[ XIV - Wieder mal sehr gesprächig ]

[ XIV - Wieder mal sehr gesprächig ]

Während ich gelangweilt im Englischunterricht saß und Miss Blake zuhörte und nebenbei auf meinem Block herumkritzelte, merkte ich zwischendurch beim Getuschel von Sofia, dass sie über mich redete.

„Da die Unterstufen noch ziemliche Probleme mit den Zeitformen hat, hab ich mir gedacht, dass wir Plakate für sie erstellen und auf den Fluren in der Schule aufhängen. Mir egal, was ihr davon haltet. Bringen wir es hinter uns. Ich teile euch in Zweiergruppen ein. Ist egal, ob eine Gruppe mehrere Themen hat. Desto mehr Plakate, desto mehr können wir welche aufhängen und desto mehr Unterstufenschüler erreichen..." Sie hielt inne. „June?"

„Ja", fragte ich und schaute auf.

„Packst du bitte den Stift weg und hörst mir zu."

„Sorry", sagte ich und legte den Stift weg. Bitte Lydia. Bitte Lydia. Bitte Lydia. Lydia selber schaute zu mir und deutete an, dass wir beide zusammenarbeiten werden.

Nachdem Miss Blake ein paar Konstellationen rausgehauen hatte, sagte sie meinen Namen. „June", sagte sie. Ich horchte auf. Lydia hatte auch noch keinen Partner. „du arbeitest mit Erika zusammen. Lydia und Jackson."

„Was!?", fragten Lydia und ich gleichzeitig.

Auch das noch. Ich musste mit Erika Reyes zusammenarbeiten. Okay, man soll ja nicht über Menschen urteilen, wenn sie krank waren. Sie litt an Epilepsie und an einen üblen Hautausschlag, die durch die Medikamente verursacht wurden. Aber nee.

„June und ich sind ein sehr gutes Team. Kann ich nicht mir ihr zusammenarbeiten."

„Nein, meine Entscheidung steht fest", sagte Miss Blake.

„Okay, Erika", sagte ich, als ich mich neben ihr setzte. Ihr blondes Haar war struppig und wirkten, als ob sie die nicht durchkämmen würde. Sie trug ein viel zu großes T-Shirt und eine viel zu große Stoffhose. Im ganzen Gesicht hatte sie Pickel gehabt, die sie sich blutig gekratzt hatte. An den Armen und an dem Hals, sah es nicht besser aus. Sie sagte nichts, sondern starrte mich mit ihren leeren blauen Augen an.

Ich atmete tief durch. „Okay, wir haben die Vergangenheitsform. Ich hätte da einen Ausschlag...äh...Vorschlag, wie wir das Plakat gestalten könnten." Ich redete weiter drauf los. Aber sie gab keinen Mucks von sich. Mir ihr zu sprechen war echt schwer. Sie traute Niemanden an der Schule, weil sie von allen fertig gemacht wurde. Nur weil sie krank war. Irgendwie tat sie einem schon leid.

Wieder starrte sie mich einfach nur an. Ich wich ihren Blick aus und beschloss einfach alleine mit dem Plakat anzufangen. Auch auf der Bitte, dass sie was ausschneiden sollte, machte sie nichts. Okay, sie machte was. Sie nahm die Schere in die Hand und gab sie mir wieder. Dann blieb das auch noch an mir hängen.

„Alles gut?", fragte Miss Blake uns, als sie an unserem Tisch stehen blieb. Ich wollte Erika nicht blöd dastehen lassen, weshalb ich log. „Alles gut, von ihr kamen gute Ideen."

„Das ist ja schön", meinte Miss Blake und ging weiter.

Ich blicke zu Erika die meinen Blick auswich. „Gern geschehen", zischte ich ihr zu. Dann wandte ich mich wieder dem Plakat hin.

„Ein tolles Plakat", lobte Miss Blake uns.

„Danke", sagte ich. Erika sagte nichts.

Da heute Freitag war, war ich irgendwie ein bisschen motivierter als sonst. Und wenn man motiviert war, ging der Tag auch viel schneller um. Und so war es auch.

Nach dem Unterricht wurde ich von Derek abgeholt.

„Ich hoffe die gucken so behindert wegen dem Auto", bemerkte ich und schnallte mich an, nachdem ich die anderen Schüler der Beacon Hills sah, die mich entsetzt anguckten, oder das Auto, oder Derek. Selbst Lydia schaute mich an. Nicht geschockt, sondern fast schon stolz.

Man konnte sich ja denken, was die wieder dachten.

„Es ist eine High-School, was glaubst du denn?", fragte Derek. „Ich war da auch mal auf der Schule und Gerüchte machen unter Schülern immer schnell die Runde."

