[ XXI - Willkommen im Club der Gelähmten! ]
[ XXI - Willkomme im Club der Gelähmten! ]
Entsetzt blickte ich Stiles an. Und er mich. Ich drehte seinen Kopf wieder in Richtung Straße und musste erstmal nach den richtigen Worten suchen. „Wie zum Teufel passiert so Etwas?", stammelte ich drauf los. „Klär mich auf Stiles..."
„June, wenn du redest, kann ich ja wohl schlecht reden", warf Stiles ein und fuhr wie eine besengte Sau durch die Straßen von Beacon Hills. „Wir wissen es noch nicht so ganz und sind dabei es rauszufinden. Irgendwer muss Logan befreit haben, als Derek kurz in der Stadt war und als er wieder kam, wurde er angegriffen. Wir denken mal von deinen Bruder, da Derek ein bisschen gelähmt ist und auch nicht reden kann."
„Super", meinte ich eher weniger begeistert. „Mein Bruder treibt sich da jetzt irgendwo herum und hat vermutlich schon wieder Jemanden in Stücke gerissen. Vermutlich treibt er sich mit den beiden Gestalten da herum, die die Chance genutzt haben, um ihn da rauszuholen. Herrgott. Können wir nicht einmal unsere Ruhe haben?"
„Nö, ich denke nie mehr", sagte Stiles trocken.
Als wir an der Hütte ankamen, kam Scott uns auch schon entgegen. „Den giftigen Blick hat er schon mal nicht vergessen", bemerkte er, als wir aus dem Jeep stiegen.
Scott zeigte mir den Kerker. Die Ketten und Schlösser vor dem Kerker waren in Stücke gerissen, genauso wie die Ketten im Kerker, wo mein Bruder hing. Stiles kam ebenfalls zu uns runter und fing mit Scott eine alte Diskussion an, wie die Person hier hergekommen ist und wusste, dass Logan sich hier aufhielt.
„Vielleicht hat er das Katzenklo gerochen", meinte Stiles und schlug sich mit der flachen Hand gegen die Stirn. „Aber natürlich. Katzen haben doch diesen Ammoniakgeruch in ihrem Haufen."
Scott und ich schauten Stiles irritiert an. „Ich frage dich jetzt das, was Derek dich fragen würde", meinte Derek. „Bist du behindert?"
„Mein Vater hat mich testen lassen- nein", antwortete Stiles.
„Ich denke, dass diese Rose June gefolgt ist", warf Scott ein. „Eine genauere Erkenntnis hab ich nicht."
„Weil du dumm bist", meinte Stiles. „Wie schnell soll diese Rose herausfinden, wo June ist..."
„Uhm, hallo? Das hat sie vielleicht schon, sonst wäre sie gestern nicht als neue Betreuerin im Heim aufgetaucht, du Otto."
„Ich bin kein Otto, ich bin Stiles, du Herbert. Ich weiß es nicht. Es ist einfach so viel in letzter Zeit los. Mein Hirn ist zwar riesig, aber irgendwann ist die Festplatte auch mal voll."
„Das zeigt doch wohl, dass die dann doch nicht so groß ist", sagte Scott.
„Ich hau dich gleich, Scott."
„Dann hau ich zurück und dann bist du wieder der erste der in Embryohaltung auf den Boden liegt und heult."
„Zeiten ändern sich."
„Ach, soll ich mal versuchen?", fragte Scott.
„He, nö!", sagte Stiles und sprang zurück. „Du weißt wie schmerzempfindlich meine Oberarme sind."
„Weil die nur aus Pudding bestehen!"
Stiles schnitt eine Grimasse. „Die waren mal Pudding und wenn meine Arme aus Pudding bestehen sollten, hätte ich die doch schon längst gegessen."
„Stimmt, hab vergessen wie Verfressen du bist. Stiiiiimmtt. Da kenne ich eine Geschichte. Es ging um das beste Sandwich auf dem Planeten, was du mir weggefressen hast."
