𝙺𝚊𝚙𝚒𝚝𝚎𝚕 𝙸𝚇

Gesetzesauszug § 13a)

Eine Auflösung der Ehe auf Wunsch ist unter keinen Umständen möglich.

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„Jimin!", Yoongi klopfte erneut an die Badezimmertür, die sich seit einer Stunde nicht mehr gerührt hatte. Dafür drang aus dem Inneren Musik, die er persönlich grauenhaft fand. „Ich muss auch noch duschen!"

„Dann nutzt doch Mutters Badezimmer! Du meintest doch, ich soll mich so anziehen und fertigmachen, wie ich will. Jetzt komm auch mit den Konsequenzen klar!"

„Beeile dich einfach!" Er würde alles tun, aber nicht das Badezimmer ihrer Mutter nutzen. Sie hatte ihre Kellerräume und da wollte der Wasserstoffblonde keinen Fuß reinsetzten. Viel zu schlimm fand er die Erinnerungen in Form von Bildern. Dass Aradia diese nicht schon längst weggeschmissen oder noch besser verbrannt hatte, war beunruhigend genug. „Die Idee ist schließlich nicht, wie Reich und Arm da aufzukreuzen."

„Ich weiß.", grinsend riss der Jüngere die Badezimmertür auf, eingewickelt in seinen Bordeaux roten Seidenbademantel, der sich um seinen schmalen Körper schmiegte. „Ich mache jetzt in meinem Zimmer weiter.", den Älteren mit einem Stups zur Seite schubsend schritt der Silberhaarige etwas zu motiviert ihren Flur entlang und Yoongi begann nicht zum ersten Mal an seinem Plan zu zweifeln. Schließlich hatte ihr Verlobter sich sie ja ausgesucht. Mit seinem Pech hatte er sich auch über sie informiert und wusste eigentlich genau, auf was er sich einlassen würde.

„Aber wenn du noch rechtzeitig fertig werden willst, solltest du auch duschen!"

„Im Gegensatz zu dir, muss ich mir keine Gedanken um mein Outfit machen.", ihr gemeinsames Badezimmer betretend, welches von stickiger, viel zu feuchter Luft gefüllt war, schloss Yoongi ab. Seine Familie wusste zwar, wie er nackt aussah, dennoch fühlte er sich so entblößt mehr als nur unwohl. Er stand nicht wirklich zu seinem Körper. So allein, in seinem Zimmer, wo er sich in körperbetonende Kleidung schmiss, fühlte er sich schön. Doch wehe fremde Augen würden auf ihm liegen. Dann war ihm zum Heulen zumute und sein Anker in dieser Gesellschaft war, dass auf Sex und damit verbundene Handlungen kaum bis gar keinen Wert gelegt wurde. Es gab Menschen, die gerne und viel Sex, wie sein Zwilling, hatten und daran war auch nichts Verwerfliches. Sie wurden so akzeptiert. Keiner lachte oder verurteilte sie und genauso war es mit Menschen, wie ihm. Menschen, die Intimität nicht gut abkonnten. Personen, die Nähe zu einem anderen nicht mochten. Und so ging alles Hand in Hand. Verstoßen würde man erst dann werden, wenn man ein uneheliches, nicht angemeldetes und nicht geplantes Kind auf die Welt setzte. Aber da kam man anscheinend auch wieder raus. Mammon hatte es ihnen auf der letzten Veranstaltung mit ihrer Kleidung brühwarm unter die Nase gerieben.

Den Kopf schüttelnd riss Yoongi sich selbst aus seinen Zweifeln und Gedanken. Er war dabei gewesen, sich seiner Kleidung zu entledigen, war jedoch an seinem Bauch hängen geblieben und hatte über ihn gestreichelt. Muskeln waren nicht vorhanden. Manchmal fand er es schlimm und dann war es ihm wieder egal. Jetzt, wo er mit hoher Wahrscheinlichkeit auf ewig mit derselben Person zusammen sein würde, wollte er dieser aus einem ihm nicht erklärbaren Grund gefallen. Sie würden ja keine emotionale Bindung aufbauen und doch war das eigentlich die einzige Person, mit der Yoongi es sich gedanklich vorstellen konnte Intimität aufzubauen.

„ICH HÖRE NOCH KEIN WASSER LAUFEN!"

Erschrocken zuckte der 23-Jährige zusammen, bevor er tief Luft holte, um eine Antwort schreien zu können. „PASS LIEBER AUF, DASS DAS WELLENEISEN DIR NICHT DEIN KOSTBARES HAAR VERBRENNT!"

„KEINE SORGE, ICH BIN MULTITASKING!"

„SEIT WANN DENN DAS?", zum Ende hin, musste Yoongi leise kichern. Er hatte Jimin schon bei Multitasking Sachen erlebt und da erfüllte er wohl ein Klischee. Reden und eine Tätigkeit ausführen, war bei Männern eben schwer. Nicht selten ging deswegen etwas zu Bruch oder aber brannte an.

„WENN ZWEI PERSONEN NACKT VOR MIR LIEGEN DANN-.."

„ERZÄHL DAS NICHT MIR!", mit vor Ekel verzogenem Gesicht entkleidete der Ältere sich schnell seiner restlichen Sachen. Er konnte sich was Besseres, als seinen Zwilling beim Sex vorstellen. „ERZÄHL DAS LIEBER DEINEM EHEPARTNER. VIELLEICHT HABT IHR JA WAS GEMEINSAM!"

„ICH KÖNNTE SOGAR DEINEN MIT BEFRIEDIGEN, WENN DIR DAS SELBST ZU UNANGENEHM IST!", das hohe Lachen des Jüngeren beantwortete alles. Jimin würde viel machen. Aber wenn Yoongi was dagegen haben würde, würde diese Bemerkung auf ewig ein Scherz bleiben.

