THIRTYNINE
Kerzengerade setzte ich mich auf, orientierungslos sah ich mich um. Als ich begriff, dass ich geträumt hatte und gerade an der entscheidenden Stelle aufgewacht war, schlug ich frustriert mit der Faust auf die Matratze.
Die Worte, die ich im Traum zu Sarah gesagt hatte, hinterließen einen schalen Nachgeschmack. Besonders dass ich ihre Reaktion nicht gesehen hatte. Es war total irrational, dass ich wegen eines nicht vollendeten Traumes so unruhig war. Aber in dem Traum ging es um die Sache, die mich am meisten zu schaffen machte. Ich hatte ihr alles erzählt, nur zwei Sachen fehlten noch. Mein Alter und das ich der König war. Ich strich mir die Haare aus der Stirn. Ein Friseurbesuch war längst überfällig. Sicheren Schrittes lief ich im Dunklen, da ich die Jalousien zugezogen hatte um besser schlafen zu können, durch mein Zimmer ins Bad und stellte mich unter die Dusche.
Bewusst hatte ich es immer wieder hinausgeschoben und mir gesagt, dass ich es ihr auch später noch sagen könnte. Wenn sie mir komplett verfallen war und ich nicht mehr befürchten musste, dass sie deswegen nichts mehr mit mir zu tun haben wolle. Mittlerweile war ich mir sicher, dass sie mich liebte und trotzdem fürchtete ich noch immer ihre Reaktion.
Frisch geduscht und angezogen lief ich in die Küche. Kai wartete schon auf mich und grüßte mich mit einem gemurmelten „Morgen!". Wir hatten beide beschlossen unsere Schlafgewohnheiten aus Deutschland bei zu behalten, da wir bald wieder zurückkehren würden. Ich konnte es gar nicht abwarten.
Unruhig spielte ich mit meinem Handy, während ich eins der belegten Brötchen in mich hinein stopfte. Der Traum nagte noch immer an mir. Ein ungutes Gefühl machte sich mehr und mehr in mir breit.
„Was ist mit dir los?" fragte Kai genervt. Nachdem er geschlafen hatte, war er grundsätzlich eine ganz Weile nicht gesprächig, bis sich irgendwann ein unsichtbarer Schalter bei ihm umlegte und er seine übliche gute Laune zur Schau stellte. Weil er sich nun die Mühe machte und mit mir sprach, sah ich auch ruckartig auf.
„Ruf sie doch einfach an, bevor das die ganze Zeit so weiter geht." Meinte Kai genervt und wandte sich dann wieder seinen Kaffee zu als hätte er nichts gesagt. Typisch Kai. Er kannte mich einfach schon so lange, dass ein Blick reichte und er hatte die Situation erfasst. Zugegebenermaßen, was außer Sarah sollte mich so aus der Ruhe bringen?
Kurz darauf stand ich auf und zog mich in mein Arbeitszimmer zurück, um ungestört telefonieren zu können.
„Raus hier, Jungs." Hörte ich Ash' energische Stimme.
Verdutzt hielt ich inne, ignorierte es dann aber. „Guten Morgen, meine Süße."
Keine Reaktion kam auf meine Worte. Das ungute Gefühl in meiner Magengegend verstärkte sich. „Sarah?" fragte ich.
„Bin dran." Murmelte sie, klang dabei ziemlich nasal und dann hörte ich ein leises verräterisches Schniefen.
„Was ist passiert?" fragte ich sofort angespannt. Wer hatte ihr weh getan?
„Du bist der König der Lykae." Schniefte sie irgendwann vorwurfsvoll nachdem ich schon glaubte, sie würde gar nicht mehr antworten. Entsetzt kniff ich die Augen zusammen. Hatte ich deswegen diesen Traum gehabt? Eine Vorahnung oder eine Warnung? Verdammt! Wer auch immer es ihr verraten hatte, ich würde ihn eigenhändig köpfen, schwor ich. Es war an mir, es ihr zu sagen.
„Ja, bin ich." Bestätigte ich schließlich auch wenn es keine Frage war. „Aber das ändert rein gar nichts zwischen uns." Stellte ich klar. Am liebsten wäre ich jetzt bei ihr, würde sie in meine Arme ziehen, ihre Tränen trocknen und mich versichern, dass trotzdem noch alles gut zwischen uns war.
„Tut es das nicht?" fragte sie zweifelnd nach. „Ist es nicht deine Pflicht irgendwann eine Lykae zu deiner Königin zu machen?" Entsetzen machte sich in mir breit, als ich begriff, wie viel Schaden ich damit angerichtete hatte, dass ich es ihr nicht eher sagte. Nie wäre ich auf die Idee gekommen, dass ihre Gedanken in so eine Richtung gehen würden.