„Zu meiner Verteidigung, ich mach Sandwiches und ich hatte Hunger und ich habe dir das Leben gerettet, sonst wärst du noch geplatzt."
Während „Sciles" weiter wie ein altes Ehepaar am diskutieren war, ging ich wieder nach oben. Irritiert blickte zu Derek, der halb auf der Couch und halb auf dem Boden lag. Der Unterkörper lag auf der Couch, der Oberkörper hing steif nach unten. Dereks grüne Augen huschten direkt zu mir.
„Willkommen im Club der Gelähmten! Gemütlich, Derek?", fragte ich ihn und konnte mir kein Schmunzeln verkneifen. Wie hilflos der da einfach da lag. „Kannst froh sein, dass Bonnie und Caroline in der Nähe sind. Sonst hättest du keine Chance."
Anstatt ihn auf die Couch zu hieven – was ich eh nicht schaffen würde, drückte ich einfach nur seine Beine von der Couch, die lieblos auf den Holzboden krachten. Derek blickte mich mit zusammengekniffenen Augen an. „Du willst sicherlich wissen, wie lange du ein querschnittsgelähmtes Hündchen bist, was?" Die Augen konnte er auch noch verdrehen. „Handelt sich nur um ein paar Stunden." Aufmunternd klopfte ich Derek auf die Schulter und schmiss mich auf die Couch.
„Was machen wir denn jetzt?", fragte Scott, der die Treppen hoch kam. Gefolgt von Stiles.
„Seid ihr endlich fertig mit diskutieren?"
„Ja", nickte Stiles.
„Nein", meinte Scott und blickte zu Stiles. „Hast du eine Idee, June?"
„Die haben meinen Bruder und wollen auch noch mich. Ich sollte zum Heim und ein paar Sachen zusammenpacken und für ein paar Tage verschwinden."
„Wohin willst du?", fragte Stiles mich.
„Hier schon mal nicht, da die hier auch schon Logan her haben", meinte ich. „In irgendein Motel, oder so."
„Ich weiß wohin", sagte Stiles. „Wir haben ein altes Ferienhaus an der Grenze zu Oregon."
„Ich gebe meiner Mom bescheid, dass ich für ein paar Tage in Oregon bin", sagte Scott und wollte gerade zur Tür. Stiles ging hinter her. „Und du holst dir ein paar Sachen, June."
„Was ist mit Derek?", fragte ich, nachdem ich aufgesprungen war. „Wir können den hier nicht einfach liegen lassen?"
„Was soll ihn schon passieren. Der weiß sich schon zu wehren", meinte Stiles.
„Erde an Stiles", sagte Scott und fuchtelte vor dem Gesicht seines besten Freundes mit seinen Händen herum. „Er ist gelähmt, Alter. Und wenn seine Blicke töten würden, wären wir drei schon tausend Mal tot." Dann hielt er inne. „Wir machen das so. Ihr fahrt zum Heim und holt ein paar Klamotten raus und wenn ihr wieder da seid, dann lauf ich zu meiner Mom. Bis dahin und ich hoffe es, kann sich Derek auch wieder bewegen."
„Wenn die mich noch gehen lassen, da ich einfach abgehauen bin", sagte ich.
„Dafür habe ich auch schon einen Plan", sagte Stiles und packte mich an der Hand, um mich aus dem Haus zu ziehen.
„Du kannst meine Hand los lassen", meinte ich, als wir zum Auto gingen.
„Oh, sorry", sagte Stiles und ließ daraufhin sofort meine Hand los.
Stiles hielt eine Ecke vor dem Heim und ließ mich aussteigen. Ich hatte damit schon gerechnet, dass ich sofort von Mr. Lahey angesprochen wurde. „Ich musste nur zur Schule. Hab was vergessen."
„Und wo ist das, was du vergessen hast?", fragte er mich.
„Ach", sagte ich und haute mir die Hand an den Kopf. „Ich hab's vergessen."
