[ XIII - Da ist was verrutscht ]

[ XIII - Da ist was verrutscht ]

„Und du willst wieder aus dem Fenster springen?", fragte ich Derek, nachdem er noch hoch in mein Zimmer kam. Okay, wir hatten uns in Logans Zimmer geschlichen und ich packte ein paar Sachen für ihn zusammen.

„Ja, noch einmal gehe ich diese behinderte Treppe nicht hoch."

Behinderte Treppe- er war gerade die letzten Stufen auf die Fresse geflogen, da der Teppich darauf, locker war. Papa wurde durch den Krach wach und ich sagte nur, dass ich mir was zu trinken holte, während Derek in einen der Zimmer geflitzt war.

Also, ich stopfte gerade Julians Sachen in einen Rucksack, während Derek sich im Zimmer umschaute. „Das sieht hier aus", sagte Derek leise.

„Sag das den FBI-Agents", flüsterte ich. „Wieso auch immer hat Dad mein Zimmer aufgeräumt, aber Logans Zimmer nicht. Das erklärt auch wieso die Dinger auf der Treppe locker sind und du eine Bruchlandung hingelegt hast", lachte ich leise.

„Wer war diejenige, die „Achtung Baum fällt", gerufen hat? Ich war's nicht."

„Heul nicht", meinte ich. „Du bist doch auf deinen Männertitten gelandet, die haben den Aufprall gemindert."

„Das sind Muskeln", Derek verdrehte die Augen. „Und nein. Pack weiter."

„Dein Verband", machte mich Derek drauf aufmerksam. Ich schmiss die Tasche aufs Bett und blickte auf meinen Unterschenkel. Oh, der Verband war verrutscht.

„Von was wurdest du gekratzt?", fragte Derek mich. Ich wollte gerade den Verband richten, als er meine Hand wegdrückte und den Verband mit einem Ruck abriss. Von dem Kratzer blickte er zu mir.

„Ich denke mal von meinem Bruder", sagte ich.

„Das war vor ein paar Tagen. Wieso ist das schon so verheilt?"

„Keine Ahnung."

Derek stellte sich gerade hin und musterte mich. „Fühlst du dich anders?"

„Nee. Wie immer."

„Warst du wie gelähmt, als du wieder das Bewusstsein erlangt hast."

„Jepp."

„Dann war das der Kanuma. Kratzt er dich, geht sein Gift in deinen Körper und lähmt dich. Entweder kratzt du ab, oder du überlebst das."

„Hab dann wohl Letzteres."

Derek schaute komisch. „Aber wie kannst du die Wunde so schnell heilen lassen?"

„Ich weiß es nicht", zischte ich. „Das wüsste ich auch gerne. Siehst du die Narbe an meiner Augenbraue? Die ist ganz verheilt."

„Ist mir auch schon aufgefallen. Aber bei kleinen Kratzern ist das normal, dass die bei einem guten Immunsystem schneller heilen."

„Dir kommt das genauso Spanisch vor, wie mir?"

„Ja."

„June!", hörte ich meinen Vater rufen. „Was machst du im Zimmer deines Bruders." Ich drückte Derek die Tasche in die Hand und schubste ihm zu Fenster, welches ich aufriss. „Guten Flug." Ich klopfte ihn auf die Schulter und schubste ihn raus. Unten hörte ich nur einen dumpfen Aufprall und ein „Danke, Idiotin", von Derek.

„June!", ich drehte mich zu Dad, der an der Tür stand.

„Hi", meinte ich und machte das Fenster zu.

„Was machst du da?", fragte er mich und blickte mich verschlafen an.

„Hab in dem Chaos nach einem Edding gesucht. Den brauche ich für die Schule."

„Und das fällt dir mitten in der Nacht ein?", fragte er mich.

„Ja", nickte ich.

„Geh ins Bett, June."

„Okay."

***

„Morgen, Dad", begrüßte ich meinen Vater, als ich am nächsten Morgen in die Küche ging. Er saß am Frühstückstisch und las in der aktuellen Ausgabe der Beacon Hills News.

„Morgen", grummelte er und blätterte um. „Wird schon wieder ein Mädchen vermisst. Jade Nelson, Studentin aus Oregon."

Er hielt mir die Zeitung hin und ich blickte die Blondine an. Das war das Mädchen, das sich mit meinem Bruder getroffen hatte und dann von ihm getötet wurde.

„Grauenvoll", meinte ich und machte mir etwas zu Essen. „Hast du gut geschlafen?"

„Nee, wurde mehrmals in der Nacht wegen meiner Tochter wach."
„Das tut mir leid, Dad", sagte ich und setzte mich mit den Müsli an den Tisch. „Hattest du gestern nicht den Termin mit der Anwältin?"

