TWELVE

Das Video ist von den "Feldwegheizer". Die Jungs haben fast ein Jahr in Australien verbracht und haben eine echt cooles Video aus ihren Erlebnissen von dort zusammen geschnitten. Jedes Mal, wenn ich es mir anschaue, packt mich glattweg das Fernweh...

(Hier noch mal der Link zum Video: )

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-Sarah-

"Warst du schon einmal so richtig verliebt?" Meine Stimme klang grauenvoll. Piepsig und schwach, so gar nicht nach mir selbst. Ich spürte Felix' Blick auf mir mehr, als das ich ihn sah. Ich selbst blickte krampfhaft nach draußen auf die vorbeiziehende Landschaft. Ich wollte nicht, dass er mein total verheultes Gesicht sah oder noch schlimmer, dass ich schon wieder anfing zu heulen. Ich hatte gerade erst damit aufhören können.
Nachdem ich in das Auto gestiegen war, hatte Felix sofort gefragt was passiert war. Er wollte schon fast hochstürmen und den vollkommen ahnungslosen, schlafenden Logan verprügeln. Schnell hatte ich ihm erklärt, dass Logan nichts gemacht hatte und hatte ihn überredet einfach los zu fahren. Nun fuhren wir schon seit einigen Stunden schweigend. Ich hoffte Felix wusste wohin er fuhr, ich hatte nämlich derzeit gar keinen Plan und wenn ich ehrlich war... Mir war es auch ziemlich egal. Ich wollte wieder zurück. Nach Sydney, den unscheinbaren Hochhaus mit der spärlich möblierten Wohnung. Zu dem Mann meiner Träume, der mir innerhalb eines Tages und einer Nacht mein Herz gestohlen hatte.
Gott verdammt, wie oft hatte es mir in den letzten Stunden schon auf der Zunge gelegen? Die Frage, ob wir umkehren könnten, ob wir nicht die letzten Tage dort verbringen konnten. Nur die Vernunft hatte mich davon abgehalten meine Bitte auszusprechen. Was würde es mir anderes bringen als noch mehr Schmerz? Würde es nicht viel mehr weh tun, sich nach einer wundervollen Woche verabschieden zu müssen, als nach einem Tag? Die Gefühle würden nur noch intensiver und stärker werden. Der Abschied und die unvermeidliche Trennung schwerer. Auch wenn mein Verstand das wusste, war es für mein Herz scheinbar nicht begreifbar.

