[ XVII - Ruhig blieben & bis zehn zählen ]
[ XVII - Ruhig bleiben & bis zehn zählen ]
Am nächsten Morgen machte ich mich für die Schule fertig. Melissa war so nett und gab mir Shampoo und Duschgel von sich, da ich meines im Heim vergessen hatte.
Als ich in der Schule ankam, wurde ich erstmal von allen angeschaut. Wieder wurde getuschelt und ich bekam auch gleich an den Kopf geworfen, dass ich mich aus Beacon Hills verpissen sollte, da mein Bruder ein Mörder ist.
„Lass dich davon nicht unterkriegen", meinte Stiles.
Lydia stimmte ihn zu. „Scheiß auf die Hohlbirnen. Du hast nichts getan. Er war das. Da kann niemand was dafür. Nur er."
„Hi", meinte ich zu ihr.
„Hallo", sagte sie. „Ich hoffe du flippst jetzt nicht aus. Aber wir müssen das Referat über Jack The Ripper machen. Es wurde in die länge geschoben, da einige aus der Klasse ihr Referat nicht fertig hatten."
„Okay, gut. Dann kann ich versuchen eine gute Note rauszubekommen, während die anderen wieder über mich reden."
„Scheiß drauf", sagte Lydia. „Sonst haben die es mit mir zu tun. Uhm, wer war denn der Typ gewesen, der dich in seinem schwarzen Musclecar abgeholt hat?"
„Mein Cousin. Miguel", warf Stiles ein.
„Miguel", bemerkte Lydia und musterte Stiles. „Übrigens blau und orange- nie eine gute Kombination."
Sie blickte auf Stiles T-Shirt und er schaute unsicher auf sich runter. „Da gebe ich Lydia Recht. Sorry, Stiles."
Aufmunternd klopfte ich ihn auf die Schulter und ging hinter Lydia in die Klasse. Wieder waren alle Blicke auf mich gerichtet.
„Ich kann mich nicht erinnern, dass ich irgendwas auf meiner Stirn geklebt habe", sagte ich, als ich an die anderen vorbeiging und mich auf meinen Platz setzte. Wieder Getuschel.
Während die anderen ihre langweiligen Referate und Plakate vorstellten, saß ich neben Lydia, die immer wieder „Sind die schlecht", murmelte und konnte mich irgendwie nicht konzentrieren.
Mein Blick schweifte aus dem Fenster und ich nahm den schwarzen Camaro von Derek war, der auf dem Parkplatz stand. Von ihm selber war aber nichts zu sehen.
Ich riss einen Zettel aus meinem Block und schrieb was drauf. Vorsichtig knüddelte ich den Zettel zusammen und hielt mir die Hand vor dem Mund. Während ich so tat, als würde ich den Referat Aufmerksamkeit schenken, flüsterte ich immer wieder Stiles Namen.
„Stiles", flüsterte ich. Der Typ saß doch genau vor mir. Wieso hörte er mich nicht.
„Stiles!", zischte ich.
Wie erwartet kam mal wieder keine Reaktion, aber dieses Mal von Danny, der neben Stiles saß. Er warf einen Blick über die Schulter und schaute mich genervt an.
Ich zeigte ihn unauffällig den Zettel und er wandte sich wieder nach vorne. Dann stupste er Stiles an und dieser fuhr erschrocken zusammen.
„Danke für euer Referat Jackson und Amanda", bedankte sich unser Lehrer bei den beiden, die ein Referat über ein kleines Mädchen hielten, das zwei kleine Jungs getötet hatte.
Während die anderen applaudierten, rutschte ich unter meinem Stuhl und trat Stiles in den Hintern. Er fuhr hoch und drehte sich zu mir um. Ich schmiss ihn den Zettel an den Kopf und er sammelte ihm von Boden auf.
„Lydia und June, würden die Damen uns bitte die Ehre erweisen."
„Sie kann sich die Ehre erweisen aus Beacon Hills zu verschwinden. Ihr Bruder hat ihre Mutter umgebracht. Halte doch ein Referat über ihn", meinte eine Klassenkameradin schnippisch.
„Sammle erstmal dein verlorenes Hirn wieder ein und dann reden wir weiter. Geht für alle, die hinter meinen Rücken über mich ablästern", sagte ich. Dann half ich Lydia bei der Vorbereitung des Referates.
Das Referat lief eigentlich ganz gut. Ich versprach mich gar nicht und Lydia auch nicht. Ich sprach genauso sicher wie Lydia es tat. Unser Lehrer war begeistert, dass wir eine PowerPoint-Präsentation hielten und mit der Zeit gingen.
„Nicht jeder kommt mit Computer klar", sagte ich schnippisch. „Manche Menschen leider noch nicht mit der Rechtschreibung, beziehungsweise ihr Hirn im Schädel zu halten."
