann doch überreden lassen, die Snapback aufzusetzen, da Marco seine auch aufsetzte und nun saß ich hier mit drei durchdrehenden Menschen in einem Auto, die auch noch die Reus-DNA in sich hatten.

"Sind jede Menschen so, die die Reus-DNA in sich haben?", fragte ich, über den Gesang rüber.

Emely meinte nur: "Guck ma', du hast doch auch die Reus-DNA in dir drinnen, nach dem Koitus. Wer weiß, wo in der drinnen. Und du hast die dann sogar auf dir, stimmt's?"

Marco brach nur in Gelächter aus.

"Und du bist sechszehn, ja?", fragte ich sie.

"Ich stecke definitiv im Körper einer reifen sechszehn Jährigen drinnen, aber im Kopf bin ich auf denselben Stand wie Marco, was sexistische Trockenwitze an geht."

Marco nickte nur. "Das stimmt, Emy. Das stimmt. Und der Rest der Reus-Sippe sieht das genauso. Obwohl May auch mal solche Witzchen reißt."

"Dann haben wir ja sicherlich, bald, in gewisser Zukunft, noch eine Person in der Familie Reus, die so tickt."

"Yo", sagten Marco und ich gleichzeitig.

"Yo", stimmte Kane zu.

"Yo", machte Emely.

Kaum hatten wir geparkt und waren ausgestanden, riss Marco sich Kane unter die Finger und stürmte mit Emely zu diesem riesigen Gebäude.

"Danke für's warte", sagte ich grummelnd und knallte die Tür zu. Ich schloss das Auto ab, nachdem ich mir Kane's Windeltasche geschnappt hatte und machte mich mit schnellen Schritten zu den dreien.

Marco hatte bereits die Tickets geholt und ging seine Monkey-Town-Hyme summend in den Laden.

Während Marco mit Kane am Fußballspielen war, war Emely irgendwo im Laden verschwunden. Ich saß am Tisch und drehte Däumchen.

"Hier die Fritten", sagte Emely und klatschte mir den Teller auf den Tisch.

"Uhm, danke."

"Friss, die hab ich bezahlt", sagte Emely und setzte sich neben mich- ebenfalls mit Fritten.

"Okay, dein Wunsch ist mir Befehl."

"Ey, isst ihr ohne uns?", fragte Marco, der mit Kane aus der Fußballecke kam.

"Ist das dein Ernst?", fragte Kane.

Emely und ich nickten. "Komm, Jung, wir holen uns auch was zu Essen", meinte Marco eingeschnappt zu Kane.

"Yo!", meinte Kane und ging Marco lässig hinter her.

"Hoffentlich läuft Kane nicht später so blöd wie sein Vater."

"Woody Woodpacker Junior", lachte ich und Emely stimmte mit ein.

"Du kannst ja lachen", bemerkte sie.

"Ich hab auch was zu Essen gekriegt, also", sagte ich schulterzuckend.

"Und schon wieder was über dich gelernt."

"Erzähl mir was über dich", forderte ich Emely auf.

"Ich bin sechszehn, gehe aufs Gymni, spiele Fußball beim BVB, bin Marcos nervige kleine Lieblingscousine, ich bin Single, ich bin miserabel in Mathe, hab einen größeren Bruder. Der ist ziemlich alt. Dreißig ist der schon."

"Das ist alt."

"Ja, dick ist er auch."

"Was ist daran so schlimm?", fragte ich.

"Er ist wie Alan aus Hangover, aber genauso- der wohnt sogar noch bei uns."

"Ach was."

"Ja, aber er ist aber auch wieder total niedlich."

"Hehe."

"Wenn er die Fresse hält und mir nicht unter die Augen tritt- nur dann."

"Gut zu wissen."

"Zurück zu dir. Hab gehört du magst 30 Seconds To Mars?"

"Bitte?", fragte sie mich sauer.

Ich lachte. "War ein Scherz. Ich meinte natürlich 5 Seconds of Summer."

"Magst du die auch?", fragte Emely hellhörig.

"Nee."

"Oh", sagte sie enttäuscht.

"Ich meine, kann ich nicht beurteilen. Kenne kein Lied von denen."

"Du kennst ehrlich nicht ein Lied von denen? Don't Stop und She looks so perfect, sind vor zwei Jahren immer rauf und runter gelaufen."

"Nein."

"Boah, wo lebst du denn?"

"In einem Haus?"

"Ja, ach was. Okay. Na, okay. Erzähl du doch mal was über dich."

"Ich bin momentan noch fünfundzwanzig, arbeitete seit einer Woche in einem American Diner hier in Dortmund, bin einer Beziehung mit deinem bekloppten Cousin, mit dem ich einen Sohn habe, ich habe mein Abi erst auf einer Berufsschule gemacht, nachdem ich die Hauptschule verlassen habe und meinen Realschulabschluss gemacht habe. Ich war miserabel in Deutsch, aber hatte immer nur 1sen in Englisch und Sport. Ich höre gerne The Weeknd, Drake, TGT. Eben halt Black Musik, R'n'B und den Zeug. Zwischendurch gönne ich mir mal Bring Me The Horizon."

