Kapitel 20 - Annika
Auch die nächste Woche verging wie im Flug, durch die Trennung von Lukas änderte sich für mich kaum etwas. Es war eine weitere Bestätigung dessen, was ich bereits vermutet hatte: Wir hatten uns zuvor schon weit auseinandergelebt. Einzig und allein die Albträume, die mich nachts aufschrecken und schlaflos zurückließen waren dem unschönen Ende unserer Beziehung zuzuschreiben. Immer wieder träumte ich von Lukas, der in einem Club, umringt von Frauen stand, deren Gesichter ich nicht sehen konnte. Ich hörte sein Lachen, wenn ich ihn fragte, ob ich ihn nicht reichte. Hörte wie er mir sagte, dass ich langweilig sei. Er mehr wollte, Abwechslung, Aufregung und Abenteuer. Das ich nur eine Frau von vielen war. Immer nur eine von vielen sein würde. In meinem Träumen lachte er jedes Mal, wenn er unsere jahrelange Freundschaft für unbedeutend erklärte. Ich konnte mich gegen das schamhafte Gefühl und die Tränen, die danach über mich hereinbrachen, nicht wehren. Es war mir so peinlich, dass ich nicht einmal meiner Mom und Taliah gegenüber erwähnte, was mir Nacht für Nacht den Schlaf raubte.
Es war albern und lachhaft, dass wusste ich selbst. Lukas war ein Idiot, versuchte ich mir immer wieder zu sagen. Trotzdem weigerte sich mein Verstand zu verstehen, wie er mich so hintergehen konnte. Ich kam mir so dumm vor, dass ich noch immer unserer Freundschaft nachtrauerte und füllte die Tage nur zu gern bis oben hin aus, um mich abzulenken.
Als Taliah und ich eine Woche später, Mittwochabend beim Bouldern zusahen wie Chris und Ben sich einen Weg nach oben suchte, plauderten wir locker.
„Was machst du jetzt zu Pfingsten?"
Ich zuckte mit den Schultern. Meine Mom hatte uns beiden am Sonntag verraten, dass sie gemeinsam mit Johannes, ihrem Partner, eine Reise nach Amsterdam plante, da sie noch immer dachte, dass Taliah und ich zusammen verreisen wollten. Zum Glück hatten wir beide vergessen, sie auf den aktuellen Stand zu bringen. Meine Mom hätte mich vermutlich sonst nicht allein gelassen. Taliah hatte mir schon angeboten, dass ich sie mit nach Indien zu ihren Eltern begleiten konnte. Aber ich wusste, wie rar die Zeit mit den beiden war und wollte das Taliah die Zeit voll und ganz genießen konnte ohne mich im Schlepp.
„Ich habe überlegt, ob ich mal mit dem Fahrrad Urlaub mache. Jeden Tag x-Kilometer fahren, irgendwo übernachten und dann weiterfahren. Weißt du, was ich meine?" Allzu viele Gedanken hatte ich mir noch nicht gemacht, vielleicht würde ich auch hierbleiben. Aber das konnte ich Taliah nicht sagen. Das wollte sie nicht hören und würde nur dazu führen, dass sie ein schlechtes Gewissen bekam.
Sie kniff die Augen zusammen. „Du willst hierbleiben, stimmts?"
Verärgert, dass sie mich so leicht durchschaute, sah ich sie mit leicht zusammen gekniffenen Augen an. „Du sagst das, als wäre das etwas schlimmes", wich ich ihr aus. Dann seufzte ich. „Was hat mich verraten?"
Sie schnaubte. „Als ob du die Fahrradtour ohne mich machen würdest..."
Ich verdrehte die Augen und warf ihr dann eine Kusshand zu. Sie erwiderte die Geste und dann lachten wir beide.
„Du hast noch keine Pläne?", fasste sie meine Situation also treffend zusammen und ich nickte.
„Mit den Hunden laufen, Sport machen, vielleicht mal einen Serienmarathon einlegen..." Ich zuckte erneut mit den Schultern.
„Was ist mit deinem Bauleiter?" fragte sie mit Blick auf Ben. Ich rammte ihr meinen Ellbogen in die Seite, auch wenn ich mich dafür halb aus meiner liegenden Position aufrappeln musste und sah mich dann nach allen Seiten um. Schließlich waren wir nicht allein und ich wusste nur zu gut, wie Gerüchte entstanden. Doch die anderen saßen um uns herum in ihre eigenen Gespräche vertieft.
„Hey!", beschwerte sie sich und rieb ihre Seite.