„Kann man mal sagen", meinte unser Lehrer. „Muss man aber nicht, June."
„Wieso. Die anderen machen sie fertig, für das was sie nichts getan hat. Wegen ihrem Bruder und dann darf sie doch ruhig ihre Meinung sagen und sich wehren", warf Lydia ein.
„Wie kannst du dich nur für die einsetzen? Die gehört genau wie ihr Bruder und ihr Vater unter die Erde."
„Und dich sollte man wieder in die Vagina deiner Mutter zurückschieben und abtreiben."
„June, Direktor!", meinte unser Lehrer.
Ich packte meine Sachen ab und meldete mich beim Direktor. Nach einer Abmahnung, da ich ja durch den Mord ein meiner Mutter durcheinander bin, durfte ich wieder gehen. Aber da die Stunde noch am Laufen war, schlich ich mich auf meinen Rückzugsort. Die Tribüne am Lacrossefeld.
„Kein Unterricht?", fragte Derek mich. Er kam die Treppen zur Tribüne hoch und setzte mich neben mich.
„Bin rausgeflogen."
„Wieso?"
„Eine musste meinen, dass ich wie mein Vater und mein Bruder unter die Erde gehöre. Ich hab sie dann nur freundlich darauf hingewiesen, dass man sie zurück in ihre Mutter schieben und abtreiben sollte."
„Und du musstest dann zum Direktor? Nicht die?"
„Genau, ich denke, wenn dein Bruder ein Killer ist, dass man als Schwester alle Rechte verloren hat", nickte ich. „Musst du nicht arbeiten?"
„Ich hab das da nicht mehr ausgehalten und habe gekündigt", sagte Derek.
„Wieso."
„Bonnie und Caroline haben sich schon wieder geprügelt. Keine Ahnung wieso, aber beide haben sich in mich verknallt."
„Wow, trotz des schwulen Pullunders."
„Genau, den ich übrigens in Stücke gerissen hatte. Was hast du gleich?"
„Mittagspause."
„Willst du noch mal zu deinen Bruder. Er liegt mir auf den Ohren, dass er mit dir reden will."
„Daher weht der Wind. Stopf ihn Eisenkugeln in die Fresse. Dann ist er ruhig."
„War das eine Erlaubnis?", fragte Derek hellhörig.
„Ja, wenn nicht, mache ich es", sagte ich und stand auf.
„Du willst zu ihm?"
„Irgendwie verdient er es doch, dass er sich bei mir ausquatscht. Fahr mich, Miguel."
„Ausquatschen vielleicht, einen auf die Fresse von einem Werwolf, zu hundert Prozent."
***
Bei Derek „zu Hause" angekommen, ging ich direkt in den Keller.
„Wer ist da bei dir!", rief Logan, als Derek sich an den Ketten zu schaffen machte. Scott war oben und saß an seinem Handy herum.
Derek öffnete die Tür und mein Bruder blickte mich mit weitaufgerissenen Augen an.
„June", sagte er erleichtert. „Du bist wieder hier."
„Sieht wohl so aus", meinte ich und schnappte mir den Stuhl aus der Ecke. Dann setzte ich mich vor Logan. „Erzähl mir was passiert ist. Wie du zu dem wurdest, was du bist und wie das mit Mama passiert ist. Beziehungsweise mit dieser Vermissten. Diese Jade Nelson. Ich will alles hören. Genau- und wehe du lügst mich an. Ich will die Wahrheit, auch wenn es hart sein wird. Also... fang an."
„Wenn dein Aufpasser weggeht."
Ich wandte mich zu Derek, der an der Tür stand. „Gehst du bitte?"
„Sicher, dass ich dich mit ihm alleine lassen kann?", fragte er sicherheitshalber nach.
„Ich komm schon klar."
„Na dann", sagte Derek und verließ zögerlich den Kerker.
Logan blickte zu mir und ich zu ihm. „Was?", fragte ich ihn.
„Fasst er dich einmal an, dann breche ich dem Typen das Genick", brummte Logan.
„Er ist im Gegensatz zu dir gerade nicht auf meiner Abschussliste."
Logan seufzte. „Du willst wissen, wie das alles hier passiert ist?", fragte Logan mich und kam endlich auf das eigentliche Thema zurück.
„Ja."
„Teilweise hab ich auch ziemliche Erinnerungslücken, June. Aber ich versuche mein Bestes. Ich war noch nie gut im erzählen."
„Weiß ich. Deine Gute-Nacht-Geschichten waren der Horror."
Logan nickte nur. „Wie ich zu dem geworden bin, was ich bin."
„Ein Kanuma."