„Dein Handy bleibt bis Sonntag in meiner Obhut", bemerkte Mr. Lahey streng. „Dann kannst du ja gleich Victoria einsammeln und ihr kümmert euch um den Speicher."
„Ich muss noch mal zurück zur Schule und dann habe ich einen Termin beim Bestatter, wegen meiner Mutter. Geht leider nicht", log ich. Eigentlich hatte ich gegen 17 Uhr den Termin beim Bestatter, aber den hatte ich schon unterwegs über Stiles Handy abgesagt und mir einen neuen für nächste Woche geben lassen. Außerdem musste ich ja noch warten, bis die Leiche meiner Mutter wieder freigegeben wird.
„Rose wird dich begleiten."
Ich blieb an der Treppe stehen und drehte mich wieder zu Mr. Lahey, neben ihn hatte sich bereits Rose gestellt und diese blickte mich an.
„Nichts für ungut, aber ich verstraue ihr nicht", winkte ich ab und ging ins Zimmer. Nachdem ich den Bottich mit der Lasagne und dem Geschirr in eines der anderen Zimmer versteckt hatte, schnappte ich mir meinen Rucksack und packte ein paar Klamotten, Unterwäsche und Hygienezeugs ein, ehe ich mir die Sachen für die Beerdigung schnappte. Ich schloss mein Zimmer ab und ging die Treppen nach unten.
„June, ich werde dich begleiten", meinte Mr. Lahey, als ich gerade zur Tür raus wollte. Ich drückte die Tür zu und blickte genervt zu Mr. Lahey. „Und lern es verdammt noch mal, dich abzumelden, wenn du das Haus verlassen willst. An Regeln halten ist ja nicht so schwer, oder?"
„Manchmal ja und manchmal nein. Muss das sein?", fragte ich. „Ich meine, muss das sein. Ich will keinen dabei haben, wenn ich mit dem Bestatter über meine Mutter rede."
„Das ist doch kein Problem, dann warte ich draußen."
„Aber..."
Erschrocken kreischten alle auf, als der Feueralarm im Haus losging. Stiles. Wer auch sonst.
„Rose, sammle alle ein und in den Garten an die Sammelstelle mit ihnen", meinte Mr. Lahey ruhig und panisch zu gleich. Ich wollte gerade aus der Haustür verschwinden, als Mr. Lahey mich am Rucksack zurückzog. „June, mitkommen."
Grummelnd ließ ich mich aus dem Haus in den Garten ziehen und schon stand ich genervt zwischen meinen Mitbewohnern, während Rose alle durchzählte. Mr. Lahey war noch mal drinnen verschwunden und hat alle rausgeholt und nebenbei die Feuerwehr angerufen.
Ich lehnte mich an den Zaun und fuhr gleichzeitig erschrocken zusammen, als mir Jemand von hinten in die Seite tippte. Ich blickte zu meinen Mitbewohnern, die alle ziemlich panisch waren und drehte mich um. Ich schob das Gebüsch bei Seite und blickte in Stiles Gesicht, der sich zwischen die Eisenstangen quetschte.
Er steckte fest.
Ich legte meine Hand auf Stiles Gesicht und drückte sein Gesicht aus den Stangen. Er stolperte zurück und bedankte sich bei mir. Er deutete an, dass ich leise sein sollte, wegen Rose und dann zeigte er auf meinem Rucksack, den ich über den Zaun werfen sollte. Ich zog meinen Rucksack ab, wo ich die Beerdigungsunterlagen reinstopfte und schmiss den Rucksack, nachdem ich mich vergewissert hatte, das niemand guckt über den Zaun. Stiles fing diesen auf und lief den Zaun entlang, winkte mich zu sich, dass ich ihn folgen sollte. Ich schlich mich an den anderen vorbei und lief den Zaun entlang, bis ich an einer Stelle kam, wo ich perfekt rüber klettern konnte. Ich kletterte auf den Baum und hangelte mich über den dicken Ast rüber, dann ließ ich mich auf der anderen Seite, wo ein kleiner Weg war, hängen und ließ los.
