eightteen

-Sebastian-

Ich konnte es gar nicht erwarten, dass ich endlich Feierabend hatte. Immer wieder warf ich einen ungeduldigen Blick auf die Uhr, wenn ich denn einmal eine Atempause bekam. Auch wenn ich die ganze Zeit über beschäftigt war, hatte ich das Gefühl, dass die Zeit zu stehen schien. Die Erklärung dafür war ganz einfach: Ich wollte so schnell wie möglich zu meiner Gefährtin zurück. Am liebsten wäre ich ihr gar nicht von der Seite gewichen, aber ich wusste, dass dieses Verhalten sie extrem misstrauisch hätte werden lassen, vielleicht wäre sie sogar abgehauen. Und genau dies war der Punkt, weshalb ich jetzt immer noch so unruhig und ungeduldig war, nachdem ich meine Gefährtin gefunden hatte. Sie hatte mir zwar eine Zeit genannt, aber ich wusste nicht, ob sie wirklich da sein würde oder ob sie nicht trotzdem Reißaus genommen hatte. Und wenn sie abgehauen sein sollte, wusste ich nicht wie ich sie finden würde. Schließlich konnte ich ihre Witterung nicht aufnehmen und ich hatte nur einen Namen. Einen Namen, den sie wahrscheinlich bei ihrem nächsten Umzug verändern würde. Gefühlte zehntausend Mal hatte ich unser Gespräch noch einmal in meinen Kopf durchlaufen lassen und endlich begriffen, was mich dabei störte. Vivien war nicht ihr richtiger Name, sie nutzte ihn einfach nur zurzeit. Schließlich hatte sie auch mich gefragt, ob es mein Geburtsname sei.

Aber sie hatte mir dafür etwas anderes in die Hand gegeben. Sie hatte mir ihren Beinamen verraten. Die Traumtänzerin. Ich wusste noch nicht, woher ich meine Informationen ziehen würde, da ich wirklich kaum noch einen Kontakt zu meinem eigenem Volk pflegte, aber irgendwie würde ich möglichst unauffällig Erkundigung über sie machen lassen, damit ich mehr über sie herausfand.

Nach der Arbeit hatte ich noch ein Zeitfenster von einer halben Stunde übrig. Schweren Herzens traf ich die Entscheidung eine Dusche zu nehmen, anstatt sofort wieder zu ihr zu stürmen. Sollte sie tatsächlich verschwinden wollen, dann war sie es jetzt schon mit großer Sicherheit. Falls sie aber noch da war, was ich aus tiefster Seele hoffte, dann würde sie sich sicherlich freuen, wenn ich nicht nach Bauschutt und Schweiß stank.

Trotzdem stand ich zehn Minuten zu früh vor dem kleinen Salon und atmete erleichtert auf, als ich ihre zierliche Gestalt durch das Fenster hinter einem Kunden stehen sah. Sie war immer noch da. Wie als hätte sie meine Anwesenheit gespürt, warf sie einen Blick aus dem Fenster und bemerkte mich. Ein sanftes Lächeln zierte ihr Gesicht und mit einer Geste deutet sie mir, dass ich hereinkommen solle. Ihre Kollegin kehrte gerade schon Viviens Arbeitsbereich, während diese selbst noch abkassierte.

"Ich bin in fünf Minuten soweit." meinte sie, sobald der Mann mit einem Ehering, wie ich bemerkt hatte, den Raum verließ. Ich mochte es nicht, wenn sich irgendein männliches Wesen meiner Gefährtin näherte und ich wusste schon jetzt, dass mir dies noch einige Probleme bereiten würde.

"Nein, sie ist jetzt fertig." warf ihre Kollegin mit einem Lächeln zu mir ein, ehe sie sich wieder Vivien zu wandte. "Ich schaff den Rest allein. Macht euch einen schönen Abend."

"Aber..."

"Bis morgen, Vivien." unterbrach ihre Kollegin ihre Proteste und zwinkerte mir verschwörerisch zu. Ich grinste und warf ihr ein dankbares Lächeln zu.

"Danke, Susann. Bis morgen." Mit ihrer Schulter über der Tasche kam Vivien mir entgegen und lächelte. Ihr Blick wanderte einmal von oben bis unten über mich. Zufrieden bemerkte ich wie ihre Fingernägel sich erneut zu Krallen krümmten und fester in die Riemen der Tasche griffen. Die Anziehung war ohne Frage auch von ihrer Seite aus vorhanden. Eine Tatsache, die mir gleichermaßen Genugtuung wie auch Erleichterung verschaffte.