Felix warf mir seit dem Moment, in dem ich das Auto betreten hatte immer wieder besorgte Blicke zu, die ich weitestgehend zu ignorieren versuchte. "Ja." War schlussendlich seine schlichte Antwort auf meine Frage. Neugierig wandte ich mich ihm nun doch zu. Auch wenn ich gefragt hatte, hatte ich nicht mit dieser Antwort gerechnet. Felix hatte zwar vor zwei Jahren mal für längere Zeit eine Freundin, aber ich würde nicht behaupten, dass er da sonderlich verliebt gewirkt hätte. "Und was ist daraus geworden?" Fragte ich nach, als er nicht weiter sprach. Er zuckte mit den Schultern. "Sie liebt mich nicht."
"Hat sie dir das gesagt?" Fassungslos sah ich ihn an und vergaß für ein paar Sekunden meinen eigenen Herzschmerz. Ich würde dem Miststück die Augen öffnen. Wie konnte sie Felix nicht lieben? Er war intelligent, gut aussehend, manchmal ein wenig verrückt, freundlich, hilfsbereit und absolut treu. Was sollte ein Mädchen mehr wollen?
Felix seufzte. "An Gefühlen kann man nichts ändern, Sarah. Sie kann nichts dafür, dass sie meine Gefühle nicht erwidert." Unglücklich sah ich ihn an. Für Gefühle konnte man wirklich nichts. Sie waren da oder eben nicht. Dieses Phänomen erlebte ich ja in eben diesem Moment selbst. So oft hatte ich mich gefragt, wie es war verliebt zu sein und hatte mir auch so manches Mal gewünscht, mich einfach wie jeder andere verlieben zu können. Nun hatte ich den Salat oder viel mehr den Herzschmerz. Ich hatte mich verliebt, aber zu den denkbar ungünstigsten Moment in einem Mann, der quasi am anderen Ende der Welt lebte. Schon wieder wollten die Tränen überlaufen. Das war einfach nicht fair, aber das war das Leben bekanntlich selten. Mühsam riss ich mich zusammen und konzentrierte mich wieder auf Felix. In seinen Augen sah ich keinen Schmerz. Vielleicht Resignation, aber hauptsächlich Akzeptanz.
"Du liebst sie nicht mehr, oder?" Kurz verzog sich sein Gesicht. "Nicht mehr so."
Eine hochgezogene Braue meinerseits. "Sarah." Seufzte er nicht sonderlich begeistert von meiner Neugier. "Es gibt echt schönere Themen. Aber wenn's sein muss: Ich habe sie geliebt. Es hat weh getan als ich festgestellt habe, dass sie nie das gleiche fühlen wird. Ich habe mich damit abgefunden und bin jetzt sehr glücklich mit meinem Singledasein." Bei letzteren schenkte er mir ein breites Grinsen. Er war wirklich darüber hinweg. "Warum hast du mir nie was gesagt?" Fragte ich ihn.
"Das war ganz am Anfang unserer Freundschaft." Meinte er mit einem Schulterzucken, den Blick wieder auf die Straße gerichtet. Wir kannten uns tatsächlich noch nicht so lange. Diesen Sommer würden es fünf Jahre werden. Ich war umgezogen, um auf ein bessere Schule zu gehen und hatte am Anfang ziemliche Schwierigkeiten mit jemanden in Kontakt zu kommen. Alle kannten sich schon Jahre und hatten ihre eigenen Grüppchen gebildet, außerdem fuhr ich fast jedes Wochenende heim. Das waren nicht gerade die besten Voraussichten um Freundschaften zu schließen, besonders weil ich ohnehin meist ein wenig Zeit brauchte um mich einzuleben. Trotzdem hatte ich einige Freunde gefunden und auch, nachdem ich wieder weggezogen war, Kontakt zu ihnen. Wenn auch nicht so engen wie mit Felix. Er hatte mich damals angesprochen und daraus hatte sich dann eine Freundschaft entwickelt, die heute unverzichtbar für mich war. Zu gern würde ich ihn fragen um wem es ging, aber tatsächlich war es so, das unsere Freundeskreise nichts miteinander zu tun hatten. Ich kannte tatsächlich nur die, die in unserer oder in die Parallelklasse gegangen waren, sowie ein paar vom Sehen her. Die Wahrscheinlichkeit, das ich sie kannte war somit schwindend gering und ohnehin nicht mehr wichtig.
"Sarah." riss Felix mich auch meinem Gedanken. "Erinnerst du dich noch, wer wem zu dieser Reise überredet hat?" Irritiert sah ich ihn an. Was wollte er von mit? Und was hieß überredet?
"Überredet?!" schnaubte ich deshalb auch. "Ich habe gefragt und du hast 'Na klar' gesagt. Da ist nichts mit überreden gewesen."
"Ja, aber sicherlich nicht dazu, dir beim Trübsal blasen zu zusehen." Verdammt. Er hatte recht. Ich wusste es. Wir waren nur noch ein paar Tage hier. Ich würde nicht so schnell wieder hier herkommen. Vielleicht nie wieder. Immerhin gab es noch tausend weitere faszinierende Orte, welche entdeckt und besucht werden wollten. Ich wollte die ganze Welt bereisen. Um das zu schaffen würde ich mehr als ein Leben brauchen. Ich sollte es genießen. Jeden einzelnen Moment in mich aufsaugen und leben. Heulen, verzweifeln und innerlich vor Schmerz krepieren, konnte ich auch noch in Deutschland. Es war schwer den Schmerz einfach runter zu Schlucken. Noch schwerer war es mir ein Lächeln abzuringen. Trotzdem tat ich es und fragte Felix: "Wann sind wir da?" Doch die Gedanken an ihn konnte ich nicht verdrängen. Für keine Sekunde. "Perfektes Timing." meinte Felix und fuhr um eine Kurve. "Jetzt." Vor uns tat sich ein Strand mit einigen Felsen auf, dahinter der türkisfarbene Ozean.
"Wer als letzter im Wasser ist, kümmert sich um das Abendessen." rief Felix, stürzte sich aus dem Wagen und schnappte sich sein Surfbrett.
"Scheiße!" schimpfte ich. Sprang ebenfalls raus und ließ das Surfbrett Surfbrett sein. Sonst würde ich ihn nie einholen. Und seien wir mal ehrlich...Das wäre fatal. Es gab Menschen, die konnten kochen. Es gab Menschen, die konnten es nicht und dann gab es da auch noch mich...


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