„June haut schon wieder ab!", schrie Victoria. Sofort drehten sich alle zu Stiles und mir.
„June, was machst du denn da?", fragte Mr. Lahey und kam auf uns zugelaufen.
„Lauf", meinte Stiles und stürzte los. Ich sofort hinter her. „Lauf, lauf, lauf, lauf, lauf, lauf, renn, lauf, June, laufen! Beweg deinen Hintern!"
Wir liefen den Weg lang und kamen wenig später auf die Straße, an dessen Straßenrand Stiles Jeep stand. Er riss mir die Beifahrertür auf, schmiss meinen Rucksack auf den Beifahrersitz, sprang über die Motorhaube seines Jeeps und sprang auf der anderen Seite wieder runter, ehe er die Fahrertür aufriss und ins Auto spring.
Ich setzte mich auf dem Beifahrersitz und zog die Tür zu. Stiles startete den Motor und ich riss erschrocken die Augen auf, als Mr. Lahey um die Ecke gestürmt kam.
„June! Das gibt eine Menge Ärger."
„Gib Kutte!"
„Gib was?"
„FAHR!", schrie ich Stiles an. Er drückte auf das Gaspedal und mit quietschenden Reifen ließen wir Mr. Lahey zurück, der wild am fluchen war.
„Wenn mir der Arsch aufgerissen wird, weiß ich auch nicht weiter", sagte ich und lehnte mich zurück, als wir am Heim vorbei rasten.
„Wer will schon in einem Heim leben", bemerkte Stiles nur. „Gib Kutte? Was ist das für eine Aussage?"
„Ist doch jetzt egal. Konzentriere dich einfach auf die Straße."
„Klar", nickte er und blickte wieder zu Straße. „Übrigens kann man ganz leicht in das Heim gelangen. Küchenfenster stand auf und ich hab den Feueralarm ausgelöst."
„Dass du das mit dem Feueralarm war, hätte ich mir schon fast gedacht."
„Konnte ich irgendwie schon immer gut", bemerkte Stiles.
„Danke übrigens."
„Für was?"
„Das du mir hilfst."
„Nun, du bist jetzt mehr oder weniger eingeweiht, dass es Übernatürliches gibt und da es hier in Beacon Hills recht wenige wissen, müssen die Wenigen auch irgendwie zusammenhalten."
„Okay, gut", meinte ich und blickte von Stiles wieder auf die Straße. „Gibt es eigentlich eine Mama Stiles?" Ich blickte wieder zu Stiles und ich sah es an seiner Mimik an, dass er nicht gerne über das Thema sprechen würde.
„Hat es gegeben...", murmelte er. „Gibt es immer noch. Für mich und meinem Dad. Sie ist gestorben, als ich kleiner war."
„Tut mir leid", sagte ich mitfühlend. „Wechseln wir wieder das Thema. Sieht nach Regen aus, oder?"
Ich blickte aus dem Beifahrerfenster in den Himmel und in der Spiegelung im Fenster, sah ich das Stiles mich irgendwie dankbar anblickte. Die dunklen und grauen Wolken hingen tief und schienen eine gewaltige Regenladung in sich zu haben und kaum ersehnte ich diesen Regenschauer, fing es auch schon an, als wir an der Hütte hielten. Wir betraten die Hütte und sahen Derek immer noch auf den Boden liegen, während Scott gelangweilt auf der Couch lag.
„Wenn's dich beruhigt, Derek. So gemütlich ist die Couch auch nun wieder nicht", sagte Scott zu Derek, der mittlerweile wieder Brummen konnte.
„Du solltest jetzt schnell zu deiner Mutter fahren und ihr bescheid geben. Kann sein, dass Mr. Lahey die Polizei angerufen hat..." Stiles hatte den Satz noch nicht mal zu Ende gesprochen, da bekam er auch schon einen Anruf von seinem Vater. „Dad, hi", sagte Stiles und ging von uns weg. „Nee, ich bin bei Scott. Ich habe keine Ahnung, von was du da redest. Wieso sollte ich June entführen, geht's noch?"
