Cara [10]

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Langsam ließ ich mich neben Isabel auf den Boden sinken, ein gutes Stück von Drysden und Baylor entfernt. Dabei konnte ich meinen Blick nicht von der Übungsfläche nehmen, auch wenn Baylor noch immer dabei war, seine Waffe zu wählen und Drysden sich ruhig umsah, als würde er den Platz auf das genauste untersuchen.

So ganz erschloss sich mir nicht, warum er zugesagt hatte. Baylor würde nicht nur gegen ihn kämpfen. Ich war mir sicher, dass der Fae sein Bestes geben würde, um ihn zu demütigen. Er hatte es auf Drysden abgesehen, auch wenn sich mir wirklich nicht erschloss, weshalb. Dazu erschlich mich noch der Eindruck, dass Drysden wissen könnte, wo der Grund lag. Er war kein einziges Mal überrascht gewesen, als Baylor ihn besonders giftig angesehen hatte.

Vermutlich sollte es mich beruhigen, dass er wusste, was es war. Doch das tat es nicht, viel eher verstärkte es das unruhige Gefühl. Denn irgendetwas musste wohl vorgefallen sein. E musste einen handfesten Grund geben, sonst hätte Drysden längst etwas gesagt. Doch was war es nur, das er wusste und ich nicht?

Warme Finger an meinen ließen mich zusammenzucken. Dann blinzelte ich Isabel an, die mich mit so etwas wie einem beschämten Lächeln ansah.

„Ich wollte dich nicht erschrecken. Wenn du möchtest, kann ich die Hand wieder wegnehmen."

Schnell schüttelte ich den Kopf und griff fester zu, bis ich ihre Hand bequem festhalten konnte. Es beruhigte mich, anderen Menschen nah zu sein, und genau das brauchte ich auch jetzt. Meine Nerven waren zum Zerreißen gespannt, besonders nun, da Baylor endlich eine Waffe ausgewählt hatte.

Bei dem Anblick drehte sich mir der Magen um. Denn die Waffe, so hölzern sie auch war, sah unwahrscheinlich tödlich aus. Auf den ersten Blick ähnelte sie meinem Bo, meinem Kampfstab, denn sie war ähnlich lang. Doch da endete es auch schon. Denn nur die Mitte, ein Bereich von vielleicht einem halben Meter, war lang und glatt. Kleine Rillen, wie es aus der Entfernung schien, waren darein eingelassen, vermutlich, um die Griffigkeit zu verbessern.

An beiden Enden dieses Griffes ragte schmalere, runde Hölzer hervor, die zu ihren Spitzen immer schmaler wurden. Dazu waren beide Seiten jeweils beinah einen Meter lang, was seine Reichweite enorm vergrößern musste. Eine solche Waffe hatte ich noch nie gesehen, aber das wunderte mich nicht. Die Fae mussten eine große Menge an genialen Waffen lagern, wer so alt war, der musste auch schließlich etwas kreativ werden. Kein Schmied wollte Jahrhunderte lang die gleichen fünf Waffen kreieren.

Die Präzision, mit der Baylor die Waffe testete und sie mal in einer, mal in der anderen, dann mit beiden Händen schwang, während er sich aufwärmte, ließ eine böse Vorahnung in mir aufkommen. Denn er tat nichts, um zu verbergen, wie genau man diese Waffe nutzte. Stattdessen führte er sie Drysden geradezu vor, der mit gerunzelter Stirn beobachtete, was der Fae tat.

Bei jedem anderen hätte ich erwartet, dass er das der Fairness wegen tat, doch bei dem Berater vermutete ich ein anderes Motiv. Wollte er Drysden einschüchtern? Oder gab er an?

„Seid ihr beide bereit?"

Erleichtert sah ich zu Nyan, der nur ein paar Schritte entfernt stand und das Geschehen mit eisiger Miene beobachtete. Gerne wäre ich wütend auf ihn gewesen, weil er das hier zuließ, aber er hatte recht: Wir waren hier, um etwas zu lernen. Und mit uns würde das Drysden nicht gelingen. Das musste aber noch lange nicht heißen, dass mir gefiel, was hier passierte.

