TWENTYSEVEN

Ein unwohles Gefühl im Magen weckte mich. Ich erkannte es sofort. Geschickt schlängelte ich mich aus Logans Umklammerung und flitzte mit der Hand vorm Mund in das Bad. Meine Schwester, die gerade aus dem Bad kam, wich mir schnell aus. Ihren verdutzten Blick spürte ich in meinem Rücken als ich mich auch schon über die Kloschüssel gebeugt, erbrach. Sie eilte zu mir, hielt mir die Haare zurück und strich über meinen Rücken. Als ich endlich fertig war, befeuchtet sie einen Waschlappen und reichte ihn mir. "Danke." Immer noch etwas mitgenommen hockte ich neben der Kloschüssel. "Wie geht's dir?" Fragte sie fürsorglich. "Geht gleich wieder." Beruhigte ich sie während ich überlegte, ob ich mir irgendwo etwas weggeholt hatte. Am Donnerstag dachte ich noch es wäre die Aufregung. Gestern früh hatte ich mich auch übergeben jedoch dachte ich es lag an dem fettigen Croissant, welches ich zum Frühstück gegessen hatte. Und heute schon wieder? Hoffentlich war es bald wieder weg, wenn nicht musste ich am Montag dringend zum Arzt. "Ist es das, was ich denke oder verträgst du neuerdings Mamas Essen nicht mehr?" Fragte Anna mich. Entweder war ich noch nicht richtig wach oder sie sprach neuerdings in Rätseln. "Was meinst du?" Die Verwirrung war deutlich in meiner Stimme zu erkennen. Sie zog eine Braue hoch. "Bist du schwanger?" Präzisierte sie dann ihre Frage. Ich riss die Augen auf. "Was?" Fragte ich vollkommen überrumpelt. "Naja, früh morgens aufstehen und kotzen, ist so ein klassisches Anzeichen für Schwangerschaften. Außerdem siehst du jetzt wieder topfit aus." "Nein." Stritt ich ab. "Ich bin doch nicht behindert. Logan und ich haben verhütet."

