TWO

-Logan-

Übernächtigt und müde schleppte ich mich durch den Regenwald. Ich konnte kaum noch laufen, doch schlafen konnte ich auch nicht. Seit zwei Wochen ging es nun schon so. Fast pausenlos war ich unterwegs. Immer auf der Suche. Nach ihr. Am Anfang hatte ich gar nicht begriffen was mit mir los war. Ich war schnell reizbar, unruhig und beinahe schon aggressiv. Sobald ich in meiner Wolfsgestalt war, rannte ich. Das Ziel selbst konnte ich nicht erkennen. Ich rannte und rannte. Weit und lang. Ich trieb mich in meiner Wolfsgestalt an den Stränden und sogar in den Städten herum. Immer unruhig, immer wachsam, immer auf der Suche. Ich wusste nicht warum ich es tat. Aber es war verboten. Ich selbst hatte dieses Verbot aufgestellte, denn es war gefährlich. Ein Mensch durfte uns so nicht sehen. Trotzdem konnte ich es nicht bleiben lassen.

Als ich meinen besten Freund beim Training fast umbrachte, weil er etwas Falsches sagte, begriff ich was mit mir geschah: Sie war endlich da. Sie war in der Nähe. Jahrhundertelang hatte ich auf sie gewartet. Hatte sie mir vorgestellt. Hatte von ihr geträumt. Ich hatte sie überall auf der Welt gesucht. Jetzt, wo ich den Glauben, dass ich sie jemals finden würde, schon fast begraben hatte, war sie endlich da. Ich hatte sie noch nicht gefunden, aber mein Instinkt, mein Verstand, mein Körper, einfach alles in mir, verriet mir, dass sie da war. Das es sie gab. Ich musste sie nur noch finden und dann konnte ich sie endlich in meinen Armen halten.

Als ich mein Anwesen betrat, spürte ich wie die anderen Lykae sich zurück zogen. Es war mir recht. Es war besser so. Normalerweise wären sie mir entgegen gekommen. Sie hätten mich freudig begrüßt, wir hätten miteinander gesprochen. Normalerweise hätten mich einige von ihnen begleitete. Hätten mit mir gejagt und über mich gewacht. Doch seit zwei Wochen hatte sich auch das geändert. Sie hielten sich von mir fern. Über mich wachen, taten sie auch jetzt noch. Dabei blieben sie jedoch in den Schatten, stets darauf bedacht mir nicht zu nahe zu kommen. Ich war zu übellaunig und zu ungerecht. Momentan konnte ich mich nicht einmal selbst leiden und sie taten gut daran einen Bogen um mich zu machen. Nur wieder hätte ich etwas gesagt oder getan, was ich später bereute. Ich wollte jetzt keinen sehen.

Ich verwandelte mich und stieß wütend die Tür auf. Eigentlich wollte ich nach oben, in mein Arbeitszimmer. Ich hatte viel Arbeit liegen lassen und zwang mich dazu, dass wichtigste zu erledigen. Den Rest übernahm Finn, mein Bruder, zurzeit. Vielleicht hätte ich auch ein oder zwei Stunden schlafen können, doch Corinne machte mir einen Strich durch die Rechnung.

„LOGAN!!" schrie sie das ganze Haus zusammen. Seufzend blieb ich stehen. Ich wollte nur nach oben, für ein paar Stunden mich ausruhen, ehe mein Inneres mich wieder Kilometer weit über den Kontinent jagen würde. Es war ein Zwang, ja schon fast eine Besessenheit, sie zu finden. Ich war fest entschlossen und würde nicht ehr Ruhe geben, ehe sie endlich bei mir war. Dann würde ich sie nie mehr gehen lassen. Sie konnte mir gar nicht entkommen. Trotzdem spürte ich diese Wut, diese Gereiztheit, dass ich sie nicht finden konnte. Langsam machten sich Zweifel in mir breit, dass ich sie nicht finden würde. Doch noch viel schlimmer war die Angst. Die Angst, dass es ihr nicht gut ging, dass ihr etwas passieren konnte, dass sie in Gefahr war. Ich musste sie finden bevor ich meinen Verstand verlor. Wenn ich es nicht bereits getan hatte.

„Logan, komm gefälligst in die Küche!" befahl mir meine fast zwanzig Jahre jüngere Schwester Corinne. Ich drehte mich um. Sie stand in der Küchentür, die Arme in den Hüften abgestützt. Um ihre Augen lagen Schatten und ihr ganzer Gesichtsausdruck, als sie mich musterte, verriet mir ihre Besorgnis.