Als Antwort auf die Frage nickte Drysden, während Baylor die Waffe ein letztes Mal kreisen ließ und dann eine Augenbraue in die Höhe zog.

„Dann könnt ihr beginnen."

Gespannt beugte ich mich vor, in der Erwartung, dass einer der beiden das Überraschungsmoment nutzen würde, um vorzustoßen. Doch beide blieben stehen, den Blick auf den anderen gerichtet. Dann, langsam, setzte Baylor sich in Bewegung, als würde er sich seitwärts anschleichen wollen. Drysden folgte der Bewegung, die Schritte leicht, der Blick konzentriert. Für ein paar Sekunden umkreisten die beiden sich, so lautlos, dass ich nur das schnelle Pochen meines eigenen Herzens und die Geräusche der umliegenden Fae wahrnahm.

Dann, ganz plötzlich, stieß Baylor vor. Die Schnelligkeit des Fae war unglaublich, denn in einem Moment stand er noch an einem Rand des Übungsfeldes, im nächsten vor Drysden. Unwillkürlich schloss ich die Augen, bereits in der Erwartung, dass er Drysden einen harten ersten Schlag versetzte. Doch statt des dumpfen Geräuschs einer Waffe, die auf einen Körper traf, erklang ein klares hölzernes Klacken, dann ein zweites.

Überrascht sah ich auf, nur um Drysden zu beobachten, der zwei große Schritte zur Seite auswich. Noch während ich mich fragte, wie er das gemacht hatte, bekam ich meine Antwort. Baylor, der seine Waffe mit beiden Händen hielt, ließ eine Seite auf Drysden herabsausen, die er mit einem schnellen Schlag des Kurzschwertes parierte, dann rotierte er die andere Seite des Stabs, sodass er einen tödlichen Bogen von unten beschrieb. Doch auch den Schlag parierte Drysden.

Doch dieses Mal wich er nicht zurück. Stattdessen drückte er die Waffe des Faes mit seinem Langschwert zur Seite, dann drehte er das Handgelenk, um mit derselben Seite zuzustechen. Dabei ließ er kein einziges Mal den Fae aus den Augen, der geschmeidig zur Seite auswich, um dem tödlichen Stoß zu entgehen. Kurz trennten die beiden einander, dann stieß Baylor erneut vor.

Doch dieses Mal löste er in letzter Sekunde den Griff der linken Hand, sodass er mit einer einzigen Drehung plötzlich nicht mehr beidhändig zustieß, sondern mit einer Hand nach ihm stach. Doch zu meinem Erstaunen wich Drysden aus. Stattdessen wandte er sich blitzschnell der ungeschützten Linken des Fae zu, der seinen eigenen, nun sinnlosen, Angriff abbrechen und Drysdens Schwert abwehren musste.

Mit angehaltenem Atem beobachtete ich, wie die beiden Waffen nur wenige Zentimeter von Baylors Körper entfernt aufeinandertrafen. Kurz schienen beide in der Position zu verharren, denn ging ein Ruck durch den Körper des Fae und er presste seine Waffe so fest gegen Drysden, dass er ein paar Schritte zurückstolperte.

Während sie einander ein weiteres Mal umkreisten, bemerkte ich den Blick des Fae. Nicht länger entspannt und selbstsicher, sondern vielmehr verbissen und vielleicht sogar wütend sah er aus. Dann griff er wieder an, dieses Mal scheinbar noch schneller aus zuvor. Doch wieder parierte Drysden einen Schlag, der so schnell kam, dass ich ihn kaum sehen konnte.

