FOURTYFOUR

„Du lässt sie nicht aus den Augen und wenn sie ehr munter wird, dann sagst du ihr, dass ich bald wieder da bin." Gab ich meine Anweisungen an Rio.

„Ich passe auf die auf." Versicherte er mit einem entschlossenen Kopfnicken und verbissenen Ausdruck im Gesicht. Die Schuldgefühle belasteten ihn noch immer. „Rio." Sprach ich ihn noch einmal an. „Du hast deinen Job gut gemacht. Ihr wart deutlich in der Unterzahl. Sie lebt, sie ist in Sicherheit und in ein paar Tagen wird man nichts mehr davon sehen." Das hoffte ich zumindest, trotzdem würden ein paar gewisse Lykae bitter dafür bezahlen. Es fiel mir schwer diese Worte auszusprechen, aber ich wusste, dass Rio und auch die anderen ihr bestes gegeben hatten. Ich konnte ihnen nicht die Schuld für meine Fehler geben.

„Danke, Logan." Ich nickte ihm zu und wandte mich dann ab. Gemeinsam mit Zack lief ich die Treppen herunter, am Eingang erwartete mich schon Sandro. Mit einem knappen Morgen grüßte ich ihn. „Wie geht es der deiner Gefährtin?" fragte er besorgt.

„Sie hat einiges abbekommen, aber soweit geht es ihr gut." Sonst würde ich jetzt sicherlich nicht das Krankenhaus verlassen und sie in Rios Obhut zurücklassen.

„Sag mal, Sandro, wollte nicht deine Nichte unbedingt eine Wächterin werden?" fragte ich ihn, als wir zum Auto liefen. In meinen Gedanken formte sich gerade eine Idee.

„Ja." Bestätigte Sandro. „Warum?" Sandros Stimme schwang ein leicht gefährlicher Ton mit.

„Weil Sarah einen weiblichen Bodyguard braucht." Sandro knurrte. Es gab keine weiblichen Wächter, weil die männlichen Lykae durchdrehten, wenn ihre Gefährtinnen sich in Gefahr begaben. Zwar hatte Anastasia noch keinen Gefährten, trotzdem hatte ich ihre Bitte immer und immer wieder abgelehnt. Schlussendlich war sie Polizisten geworden, das hatte ich ihr nicht verbieten können und auch keiner aus ihrer Familie hatte es ihr ausreden können.

„Das ist zu gefährlich." Warf Sandro ein. Als ihr Onkel, war er natürlich trotzdem auf ihre Sicherheit bedacht. Ich knirschte mit den Zähnen. Das wusste ich auch, aber Sarah brauchte einen weiblichen Bodyguard. Als Mensch war sie einem Lykae gnadenlos unterlegen und es gab Situationen in denen ihre männlichen Bodyguards sie einfach nicht ohne größere Schwierigkeiten begleiten konnte und wo ich sie auch teilweise gar nicht haben wollte.

„Wenn ein Mensch mit einer Waffe auf sie zählt ist das auch gefährlich." Erinnerte ich ihn. „Außerdem soll sie nicht ganz allein auf Sarah aufpassen. Ich möchte nur, dass sie dabei ist für den Fall, dass ihr sie nicht überall mit begleiten dürft."

Sandro presste die Lippen aufeinander. „Denk darüber nach. Ich werde deine Entscheidung respektieren, wenn du sagst, ich soll sie nicht fragen, aber sei dir bewusst, dass ich trotzdem weiter nach einer Wächterin suchen werde und dass du ihr erklären darfst warum ich sie nicht gefragt habe."

„Ich werde mit Lev reden." Lev war der Vater von Anastasia.

Zufrieden nickte ich und stoppte den Wagen vor Julius Haus. Die Gefangenen befanden sich im Keller des Hauses. Julius öffnete die Tür mit ernstem Gesicht bevor mein Finger die Klingel berühren konnte. „Kommt mit." Forderte uns auf, sich dessen bewusst weshalb wir hier waren.

