FIVE
-Logan-
Die Straßen schienen von Minute zu Minute voller zu werden. Die Menschen drängten sich dicht aneinander. Keiner wollte das Spektakel verpassen. Alle wollten sie den besten Platz haben. Mehr als die Hälfte von ihnen war schon gut alkoholisiert. Immer wieder ging der ein oder andere Böller irgendwo hoch. Der Lärmpegel war unvorstellbar. Es stank nach Alkohol, verbrannten Chemikalien und Schweiß. Ich mochte es nicht, besonders mein Wolf nicht. Es war eine Folter für meine viel zu scharfen Sinne. Sowohl die Geräusche als auch die Gerüche ließen meinen Wolf und somit auch mich unruhig und nervös werden. Normalerweise hätte ich mich auch gar nicht in dieses Getümmel gestürzt. Aber heute war ohnehin alles anders. Ich hatte sie, meine Gefährtin, gefunden und nun war sie bei mir. Sarah wollte dieses Spektakel unbedingt erleben, also würde ich es gemeinsam mit ihr tun. Es war nicht wirklich wichtig was wir machten, Hauptsache sie war bei mir. Einen Arm besitzergreifend um ihre Schulter gelegt, schob ich sie schräg vor mir her durch die Menschenmenge. Dicht presste ich sie schützend an mich und musste immer wieder ein Knurren unterdrücken, wenn wildfremde Menschen sie anrempelten. Mit einem grimmigen Blick bedachte ich alle um uns und ließ die Menschen spüren, dass ich ein Raubtier war. Die meisten machten von ganz allein, instinktiv, den Weg für uns frei. Nur die, die jetzt schon nicht mehr ansprechbar waren, brauchten eine energischere Aufforderung. Irgendwann hatten wir dann tatsächlich eines der Hochhäuser, die ich zu meinem Besitz zählte, erreicht. Auch wenn ich Sarah jetzt hätte loslassen können, ließ ich meinen Arm dort wo er war und presste sie nach wie vor an mich. Ich mochte ihren Geruch, das Gefühl ihrer Wärme und die Art wie sich ihr Körper an meinem anfühlte. Warum sollte ich darauf jetzt also verzichten?
"Fahrstuhl oder Treppe?" fragte ich sie. Sie schien Fahrstühle nicht besonders zu mögen. Sie hatte heute immer die Treppe gewählt, wann immer es auch möglich war.
"Treppe." meinte sie lächelnd. Ich konnte nicht anderes als auch zu Lächeln. Ich war todmüde und mein Körper war deutlich an seine Grenzen gekommen, doch ich war so glücklich. Ich fühlte mich so frei und unbesiegbar. So vollständig. Pure Euphorie schien durch meine Blutbahnen zu fließen und das schon den ganzen Tag. Sie war hier. Es war endlich alles perfekt. Es war unglaublich. Deswegen hatte ich auch das Gefühl noch die ganze Nacht durchmachen zu können. Ich wollte nicht schlafen. Vielmehr wollte ich jede einzelne Sekunde mit ihr genießen.
"Dann spring auf." verlangte ich von ihr und drehte ihr den Rücken zu.
"Was?" fragte sie überrascht. Ich drehte mich zu ihr um. Mit große Augen sah sie mich an. Ungläubig, vielleicht auch ein wenig entsetzt. Warum?
"Ich trage dich." erklärte ich ihr und versuchte meine Verunsicherung zu überspielen. Hatte ich etwas falsch gemacht? Ich war den Umgang mit normalen Menschen nicht wirklich gewohnt. Meine Freunde und Familie waren alles Lykae, ebenso die meisten meiner Angestellten. Kontakt zu Menschen hatte ich in der Regel nur für geschäftliche Zwecke. Ebenso hatte ich keine Ahnung davon wie ein Mann richtig um die Frau warb, die alles für ihn bedeutete. Ich hatte es noch nie getan. Frauen waren bisher immer nur eine kurze Abwechslung für wenige Stunden gewesen. Ich hatte immer nur eine gewollt. Ich hatte weder ihren Namen, noch ein Gesicht gekannt. Doch jetzt hatte ich beides. Sarah. Mit diesen wundervollen blaugrünen Augen, die etwas schräg waren, einer geraden Nase und vollen Lippen, die sie sich immer wenn sie nervös war oder überlegte zerbiss.
"Ich bin viel zu schwer." wiegelte sie ab, verlegen wich sie meinen Blick aus. Erleichterung packte mich, als ich begriff, dass ich nichts falsch gemacht hatte. Doch schon im nächsten Moment kam die Wut. Wie konnte sie nur so etwas behaupten? Tatsächlich verriet mir ihrer Körpersprache das sie es ernst meinte. Wer hatte ihr diesen Unsinn eingeredet? Sie war perfekt sowie sie war. Sie hatte genau an den richtigen Stellen Kurven. Ich mochte das. Ich fand sie wunderschön und das würde ich ihr später auch noch beweisen, sodass sie jegliche Zweifel ihres Aussehens oder Gewichts betreffend, vergessen würde.
Ich legte eine Hand an ihre Wange und drehte ihr Gesicht mir zu. Geduldig wartete ich bis sie mir in die Augen sah. "Du bist nicht zu schwer." erklärte ich ihr dann sanft, aber eindringlich. Ich konnte es nicht lassen und fuhr mit meinem Daumen über ihre Unterlippe. "Ich finde dich wunderschön." verriet ich ihr dann auch noch. Ich spürte es schon wieder, wie ich in ihren Augen versank. Zu gern hätte ich mich zu ihr vorgebeugt um ihre Lippen zu kosten, doch ich riss mich zusammen. Sie war ein Mensch. Selbst wenn sie mich mochte, konnte sie nie und nimmer sofort die gleiche überwältigenden, unausweichliche Verbundenheit und dieses tiefe Verlangen zu dem anderen fühlen. Sie wusste nicht das wir für einander bestimmt waren. Ich musste es langsamer angehen. Ich hatte nun da ich sie gefunden hatte alle Zeit der Welt um sie für mich zu gewinnen, erinnerte ich mich. Ich hatte Angst sie zu verschrecken, sollte es zu schnell mit uns gehen. "Und jetzt steigst du auf meinen Rücken." befahl ich ihr. Ich drehte ihr wieder den Rücken zu und hockte mich hin. Ich konnte es nahezu spüren wie sie die Augen verdrehte. Das machte sie gern und dabei grinste sie breit. Ich mochte es. Es war ihre Art zu sagen: Weil du es bist, lass ich dir den Blödsinn durchgehen. Sie mochte nämlich auch keine Befehle.
"Wenn ich dir zu schwer bin, lässt du mich aber sofort herunter." verlangte sie von mir und legte ihre Hände auf meine Schultern. Nun war es an mir die Augen zu verdrehen. "Als ob." spottete ich leicht. Sie wollte ihre Hände zurückziehen, doch ich griff nach ihnen und hielt sie fest.
"Logan." schimpfte sie.
"Ich verspreche es, obwohl ich dir genauso gut versprechen kann, dass du mir nicht zu schwer sein wirst!" gab ich nach und sie stieg nun endlich auf meinen Rücken.
Ich richtete mich auf und spürte sogleich wie ihre Arme sich fester an meine Schultern krallten, während sich ihre Beine an meine Seiten pressten. "Alles klar?" fragte ich.
Ich spürte ihr Nicken an meinem Nacken und lächelte zufrieden. Innerlich lobte ich mich selbst. Noch mehr Körperkontakt. Noch mehr Nähe und Vertrautheit.
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