SEVENTEEN
„Ich bin jetzt allein." Sprach ich in das Telefon, während ich die Küche mit meinen Schritten durchmaß. Als ich realisierte was ich da tat, zwang ich mich zum stehen bleiben. Anscheinend hatte Logan mich schon mit seiner furchtbaren Angewohnheit, unruhig hin und her zulaufen angesteckt. Angespannt wartete ich darauf, was er mir sagen wollte. Er hatte mich extra aus dem Raum geschickt, damit sie unser Gespräch nicht mit hören konnten. Vampire und Lykae hatten ein übernatürlich gutes Gehör. Man konnte die Lautstärke noch so gering einstellen, sie würden doch alles mithören.
Kurz war es still am anderen Ende der Leitung. „Es tut mir leid, was ich zuvor gesagt habe. Wenn der Vampir dein Gefährte ist, werde ich ihn selbstverständlich akzeptieren." Entschuldigte sich mein Bruder. Überrascht hörte ich mit dem ungeduldigen Herumgetippe meiner Fußspitze auf. Logan entschuldigte sich so gut wie nie. Es fiel ihm unheimlich schwer, aber wenn er einen Fehler gemacht hatte, besaß er trotzdem die Größe, diesen zu zugeben und sich zu einer Entschuldigung durchzuringen. Das hieß aber noch lange nicht, dass ich es ihm jetzt so einfach machen würde.
„Wer hat dir denn den Kopf gerade gerückt?" fragte ich deshalb gnadenlos und bemühte mich die Erleichterung, die ich empfand, nicht in meiner Stimme hören zulassen.
„Corinne." Ein eindeutig warnender Ton. Ein kaltes Lächeln stahl sich auf meine Lippen.
„Logan." So leicht würde ich mich nicht unterkriegen lassen. Einen Moment war es Still... Zwei... Drei... Ich lehnte mich mit meinem Po an die Anrichte und beobachtete wie meine Fußspitze auf und ab wippte. Ein genervtes Stöhnen erklang am anderen Ende der Leitung.
„Sarah hat mir die Augen geöffnet." Verriet er schließlich.
„Ich wusste doch, dass sie perfekt für dich ist." Grinste ich in den Hörer. Danke Sarah, vielen Dank. Ich musste unbedingt mir ihr reden. Wenn ich das nächste Mal durch die Straßen schlenderte, würde ich nach einer Kleinigkeit für meine zukünftige Schwägerin Ausschau halten. „Entschuldigung angenommen." Fügte ich noch hinzu. Ich wollte den armen Mann schließlich nicht länger als nötig zappeln lassen.
„Aber ich habe Bedingungen!" Ich verdrehte die Augen. Reicht man ihm den Finger, nimmt er die ganze Hand. Das Prinzip würde sich wohl nie ändern. Trotzdem...: „Ich habe nichts anderes erwartet." Das hatte ich wirklich nicht.
„Du kannst vorerst in Washington bleiben. Sofern Zarek es für ungefährlich einstuft, wenn nicht, sitzt du im nächsten Flieger."
„Ist gebongt." Stimmte ich sofort zu. Mit dieser Bedingung konnte ich leben.
„Zweitens: Ich möchte alles, was ihr über den Vampir finden könnt, haben. Nur weil ich dir vertraue, heißt das noch lange nicht, dass das auch für den Vampir gilt." Erstickte er jeden aufkommenden Protest von mir in Keim. „Du bist in dieser Hinsicht auch zu voreingenommen." Fügte er noch hinzu. Auch wenn ich sauer war, dass er mein Urteilsvermögen in Frage stellte, sagte mir mein Verstand, dass er recht hatte. Alles andere wäre in seiner Position unvernünftig gewesen.
„Drittens: Ich will ihn kennenlernen. Persönlich." Das war Friedensangebot und Drohung zugleich. Sollte Logan nicht mit ihm einverstanden sein, gab es keine Chance mehr. Gottverdammt. Ich schluckte. Ich hatte gewusst, dass das kommen würde. Logan, hätte mich auch keinem Lykae überlassen, mit dem er nicht einverstanden war, versuchte ich mich aufzubauen. Jedoch hatte Maxim von vornherein einen Nachteil. Er war ein Vampir.
„Du gibst ihm eine Chance. Genau die gleiche, die du einem Lykae oder auch einen Menschen geben würdest." Verlangte ich.
„Auch wenn ich nicht glücklich darüber bin, dass er ein Vampir ist. Ich habe es jetzt verstanden und ich verspreche dir, dass er die gleichen Chancen wie jeder andere bekommt." Zufrieden nickte ich. „Danke Logan." Diese zwei Worte kamen aus tiefsten Herzen. Freudentränen standen mir in den Augen. Jetzt hatten wir wirklich eine reelle Chance. Wenn nun auch noch der Vampir sich nicht mehr querstellen würde, könnte dieser Tag zu dem schönsten meines bisherigen Lebens werden.
„Du solltest Sarah danken." Erwiderte er nur und ich sah ihn förmlich mit einem liebevollen Lächeln, dass ganz allein Sarah galt, vor mir stehen. „Sie tut dir gut." Bemerkte ich.
„Ja, das tut sie wirklich." Stimmte Logan ohne zu zögern zu.
„Ich freue mich für dich Bruderherz."
„Ich hoffe, dass kann ich auch zu dir sagen, wenn ich deinen Vampir kennenlerne." Erwiderte er und ich wusste, dass er es genauso meinte, wie er es sagte.