„Ich weiß", nickte ich.

„Ist gerade eins über dich im Umlauf?"

„Ja, zwei. Ich habe was mit Stiles und mein Bruder und mein Vater haben meine Mutter getötet."

„Hast sicherlich nicht mehr lange auf der Schule."

„Zwei lange Jahre. Eine Ewigkeit." Ich blickte irritiert aus dem Fenster. „Wir fahren nicht zu dir, oder?"

„Nein, nur zum Tierarzt."

„Was wollen wir bei Dr. Deaton?"

„Quatschen."

An der Tür, hing zwar ein Schild, wo drauf stand, dass die Praxis momentan geschlossen war, aber Derek klopfte trotzdem an. Keine Sekunde später öffnete ein dunkelhäutiger Mann die Tür. „Kommt rein", sagte er und ließ uns rein.

Wir betraten den Laden und standen in dem kleinen Warteraum mit dem Tresen. „Mir nach", sagte Dr. Deaton.

Wir folgten ihn und blieben in einem der Behandlungszimmer stehen, in dem Scott und Stiles schon ungeduldig warteten.

„Und nun?", fragte ich.

Dr. Deaton schob die Tür zu, während ich mich fragend umschaute. „Hat das was mit meinen Bruder zu tun?", hakte ich weiter nach.

„Nein", sagte Dr. Deaton und stellte sich vor mir. „Kann ich mal deinen Unterschenkel sehen? Ich möchte mir gerne ein Bild von der Heilung machen."

„Jetzt?", fragte ich.

Dr. Deaton nickte nur.

„Ich trage eine enge Röhrenjeans und die reiß ich mir vor euch nicht vom Leib", stellte ich klar und schüttelte meinen Kopf.

Dr. Deaton zog seinen weißen Kittel aus und hielt ihn ausgestreckt mir hin, nachdem er mich an die Wand gedrückt hatte. Dann starrte er die Decke an.

„Meine Güte", brummte ich und schlüpfte aus meinen Schuhen und dann aus der Hose. Dann riss ich Dr. Deaton den Kittel aus seinen Händen und machte ihn mir einmal um die Hüfte. Meine Hose und meine Schuhe trat ich weg.

Keine Ahnung, was das jetzt sollte. Ein Kanuma hat mich gekratzt, ja und, und die Wunde ist in weniger als 96 Stunden fast vollständig geheilt. Lediglich ein langer Kratzer mit Schorf blieb übrig.

Und wenn sich dieser Kanuma-Kratzer selber heilen tut, wie Derek es erwähnte, muss was anderes die schnelle Heilung ausgelöst haben. Der Kanuma war kein verfluchtes Ammenmärchen, den gab es wirklich. Was gab es noch alles?

Auf die Frage bekam ich keine Antwort. Oder vielleicht doch. Ich muss mich vermutlich nur durchbeißen.

Nachdem sich Dr. Deaton den Kratzer angeschaut hatte, runzelte er merkwürdig. „Ist ja komisch", sagte er. „Scott, du musst mir mal kurz helfen."

Dr. Deaton zog sich die Handschuhe aus und blickte zu Scott. Die beiden verließen das Behandlungszimmer und ich blieb immer noch auf dem kalten Behandlungstisch liegen.

„Ach", machte Stiles, als sein Handy klingelte. Er verließ das Behandlungszimmer und ich blickte zu Derek. „Beantwortest du mir mal ein paar Fragen. Aber bitte ehrlich."

Ich richtete den Kittel an meinen Beinen. Derek blickte kurz auf den Boden und zuckte dann mit den Schultern.

„Ich weiß ja schon, ein bisschen über den Kanuma. Wie man zu den wird- wenn man von einem anderen Kanuma gebissen wird und sonstiges. Es war erst ein Ammenmärchen. Gibt es noch mehr Ammenmärchen die hier herumlungern? Wie ein Typ, der von einer radioaktiven Spinne gebissen wurde zum Beispiel?"

Ich blickte zu Derek. Hatte der etwa ein leichtes Schmunzeln auf seinen Lippen. Dann blickte er wieder ernst.

„Ist ein bisschen kompliziert."

„Ich mag kompliziert", sagte ich.

„Manche Menschen haben noch ein Kanuma-Gen in sich. Man muss nicht unbedingt von einem Kanuma gebissen werden. Es reicht auch ein Biss von einem Werwolf..."

„Willst du mich gerade verarschen? Werwölfe?", ich lachte leise.

Als ich Dereks Blick sah, war mir klar, dass da was dran sein könnte.