"Du siehst gut aus, Seb. Hast du heute Abend noch etwas vor?" fragte sie mich direkt, als wir nebeneinander nach draußen gingen. Irritiert zog ich die Brauen zusammen. Ich trug lediglich ein schwarze Jeans und ein weißes Shirt. Nichts besonderes, meiner Meinung nach. Um ehrlich zu sein, hatte ich nie auch nur einen großartigen Gedanken über meine Kleidung verschwendet. Sie musste bequem sein und ich musste mich darin wohlfühlen, der Rest war mir egal.

"Nein."

Überrascht sah sie mich an. "Also begleitest du mich zu meiner Wohnung und dann...?" fragte sie.

Verdammt gute Frage. Mir war es egal was wir machen würden, solange sie nur bei mir war. Am liebsten würde ich sie einfach nur in meine Arme ziehen und ihrer Stimme lauschen, sie betrachten, sie küssen, sie markieren sowie die Bestie in meinem Inneren schon vom ersten Moment an verlangte und weiter gehen. Aber ich glaube, ich sollte jetzt eine Antwort parat haben. Eine, die sie von meinen guten und harmlosen Absichten überzeugen würde. "Wir lernen uns weiter kennen." Klang das nur in meinen eigenen Ohren so langweilig oder war es das wirklich.

Sie lachte. "Ich lasse keine daher gelaufenen Wölfe in meine Wohnung. Aber wir können noch einen Trinken gehen." Bot sie im gleichen Atemzug an.

Daher gelaufener Wolf, dachte ich grimmig. "Ich bin alles andere als ein daher gelaufener Wolf." Das konnte und wollte ich nicht auf mich sitzen lassen. Der Gedanke, dass sie irgendwann wissen würde wie viel mehr ich für sie war, tröstete mich in diesem Moment nur wenig. Sie grinste breit, was mir verriet, dass sie mich aufzog. Vielleicht hätte ich mich in den letzten Jahren ein wenig mehr in der Gesellschaft aufhalten sollen und ich hätte ihren neckenden Tonfall früher erkannt. Ich verdrehte die Augen, trotzdem legte sich der Hauch eines Lächelns auf meinem Gesicht bei ihrer nächsten Geste. Sie stieß mich mit einer vertraulichen Geste leicht an der Seite mit ihrer Schulter an. Für einen Moment schien meinem gesamten Arm entlang Elektrizität über meine Haut zu tanzen und wahrscheinlich auch auf ihrer, so wie Vivien kurz ihr Atem stockte. "Weiß ich doch." Brachte sie dann heraus und ein Blick in ihre Augen überzeugte mich. Vielleicht war es auch nur Wunschdenken, aber ich glaubte wirklich so etwas wie Zuneigung in ihren Gesichtszügen zu lesen. Und immerhin hatte sie mir erlaubt sie wieder zu treffen, dass hieß mit Sicherheit das ich mich nicht irrte.

"Dann ist ja gut." Brummte ich trotzdem. Sie musste nicht sofort herausfinden, dass ein Blick von ihr ausreichte um mein Innerstes weich zu kochen.

Sie lachte. "Du bist deswegen wirklich beleidigt." Schmunzelte sie nicht im Mindesten reuevoll. Sie zuckte sorglos mit den Schultern. "Das ändert trotzdem nichts daran, dass du heute nicht mit in meine Wohnung kommst." Erklärte sie mir.

Sie würde es mir wirklich nicht leicht machen. Anziehungskraft und Zuneigung hin oder her. "Dann lade ich dich auf ein Essen ein." Beschloss ich kurzerhand. Davon würde ich mich nicht aufhalten oder entmutigen lassen. Ich würde die Walküre für mich gewinnen, sie hatte nicht die geringste Chance. Sie wusste es nur noch nicht.

"Einverstanden, aber ich kann mein Essen auch selbst zahlen."

"Das mag sein, aber in meiner Begleitung wirst du es nicht tun." Erklärte ich entschieden. Sie öffnete den Mund, ich sah den Protest deutlich in ihrem schönen Gesicht, doch dann schloss sie ihn wieder und zuckte mit den Schultern. "Schön!"

Misstrauisch musterte ich sie. Ich zweifelte daran, dass sie so schnell klein beigab.

"Also gehen wir?" Fragte sie, als ich noch immer keine Reaktion zeigte.
Ich nickte. „Klar."

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