Die nächste Sequenz des Kampfes war so schnell, dass ich ihr kaum folgen konnte. Beide tauschten Hiebe aus, bei deren Anblick meine Arme schwer wurden, und parierten die Stiche des anderen geschickt. Als sie ein weiteres Mal auseinander gingen, musste Baylor den Kopf schütteln, um einzelne Strähnen, die sich hinter seinen Ohren gelöst hatten, aus dem Gesicht zu schütteln, während Drysden die Schultern rollte, als hätte er zu lange stillgestanden.

„Ist das Drysden, der mit Baylor kämpft?"

Ich zuckte zusammen, als ich eine Stimme dicht an meinem Ohr vernahm. Dann warf ich einen Blick zur Seite, auch wenn ich wusste, wer neben mir hockte. Yan hatte die schulterlangen Haare zu einem kleinen Zopf zusammengefasst, während sein Mantel vergessen über einer Schulter baumelte. Er musste einen langen Tag mit den Bogenschützen gehabt haben, denn sein Gesicht war noch immer rotfleckig, wie es das manchmal nach harter körperlicher Arbeit war und er runzelte die Stirn, als müsse er sich konzentrieren, um richtig sehen zu können.

„Ja. Jetzt setz dich", murmelte ich als Antwort, dann zog ich an seinem Arm, um meine Worte zu unterstreichen.

Dabei wagte ich es kaum, den Blick von den beiden Kämpfenden abzuwenden, die einander weiterhin umkreisten. Dann, wie aus heiterem Himmel, war es zum ersten Mal Drysden, der angriff. Mit dem Langschwert in der rechten Hand stieß er zu, während er mit dem Kurzschwert Baylor abwehrte, der einen Gegenangriff startete. Wieder trafen die Waffen mit einem lauten Schlag aufeinander, dann drehte Baylor sich zur Seite, um dem Stich des Langschwertes zu entgehen. Noch in der Drehung griff er dann ebenfalls an, ein schneller Schlag von oben, vor dem Drysden sich im letzten Moment noch mit einer Drehung des Oberkörpers retten konnte.

Dabei musste er den linken Arm senken, damit Baylor ihn nicht doch traf. Das wollte der Fae ausnutzen, indem er der ungeschützten Seite einen Hieb verpasste, doch da hatte Drysden sich bereits gefangen und parierte den Schlag geschickt mit rechts. Leider befand er sich nun in der Situation, dass er nur noch die rechte Hand nutzen konnte, denn Baylors folgende Schläge surrten so schnell auf Drysden hinab, dass er keine Zeit bekam, um den Körper zu drehen und den linken Arm einzusetzen.

Mit angehaltenem Atem beobachtete ich, wie Drysden da plötzlich, statt einfach zu parieren, einen eigenen Hieb einsetzte. Das schien Baylor zu überraschen, da Drysden so wertvolle Sekunden, die er dazu hätte nutzen können, sich auf den nächsten Schlag vorzubereiten, verstreichen ließ. Er zögerte und das nutzte mein Freund, um etwas Abstand zwischen die beiden zu bekommen, sodass er Zeit hatte, um sich aus der Defensive zu lösen.

Der Fae und ließ in der Zwischenzeit die Waffe kreisen, was mich verwunderte. Denn so blieb er ungeschützt zurück und ließ eine gute Chance verstreichen. Doch auch Drysden zog sich zurück, den Blick weiterhin konzentriert auf den Fae gerichtet, dessen Miene wie versteinert zu sein schien.

Für einige ewige Augenblicke musterten die beiden einander, dann stieß Baylor erneut zu. Aber Drysden war darauf vorbereitet und wieder ließ der Fae Schläge auf ihn niedersausen, die er abwehrte. Das Ganze zog sich wieder einige Minuten, doch dieses Mal unterbrach der Fae die Angriffe nicht, wie er es zuvor getan hatte. Stattdessen schien jeder Schlag härter als die vorangegangenen zu sein, bis Drysden mit jedem Schritt zurückgedrängt wurde.