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"Und du findest das nicht übertrieben?" Fragte ich nach. "Nicht mal so ein kleines bisschen?" Ich zeigte einen kaum sichtbaren Spalt zwischen meinen Daumen und Zeigefinger meiner freien Hand. Den anderen Arm hatte ich um Logans Nacken gelegt, es war der, den ich nicht belasten sollte.
"Nicht im geringsten." Gab er zurück und trug mich ins Haus rein. Genau darum ging es bei unserer Unterhaltung. Der Arzt hatte mich vor einer Dreiviertelstunde entlassen und anstatt, dass ich zum Auto laufen durfte, wurde ich getragen sowie jetzt auch. "Wo willst du hin?" Fragte Logan.
"Wie wär es mit ‚auf zwei Beine'?" Schlug ich vor. Ich sah das Grinsen auf den Gesichtern unserer Bodyguards. Relativ schnell hatte ich mich mit den Gedanken abgefunden, was hauptsächlich daran lag, dass ich das Erlebnis vom Freitag nicht noch einmal brauchte.
Auch Logans Mundwinkel zuckten. "Das kenne ich nicht." Ich verdrehte die Augen. Der Idiot tat das mit Absicht um mich zu ärgern. "Dann lass dir was einfallen, ich will aus der Jacke raus."
"Nichts leichter als das." Er setzte mich auf die Kommode im Flur und half mir aus meiner warmen Jacke. Bevor ich herunter springen konnte, hatte er unsere Jacken aufgehängt und stand wieder vor mir. "Nichts da." Ich seufzte. Okay, heute würde ich ihm das durchgehen lassen, aber nur heute und nur weil wir beide irgendwie einen Entzug erlitten hatten und die Nähe brauchten. Daran, dass es irgendwie ganz süß war, lag es sicherlich nicht.
"Was machen wir jetzt?" Fragte ich ihn. "Was hältst du von einem Film vorm Kamin?" "Klingt gut, aber..." ich wandte mich an unsere Bodyguards: „Nehmt mir das nicht übel, Jungs, aber wollen wir nicht vielleicht etwas mehr Privatsphäre?" bei den letzten Worten sah ich wieder zu Logan.

"Wir bringen nur deine Sachen hoch und sind schon wieder verschwunden." Sagte Rio.
Fast wäre mir so etwas über die Lippen gekommen wie "Ich wollte euch nicht vertreiben." doch Logan schüttelte den Kopf. "Das ist in Ordnung." Flüsterte er mir ins Ohr. "Mit der Zeit wirst du dich daran gewöhnen."
"Wenn du das sagst." Brachte ich mit einem kleinen Stirnrunzeln meine Zweifel zum Ausdruck.

