TWENTYNINE

-Corinne-

„Du musst hier sofort weg!" bestimmte Zarek. Ungewöhnlich hart packte er mich am Arm und zerrte mich hinter sich hinterher als wäre ich eine Puppe.

„Zarek!" Ich zog an meinem Arm und zerrte, doch ich konnte mich seinem festen Griff nicht entwinden. Meine Füße stimmte ich in den weichen Waldboden, was dazu führte, dass eine deutliche Spur zu sehen war, wo er mich lang schliff. Und das er schliff mich wirklich wortwörtlich hinter sich her. „Zarek, krieg dich wieder ein!" verlangte ich. „Bleib nur einen Moment ruhig und lass uns reden!" sprach ich laut auf ihn ein, da ich befürchtete, dass er sonst gar nicht reagieren würde.

Tat er trotzdem nicht. Sobald ich die ersten stolperten Schritte hinter ihm her machte, da meine Beine schon weh taten und sich ein dicker Erde-Blatt-Stock-und-Stein-Wall um meine Schuhe gebildete hatte, rannte Zarek nahezu schon. Vincent war es der mich aus meinem Elend erlöste.

„Zarek!" sagte er lediglich und stellte sich meinem Bodyguard in den Weg. Zarek knurrte ihn an. So unbeherrscht hatte ich ihn schon lange nicht mehr gesehen. Das letzte Mal war ich gerade so einer Entführung entkommen und er hatte kurz darauf meinen Beinah-Entführern das Genick gebrochen. Mir schauderte bei der Erinnerung. Vincent jedoch blieb ruhig. Kühl erklärte er Zarek: „Du tust ihr weh."

Tatsächlich führten diese Worte dazu, dass Zarek zu mir sah und erschrocken seinen Griff lockerte. „Verdammt Corinne, tut mir leid." In mir kam die Frage auf, wo er mit seinen Gedanken war, dass er es absolut nicht bemerkt hatte.

Ich nickte lediglich zum Zeichen, dass ich seine Entschuldigung annahm. Schließlich war ich nicht aus Zucker. „Wenn wir dann wie gesittete Menschen reden können..." meinte ich und hoffte jetzt eine halbwegs vernünftige Vorgehensweise mit den beiden ausarbeiten zu können. Walker war momentan nicht da. Diese Panikschieberei war somit absolut unnötig. Auch wenn ich mich hier an diesem Ort alles andere als wohl fühlte, nun da ich wusste, dass Walker hier war und definitiv auch über meinen Aufenthaltsort informiert war.

„Wir sind aber keine Menschen, sondern Lykae." Warf Vincent ein und ließ seine Zähne für einen Moment aufblitzen. Kein nettes Lächeln, nur ein bedrohliches Zähne zeigen. „Und auch wenn Zarek ein wenig grobmotorisch gerade war, hat er Recht: Du solltest hier schnellsten Weg! Der nächste Flieger wird deiner sein." Erklärte Vincent und riss mit einer bemerkenswerten Eleganz und stoischen Ruhe die Führung an sich. Und ich war zu baff um zu protestieren. In diesem Moment merkte man ihm jedes Jahr, dass er gelebt hatte an, jede Erfahrung die er gesammelt hatte. All das Leid, das er gesehen und überstanden hatte.

Vincent war schon alt gewesen als mein ältester Bruder geboren wurde. Ich fragte mich, was ihn dazu veranlasste noch hier zu sein. Einerseits, dass er in seinem Alter noch in einem Rudel lebte und vor allem in so einem großen, dass er Logan noch immer so aufopferungsvoll und treu diente, wie er es zuvor schon für meinen Vater getan hatte und das er andererseits einfach noch nicht aufgegeben hatte.

Die meisten Lykae ohne Gefährte wurden einfach nicht so alt, weil sie ihrem Leben irgendwann überdrüssig wurden. Sie sahen keinen Sinn mehr zu Leben. Meist gaben sie irgendwann das Rudelleben auf, weil sie das Gefühl hatten nicht mehr dazu zu passen. Sie versanken in ihrer eigenen trübsinnigen Welt ehe sie sich später selbst das Leben nahmen.

Vincent musste eine innerliche Stärke und Ausdauer besitzen, die über meine Vorstellungen hinaus ging. Und ich betete, dass es Zarek genauso ging. Denn auch er zählte mittlerweile zum alten Eisen und seitdem ich Maxim gefunden hatte, hatte ich das Gefühl, dass sich etwas in Zarek verändert hatte. Dass sich etwas zwischen uns verändert hatte. Noch war ich mir nicht sicher, ob es nur Einbildung war. Aber mir kam es so vor als sagte er sich mehr los, als gebe er sein Amt ab. Und ich mochte es nicht. Die Angst meinem besten Freund, Bruder, Vater und Beschützer in einem zu verlieren war groß. Zarek bedeutete mir zu viel und schon jetzt suchte ich nach einer Lösung. Von der Sache her musste ich Walker danken, dafür dass es ihn gab und dass er diesen lächerlichen Versuch durchführte meinen Bruder seinen Thron abspenstig zu machen. Zarek war nicht ganz so trübsinnig und melancholisch, teilweise in Gedanken. Er war überbesorgt und herrisch und einfach so wie ich ihn kannte. Vielleicht sogar noch ein bisschen mehr, da es zurzeit eine reale Bedrohung mit einem Namen gab.

