FIFTYSEVEN

-Corinne-
„Ist das Käsekuchen?", fragte Maxim begeistert. „Mums Käsekuchen?", wandte er sich seine Frage genauer definierend an Anthony.
Lächelnd ließ ich mich neben ihm auf den Stuhl fallen. „Ja, zumindest soll er es sein.", beantwortete ich ihm die Frage. „Ich hab ihn gebacken. Eigentlich wollte ich ihn dir zu deinem Geburtstag machen, aber da..." ich stockte kurz „da alles anders kam als geplant, habe ich mich gestern noch einmal versucht und ich hoffe er schmeckt annähernd so wie er es soll."
Maxim sah mich mit großen Augen an und küsste mich dann vor den Augen seines Bruders, dessen Frau, den Lykae, Lya und auch Kyle.
Gemeinsam feierten wir heute Maxims Geburtstag und auch irgendwie Anthonys Geburtstag.
„Du bist wundervoll.", hauchte Maxim an meinen Lippen und strahlte mich mit seinen blauen Augen liebevoll an.
Skeptisch biss ich auf meine Unterlippe. „Du hast den Kuchen noch nicht gekostet.", erinnerte ich ihn.
Maxim küsste mich noch einmal sanft. „Allein die Geste zählt.", erinnerte er mich.
„Das ist wahrlich eine Heldentat!", murmelte Manuel, der beobachtete wie Maxim sich ein Stück Kuchen von mir geben ließ.
Böse funkelte ich ihn an. Ich war auch ohne seine dummen Kommentare schon unsicher genug. Auch ich tat mir ein Stück dieses Kuchens auf den Teller, während alle anderen sich an dem restlichen Kuchen bedienten, die noch zur Auswahl standen. Als Stella sich ein Stück des Käsekuchens auftuen wollte, hielt Vincent sie davon ab. „Warte erst einmal ab. Die zwei Überleben es, wenn Corinne statt Zucker Spüllmaschinenpulver verwendet hat, bei dir sieht die Sache anders aus..."
„So schlimm kann es gar nicht werden, Tony hat aufgepasst.", versicherte ich Stella und funkelte Vincent böse an.
„Abwarten." Ich hasste ihn. Gott, wie ich diesen Großkotz hasste. Ich konnte es gar nicht abwarten bis er weiter ziehen und jemanden anderen nerven würde.
„Vielleicht probiere ich doch lieber allein.", gab ich nichts destotrotz kleinlaut zu.
„Jetzt reicht's.", brummte Maxim und schob sich schnell ein Stück des Kuchens in den Mund bevor ich ihn stoppen konnte. Langsam kaute er und sah mich dann überrascht an.
„Ich hab doch gesagt, lass es lieber bleiben.", meinte Vincent.
„Halt die Klappe und probiere erst einmal ein Stück, bevor du noch einen Ton von dir gibst.", knurrte Maxim ihn an. „Der Kuchen ist gut. Wirklich gut. Fast so wie wenn ihn meine Mum gebacken hat.", versicherte er mir.
„Sicher?", fragte ich meiner selbst total unsicher nach. Sollte Maxim lügen um mich vor den anderen gut darzustellen, würde ich ihm das mit Sicherheit nicht so schnell verzeihen. Mir war eine ehrliche Meinung ins Gesicht tausendmal lieber als das er irgendetwas beschönigte.
„Absolut sicher." Er tat noch ein Stück auf seine Kuchengabel und hielt es mir hin. „Koste einmal." Zögernd ließ ich mich von ihm füttern und riss freudig die Augen auf. Der Kuchen schmeckte wirklich, cremig, frisch und dank der Äpfel fruchtig.
„Er schmeckt.", stellte ich erstaunt fest und Maxim grinste mich an. Ein Kuss auf meinem Mundwinkel. Ein Erflog. Mein erster Erfolg, was das Essen betraf!