„Ja, die können uns gar nichts, solange noch keine weiteren Beweise gefunden werden", sagte er und schluckte.

„Ich dachte, die haben Blutspuren im Keller gefunden. Zwei unterschiedliche." Dad blickte mich an. „Ja, haben die. Aber es gab Probleme bei der Analyse und die wird noch mal durchgeführt. Heute oder morgen gibt es ein Ergebnis. Ich habe denen gesagt, dass ich da Blut weggewischt hatte, weil ich Jagen war und ein Wildschwein erledigt hatte. Dabei hab ich mich geschnitten."

„Okay", meinte ich. Dad und Jagen? Das war neu. Er war einmal Jagen und hatte die Schnauze voll davon. Logan ging zwischendurch mal Jagen, aber nur wenn er wegen einer Verletzung nicht mehr Lacrosse spielen konnte.

„Bin gleich auf der Arbeit."

„Ich dachte du bist freigestellt?"

„Ist Not an Mann. Und irgendwer muss ja das Geld hier verdienen, um die die Beerdigung deiner Mutter zu finanzieren. Wenn ich heute Abend zu Hause bin, können wir ja mal reden. Ich kann das nicht alleine planen."

„Wir planen das auch nicht alleine. Logan soll seinen Hintern wieder nach Hause bewegen. Er hat auch noch was zu melden. Ist ja auch schließlich auch seine Mutter."

„Stimmt", nickte Dad und trank von seinem Kaffee. „Ich fahr dich gleich zur Schule, wenn du willst."

„Das wäre nett", nickte ich.

Nachdem mich mein Vater an der Schule rausgeschmissen hatte und er zur Arbeit fuhr, ging ich – ich hinkte nur noch minimal und die Schmerzen waren auch fast verflogen- jetzt war das nur ein Druck gewesen auf das Schulgebäude zu.

„June", fing Derek mich ab.

„Hä, was?", fragte ich irritiert und drehte mich zu ihn hin. „Ja, hey, morgen."

„Dir auch einen guten Morgen", sagte Derek.

„Gut gelandet gestern?", fragte ich.

Derek blickte mich an. „Ich wäre sanfter gelandet, wenn ich eine Katze wäre. Aber ich bin ein Mensch. Also nee, keine gute Landung."

„Tut mir leid, dass war einfach nur Panik."

„Merk dir, dass ich beim nächsten Mal alleine aus dem Fenster springe, ohne geschubst zu werden."

„Du planst schon wieder, dich in mein Haus zu schleichen?"

„Wenn du das nächste Mal unter der Dusche bist, dann schleich ich mich ins Badezimmer und mache den Wasserhahn an."

„Ganz üble Drohung", bemerkte ich belustigt. Jedoch verging mir das Grinsen wieder, als ich an mein Vater dachte. „Was guckst du so komisch?"

„Mein Dad hat zugegeben, dass er im Keller Blut weggewischt hat. Aber angeblich war er Jagen und hat in unserem Keller ein Wildschwein erledigt. Und die beim FBI hängen mit den Ergebnissen der Blutspuren hinter her. Da gab es irgendeinen Fehler."

„Blutspuren? Plural?"

„Zwei verschiedene Blutspuren. Er hat sich beim Erlegen des Schweines angeblich geschnitten. Der hatte aber nichts am Finger oder an der Hand." Ich seufzte. „Das ist alles einfach zum kotzen gerade. Und was geisterst du hier wieder herum?"

„Mir haben dem Kratzer an deinem Unterschenkel einfach keine Ruhe gelassen", gab er zu.

„Ich hätte damit gerechnet, dass was Neues von meinem Bruder kommt..."

„Er kann mittlerweile wieder Reden, weil ich die Silberdosierung verringert habe, aber er will unbedingt nur mit dir reden. Ich hab gesagt, erst nach der Schule und wenn du überhaupt möchtest."

Ich blickte Derek spöttisch an. „Liegen dir meine Noten so am Herzen."

„Haha", brummte er und schnitt eine Grimasse. „Aber das mit dem Kratzer kommt mir ehrlich voll spanisch vor."

„Wie gesagt, fühle mich wie immer", sagte ich. „Vielleicht heilen die Kratzer eines Kanumas eben schnell, oder so."

„Bei Menschen?", schnaubte er belustigt. „Hört sich merkwürdig an."

„Ja, was weiß ich, aber...", sagte ich.

„Dein Vater...", nuschelte Derek.

„Was?"

„Dein Vater", wiederholte Derek sich wieder.