Wieder nickte er. „Es war vor drei Monaten. Ich habe erfahren, dass Stacy ein Kind von mir erwartet. Ich bin siebzehn und stecke im letzten High-School Jahr. Was soll ich jetzt schon mit einem Kind. Ich kann den nichts bieten. Naja, ich bin abgehauen, wollte mir nicht irgendeine Verantwortung zutrauen. In Oregon bin ich dann auf Jade getroffen und wir haben etwas miteinander angefangen. Problem war, ihre Eltern waren streng und sie hatte einen Freund. Weshalb wir uns nur heimlich getroffen. Wie immer auf einem Parkplatz, der vom Autokino zum Treffpunkt für notgeile Teenager wurde." Er hielt inne. „Ich hab auf Jade gewartet. Aber sie kam einfach nicht. Dann hörte ich ein Knurren und hab mir nichts dabei gedacht. Ich dachte das war ein Puma, oder ein Kojote. Und so schnell ich gar nicht gucken konnte, wurde ich angegriffen. Ich wurde gegen einen Baum geschleudert und dann hab ich nur einen schmerzhaften Biss in meinem Oberschenkel gespürt. Dann wurde alles schwarz."
„Was ist dann passiert?", fragte ich nach. Ich wollte keine Pause. Er sollte einfach nur schnell erzählen was war. Ich hatte keine Zeit. Ich musste zurück zur Schule und wollte nicht noch mehr Abmahnungen kassieren. Sei es vom Direktor oder von Mr. Lahey oder sonstigen Aufpassern im Heim. „Hast du gesehen, was dich gebissen hat?"
„Nein, dafür ging das alles viel zu schnell, June. Ich wünschte, ich wüsste, was es war." Er schluckte. „In den Stunden darauf, als ich wach wurde, merkte ich schon, dass ich anders wurde. Ich hörte besser, ich sah besser, ich fühlte mich stärker. Die Wunde in meinem Oberschenkel, der Biss, der war urplötzlich geheilt und nur noch eine Narbe war da." Dann fing er plötzlich an zu weinen. „Ich habe mich nicht mehr unter Kontrolle gehabt. Auf den Weg nach Hause, da war ich so sauer auf Jade, dass sie mich hat sitzen lassen. Ich hatte eine Pause auf einem nicht großartig belebten Rastplatz eingelegt und irgendein Mädchen hat mir irgendeinen Spruch reingedrückt. Ich bin sofort ausgeflippt. Ich merkte, dass ich mich veränderte. Nur wusste ich nicht wie. Mein ganzer Körper brannte, mein Herz pulsierte wie wild. Ich dachte, dass springt gleich raus. Gleichzeitig hatte ich einen widerlichen Schmerz in meinen Zähnen und Fingernägeln. Meine Knochen brachen und formten sich anders. Es war die Hölle. Noch bevor ich wusste, was passiert, hatte ich mich mit meinen Zähnen im Kopf des Mädchens festgebissen und sie zu Tode geschleudert. Danach fühlte ich mich zwar erleichtert, aber war irgendwie auch in voller Panik. Vor allen Dingen dann, als ich im Kühlergrill ihres Autos mein Wahres ich sah. Ich war nicht mehr Logan."
„Was ist mit Mom passiert?"
„Ich hab mich die ganze Zeit zurückgehalten, wenn ich zu Hause war und hab mich bis auf einmal verwandelt. Aber da war ich Joggen und alleine. Ich kam abends nach Hause, ich hatte mich wieder mit Jade getroffen. Es war der Abend, wo du bei Lydia auf der Party warst. Was ich nicht wusste, war, dass Stacy mit ihren Eltern bei uns aufgetaucht war, um Mom mitzuteilen, dass sie Großmutter wird. Du kennst Mom. Sie ist nicht gerade der Fan von Teenie-Mütter."
„Ja, ich kenne ihren Vortrag nur zu gut", meinte ich und blickte Logan an. „Erzähl weiter. Was ist dann passiert?"
„Ich kam nach Hause, hab mich durch das Kellerfenster reingeschlichen und Mom ist völlig ausgeflippt, als sie mich erwischt hat. Erst wegen Stacy und dem Baby und zweitens als sie gehört hat, dass ich bereits eine Neue habe und natürlich die Probleme in der Schule. Sie hat mich beleidigt. Ich wäre kein gutes Vorbild für meine kleine Schwester. Ich meinte, dass sie sich nicht so aufregen solle, dass ich will das Stacy das Kind abtreibt..."
„Das sagst du einer Katholikin ins Gesicht?", fragte ich.