„Wenn ein Werwolf einen Menschen beißt, verwandelt dieser sich mit viel Glück ebenfalls in einen Werwolf. Aber bei manchen schlummern noch andere Gene. Wie bereits erwähnt, kann man dann zu einer übergroßen und giftigen Raubkatze werden."

„Kanumas...", murmelte ich. „Es gibt wirklich kleine Werwölfe?"

„Glaub mir das ruhig."

„Geh mit mir in den Wald und beweis mir, dass es welche gibt."

„Ich brauche nicht in den Wald zu gehen, um dir zu beweisen, dass es Werwölfe gibt. Und dazu brauche ich nicht unbedingt einen Vollmond."

Irgendwie konnte ich aus Dereks Stimme irgendwas Heiteres heraushören. Machte er sich gerade lustig?

Ich blickte Derek erst fragend an, doch als ich sein Gesicht anfing zu verändern, wich ich erschrocken zurück.

Seine wunderschönen grünen Augen- seine grünen Augen, sorry, färbten sich plötzlich in einem starken und leuchteten Blau. Gleichzeitig riss er seinen Mund auf, ließ ein kleines Knurren raus. Seine weißen und geraden Zähne, wurden zu richtig langen Reißzähnen. Seine Fingernägel, wuchsen heraus und färbten sich Pechschwarz. Seine Nase veränderte sich ebenfalls und er bekam mehr Körperbehaarung, als vorher. Er erinnerte mich an der Frisur und den Haaren in seinem Gesicht an Wolverine von X-Men.

Ich starrte ihn an, in diese blauen Augen, die leer wirkten und irgendwie verletzlich und ich wusste, dass ich keine Angst vor ihm hatte.

„Wow", sagte ich begeistert.

Derek seufzte leise und verwandelte sich wieder zurück. „Beweis genug, June?", fragte er mich. Er hatte sich bereits wieder in Derek verwandelt und das blau machte Platz für das schöne Grün in seinen Augen. Ich nickte nur.

Er lauschte. „Du hast keine Angst", bemerkte er.

„Nein."

„Wieso nicht?"

„Ich weiß es nicht. Ich habe einfach keine Angst. Ich muss das einfach erstmal..."

„...sacken lassen", beendete Derek meinen Satz.

„Ja, genau. Dauert nur fünf Minuten."

Derek blickte mich verblüfft an. „Echt?"

„Ja, ich sammle das alles und irgendwann kommt eine Kleinigkeit und dann war's das. Dann kommt das alles raus."

„Reinfressen ist nicht gut", bemerkte er.

„Ich erzähle es sicherlich keinem, dass du ein kleines Hündchen bist."

„Ein Werwolf, June."

„Werwolf, ja", nickte ich.

„Ich schau mal, was Deaton macht." Damit war er aus dem Zimmer verschwunden.

Entweder hatte ich was eingeschmissen, lag deswegen im Koma, hatte diese komische Traumsequenz. Oder es war doch alles wahr und ich steckte gerade mitten drinnen.

Erschrocken fuhr ich zusammen, als mein Handy aufklingelte. Schnell ging ich zum Stuhl und zog mein Handy aus der Hosentasche hervor.

Unbekannte Nummer. Ich nahm das Gespräch an.

„Lowman", meldete ich mich zu Wort.

„Agent, McCall. Ich kann dich nirgendswo auffinden. Kannst du bitte zur Polizeistation kommen."

„Wie..."

„Erkläre ich dir gleich."

Dann hatte er aufgelegt.

„Wer war das?", fragte Scott.

„Dein Vater, ich soll zur Polizeistation."

„Wieso?", wollte Stiles wissen.

„Hat er nicht gesagt."

„Du sagtest, du konntest dich für Stunden nicht bewegen?", fragte Deaton mich.

„Ja."

„Dann war das der Kanuma. Vielleicht heilen die Wunden der Kanumas doch selber und niemand hat dass all die Jahrhunderte nicht niedergeschrieben. Scheint so, als hätten wir ein Geheimnis gelüftet. Oder... warte... du bist doch ein Mensch?"

„Ja."

„Dann schließen wir das aus", meinte Deaton. „Dann liegt es am Kratzer des Kanumas. Neben den lähmenden Gift, hat der auch noch selbstheilendes Gift ins sich."

„Oder vielleicht stammen ihr Bruder und sie einfach nur von irgendwelchen Kanumas ab. Schon mal daran gedacht", meinte Derek.

„Kann auch sein. Irgendwelche komischen Erkenntnisse in deinen Leben von deinen Vorfahren?", fragte Deaton mich.

„Nein."