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Logan und ich hatten es uns auf dem Sofa bequem gemacht. Was hieß, dass ich halb auf ihn lag, er die ganze Zeit mit meinen Haaren spielte und ich träge Muster auf seinen Oberkörper malte. Das Feuer knisterte im Kamin und wärmte uns, während wir Legend of Tarzan auf dem Bildschirm verfolgten. "Sag mal, hast du das auch mal versucht?" Fragte ich, als Alexander Skarsgård sich gerade an einer Liane durch den Dschungel hangelte. Ich meine, Logan hatte den Dschungel quasi vor der Haustür. Mit großer Sicherheit hätte ich es einmal versucht, auch auf die Gefahr hin dabei mächtig gewaltig auf die Fresse zu fliegen. "Nicht nur einmal." Verriet Logan mir und lachte leise, was auch mich auf seiner Brust zum Beben brachte. "Aber ich kann dir versichern, dass sieht leichter aus als es ist."
"Das sieht aber nicht leicht aus." "Drum eben." Grinste Logan. "Idiot." Murrte ich.
"Deiner." Jetzt grinste ich. Er war wirklich meiner.
"Was wollen wir jetzt schauen?" Fragte Logan als der Abspann lief. "Kann ich dich zu einer Schnulze überreden?" Fragte ich ihn. Es war herrlich einfach nur mit ihm faul auf dem Sofa zu liegen, zu kuscheln, ab und an zu reden und neben bei Film zu schauen. Logan legte Holz nach. "Was für eine Schnulze?" Fragte er. "SMS für dich." Schlug ich vor. Ich hatte den Film noch nicht gesehen, aber meine Schwester, die mit ihrem Freund in dem Film gewesen war, schwärmte dafür. "Deutsch oder Englisch?"
"Deutsch ist die Originalvertonung." Gab ich zu bedenken. "Okay, dann versuchen wir es mal." Gab er sich geschlagen. Als Belohnung bekam er einen Kuss von mir.
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"Was ist los?" Fragte ich als ich Lucas zurück rief. Während ich die Zeit mit Sarah genoss hatte ich mein Handy auf lautlos gestellt. Sarah war kurz verschwunden, ich hatte einen Blick auf den Bildschirm geworfen und festgestellt, dass sowohl Lucas als auch Manuel und Alan mich in den letzten zwei Stunden gute dreißig Mal angerufen hatten. Eigentlich konnte es nur heißen, dass sie endlich Michael Walker gefunden hatten. Die beiden hatten von mir den Auftrag erhalten ihn zu finden. Ich hatte aber auch noch ein paar Fährtenleser beauftragt. Nachdem er kurz vor Silvester in Australien gewesen war, schien er abgetaucht. Aus den Lykae heute Morgen hatte ich nichts herausbekommen, was schlicht und ergreifend daran lag, dass sie absolut nichts wussten. Sie hatten nur den Auftrag gehabt Sarah zu entführen und sich dann bei ihm zu melden. Unter der Nummer, die sie verraten hatten, war niemand mehr erreichbar und es gab auch keine rückverfolgbaren Spuren. Michael musste mitbekommen haben, dass sie gescheitert waren und hatte die letze Spur vernichtet. Der einzig halbwegs brauchbare Hinweis war das die Nummer aus den Staaten stammte. Toni und Lucas waren noch immer dort, weil sie noch einen Gerichtstermin hatten. Ebenso wie Cori und ihr Vampir. "Sie ist weg." Sagte Lucas ohne Einleitung. "Wer ist weg?" Dabei wusste ich es auch schon bevor Lucas ihren Namen nannte: "Corinne, sie ist spurlos verschwunden. Zarek und der Vampir auch." Nein. Nein, das durfte einfach nicht sein.
"Wie konnte das passieren?" Wie sollte es drei Personen möglich sein einfach zu verschwinden. Wobei... einer von ihnen war ein Vampir.
"Wir wissen es nicht."
"Kann er translozieren?" Ging ich meiner Theorie nach.
"Was?"
"Der Vampir, kann er sich translozieren?" Wiederholte ich die Frage ungeduldig. Sollte der Vampir meiner Schwester etwas getan haben, würde ich ihm die Gliedmaßen einzeln ausreißen und das nicht nur einmal.
"Nein, oder nein ich glaube es nicht."
"Wisst ihr wo Walker ist?"
Wieder verneinte er. "Das heißt also meine Schwester ist verschwunden und Walker schwirrt dort draußen noch irgendwo herum. War es vielleicht sogar Walker?" Schlussfolgerte ich aufgebracht. Es gab so viele Möglichkeiten und Unbekannte.