Dann plötzlich stoppte er mitten im Schlag. Überrascht richtete ich mich auf, dann sah ich, wie er mit einer schnellen Bewegung nicht mehr auf Drysdens Oberkörper einschlug, sondern auf seine Beine zielte. Drysden schien das auch zu sehen, denn er löste sich so schnell es ging und versuchte, weiter nach hinten auszuweichen. Leider war er nicht schnell genug und der Fae erwischte einen seiner Füße, den er gekonnt wegzog.

Drysden fiel. Es sah nicht besonders elegant aus, da er zuerst noch rücklinks stolperte, bevor er den Halt verlor und nach hinten wegrutschte. Noch während er aufschlug, rotierte der Berater den Stab, trat neben Drysden und ließ ihn mit der Spitze zuerst direkt auf die Brust meines Freundes herabsinken.

Ich schloss ein weiteres Mal die Augen, nicht bereit, darauf zu vertrauen, dass Baylor nicht doch die Gelegenheit nutzte, um Drysden aus dem Weg zu schaffen. Wie hatte er nur so dumm sein können, sich darauf einzulassen?

Ein weiteres, hölzernes Klacken, gefolgt von einem beinah schmerzhaften Knirschen, ließ mich dann doch die Augen öffnen und auf das Übungsfeld sehen. Dann erhob ich mich mit einem Ruck, meinen Augen nicht trauend.

Drysden lag noch immer auf dem Rücken und Baylor hatte noch immer den Stab auf seine Brust gerichtet, daran hatte sich nichts geändert. Doch statt das die Spitze verbotenerweise ein Loch in meinen Freund geschlagen hatte, schwebte sie nur wenige Zentimeter entfernt von seinem Körper. Denn irgendwie hatte Drysden es geschafft, seine eigenen Schwerter zu heben und damit den Stab des Fae einzuklemmen. Seinem angestrengten Gesicht nach zu urteilen, musste das unglaublich Kraft kosten und auch Baylor presste die Lippen zusammen, während er versuchte, seinen Stab tiefer zu bringen.

„Das reicht."

Am liebsten hätte ich Nyan umarmt, als er auf die beiden zutrat und dem Kampf ein Ende bereitete. Mit einem letzten düsteren Blick zog Baylor seine Waffe es Drysdens Halt und auch er ließ die Waffen auf den Boden sinken. Dann ließ er sich von Nyan aufhelfen, der ihm anerkennend auf den Rücken klopfte.

„Das war großartig."

Ich konnte nicht hören, ob Drysden etwas antwortete, doch dann wandten beide sich dem Tisch zu, der als Ablage für die Übungswaffen diente.

„Leg die Schwerter einfach irgendwo hin. Ich kümmere mich später darum", erklärte Nyan gerade, als ich mir Isabel, Andrej und Yan im Schlepptau dazustieß.

Dann deutete er auf Baylor: „Das gilt nicht für dich. Sorg dafür, dass sie dorthin kommen, wo du sie her hast."

Mit empörter Miene, die ich in jedem anderen Moment als lustig empfunden hätte, sah der Berater ihn an, dann schüttelte er den Kopf und stapfte davon, vermutlich, um unglücklich den Anweisungen Folge zu leisten.

„Das war wirklich einfach unglaublich. Großartig!", erklärte Isabel, kaum, dass Baylor weit genug entfernt war.

Gerne hätte ich dem zugestimmt, doch Drysden schenkte und nur ein kleines, müdes Lächeln.

„Danke, aber ich würde mich jetzt gerne hinlegen."

Und mit diesen Worten nickte er Nyan zu, murmelte ein kaum verständliches „Gute Nacht" und „Bis morgen" und ließ uns alle sprachlos zurück.

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Heyho, let's go. Noch  ein pünktliches Kapitel. Ich hoffe, man kann dem Ganzen so in etwa folgen und es ist nicht zu verwirrend geschrieben. Ich gebe zu, dass ich ein oder zweimal wirklich überlegen musste, ob das so überhaupt funktioniert.

Over and Out,
DasLebenLesen

17/01/2022

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