Kapitel 21.3 - Annika
Ich folgte dem Kaffeeduft am nächsten Morgen bis in die Küche, Bens Eltern und Ben waren schon wach und unterhielten sich darüber, wo sie heute am besten einen Parkplatz finden würden, während sie das Frühstück vorbereiteten.
Ben bemerkte mich als Erster. Als ich durch die Tür in das Zimmer trat, drehte er sich um und lächelte mich warm an. Dafür das es so früh am Morgen war, sah er viel zu fit aus. Vermutlich war er schon die erste Runde laufen gewesen. Er schien in dieser Hinsicht noch besessener als ich zu sein. „Guten Morgen, Kätzchen."
„Guten Morgen." Das Lächeln zupfte von allein an meinen Lippen als ich näher zu ihm trat. Er drückte mir eine große Tasse Kaffee in die Hand und fast zeitgleich streiften seine Lippen meine Schläfe und ich meinte ein wohliges Brummen zu hören. Dieser Mann hatte es zu einer Kunst erhoben all meine Prinzipien über Bord zu werfen, mich vor Sehnsucht zerfließen zu lassen und gleichzeitig alles in mir durcheinanderzubringen.
„Für mich?", fragte ich daher vollkommen überfordert, von seiner Nähe, seinem Geruch, seine Berührungen und so viel Aufmerksamkeit.
Lachend fand seine Hand irgendwie ihren Weg in meinem Nacken und er massierte ihn sanft. Ich ließ den Kopf nach vorn fallen und hätte vor Genuss fast gestöhnt. „Für wem denn sonst?"
„Du bist ein Engel. Danke dir." Glücklich nahm ich einen Schluck meiner heiß und innig geliebten Droge und bemerkte erst danach, dass seine Eltern uns beobachteten. Verlegen spürte ich wie meine Wangen und mein Nacken Feuer fingen. Das erweckte mit Sicherheit den falschen Eindruck bei den beiden. Doch sie sagten nichts. Bens Mom lächelte mich noch genau so herzlich wie gestern an und auch sein Dad schenkte mir ein freundliches „Guten Morgen" als ich seine Eltern grüßte.
„Kommt Cat nicht noch?", fragte ich verwirrt, als wir uns zum Frühstück hinsetzten. Bens kleine Schwester hatte ich bisher noch nicht kennengelernt. Dabei war ich nur zu gespannt sie kennenzulernen. Ben liebte sie heiß und innig, dass bemerkte ich jedes Mal, wenn er mir von ihr erzählte.
„Wir holen sie ab. Ihre Wohnung liegt auf unseren Weg", antwortete mir Bens Vater und ich nickte.
Knapp anderthalb Stunden später hielten wir vor ihrer Tür und eine wunderschöne Blondine, rutschte mit strahlendem Lächeln auf den Sitz neben mir und umarmte mich stürmisch als wären wir langjährige Freunde.
„Ich bin Cat, wie schön dich kennenzulernen." Ihre Worte kamen von Herzen genauso wie das Lächeln.
„Nika", erwiderte ich überwältigt von ihrem Überschwang.
Über mich hinweg, verwuschelte Ben ihr Haar und sagte: „Ich freue mich auch, dich zu sehen, Schwesterherz."
Cat kreischte auf. „Gott, du Idiot! Für diese Locken stehe ich immer extra im Bad", schimpfte sie und ich konnte nicht anders als zu Grinsen, während sie den Schaden zu beheben versuchte. Die Geschwisterliebe zwischen den beiden zu sehen und zu spüren war großartig.
„Ben ärgere nicht immer deine Schwester", mahnte seine Mutter von vorn.
„Sie braucht das, sonst würde ihr was fehlen", versicherte Ben, ohne zu zögern und ohne jegliche Reue, sein Gesichtsausdruck vollkommen ernst und überzeugt. Ich konnte nicht anders, ich musste lachen. Perplex sah Cat zu mir.
„Sorry", murmelte ich immer noch lachend in ihre Richtung, „aber ihr zwei seid echt süß. So habe ich mir das immer mit Geschwistern vorgestellt." Vielleicht schwang etwas Wehmut in meiner Stimme mit.
„Du hast keine Geschwister, oder?", hakte sie nach. Als ich nickte, meinte sie: „Ich leih ihn dir. Ben ist so eine Nervensäge, dass reicht für uns beide."
Von dem Betroffenen, der auf der anderen Seite neben mir saß, kam ein empörtes „Hey!", doch wir ignorierten es beide miteinander lachend. Doch auf einmal kitzelte er mich an der Taille, sodass ich so weit, der Gurt es zu ließ aus dem Sitz sprang und neben mir wand sich auch Cat.
„Kinder!", kam es nun auch von Bens Vater, der am Steuer saß. Ben ließ von uns ab, doch seinen Arm ließ er um meine Schultern liegen. Cat und ich tauschten einen stummen Blick miteinander. Es war Freundschaft auf den ersten Blick, dass wusste ich.