„Ja, die Ohrfeige folgte sofort", meinte Logan. „Das war der Grund, weshalb ich ganz ausgeflippt bin. Ich hab mich verwandelt und Mom in der Verwandlung, im Keller getötet. Ich hatte Panik, bevor du und Papa nach Hause kommt und habe Mama in einem Teppich eingewickelt. Ohne weiter groß drüber nachzudenken. Hab da alles sauber gemacht, den Schrank vor die Wand mit den Kratzern geschoben. Aber Dad hatte mich erwischt. Er hatte mich gesehen, wie ich Mom in den Kofferraum geräumt hatte. Er war außer sich, hat mich geschlagen. Wieso auch immer, habe ich mich nicht verwandelt. Ich wollte, dass er mich schlägt. Ich habe ihn gedroht, dass wenn er mich verpetzen tut, dass es ihm genauso ging. Daraufhin hat er mir ein Ultimatum gestellt, entweder ich verpisse ich für immer aus eurem Leben, oder ich werde dran glauben. Entweder im Knast, oder mit einem Genickbruch. Ich wollte Dad da nicht mitreinziehen. Ehrlich, June."
„Ist nun zu spät", schluckte ich. „Wo ist die andere Hälfte von Mom?"
„Im Beacon Creek. Es hatte die Nacht davor heftig geregnet. Du weißt, wie mitreißend der Fluss wird. Sie wurde bestimmt den Wasserfall heruntergespült und liegt unten im Riddle Sea."
Er blickte mich an. „Zum Thema Jade. Sie hat mich abblitzen lassen und ich wollte noch mal mit ihr reden. Ja, ich gebe es zu. Ich hab mich mit ihr verabredet, damit ich sie töten kann. Aber woher sollte ich wissen, dass du auch da noch auftauchst. Normalerweise hätte ich dich angegriffen, aber irgendwas hat mich aufgehalten. Ich habe mich aufgehalten. Ich hatte schon meine Mutter getötet. Da wollte ich nicht auch noch meine kleine Schwester umlegen."
„Du bist krank", meinte ich.
„Wie?"
„Du hast sie doch nicht mehr alle. Erst hörst du dich so traurig an und dann redest du, als wäre das alles normal. Das ist krank."
„Ach, June."
„Du bist krank."
„Du bist meine Schwester und alles was ich will ist, dass du zu mir hältst. Ist das so schwer?"
„Du hast unsere Mütter getötet. Ob du dafür was kannst oder nicht."
„June, hör mir mal zu."
„Nein, du hörst mir zu", sagte ich streng und stand auf.
„Droh mir nicht."
„Ich will dir nur einen gut gemeinten Rat geben..."
„Du...drohst...mir...nicht", keuchte er und atmete schwer. Er fing an zu zittern und bewegte sich so, als ob er elektrische Schocks bekam. Mit einem Ruck hat er sich verwandelt und sprang auf mich zu. Ich sprang vor Schreck zurück, flog über den Stuhl und landete auf den staubigen Boden. Ich war froh, dass Logan an den Ketten festgehalten wurde, sonst würde das für mich scheiße ausgehen.
„Ich bin wegen dir in einem Jugendheim, weil niemand da ist, der sich um mich kümmern kann", sagte ich.
Logan kam runter und verwandelte sich wieder in den normalen Logan zurück. Entschuldigend blickte er mich an.
„Es tut mir leid, June."
„Ich gebe dir einen Rat. Den hast du vermutlich schon mal gehört. Ich wandle den sogar ab. Entweder du verpisst dich aus Beacon Hills, tötest niemanden mehr, oder ich beauftrage Derek, dass er dich umlegt."
„Ich bin immer noch dein Bruder."
„Das hatte ich dir bereits schon mal gesagt. Für mich bist du gar nichts mehr. Und das ist das letzte Mal, dass wir uns sehen werden. Ich will ehrlich nichts mehr mit dir zu tun haben. Das macht mich kaputt."
„June, bitte", bat Logan.
„Lass mich einfach in Ruhe", sagte ich und verließ den Kerker. Scott musste bereits meine Schritte gehört haben, da kam er mir schon entgegen und schloss den Kerker ab.
„Ich bring dich zurück in die Schule", sagte Derek. Er hielt mir meinen Schulrucksack hin und ich bedankte mich bei ihm.
„Und ich darf ihn dann wirklich das Genick brechen, wenn er sich weiter in Beacon Hills aufhält?", fragte Derek.
„Das hast du gehört?", stellte ich die Gegenfrage.
„Ich habe alles gehört. Genau wie Scott. Aber ich komme darauf zurück. Wann soll ich ihn verbannen?"
„Wann es dir passt", sagte ich schulterzuckend. „Hauptsache ich kann mit ihn abschließen und ja, wenn er sich hier nicht verpisst, darfst du ihm das Genick brechen. Ich bin fertig mit ihm."
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