„Wir gehen jetzt sofort zur Wohnung und alarmieren die anderen. Ruf Toni an und sag ihr, sie soll den nächsten Flug buchen." Befahl Vincent an Zarek gewandt. Mit einer Geste symbolisierte er mir, dass ich loslaufen sollte. Wortlos setzte ich mich in Bewegung. „Was ist mit den anderen?" fiel mir ein.

„Ich habe ihnen Bescheid gegeben. Sie kommen nach, sobald sie ihre Aufgaben erledigt haben."

„Sie sind nur zu zweit!" protestierte ich.

„Sie werden vorsichtig sein!" hielt Vincent ungerührt dagegen.

„Ich kann nicht wegfliegen!" begehrte ich dann auf und blieb stehen, als die Jungs mich joggend über die Straße scheuchten. In meinem Innersten war eine Panik ausgebrochen für die ich nun den Grund kannte. „Ohne Maxim steige ich in kein Flugzeug."

„Das ist mir egal, ob mit oder ohne Vampir du sitzt im nächsten Flieger, der dich hier wegbringt." Meinte Vincent. „Sorg dafür, dass er da ist, sobald der Flieger geht und er kommt mit, wenn nicht muss er meinetwegen nachfliegen!"

„Zarek!" heulte ich protestierend, fast wie ein kleines Kind, auf. „Sag doch auch einmal was!"

„Er hat recht, Corinne." Stimmte er dem anderen Lykae zu. Am liebsten hätte ich beiden eine reingewürgt, so erdolchte ich nur Zarek vorwurfsvoll mit meinen Blick. Maßlos enttäuscht von seinem Verrat. „Walker wird nur wegen dir hier sein, alles andere würde keinen Sinn ergeben. Der Vampir ist für ihn uninteressant."

„Wie lange denkst du wird das der Fall sein, wenn er herausfindet, dass Maxim mein Gefährte ist? Dass er momentan noch das schwächste Glied in der Kette ist." Sicherlich konnte mein Gefährte gut kämpfen, er war intelligent und er lernte schnell. Trotzallen wusste er noch nicht alles über diese Welt, übte gerade an seinem Fähigkeiten und war ahnungslos darüber, dass ein vier Jahrhunderte alter Lykae es womöglich auf ihn abgesehen hatte. Und Walker kannte mit Sicherheit sämtliche Schwachstellen eines Vampirs. Ich würde nirgendwo ohne meinen Gefährten hin verschwinden. „Sobald Walker mein Verschwinden bemerkt, wird Maxim sein nächstes Ziel sein."

„Er muss mit!" befand Zarek nach einigem schwerwiegenden, schweigenden Sekunden.

„Dann fliegt er halt nach!" stimmte Vincent zu.

Voller Wut ließ ich auf offener Straße, die Bestie, die schon die gesamte Zeit über in mir brodelte, hervorbrechen und packte Vincent an der Kehle. Mein Angriff traf ihn unvorbereitete, sonst hätte ich es nie geschafft. Drohend knurrte ich ihn an, bevor er mich mit scheinbar nur einer einzigen Bewegung außer Gefecht gesetzt hatte. Hart presste er mich mit dem Rücken an seine breite Brust, der eine Arm zwischen unsere Körper gefangen, der andere unbeweglich an meine Seite gepresst, war ich zur Bewegungslosigkeit verdammt.

„Das solltest du unterlassen, Prinzessin!" knurrte er in mein Ohr und ich hörte das auch er nicht mehr so kühl und sachlich klang. Die Bestie hatte sich auch in ihm erhoben. Ein weiterer Fehler unserer Rasse. Impulsivität. Unsere Gefühle kamen schnell und heftig und raubten uns die Kontrolle über uns, über unsere Bestie. „Du magst zwar dass Blut einer McNaught in deinen Adern fließen haben, was dich unbestreitbar stark macht, aber du bist trotzallem nur eine Frau!" Damit ließ er mich los und stieß mich in Zareks Arme.

Zarek knurrte warnend. Vincent knurrte zurück. „Wo ist der Vampir?" fragte er dann scheinbar wieder ganz die Beherrschung selbst und setzte seinen Weg ungerührt fort. „Damit wir ihn abholen können." Fügte Vincent noch hinzu als von uns beiden keine Antwort kam.

„Ich weiß es nicht." Das war keine Lüge, aber ich wusste, dass er momentan verdammt weit weg war. Jedoch wusste das außer Zarek, Manuel und Lya niemand. Alle anderen wussten nicht, dass er sich translozieren konnte und da diese Begabung der Vampire besonders schnell zu Unstimmigkeiten bei den Lykae sorgte, hatten wir es auch bewusst verschwiegen.

Genervt schnaubte Vincent.

„Sobald er da ist, befindet ihr euch auf direkten Weg nach Sydney. Geht das klar, Prinzessin?"

Ich presste die Lippen fest aufeinander und nickte. Es war mir ein Rätsel wie Logan mit diesem Lykae zu recht kam. Er war viel zu dominant und respektlos um dass Logans Bestie nicht hervor kommen und ihm auf seinen Rang verweisen würde.

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