Eine Stunde später liefen Cat und ich über Gott und die Welt quatschend nebeneinander vor ihrem Dad und Bruder, ihre Mom meist als stumme Zuhörerin, die nur hier und da etwas einwarf oder nachfragte, her. Wir folgten einen Wanderweg, während wir uns über unsere Lieblingsfilme und Bücher austauschten. Wir hatten offenbar einen sehr ähnlichen Geschmack. Ben sprach mit seinen Eltern. Wenn ich die Wortfetzen, die ich mitbekam, richtig deutete, war es genauso wie Ben prophezeit hatte: sein Vater und er waren bei ihren Themen beim Geschäftlichen. Diana achtete darauf, dass wir nicht vom Weg abkamen.
„Die Aussicht ist atemberaubend!", stellte ich fest, als ich schlussendlich am Geländer lehnte, das perfekte Wetter und den Blick über die Landschaft genoss. Wir waren auf den Schrammsteinen angekommen.
„Ja, nicht wahr?" Ben hatte sich neben mich gestellt, während seine Eltern und seine Schwester sich auf der Plattform verteilt hatten.
„Ja, das ist echt cool. Warst du hier schon öfter?", fragte ich ihn neugierig und sah zu ihm, um sein glückliches, entspanntes Lächeln zu sehen und mein Herz einmal mehr schmelzen zu fühlen. Seine Augen leuchteten und die Sonne ließ seine Haare in verschiedenen Blond und Braun-Tönen leuchten. Es wäre viel zu einfach sich in diesen attraktiven, aufmerksamen Mann zu verlieben. Dabei wollte ich doch gerade von der Liebe erst einmal die Finger lassen. Ich zwang mein Blick und meine Gedanken zurück zu der Landschaft.
„Ja, ein paar Mal. Meine Eltern wandern gern und die sächsische Schweiz liegt ja fast vor unserer Haustür. Aber ich komme immer wieder gern hier her."
„Das glaube ich dir, es ist einfach wunderschön. Taliah und ich fahren meist nach Österreich oder bleiben irgendwo im Schwarzwald, wenn wir wandern gehen. Dabei gibt es noch so viele schöne Ecken in Deutschland zu entdecken."
Zustimmend nickte Ben. „Ich kann dir ja ein paar meiner Lieblingsplätze zeigen und dafür nimmst du mich zu deinen mit", schlug er vor. Mein Blick glitt zu ihm zurück und abwarteten sah er mich mit dieser ruhigen Konzentration, die ich von ihm so gut kannte, an.
Ich war mir nicht sicher, aber als ich nickte, kam es mir vor, als schlösse ich einen Packt mit dem Teufel. Bens Augen funkelten und seine Lippen verzogen sich zu einem breiten Lächeln, dass mich fast eine Katze erinnerte, die den Sahnetopf entdeckt hatte.
Misstrauisch kniff ich die Augen zusammen. „Warum habe ich den Eindruck, dass ich meine Entscheidung überdenken sollte?"
Das Lächeln verschwand fast gänzlich und Entschlossenheit trat in sein Gesicht, als er das Geländer, auf dem er sich bis gerade eben gestützt hatte, losließ, sich aufrichtete und seinen Körper nun ganz mir zuwandte. „Solltest und wirst du nicht", wiegelte er entschieden ab, seine Stimme ließ keinen Raum für eine andere Möglichkeit. Dann wurde sie weicher „Ich war lediglich positiv überrascht wie ...", er zögerte, suchte offensichtlich nach dem richtigen Wort, „wie spontan du zugesagt hast."
Seufzend verdrehte die Augen. Taliah und er hatten fast zwei Wochen auf mich eingeredet, bevor ich mich von beiden überzeugen lassen hatte, dass ich dieses Wochenende mit ihm und seiner Familie verbringen würde. Schlussendlich war es die Sorge gewesen, dass meine Mom noch dem Urlaub mit ihrem Freund absagte, nur weil sie mich nicht allein lassen wollte. „Das sind zwei paar verschiedene Schuhe. Das eine ist ein Familienfest, dass andere ein Wochenende unter Freunden", zeigte ich ihm den Unterschied auf und lehnte mich nun wieder entspannt an das Geländer, in der festen Absicht die Aussicht und diesen perfekten Moment zu genießen.
Als ich ein leises Knurren hörte, sah ich stirnrunzelnd zu Ben. Doch dieser sah zu einem Punkt über mich hinweg in die Ferne, das Gesicht nicht lesbar. Scheinbar in Gedanken. Als hätte er meinen Blick bemerkte, fing er sich und erwiderte diesen. „Na dann, hast du ja nichts zu befürchten." Er zwinkerte mir zu und dann ließ er mich stehen. Nichts zu befürchten? Innerlich schnaubte ich. Spürte er die Spannung, die sich mit jedem Mal mehr zwischen uns aufbaute, nicht?
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