„Tu uns einen gefallen, ich hab da meine Kontakte, die schon auf einige Kanumas getroffen sind. Wenn du es findest, bring ein Stammbaum mit, okay?"

Ich nickte nur.

„Ich fahre dich zur Polizei", sagte Stiles.

„Was ist mit Logan?", fragte Derek.

„Wenn ein verblödeter FBI-Heini anruft, muss man spuren", sagte ich. „Nichts für ungut, Scott."

„Er ist ein verblödeter FBI-Heini", nickte Scott zustimmend.

Die Jungs verließen das Zimmer und ich zog mich um. Nachdem ich mich von den anderen dreien verabschiedet hatte, brachte Stiles mich zur Polizeistation.

„Wo ist er jetzt?", fragte ich, nachdem mich McCall aufgeklärt hatte. Ich zitterte am ganzen Körper und wischte mir die Tränen aus dem Gesicht weg.

Ich konnte es nicht glauben, was mir der Agent erzählte. Mein Vater hat so gesehen ein Geständnis ablegt, um Logan zu schützen. Nein, mein Vater hat nicht gestanden, dass er meine Mutter umgebracht hat. Sondern mein Bruder war der Täter. Er konnte nicht weiter mit der Lüge leben. Als Grund für die Tötung soll wohl gewesen sein, dass die beiden sich gestritten hatten. Erstens wegen der Schule und zweitens, dass Logan immer wieder neue Freundinnen hatte und eine von denen sogar geschwängert haben soll. Es war Stacy gewesen, die mir mal einen Besuch abgestattet hatte.

Er hat Logan gesehen, wie er unten das Blut aufgewischt hatte. Logan meinte, er war jagen und hat ein Schwein erlegt. Aber Dad fand im Auto von meinen Bruder meine Mutter, in zwei Hälften geteilt und eingerollt in einer Decke. Logan hat ihn gedroht, dass er, wenn er auch nur ein Wort sagen würde, auch leiden würde und hat ihn dann machen lassen.

Er dachte er könnte seinen Sohn schützen, wenn er nichts sagte. Aber er war dafür einfach zu schwach. Es ging hier schließlich um seinen Sohn, der aus Wut, dass seine Mutter ihn rausschmeißen wollte und nichts mehr von ihm wissen wollte, seine geliebte Frau tötete. Meine Mutter.

„Dein Vater wird erstmal in U-Haft gehen, bis wir deinen Bruder haben. Kann sein, dass er wegen Beihilfe zum Mordes..."

„Dad hat nichts gemacht. Er wollte ihn nur schützen!", schrie ich McCall an.

„June, er hat uns Beweise und Hinweise unterschlagen. Dafür geht man ins Gefängnis."

„Logan hat ihm gedroht, dass er ihn ebenfalls töten würde. Wie würde Sie handeln, Sie beschissener Agenten-Vollhorst."

„Nana, keine Beleidigungen, June. Sonst hast du eine Anzeige wegen Beamtenbeleidigung am Hintern kleben."

„Ich will einfach nur nach Hause", sagte ich.

„Da fahren wir dich auch hin, damit du ein paar Sachen zusammenpacken kannst. Du kannst nicht alleine zu Hause bleiben. Du hast niemanden, der auf dich aufpasst, aus deiner Familie natürlich, bevor du auf die Idee kommst und meine Ex-Frau anrufst. Dann bringen wir dich in das Jugendheim."

Entsetzt blickte ich die Agents an und hätte in dem Moment alles auseinander genommen.

***

Zuhause packte ich ein paar Sachen zusammen, unter den strengen Blick von Parrish, der mich begleiten sollte, weil McCall noch mal mit Dad reden wollte.

„Brauchst du Hilfe?", fragte er mich.

„Nein", antwortete ich und stopfte die Sachen in meinem Koffer. Ich blieb am Schlafzimmer meiner Eltern stehen und schmiss meinen Koffer auf den Boden. Parrish blieb stehen und blickte mich an.

„Was machst du?", fragte er mich und stellte den Karton mit Schulsachen und meinen Laptop auf die Kommode. Ich riss die Tür eines Hüfthohen Schrankes heraus, wo meine Eltern die ganzen wichtigen Papiere von uns hielten. Ich schnappte mir meinen Impfausweis, meine Geburtsurkunde und fand sogar die beiden Stammbaumbücher. Das alles ließ ich in meinem Rucksack verschwinden. Ich machte die Schränke zu und blickte zu Parrish. „Wir können", sagte ich.

Auf den Weg nach unten, sammelte ich noch die Hausschlüssel und ein Familienfoto ein. Und dann wurde ich zum Jugendheim gefahren.


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