"Schade, wäre schon cool gewesen Tante zu werden." Feixte meine Schwester jetzt. Ich hörte ihr kaum zu, in meinem Kopf rauschte es. "Scheiße." Murmelte ich. Ruckartig fuhr Anna zu mir herum. Sie hatte entspannt neben mir an der Wand gelegen. "Silvester. Ich glaube Silvester haben wir nicht ..." ich war mir nicht sicher. In der Nacht war so viel passiert und ich war so überwältigt gewesen, dass ich keinen klaren Gedanken fassen konnte. Mein Blick ging durch Anna durch während ich überlegte. Rein rechnerisch hätte ich schon im Januar meine Periode haben sollen. Da sie meistens später kam, hatte ich nicht weiter drauf geachtet und es wahrscheinlich wegen dem Stress in der Uni und wegen Logan komplett vergessen. Ich hatte sie bis jetzt immer noch nicht gehabt. Außerdem waren Stimmungsschwankungen und Müdigkeit doch auch typische Symptome. "Scheiße." Rief ich laut aus, schlug mir die Hand vor dem Mund und sah zur Badtür. Anna hatte sie geschlossen. Zum Glück. Momentan wollte ich niemanden um mich haben und schon gar nicht Logan. Ich hatte gerade mit mir zu tun und wollte mir gar nicht vorstellen wie er auf diese Vermutung reagieren würde. "Anna." Flehte ich. Sie schlang ihre Arme um mich und ich lehnte mich halt suchend an meine kleine Schwester. "Was mach ich den jetzt?" Frage ich sie, den Tränen und einer erneuten Panikattacke erschreckend nah. "Du bleibst erst mal ganz ruhig, denn bis jetzt ist es ja nur ein Verdacht." Redete sie auf mich ein. "Es ist ja nicht das erste Mal, dass deine Periode ausfällt, oder?" Ich nickte zustimmend. Die Frauenärztin meinte, dass das an dem Stress läge, den ich durch mein Studium ausgesetzt war. Meistens kam sie dann später und dafür umso schlimmer. Zwar passierte das typischerweise erst gegen Ende des Semesters wegen der Klausuren, aber ich hatte dieses Mal nicht nur deshalb Stress gehabt. So weit hergeholt war das gar nicht. Und vielleicht hatte ich auch nur etwas gegessen was mein Magen nicht vertrug. Als Anna bemerkte wie ich ruhiger wurde, nickte sie zufrieden. "Sehr gut. Du ziehst dich jetzt an und dann fahren wir zu einem Drogeriemarkt." Bestimmte sie. Beide eilten wir in unsere Zimmer um uns fertig zu machen. Logan schlief noch und hatte nun mein Kissen in den Armen. Ein Lächeln schlich sich auf mein Gesicht. Er sah jünger und entspannter entspannt aus, während er schlief. Wenn mich dieser Gedanke einer möglichen Schwangerschaft nicht quälen würde, wäre ich sofort wieder zu ihm ins Bett gekrochen. Doch so schnappte ich mir Kleidung aus meinen Koffer und wollte gerade gehen als mir etwas einfiel. Ich zögerte. Wägte die Möglichkeiten ab und schnappte mir dann doch einen Stift und Zettel. Logan würde mir den Hals umdrehen wollen. Ich hatte ihm versprochen ihn immer wach zu machen bevor ich ging. Doch ich wusste, dass er mir meine Sorgen ansehen würde und mich nicht einfach so gehen lassen würde. Noch war ich nicht bereit mich mit ihm darüber auseinandersetzen. Hoffentlich musste ich das auch nicht deswegen. Allein bei dem Gedanken an einem Baby, einem Wesen in mir, kroch dir nackte Angst in mir hoch und verbreitete einen bitteren Geschmack in meiner Kehle. Was würde Logan dazu sagen? Würde er in diesem Fall seine Meinung ändern und einfach gehen? Liebte er mich dafür genug? Oh Gott, bitte lass mich nicht schwanger sein. Flehte ich innerlich.
Ich legte den Zettel gut sichtbar auf seinen Koffer und hoffte, dass er mich verstehen würde. Im Bad traf ich auf Anna, die ihre Haare schon zurecht machte und zog mich schnell um. Nachdem auch ich meine Haare zurück gebunden hatte, stiegen wir in einvernehmlichem schweigen die Treppe ab und blieben auf der letzten und vorletzend Stufe stehen. „Rio." Überrascht sah ich zu den grimmig dreinschauenden Riesen. Er war, obwohl ich auf der Treppe stand, immer noch um einiges größer als ich. „Sarah." Erwiderter er. Bisher hatten wir uns noch nicht viel miteinander unterhalten. Doch er war stets respektvoll und schien nicht nur um Logan sondern auch immer um mich besorgt. Gerade eben wirkte er jedoch als würde er mich nicht einfach so gehen lassen. Das war äußerst ungünstig. „Wir kann ich dir helfen?" fragte ich ihn. Er hatte die Nacht bei uns auf dem Sofa geschlafen, da wir kein Gästebett hatten. „Ich begleite euch." Erklärte er. Verwundert sah ich ihn an. Woher wusste er, dass wir weg wollten? Hatte er uns gehört? Unmöglich. Trotzdem blieb sein Blick kurz an meinen Bauch hängen ehe er mir wieder in die Augen sah. Er musste uns gehört haben! Meine Hand wanderte auch zu meinem Bauch. Legte sich irgendwie schützend darauf. Ertappt starrten wir uns einen Moment in die Augen. Schwiegen. Schließlich nickte ich. Er wollte mich nicht aufhalten, nur begleiten. Außerdem wusste er es sowieso, weshalb auch immer. Ich nickte ihm zu ehe ich mich meiner Schwester zu wandte. "Welches Auto nehmen wir?" Fragte ich leise. Logans wollte ich nicht ohne sein Wissen nehmen. Es war immerhin sein Auto. "Mamas." Meinte Anna und schnappte sich den Schlüssel des Renaults. "Ich fahre."
"Kannst du denn überhaupt fahren?" Skeptisch mustere Anna mich. "Besser als du alle mal." Erwiderte ich und dachte an meine letzte Autofahrt mit ihr. Sie verdrehte die Augen. "Ich werde immer besser." Behauptet sie. "Das glaube ich dir sogar, aber ich will gerade nicht so sehr darüber nachdenken." Versuchte ich sie auf friedlichem Wege zu überreden. Auch wenn es nicht unbedingt gelogen war, wollte ich tatsächlich einfach nicht Anna ans Steuer lassen. Es gab immer mindestens eine Situation in der ich dachte, ich sterbe gleich, wenn sie auf den Fahrersitz saß. Rio folgte uns stumm. Er war kein Mann großer Worte. "Meinetwegen. Ich fahre sowieso nicht gern."
"Merkt man." Erwiderte ich ein kleines bisschen gemein und startete den Motor. "Dumme Kuh."
"Zicke." Lachte ich einen Moment sorgenfrei. Dann fiel mir etwas ein. "Wie spät ist es? Hat der Laden überhaupt schon auf?"
Ein Blick auf die Uhr. "Müsste genau öffnen, wenn wir ankommen." Meinte Anna. "Wir schaffen das."