„Nicht du auch noch", fauchte ich empört.
„Sie hat doch recht." Lizzy hatte damit angefangen und seitdem nicht mehr aufgehört, nur wenn Ben in Hörweite war, stoppte sie mit dem Unsinn. „Er sieht dich an als geht mit deinem Erscheinen die Sonne auf..."
„Tut er nicht!", unterbrach ich meine beste Freundin entschieden.
Taliah schnaubte ungläubig. „Dieses eine Lächeln ist speziell für dich reserviert", erklärte sie mir dann, „dass schenkt er keiner anderen und sein Blick folgt dir auch überall hin. Und wenn wir es genau wollen er selbst auch."
„Rede nicht so einen Unsinn", wehrte ich ihre Worte ab, während in mir drin ein seltsam hoffnungsvolles Gefühl aufstieg. Ich mochte Ben, ich mochte ihn wirklich. Ich konnte es kaum erwarten mit ihm gemeinsam Laufen zu gehen, freute mich über jede seiner Nachrichten, die er mir schrieb und ließ mich nur zu gern von ihm mit einem gemeinsamen Mittagessen überreden, wenn seine Mittagspause zeitlich mit meiner zusammenpasste.
„Warum werden denn deine Wangen so rot, Girl?!" Taliahs Augen entging auch gar nichts.
„Weil du so viel Stuss redest", war ich um keine Ausrede verlegen.
Taliah kannte mich viel zu gut, sodass auf meine Aussage nur ein „Mhmh" und eine hochgezogene Braue folgte, trotzdem bohrte sie nicht tiefer. Dafür war ich ihr dankbar, denn ich selbst ignorierte all die Gefühle, die Ben in mir auslöste nur zu gut und mied jeden forschend Gedanken daran. „Also was macht Ben zu Pfingsten?"
„Vermutlich wird er zu seiner Familie fahren, wir haben noch nicht darüber gesprochen. Außerdem brauche ich keinen Babysitter nur weil Pfingsten ist, ich kann auch sehr gut mal ein paar Tage allein verbringen."
„Es ist ein Familienfest, das ist doch blöd, Nika", meinte Taliah und sah mich ernst an. Ich sah das Bedauern in ihren Augen.
„Mach dir um mich keinen Kopf, Tally. Ich freue mich, dass du deine Moms mal wieder siehts und ich finde es super, dass meine endlich mal etwas für sich macht und wenn ich deshalb mal fünf Tage mit mir allein klarkommen muss, ist das mehr als in Ordnung."
Sie sah mich schweigend an, dann sah sie wieder zu den zwei Männern, die nun oben angekommen waren und scheinbar nur gewartet hatten, dass wir zu ihnen sahen. Männer, lachte ich innerlich, während wir gemeinsam mit den anderen, die neben uns saßen und ebenfalls faul zusahen applaudierten.
„Wir könnten auch Chris fragen, vielleicht kannst du ja mit bei seiner Familie feiern."
„Taliah!"
„War nur eine Idee", verteidigte sie sich. Mit ihrer Hartnäckigkeit hatte sie mich als schon zu Dingen getrieben, zu denen ich erst im Nachhinein oder selbst heute noch nicht bereit war. Es wurde Zeit sie von diesem Thema abzubringen.
„Steck dein schlechtes Gewissen weg und jetzt lass uns die gottverdammte blaue Route da hinten endlich machen." Ich hatte keine Lust mich weiter darüber zu unterhalten, für mich war das Thema abgeschlossen. Bei Taliah war ich mir noch nicht so sicher, so wie sie sich auf die Lippe biss, aber mit einem Nicken gab vorerst sie nach.
„Du hast recht, vermutlich ist das unsere letzte Gelegenheit, bevor sie sie umschrauben." Wir hatten beide diese Route schon mehrmals probiert und waren bisher gescheitert. Das mussten wir unbedingt ändern. Kaum das wir uns aufrappelten, sprang Ben einfach von der Höhe, wo er war, und kam zu uns gelaufen.
„Was habt ihr vor?"
„Wir haben noch eine Rechnung mit der blauen Route offen." Ich zeigte in die Ecke, sodass er sie ausmachen konnte.
„Okay, ich geb euch Support." Taliah wackelte bei seinen Worten bedeutungsvoll mit den Augenbrauen und ich hätte ihr am liebsten gegen das Schienbein gekickt, allerdings stand Ben zwischen uns, so dass ich mich damit zufrieden gab sie einfach zu ignorieren.
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