„Ich werde niemanden anderen als dich heiraten." Dass das ein indirekter Heiratsantrag war, schien sie nicht zu bemerken und das war auch gut so. Irgendwann wollte ich sie fragen und dann sollte es etwas besonderes sein.
„Ich habe von deiner Pflicht geredet." Hielt sie dagegen, bemerkte, dass ich ihre Frage nicht ganz beantwortet hatte. Ich seufzte.
„Für uns Lykae gibt es nur die eine große Liebe und das ist unsere Gefährtin, außerdem sind wir Lykae nahezu unsterblich, deshalb muss ich nicht irgendjemanden heiraten. Nur meine Gefährtin, Sarah, und das bist du." Nun war es raus.
„Also hast du keine Wahl?" fragte sie entsetzt und ich wusste worauf sie hinaus wollte. Ich knurrte gereizt. Wie schafften Frauen es nur immer wieder alles falsch zu verstehen? „Nichts auf der Welt, würde mich dazu bringen können, etwas zu tun, dass ich nicht will. Eher würde ich den Thron an meinen Bruder abtreten um selbstbestimmt leben zu können." Das würde ich wirklich, aber ich sah keinen Grund dazu. „Ich liebe dich, deswegen will ich mit dir zusammen sein und dich auch irgendwann heiraten. Wenn du so weit bist."
„Du sagst das nicht um mich zu beruhigen?" versicherte sie sich.
„Niemals, ich habe dich nie angelogen, Sarah. Ich habe dir nur nicht alles erzählt. Ich hatte Angst, dass du nichts mehr mit mir zu tun haben willst, wenn du weißt, dass ich der König bin. Ich bin nicht mal auf die Idee gekommen, dass du so etwas Abwegiges glauben könntest."
„Deine Welt ist einfach so anders als meine. Tut mir leid, dass ich gerade so dämlich war." Meinte sie leise, klang nun aber wieder wesentlich ruhiger.
„Dafür musst du dich nicht entschuldigen. Und das ist auch nicht weiter schlimm, so lange du einfach nur daran denkst, dass ich dich liebe und dass wir das zusammen irgendwie schaffen, ja?"
„Ja." Stimmte sie zu. Erleichtert atmete ich auf.
„Wer hat es dir eigentlich verraten?" fragte ich dann. Auch wenn das nun geklärt war, würde ich denjenigen immer noch zur Rechenschaft ziehen.
„Ich habe von dir geträumt." Erklärte sie nach kurzen Zögern und ihre Stimme verriet, dass es ihr ein wenig peinlich war das zu zugeben. Und dann wurden mir ihre Worte bewusst. Sie hatte von mir geträumt. „Kurz bevor ich aufgewacht bin, hast du mir gesagt, dass du der König bist. Also in meinem Traum." Erklärte sie. „Ich weiß, dass ist verrückt, aber ..."
„Wir waren im Dschungel, nicht wahr?" unterbrach ich sie, da ich eine Vermutung hatte, die mir kalt und warm zu gleich werden ließ. Wenn ich Recht hatte und es wirklich wahr war, dann war das unglaublich, phänomenal und absolut unvorstellbar.
„Wir haben miteinander geschlafen und dann habe ich dir den Dschungel gezeigt..."
„...und den Wasserfall." Fügte sie hinzu. Ich hörte wie sie begriff. Gottverdammt. Das war der reine Wahnsinn.
„Wir haben zusammen geträumt." Murmelte sie in den Hörer. „Wie ist das möglich?" fragte sie aufgeregt.
„Ich weiß es nicht." Gab ich zu. Ich hatte noch nie etwas davon gehört. Aber nur weil ich davon nichts wusste, hieß es ja nicht, dass es unmöglich war.
„Als ich gegangen bin... nach Silvester, hast du da auch geträumt? Von mir." Fragte sie.
„Das erste Mal habe ich dich auf dem Hochhaus getroffen, wo wir zusammen Silvester gefeiert haben." Verriet ich ihr und konnte es nicht glauben, dass sie mir die ganze Zeit über irgendwie doch so nah gewesen war. „Ich hab geglaubt, ich verliere den Verstand und trotzdem wollte ich jedes Mal am liebsten gar nicht mehr aufwachen."
„Es hat sich alles so real angefühlt." Flüsterte sie.
„Ich weiß. Irgendwie war es das auch."
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#Meinungen?
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