"Welchen nehmen wir?" Fragte ich Anna. Da standen sicherlich zwanzig verschiedene Schwangerschaftstests. Es sollten doch alle gleich gut funktionieren oder? "Nimm einfach zwei verschiedene. Zur Sicherheit." Meinte sie. "Einen du, einen ich?" "Ich hab meine Periode." Versuchte sie die Stimmung auf zu lockern was nicht so richtig funktionierte. "Manchmal besitzt du wirklich kein Taktgefühl." Erklärte ich ihr trocken. Rio fühlte sich eindeutig nicht wohl wie er dahinter uns stand, den Rücken durchgedrückt, die Hände locker an der Seite, das Gesicht bemüht ausdruckslos zu halten während seine Augen alles sahen. Die anderen Frauen machten einen Bogen um ihn. Fast tat er mir leid, aber er hatte uns unbedingt begleiten wollen.
Anna rollte mit den Augen. Doch dann griff sie nach einer Verpackung und überflog die Beschreibung. Ich tat es ihr gleich. Zehn Minuten später hatten wir uns für zwei entschieden und bezahlt. "Wohin?" Fragte ich, nicht bereit bis wir zuhause waren zu warten. "Ins Einkaufscenter." Schlug Anna vor. Ich nickte. Das klang gut. Sie wollte gerade auf der Beifahrerseite einsteigen als ich sie stoppte und hielt ihr die Schlüssel hin. "Kannst du fahren?" Mit einem verständnisvollen Blick nahm sie mir den Schlüssel ab. Meine zitternden Hände waren nicht zu über sehen.

Wie zu einer Hinrichtung schritt ich mit bleichen Gesicht und hochgezogenen Schultern auf die kleine weiße Kabine zu. Als ich wieder vor die Tür trat sahen sowohl Anna als auch Rio gespannt zu mir. "Und?" Fragte Anna. Ihr Blick ungeduldig, sorgenvoll. Ich zuckte mit den Schultern und ließ mich an der Wand hinab gleiten.
"Wir müssen warten." Rio reichte mir seine Jacke und forderte mich auf mich auf diese zu setzten. „Danke." Murmelte ich und schenkte ihm ein zögerliches Lächeln.

Er nickte und lehnte sich an die Wand neben mich, während Anna sich zu mir setzte. Ab und an kamen ein paar Leute vorbei. Ihre Blicke waren abschätzig, neugierig, mitleidig. Wir ignorierten sie.
Ich kam mir dumm vor, dass ich vor zwei Tagen so ausgerastet war wegen einem Haus. Dabei war ein Haus lachhaft im Vergleich zu einem Baby. Ein Haus konnte verkauft oder vermietet werden. Ein Baby, ein Kind, nicht. Rund um die Uhr musste es versorgt werden. Es brauchte Liebe und Aufmerksamkeit. All meine Träume, Wünsche und Pläne würden wie Seifenblasen zerplatzten, sollte der Test positiv ausfallen. Mein Studium könnte ich nicht fortsetzen, die Auslandspraxisphase war aus und vorbei bevor sie überhaupt begonnen hatte, das Reisen in andere Länder kaum noch möglich. Partys würde es nicht mehr geben und Freizeit auch nicht. Mein Leben, meine Handlungen würden immer von einem kleinen Wesen bestimmt werden, für dass ich dann die Verantwortung tragen würde. Dahin meine Ungebundenheit und Freiheit. Das alles mochte schlimm sein, mein Leben vielleicht von Grund auf ändern und ganz anders gestalten als ich es mir jemals vorgestellt hatte, doch es war tatsächlich nicht meine größte Sorge. Was würde Logan dazu sagen, wenn ich wirklich schwanger war? Würde er mich verlassen? Oder würde er mich zu einer Abtreibung überreden wollen? Das konnte ich nicht. Sollte ich wirklich schwanger sein, würde ich das Baby behalten. Keine Ahnung wie ich es dann auf die Reihe kriegen sollte, aber ich würde einen Weg finden. Ob mit oder ohne Logan. Dabei hoffte ich so sehr, dass Logan meine Entscheidung in diesem Fall verstehen würde und dass er mich deshalb nicht verlassen würde. Ich wusste nicht einmal, ob Logan überhaupt jemals Kinder wollte. So früh hatte ich mir diese Frage nie stellen wollen. Ich hatte Angst vor dem Ergebnis, weil ich Angst hatte Logan zu verlieren. Angespannt sah ich auf die Uhr. Die Zeit war vorbei. Das Ergebnis müsste feststehen.

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Drama... Drama...

Jetzt bin ich aber wirklich brennend auf eure Meinungen gespannt:

# Was für ein Ergebnis erhofft ihr euch?

# Habt ihr damit gerechnet?

# Wie glaubt ihr wird Logan reagieren, wenn ...

... er alleine aufwacht?

... von diesem Test erfährt?

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