„Ich denke, dass wirst du." Verriet ich ihm und ließ mich auf den Boden gleiten. Im Schneidersitz setzte ich mich hin. Mittlerweile hatte ich mir wieder eine Jeans und einen einfachen Sweater übergezogen. Mit dem Rücken lehnte ich mich an den Schrank. „Er ist nicht so wie die anderen Vampire. Er ist erst vor ein paar Jahren gewandelt wurden und weiß scheinbar so gut wie nichts über die Vampirwelt oder über uns. Er hat nicht einmal gewusst, dass ich eine Lykae bin."
„Das ist tatsächlich interessant." Stellte Logan fest und ich hörte, dass meine Worte sein Interesse geweckt hatten. „Wie kann das sein?"
„Wir haben noch nicht darüber gesprochen." Erklärte ich und hielt mir die Hand vor dem Mund, als ich gähnte. „Ich habe diese Nacht, das erste Mal mit ihm gesprochen und dann bin ich auch noch Tamara begegnet. Sie meinte, dass Vampire den Menschen viel ähnlich sind, als wir es immer dachten."
„Tamara Drakon? Da lässt man dich einmal aus dem Augen und du hast nur noch mit den Vampiren zu schaffen." Schimpfte er halbernst.
„Es ist nichts passiert." Versicherte ich ihm. „Außerdem war meine Unterhaltung mit Tamara wirklich sehr interessant. Sie hat mir geholfen, das Ganze aus einer anderen Sichtweise zu betrachten."
„Soll ich mir jetzt Sorgen machen?"
„Red' nicht so einen Unsinn." Protestierte ich lachend. „Sagt dir eigentlich ein gewisser Kyle etwas?" fragte ich meinen Bruder, als ich mich an den schwarzhaarigen Vampir mit den stechend grünen Augen und der außergewöhnlichen Gabe erinnerte.
„Du musst mir schon mehr verraten." Forderte Logan mich auf.
„Ich weiß nicht, wie er mit Nachnamen heißt." Wobei Nachnamen bei den Vampiren immer so eine Sache waren. Die Vampire waren meist nur über ihren Vor- oder einen Spitznamen bekannt. Manchmal noch für ihre Gaben oder ihre Stellung in der Hierarchie der Vampirwelt. „Aber ich glaube Tamara sagte, dass er von ihrem Bruder der Schwager sei."
„Ich glaube ich weiß wem du begegnet bist. Du hältst dich von ihm fern. Hast du verstanden?" fragte Logan drohend und besorgt zu gleich nach.
„Ja, warum, was ist mit ihm?"
„Wenn es der ist, der ich glaube und die Gerüchte stimmen, dann ist er verdammt gefährlich." Meinte mein Bruder.
„Details, Logan." Verlangte ich mit einem Hauch Ungeduld. „Red' nicht um den heißen Brei herum."
„Alexandr Drakon hat meinen Quellen nach eine Alice Laneford vor gut einem Monat geheiratet." Der Name Alice war heute auch gefallen. Und das verriet ich ihm auch. „Jedenfalls dürfte Kyle Alice' Zwillingsbruder sein. Die beiden sollen äußerst begabt sein. Es gehen sogar Gerüchte herum, dass sie mehr als bloße Vampire sind. Alice scheint das Feuer bändigen zu können und ihr Bruder das Wasser. Die beiden sind so stark und stehen zusätzlich noch im sehr engen Kontakt zu einigen äußerst bekannten Vampiren. Angeblich fürchtete Kleopatra wegen den beiden um ihren Thron."
„Tamara hat heute etwas Ähnliches angedeutet." Überlegte ich laut.
„Was meinst du?"
„Das mit Kleo." Erklärte ich.
„Das ist nicht gut." Stellte Logan fest. Ich nickte zustimmend. Logan hatte recht. Wer wusste schon, wie das Verhältnis zwischen den Lykae und Vampiren aussehen würde, wenn es zu einem Thronwechsel kam. Viel schlimmer war jedoch die Vorstellung eines Krieges unter den Blutsaugern. Das würde nicht spurlos an den Menschen und Lykae vorbei ziehen.
„Bist du noch dran, Cori?" fragte Logan.
„Ja, sorry. Ich war in Gedanken."
„Mhh. Halt dich von den Vampiren, abgesehen von deinem Gefährten natürlich, so gut wie möglich fern." Befahl er. Ich biss die Zähne zusammen und überlegte. Scheiße verdammte. Logan würde es ohnehin erfahren.
„Das wird wahrscheinlich nur schwer möglich sein. Manuels Gefährtin ist auch eine Vampirin."
„Was?" Warum musste Logan immer brüllen? Mir fiel fast das Ohr ab.
„Willst du, dass ich taub werde?" zischte ich wütend in den Hörer.
„Wie, zur Hölle, kann das sein?"
„Das weiß ich nicht. Ich hoffe, dass mir Tamara dabei helfen kann. Ich stehe der Sache auch misstrauisch gegenüber. Aber... Ich bin mir wirklich hundertprozentig sicher, Logan, und Manuel ist es auch. Wir irren uns nicht. Wir müssen nur noch eine Erklärung dafür finden."
„Was hat Tamara damit zutun?"
„Es ist kompliziert Logan. Können wir das nicht ein anderes Mal besprechen. Ich bin mittlerweile fast vierzig Stunden am Stück auf." In mir kam der Verdacht auf, dass sich meine Stimme wie die eines quengeligen Kindes anhörte.
„Ja, klar. Ruh dich aus, Schwesterherz. Aber morgen bekomme ich meine Erklärung."
„Versprochen. Ach und sag Zarek noch bescheid, Nicht das ich das nächste Mal auf irgendeinem Flugzeugsitz aufwache."
„Ich klär das. Schlaf schön."
„Danke, Logan." Ich wollte gerade auflegen als mir noch was einfiel. „Logan?"
„Ja." Fragte er.
„Schick mir Sarahs Nummer." Bat ich ihn und legte dann auf.
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