Ungläubig schaufelten sich nahezu alle Lykae den Käsekuchen auf sobald sie ihr erstes Stück Kuchen gegessen hatten. Natürlich übertrieben die Jungs es mit ihrem Lob, aber um es einzugestehen nicht einmal ich selbst hatte mit meinem Erfolg gerechnet. Der Einzige, der auch wie die letzten Tage, stumm blieb, war Zarek. Als alle wild durcheinander plauderten und die Stimmung gelöst war, näherte Maxims Gesicht sich meinem Ohr. „Du solltest ihm hinterhergehen und das endlich mit ihm klären.", meinte er. Ich wusste sofort von wem er sprach und nickte.
Unbemerkt erhob ich mich vom Tisch und machte mich auf den Weg zu Zarek. Er stand draußen auf dem Balkon, die Hände auf dem Geländer abgestützt, sah er in die Tiefe. Ich war mir nicht sicher, ob er die Autos, Fußgänger und Fahrradfahrer sah oder ob er ins Leere starrte. Noch einmal holte ich tief Luft bevor ich ihn ansprach: „Zarek!" Er reagierte nicht und es versetzte mir einen Stich. „Ich weiß, dass du sauer bist und du hast auch alles Recht der Welt dazu", sprach ich trotzdem weiter, zumindest lief er nicht davon. Also nutzte ich meine Chance. „Aber ehrlich gesagt, halte ich das nicht aus. Du bist eine der wichtigsten Personen für mich. Egal, wo ich hingehe, was ich mache, du warst immer dabei und hast mich begleitet, gefühlt tausend Mal hast du mich vor Ärger bewahrt und mir wahrscheinlich genauso oft den Kopf gerettet. Teilweise im wörtlichen Sinn. Also bitte Rede mit mir. Schrei mich an, schimpf mich aus, was weiß denn ich... aber bitte geh mir nicht mehr aus den Weg und schweige mich nicht an.", bat ich ihn verzweifelt.
„Was bringt es, wenn ich dich einmal mehr anschreie, dir einmal mehr erkläre, dass du nicht so leichtfertig mit deinen Leben umgehen sollst?", fragte Zarek und sah endlich auf. Der Blick in sein Gesicht ließ mich zurückschrecken. Seine Augen waren so leer. Nicht einmal mehr der Schmerz, der in seinen Worten mit schwang war darin zu sehen. „Du hast es schließlich auch all die anderen Male danach immer wieder getan."
„Zarek...", murmelte ich entsetzt.
„Ich bin fast fertig mit dieser Welt, Corinne. Es gibt noch eine Sache, die ich erledigen muss... Aber dann..." er zuckte mit den Schultern und ich wusste erschreckend genau was er meinte. Zarek war dabei sich von dieser Welt zu verabschieden.
„Das kannst du nicht machen, Zarek.", widersprach ich und versuchte ihn zu Verstande zu bringen. „Gott verdammt, Zarek, bitte. Das wollte ich nicht. Ich ... Es tut mir so unendlich leid, aber ... Ich ..." Es gab nichts, dass ich sagen konnte, was ich nicht schon gesagt hätte. Ich hatte ihm nicht Bescheid gegeben, weil ich zuerst nicht daran gedacht hatte und ich dann als ich daran dachte nicht die vielen Lykae in das Krankenhaus locken wollte. Es wäre zu auffällig gewesen und das wusste Zarek.
„Diese Entscheidung hat nichts mit dir zu tun, Cori. Ich habe dir schon längst verziehen.", verriet er. „Aber, du hast doch gerade...", stotterte ich verständnislos.
„Ja, das stimmt ja auch. Es ist nur eine Frage der Zeit bis du wieder irgendeinen Unsinn baust, egal wie oft ich dir gesagt habe du sollst es nicht machen. Wir sind wie wir sind, Corinne. Wir können nicht aus unserer Haut heraus.", zuckte er mit den Schultern.
„Und warum hast du nicht mit mir gesprochen? Warum geht's du mir aus den Weg?"
Stumm sah Zarek mir einen Moment lang in die Augen. „Weil ich einen Beschluss gefasst habe."
„Ich werde nicht zulassen, dass du dich umbringst.", protestierte ich sogleich.