"Die Möglichkeit besteht, aber wir glauben es nicht." Lucas kroch nahezu vor mir. Nur zu deutlich hörte ich seiner Stimme an wie unangenehm ihm dieses Gespräch war.
"Was soll das heißen?" Fragte ich nach. Bemühte mich darum meinen Zorn nicht an ihn auszulassen.
"Es sieht so aus als wären die drei freiwillig verschwunden. Walker hätte an zehn Lykae vorbei gemusst und dann auch noch drei Personen zu entführen ohne jegliche Spuren zu hinterlassen..."
"Du hast recht. Das ist wirklich schwierig, aber wir sollten es nicht komplett ausschließen." Gab ich zu bedenken. "Hat sich schon irgendwer auf die Suche nach den dreien gemacht?"
"Selbstverständlich, aber ihre Spuren verlieren sich recht schnell."
"Verdammt." Fluchte ich. Ich hatte momentan keine Ahnung wie ich Corinne finden sollte, wo sie sein könnte. Und ich machte mir wahnsinnige Sorgen um sie. Sarah kam wieder, als sie mich so unruhig umherlaufen sah änderte sich ihr Gesichtsausdruck schlagartig. Sie erkannte sofort, dass etwas nicht stimmte. Sie kam auf zu mich zu und legte ihre Arme um mich. Ich hauchte ihr einen Kuss auf das Haar, massierte sanft ihren Nacken. Ihre Nähe beruhigte mich etwas, die Gewissheit, dass wenigstens sie in Sicherheit war und es ihr gut ging, dass sie bei mir war, machte es mir in dem Moment leichter.
"Hat Corinne, Manuel oder der Vampir irgendetwas erwähnt, wo sie hin wollen, was sie Vorhaben...?" Vielleicht sind die drei wirklich von selbst verschwunden. Corinne wäre das zu zutrauen und selbst Zarek würde ich es zu trauen. Er hat schon immer meine Worte gern so ausgelegt wie es ihm am besten gepasst hat. Der Vampir war für mich nicht einzuschätzen. "Nein, gar nicht. Wir suchen wirklich schon mit allen Mitteln nach ihnen. Bis jetzt haben wir noch nichts Brauchbares gefunden."
"Meldet euch sobald ihr auch nur den kleinsten Hinweis habt, wenn ihr mich nicht erreicht, ruft Sandro oder Rio an." Befahl ich.
"Geht klar, Eure Majestät."
"Ich muss noch kurz Rio und Sandro Bescheid geben." Sagte ich zu Sarah. Sie nickte den Kopf an meinem Brustkorb gelehnt.
Nachdem ich mit den beiden gesprochen hatte, zog ich Sarah zurück auf die Couch. "Willst du nach Washington fliegen?" Fragte sie und beobachtete mich aufmerksam mit traurigen Augen. "Ich lasse dich nicht noch einmal allein." Natürlich würde ich gern nach Washington fliegen, aber mal ganz davon abgesehen, dass ich Sarah nicht wieder aus den Augen lassen würde, wusste ich dass ich nichts tun konnte. Ich war weder einen IT-Genie noch war ich ein besserer Fährtenleser als Manuel oder Timon, die sich beide in Washington aufhielten. Ich wusste, dass ich in Washington nichts tun konnte außer warten und Tee trinken. Zu dem hatte ich auch das Gefühl, dass Corinne nicht gefunden werden wollte. Bisher hatte ich mich immer auf dieses Gefühl verlassen können. In diesem Fall musste ich darauf vertrauen, dass meine Schwester erwachsen war und sowohl Zarek als auch der Vampir gut auf sie aufpassen würde.
"Deine Schwester ist verschwunden Logan, ich würde es verstehen und ich möchte nicht; dass du bei mir bleibst und dir hinterher Vorwürfe machst, weil du nicht gegangen bist und du dir einredest, dass du vielleicht irgendetwas hättest tun können."
"Ich weiß, dass du das würdest und ich danke dir auch dafür, aber ich werde trotzdem nicht fliegen. Dort drüben sind die besten Leute um jemanden zu finden und vielleicht werde ich in ein paar Tagen fliegen müssen, aber da werden wir uns auch eine Lösung einfallen lassen müssen. Ich lasse dich nicht noch einmal allein." Dafür war für mich alles gesagt und auch Sarah protestierte nicht weiter.

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#Eure Meinungen? Ich bin nicht ganz zufrieden mit dem Kapitel. :/

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