Derek verdrehte nur wieder einmal die Augen und Scott sprang von der Couch. Stiles legte genervt auf und blickte zu uns. „Ich muss nach Hause. Und zwar sofort", brummte er. „Keine Ahnung, ob ich es schaffe, dich da noch hinzufahren. Aber, für den Fall, dass ich das nicht kann, nimmst du einfach Dereks Auto und fährst zu der Adresse. Ich brauch was zu schreiben."
Derek brummte wieder. „Ich hab zwar keinen Führerschein, aber Auto kann ich fahren. Irgendwie."
Ich gab Stiles einen Kugelschreiber und riss einen ungedruckten Teil aus der Broschüre des Beerdigungsinstitutes raus. Stiles schrieb irgendwas drauf und gab mir den Zettel wieder.
„Er hat ein Navi in seinem Auto."
„Okay."
Irritiert blickte ich Scott an, als Stiles mich einfach umarmte. „Herrgott, übertreib es nicht immer so", meinte Scott und zog Stiles dann von mir weg. „Ich versuche nochmal mit meiner Mom zu reden. Vielleicht weiß sie eine Lösung."
Und schon waren die beiden aus dem Haus verschwunden. Die Tür fiel zu und ich blickte zu Derek, der seinen Kopf in meine Richtung gedreht hatte.
„Ich fahr schon kein Kratzer rein", sagte ich.
„Ich fahre", brummte er. „Sobald ich mich wieder bewegen kann."
„Wenigstens kannst du reden. Ist dann schon mal ein gutes Zeichen", sagte ich und ließ mich auf die Couch fallen.
„Ich hätte schon die ganze Zeit reden können", gab Derek zu und drehte seinen Kopf wieder in meine Richtung. Ich blickte ihn an. „Aber dann hätten mir Stiles und Scott wieder ein Kotelett an die Backe gelabert und ich wäre gezwungen darauf zu antworten. Und das macht mich verrückt, da ich den beiden Vollpfosten nicht in die Nacken packen und ihre Köpfe gegeneinander schlagen kann."
„Ich merke schon, einmal nicht geredet und schon platzt die ganze Abneigung gegenüber den beiden aus dir heraus", meinte ich. „Wie Stiles sagen würde, als ob man die ganze Zeit schlimme Bauchschmerzen hat und dann mit einem Mal der flüssige Dünnpfiff rausgeschossen kommt."
„Oh. Mein. Gott! Wieso sind meine Ohrmuskeln nicht gelähmt", meinte Derek flehend.
„Der bärtige Pisser dort oben ist leider nicht nur dein Gott."
„Du magst den Typen auch nicht?", fragte Derek mich und blickte mich wieder an.
„Die Chefin seines Fanclubs bin ich schon mal nicht."
„Ich mag den Typen auch nicht", gab Derek zu. „Ich hasse ihn."
„Was auch immer der Typ mit so vielen Müttern will", murmelte ich.
„Anscheinend kann seine Mom nicht kochen", sagte Derek und zuckte mit der Schulter.
„Du kannst deine Schulter bewegen."
Derek hob beide Arme hoch und blickte zu mir. „Ich denke, ich werde langsam wieder normal."
Er hob seinen Kopf an und versuchte sich aufzusetzen, aber seinen Oberkörper bekam er einfach nicht hoch.
„Das dauert noch", sagte er wieder und legte seinen Kopf wieder auf dem Boden ab. „Außerdem habe ich keine Abneigung gegenüber den beiden", stellte Derek klar. „Würde ich die beiden hassen, würde ich die gar nicht in mein Leben lassen. Die nerven mich nur und beanspruchen mit ihrer Tollpatschigkeit und Dummheit einfach nur meinen dünnen Geduldsfaden."
„Nerve ich auch, wie die beiden Flitzpiepen?", fragte ich.