"Die sind cool", meinte Emy. "Du musst dir wirklich mal 5 Seconds of Summer reinziehen. Aber auf jeden Fall, sollten wir ins Bällebad gehen, sobald wir aufgegessen haben."

"Bist du bekloppt? Ohne Kind?"

"Scheiß drauf!", rief Emely.

"Scheiß drauf!", stimmte ich zu.

Nachdem wir beide die Fritten aufgegessen hatten, war Emely schon im Bällebad verschwunden und  die beiden Männer kamen auch mal wieder. Ich fing an zu lachen.

"Wieso hast du Ketchup in der Fresse?", fragte ich Marco, dessen linke Gesichtshälfte in Ketchup getaucht wurde."

"Das war Kane, mehr muss ich dazu nicht sagen."

"Papa, Hunger!", motzte Kane rum.

"Du hast mir die Fritten durchs Gesicht gezogen, nein, du verhungerst!", sagte Marco und ich schnappte mir die Feuchttücher, nachdem ich Marco erstmal fotografieren musste- das bekam er aber nicht. Ich wischte Marco das Gesicht wieder sauber und schüttelte belustigt meinen Kopf, während Kane am quengeln war.

"Möchte Fritten!", meinte er immer wieder und schaute uns mit seinem Dackelblick an.

"Mein Gott, okay, aber dann ohne Ketchup", gab Marco nach drei Sekunden nach und ging mit Kane zurück zum Fritten-Stand. Ich hang Marco die Wickeltasche um, damit er auf diese aufpassen konnte und lief in Richtung Bällebad.

"Arschbombe!", kreischte ich und schmiss mich in die Bälle. Die anderen Kinder blickten irritiert zu mir, als ich wieder auftauchte und Emely lachte sich schlapp.

"Kamikaze-May!"

Nachdem Emely und ich noch eine Ballschlacht zwischen uns anfingen, verließen die Kinder das Bällebad auf freiwilliger Seite - nein, die drohenden Blicke von Emy und mir hatten damit nichts zu tun- denk ich.

"Kuckuck!", hörte ich Marco rufen. Emely und ich blickten uns verwirrt um. Marco war nirgends zu sehen.

"Oben!", meinte Kane. 

Ich blickte nach oben und die beiden saßen in einen dieser Hubschrauber.

"Husrauber", grinste mein Sohn glücklich.

Ich lächelte. "Fliegt nicht so weit weg", meinte ich.

"Wir geben unser bestes!", sagte Marco und schaute auf uns runter. "Und was macht ihr beiden da unten?"

"Haben kleine Kinder hier weggeekelt, damit wir mehr Platz zum Toben haben", meinte Emely.

"Ist ja nicht schon groß genug, nich?", grinste Marco.

"Treten! Treten! Treten!", rief Kane. "Komm weiter, Papa."

"Ja warte", meinte Marco in Richtung Kane. "Ich möchte noch die Sicht von ihr oben auf etwas wunderbares genießen."

Er schmunzelte verträumt auf mich herab- natürlich blickte er mir in den Ausschnitt, wo auch sonst hin.

"Ist ja auch so selten, dass du die siehst", warf Emely ein und tauchte in die Bälle ein. Es raschelte und Emely war kurz darauf verschwunden. Das Rascheln hörte auch auf.

"Die ist bestimmt in China gelandet!", sagte ich und blickte wieder nach oben. "Marco! Handy weg!"

Das Blitzlicht blitzte auf und Marco grinste zufrieden. "Neues Profilbild bei Whatsapp."

"Dein Berater wird nicht verwirrt reagieren, oder so? Oder deine Eltern?"

"Es sind nicht nur deine Milchtüten. Du bist ganz drauf. Ich schick dir das bei Whatsapp. Aber du siehst auf den Foto nur zu goldig aus."

"Okay, deine Stimme hatte sich gerade angehört wie Micki Maus."

"Darf ich nicht quietschen."

"Du bist ein Mann, bleib das auch", lachte ich.

"Boah, Papa, arbeiten. Treten!"

"Tust du mir einen Gefallen?", grinste Marco dreckig und blickte wieder zu mir, nachdem er Kane weiter hin hielt.

"Was?"

"Hüpfst du bitte mal?"

Ich lachte und hielt Marco drei ausgestreckte Finger hin. Zeigefinger, Mittelfinger und Ringfinger.

"Lies zwischen den Zeilen, Baby, lies zwischen den Zeilen."

Marco schnaubte. "Oh, bitte. Nur einmal, Schatz."

"Nein", sagte ich. "Und jetzt fahr weiter, bevor Kane dir noch eine reinhaut."

"Okay", seufzte Marco und der Hubschrauber setzte sich in Bewegung.

"Emely?", fragte ich und blickte auf die bunten Bälle runter. Keine Antwort.

"Vermutlich ist die doch in China gelandet", meinte ich und drehte mich zum Ausgang.

"BAZINGA!", schrie sie und sprang aus den Bällen hervor.

Ich schrie erschrocken und hielt mir das Herz.

Emely schmiss sich weg und steckte ihr Handy wieder weg. "Gefilmt, gepostet, ich liebe Instagram."

"Na prima!", meinte ich und ließ mich wieder in die Bälle fallen.




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