„Noch ist es nicht soweit, Corinne. Ich habe wie gesagt noch etwas zu erledigen. Aber dafür werde ich nicht die gesamte Zeit über auf dich aufpassen können.", kam er zur Sache. „Ich habe mit Vincent gesprochen..." Ich zischte mehr als nur verärgert, da ich ahnte was nun folgen würde. „Er wird in der Zeit, die ich nicht da bin auf dich achtgeben, außerdem hast du auch noch deinen Vampir."
„Zarek!" Sein Name war ein Ausruf, ein Ruf nach Hilfe. Die Bitte, dass ich mich verhört hatte. „Was soll der Scheiß! Du kannst... und vor allem nicht Vincent... und... wie hast du dir das gedacht?" in meiner Rage schaffte ich es nicht einmal in vollständigen Sätzen zu sprechen.
„Corinne, es ist wie es ist. Ich habe auch schon alles mit deinem Bruder abgesprochen." Es war nicht seine Wut oder Enttäuschung auf mich gewesen, weswegen er mir immer ausgewichen war, sondern weil er wusste, dass er mich vor gelegten Karten setzten würde. Ein abgekartetes Spiel. Wahrscheinlich hatte er diesen Moment, wo er es mir sagen musste gefürchtete. Zurecht.
„Ich fass es nicht.", murmelte ich und ließ mich auf einen der Stühle fallen. „Warum, Zarek?"
„Du brauchst mich nicht mehr, nicht wirklich.", meinte er. „Du bist erwachsen geworden."
„Das hat doch damit gar nichts zu tun.", wehrte ich ab. „Ich bin schon seit ein paar Jahrhunderten erwachsen.", fuhr ich ihn wütend und verletzt an. Das was er getan hatte, war ein Vertrauensbruch. Er hatte es beschlossen und mir erst etwas gesagt nachdem alles schon feststand.
Zarek lächelte und ging vor mir in die Hocke damit wir wieder auf einer Augenhöhe waren. „Corinne, vielleicht warst du vorher schon erwachsen, aber du hast mich trotz allem gebraucht..."
„Ich brauche dich immer noch.", unterbrach ich ihn rüde.
„Nicht wirklich und das weißt du auch. Es ist an der Zeit für eine Veränderung.", meinte er mit bewusst ruhiger Stimme, die auch mich beruhigen sollte.
„Was musst du erledigen?", fragte ich als ich erkannte, dass ich seine Meinung nicht ändern würde.
„Das möchte ich dir nicht verraten, Corinne." Na ganz toll! Wie viele Geheimnisse hatte er denn noch vor mir? Ich dachte, wir wüssten alles voneinander!
„Und sehen wir uns dann gar nicht mehr?", unsicher sah ich ihn an. Die Vorstellung war grausam und zerstörte etwas in mir.
„So ein Quatsch oder willst du mich nicht mehr sehen, wenn ich jetzt gehe?" Nun war sich Zarek sichtlich unsicher.
„Doch, aber..."
„Ich habe was zu erledigen und dann passe ich weiterhin auf dich auf. Vincent mag zwar gut sein, aber so gut wie ich kennt er dich noch lange nicht. Wahrscheinlich würdest du ihn Ewigkeiten an der Nase herumführen bis er dich soweit einschätzen kann, dass er wirklich auf dich aufpassen kann."
„Das heißt also nur für ein paar Tage?", fragte ich nach und ein hoffungsvolles Lächeln schlich sich auf mein Gesicht.
„Ich weiß nicht wie lange es dauert, aber danach komme ich wieder.", müde lächelte Zarek mich an. Zu müde.
Mein Lächeln verblasste etwas und ich legte Zarek eine Hand auf die Schulter. „Du darfst nicht einmal daran denken Zarek, hier gibt es zu viele Leute denen du etwas bedeutest. DU würdest ein Loch hinterlassen."
„Und was ist mit dem Loch in meinem Herzen, Cori?", fragte er mit matten Augen. „Ich bleibe, aber wenn da nur noch ein Loch ist wo ein Herz sein sollte, wird es auch für mich Zeit zu gehen.", erklärte er sanft und erhob sich dann. Er streckte mir seine Hand entgegen.
„Du solltest reingehen. Sonst verpasst du noch die Party", meinte er.
„Und was ist mit dir?"
„Ich brauche noch ein paar Sekunden."

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