„Nicht so schlimm wie die beiden. Liegt daran, dass ich mit zwei Schwestern aufgewachsen bin. Euch Zicken bin ich gewöhnt."
„Hab bisher kein Mal großartig gezickt", meinte ich schnippisch.
„Na, du fängst aber gerade an."
„Nein, tu ich gar nicht."
„June."
„Boah ja, vielleicht doch", gab ich zu. „Ich hasse es, wenn mir gesagt wird, dass ich nerve. Merk dir das."
„Wieso magst du das nicht?"
„Wenn es schon mal Leute gibt, mit denen ich freiwillig rede und die auch Interesse an meiner Person haben und mich nicht als abfälliges Etwas bewerten und dann von denen gesagt bekomme, dass ich nerve, tut das schon ein bisschen weh. Ich meine, genau deshalb meide ich eigentlich Menschen, weil die echt nur Gemein sein können."
„Du warst nie gemein zu jemanden?"
„Nur, wenn die Person vorher zu mir irgendwas gesagt hat, was beleidigend ist. Seitdem meine Mom tot ist, lass ich mir nicht mehr so viel gefallen."
„Ist auch richtig so", nickte Derek. „Zeige den nicht, dass du dir das Gefallen lässt und dann treten die darauf immer weiter drauf herum."
„Ging's dir genauso?", fragte ich.
„Nein, mir nicht. Ich war auf der anderen Seite, als ich auf der High-School war."
„Du hast Leute fertig gemacht."
„Ich nicht", meinte ich. „Mein Onkel."
„Dein Onkel? Wie oft ist der denn sitzen geblieben?"
„Einmal und außerdem war er zwei Stufen über mir. Aber zurück zum eigentlichen Thema. Ich war derjenige, der einfach nur daneben stand und nichts gemacht hat, wenn er jemanden runtergemacht hat. Und so was wie ich, was ich damals war, dass sind gerade die Schlimmsten. Diejenigen die sich nicht trauen irgendwas zu sagen und einzugreifen."
„Ja, da hast du Recht", stimmte ich zu. „Hätte dir gar nicht zugetraut, dass du so gesprächig bist."
„Mit manchen Menschen kann man sich einfach über Dinge unterhalten. Mit anderen willst du gar nicht erst reden. Noch nicht einmal Small Talk."
„Mein Hirn liegt in Mathe zwar immer auf Eis, aber ich denke, dass ich dann wohl zu ersteren Sorte gehöre, oder?"
„Sicher, dass dein Hirn nicht im ganzen Unterricht auf Eis liegt?", fragte Derek mich. „Was hat das mit Mathe zu tun." Und dann fing er wirklich an zu lachen. Lauthals. Sowas kann der?
„Sicher, dass du nur der Typ warst, der daneben gestanden hat?", fragte ich beleidigt.
Derek hörte auf zu Lachen und drehte seinen Kopf wieder zu mir. „Ich lache dich nicht aus. Ich lache, weil das einfach zu niedlich war, wie das einfach rausgeschossen kam."
„Trotzdem ist das Mobbing, du Idiot."
„Du mobbst doch selber", meinte Derek.
„Ich wehre mich nur", sagte ich und stand von der Couch auf.
„Du trittst mir jetzt nicht gegen mein Bein, oder?"
„Nein", sagte ich. „Gibt es hier so Etwas wie eine Toilette?"
„Das hier war ein Haus voller Werwölfe. Wir benutzen keine Toiletten."
Entsetzt blickte ich Derek an. „Das heißt ihr pinkelt in den Wald?"
Dann lachte er wieder leise. „Oben ist die einzig funktionierende Toilette."
„Lauf ja nicht weg", brummte ich, als ich die quietschenden und knarrenden Treppen nach oben ging.
„Haha, June!", hörte ich Derek noch rufen. "Erstes Zimmer links!"
"Danke", sagte ich leise, da ich ja eh wusste, dass er mich hörte.
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