Am liebsten hätte ich ihr wütend ins Gesicht geschleudert, dass sie mich mal konnte. Sowie die letzten Tage auch. Ich war grob und gemein zu ihr gewesen. Das war nicht meine Art, ich liebte meine kleine Schwester. Seufzend gab ich mir einen Ruck und folgte ihr in die Küche. Nur einmal, schwor ich mir. Für ein paar Minuten, damit ich dann meine Ruhe hatte.

Sie deutete mir an, mich auf einen der Stühle fallen zu lassen. Ich tat ihr den Gefallen. Sie stellte einen Teller mit belegten Brötchen und einen weiteren mit Pfannkuchen vor mir hin dazu Saft, dann ließ sie sich mir gegenüber auf den Stuhl fallen.

Mit angewidertem Blick beäugte ich das Glas mit dem Getränk. „Kein Kaffee?" fragte ich. „Hättest du nicht alle Angestellten aus dem Haus geworfen hättest du Kaffee!" erwiderte sie. Ich zuckte mit den Schultern. Sie wusste genau so gut wie ich, dass es bis ich sie gefunden hatte, besser so war.

Ich hatte eigentlich kein Hunger, schon seit zwei Wochen. Essen, Trinken, Reden, Schlafen, alles war unwichtig geworden. Eine Lästigkeit, die mir Zeit raubte. Nur mein Verstand erinnerte mich daran, dass ich die Energie brauchte um nach ihr Suchen zu können. Also zwang ich mir das Essen rein und bemerkte wie sehr mein Körper eben dies brauchte. Ich fühlte mich besser, vielleicht könnte ich ja gleich wieder loslaufen.

„Vergiss es!" bestimmte Corinne entschlossen. Sie musste meine Gedanken gelesen haben, bemerkte ich und verfluchte mich selbst für meine Nachlässigkeit. Wütend sah ich auf. Meine Körperhaltung veränderte sich. Meine Sinne schärften sich. Sie war nun ein potenzieller Feind, wollte sie mich von meiner Gefährtin fernhalten.

„Hör zu!" befahl sie und versuchte zu verbergen, wie sehr ich sie einschüchterte. Doch ich roch es. Sie hatte Angst, meine eigene kleine Schwester hatte Angst vor mir. Mit Mühe und Not zwang ich mich zum tief Luft holen und versuchte mich zu beruhigen.

„Ich habe eine Idee!" meinte sie dann. Interessiert sah ich sie an. Eine Idee war gut. Es war mehr als ich momentan noch hatte,. Denn ich hatte das Gefühl schon überall gesucht zu haben. Erfolglos. „Sie muss seit ungefähr zwei Wochen da sein." Sie sah mich an und ich nickte bestätigend. „Vor zwei Wochen war Weihnachten. Sie wird bestimmt eine der Urlauber sein, die sich das Feuerwerk in Sydney anschauen wollen. Heute ist immerhin Silvester und das ist jedes Mal ein riesen Spektakel." Abwartend sah sie mich an und ich nickte. Sie hatte Recht. Das klang logisch. Warum war ich nicht selbst auf die Idee gekommen? Aufgeregt konnte ich mir ein Grinsen nicht verkneifen. Ich würde sie finden. Noch heute Abend. Das es gerade einmal morgen war, ignorierte ich. Doch im nächsten Moment kam mir ein Gedanke, der mein Hochgefühl dämpfte. Wie sollte ich sie finden, in den Menschenmassen die heute Abend da sein würden? Zwischen den Lärm, den Gestank nach alkoholischen Getränken und pyrotechnischen Überresten?

„Ich muss sofort nach Sydney." Beschloss ich und sprang auf. Doch Corinne packte mich an der Schulter. „Was?" fauchte ich.

„Wirf einen Blick in den Spiegel." Verlangte sie. „Wenn du ihr so begegnest rennt sie schreiend davon. Außerdem stinkst du."

Ein kurzer Blick in den Spiegel im Flur ließ mich ihr zustimmen. Ich sag grauenhaft aus.

„Duschen, Rasieren und ordentliche Kleidung. Dann fahre ich dich." Wiederwillig nickte ich.

„In fünf Minuten bin ich fertig." Schwur ich und rannte drei Stufen auf einmal nehmend die Treppen nach oben.

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