„Du hast dein Schulbrot im Auto vergessen", sagte Papa und blieb neben mir stehen. Verdutzt blickte er vom Camaro zu Derek. „Was wollen Sie von meiner Tochter?", fragte Papa misstrauisch.

„Uhm", meinte Derek.

„Das ist der Cousin von Stiles", warf ich schnell ein. „Er ist für ein paar Tage hier in der Stadt und hat seinen Cousin abgesetzt. Stiles hat irgendwas vergessen und jetzt sucht er hin. Ich helfe ihn ein wenig."

Derek schielte auf mich runter.

„Wer ist Stiles?", fragte Dad.

„Oh, Dad, dass ist der Sohn von..."

„Stiles", meinte Derek und tippte mich leicht an.

„Ey, June und De..."

„Stiles", rief ich. „Da bist du ja. Dein Cousin sucht nach dir..."

„Was?"

„Das ist dein Cousin... Mi-Miguel!", rief ich Stiles panisch zu. Irritiert blieb er stehen und Stiles schaute mich an, als hätte ich nicht mehr alle. Dann schlug er sich gegen die Stirn. „Cousin Miguel, aus Mexiko. Mensch, hau doch nicht immer vor mir ab."

„Er ist Menschenscheu", sagte ich zu Dad. „Er kommt aus einem sehr kleinen Dorf in Mexiko, gerade mal 100 Einwohner. Menschen machen ihn einfach nur Angst."

„Sí", sagte Derek nur.

„Okay", sagte Dad mit einen komischen Unterton. Dann drückte er mir die kleine Tüte mit meinem Essen in die Hand und wünschte uns einen schönen Tag.

„Sí", brummte Derek nur. Kaum war mein Vater weg, motzte Derek herum.

„Cousin Miguel, ist das dein Ernst, June?", fragte er mich. „Wieso sagst du deinen Vater nicht einfach, wer ich bin?"

„Hallo? Panik, da ich seine kleine Prinzessin bin und am liebsten eine Armlänge Abstand von Jungs halten soll."

„Was auch immer. Zurück zum Kratzer..."

„Ich weiß ehrlich gesagt nicht, was es da noch zu bereden gibt. Ein Kanuma hat mich angefallen, mich verletzt und der Kratzer ist ein selbstheilendes Wunder. Wurde einer von euch schon mal von dem Kanuma gekratzt?", fragte ich und wollte das Thema endgültig abhaken.

Die beiden tauschten einen Blick aus und da Stiles nicht nachfragte, um was es ging, war mir klar, dass er bereits eingeweiht war.

„Nö", meinten beide.

„Seht ihr, dann ist das somit auch geklärt. Jetzt müssen wir meinen Bruder nur noch zur Vernunft bringen und dann hat's sich das auch alles gegessen."

„Wieso starren uns alle an?", fragte ich Stiles, als wir gemeinsam das Schulgebäude betraten. Selbst Mr. Finstock starrte uns so ungläubig an.

„Japp", meinte Stiles. „Sie starren uns an.

„Was?", fragte ich Lydia, die mich gerade ansprechen wollte, als ich an meinem Spind war.

„Du und der sonderbare Stiles?"

„Was?"

Ich blickte zu Stiles, der am Ende des Flures bei Scott stand und sich irgendwo rausredete.

„Ihr habt was miteinander?"

„Wer labert sowas? Nein!"

„Ihr beiden hängt in letzter Zeit voll oft ab."

„Ist das verboten, dass man Jungs als Kumpels hat?"

„Nein, aber du kennst die alle. Denken immer gleich, dass sich zwei Loser gefunden haben..."

„Was?"

„Loser, so nennen sie dich und Stiles. Ich denke, der Welpenschutz wegen deiner Mutter hat nicht lange gehalten. Die denken alle, das Logan und dein Vater damit zu tun haben, was mit deiner Mutter passiert ist."

Sauer knallte ich meinen Spind zu. „Es ist nichts bewiesen", zischte ich. „Und wenn man keine Ahnung hatte, sollte man die Klappe halten." Den letzten Satz sagte ich etwas lauter, damit ihn ein paar Mitschüler mitbekamen.

„Glotz nicht so blöd", fuhr ich ein Mädchen an, die über mich tuschelte.

„Mein Vater und Bruder haben meine Mutter nicht umgebracht."

„Hast du das Gerücht in die Welt gesetzt, oder was?", fragte ich sie und stellte mich vor Sofia.

„Und wenn. Du weißt, dass ich nur die Wahrheit verbreite."

„Lass dich von ihr nicht provozieren", sagte Lydia und zog mich von ihr weg. „Du bist kein Loser. Leute die einen runtermachen, weil sie mit ihrem Leben unzufrieden sind, sind die größten Loser auf den Planeten."


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