„PASS LIEBER AUF DEINE HAARE AUF!", damit war das Gespräch beendet. Dem Wasserstoffblonden war es nun einfach zu unangenehm. Er wollte nicht über seine Jungfräulichkeit reden und offen gesagt wurde ihm etwas mulmig zu Mute, wenn er daran dachte, dass Jimin eigentlich wirklich legal mit seinem Ehepartner schlafen konnte – und es würde nicht als Ehebruch gelten.

Auch konnte jeder andere mit seinem Ehepartner schlafen und umso länger er über die dafür verantwortlichen Gesetzte nachdachte, umso angewiderter wurde er. Bis vor zwei Tagen schien das alles noch so ungreifbar und lächerlich. Er hatte nicht damit gerechnet, dass ihn diese Paragrafen so bald interessieren würden. Nicht bei der wählerischen Laune ihrer Mutter.

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Direkt, nachdem Yoongi aus dem Badezimmer getreten kam, wurde er schon vom Jüngeren überfallen. Die sonst recht flauschigen, silbernen Haare lagen fein gewellt auf seinem Kopf verteilt. Jede Strähne war an seinem Platz, wobei einige ihm in die Stirn fielen. Von der Frisur zu urteilen konnte aus dem Gesamtbild noch alles werden. Das Make-up war erst zur Hälfte fertig und dennoch sah der Silberhaarige umwerfend aus, sodass der Ältere doch fast schon eifersüchtig auf seinen Zwilling wurde. Etwas, was äußerst selten vorkam.

„Soll ich lieber das Korsett anziehen, was du vorgestern noch so verteufelt hast und ein Jackett für den Weg über die Schultern legen oder lieber nur das Jackett und nichts darunter?", beide Sachen nacheinander hochhaltend, stand Jimin oberkörperfrei im Flur und wartete geduldig auf eine Antwort.

„Nun.", schluckend drückte Yoongi sich an die Wand und lief an dem Jüngeren vorbei. „Mach vielleicht erst mal dein Make-up. Danach gucken wir noch mal." Seinem Zwilling auf die Schulter klopfend, flüchtete Yoongi in sein Zimmer. Er musste jetzt selbst zusehen, dass er fertig wurde. Die Zeit unter der Dusche war schneller davongerannt, als ihm bewusst war und jetzt kam er selbst in Zeitdruck.

Schnell in eine Unterhose schlüpfend, schnappte er sich einen der vielen Bordeaux roten Anzüge aus seinem Kleiderschrank. Es war seine Alltagskleidung. Fast immer musste er so rumlaufen, wenn er das Haus verließ und um fairerweise zuzugeben, fühlte er sich so auch am wohlsten. Mit diesem Outfit konnte er nichts falsch machen. Aber jetzt, wo er so davorstand, fühlte er sich überhaupt nicht mehr sicher. Vielleicht hatte er sich auch nur so wohlgefühlt, weil die Farbe des Anzugs ihm Privilegien gegeben hatte. Ihm eine Stellung gab, wo es kaum einer wagen würde, ihn dumm anzumachen. Doch bei dem heutigen Treffen würde es nicht so sein. Denn wen auch immer sie treffen würden, diese hatten mit ihrer ersten Handlung unmissverständlich zu verstehen gegeben, dass sie am längeren Hebel saßen. Yoongi könnte selbst als Mitglied der Bordeaux roten Kategorie nichts gegen die der Mitternachtsblauen Kategorie ausrichten. Er war ihnen ausgeliefert. Für Jimin schien das kein Problem zu sein. Zumindest nach außen hin nicht. Meist hatte der Jüngere sowieso eine größere Klappe und Selbstvertrauen, als es für alle Beteiligten gut wäre. Wie es ihn ihm aussah, wusste nur sein Zwilling selbst und der Psychiater, der die psychologischen Gutachten verwahrte.

„Am Ende wird er mir nichts antun können.", auf seiner Unterlippe herumkauend, strich der Wasserstoffblonde noch einmal über das Hemd, welches bei dem Anzug mit dabei lag, bevor er es aus dem Set riss und in die Ecke seines Kleiderschranks schmiss. Was hatte er schon zu verlieren?

Sich schnell noch zu Ende abtrocknend, schlüpfte der 23-Jährige in die Anzughose, bevor er sich an seinen Schreibtisch setzte und damit begann, seine Haare im exakten Gegensatz zu Jimins zu glätten. Der Lidschatten auf seinem Schreibtisch, der schon seit Monaten nicht bewegt wurde, war dem Wasserstoffblonden ein Dorn im Auge. Es schien fast so, als wenn er ihn provozierte. Dabei wollte er sich nicht unbedingt aufhübschen. Sonst machte er es auch nicht. Und eigentlich dachte er, dass nichts und niemand ihn dazu bewegen konnte. So war es bis jetzt ja auch gewesen, doch offensichtlich stellte eine Verlobung, egal ob man seinen Partner kannte oder nicht, doch so einiges auf den Kopf.

Die letzte Haarsträhne an ihren Platz legend, fand sein Finger auch schon Platz in dem Lidschatten. Eigentlich hatte er dafür auch einen Pinsel, nur war ihm das jetzt zu mühselig. Er ging sowieso nicht davon aus, dass sein Verlobter sich für seine Augen so sehr interessieren würde, dass ein paar ungerade Linien auffallen würden.

Letztendlich fand das weiche, maßgeschneiderte Jackett ebenfalls Platz auf seinem Körper. Er konnte von Glück reden, dass sie zur Oberschicht gehörten und ihre Mutter sich nicht dafür zu fein war, ihnen teure und hochwertige Kleidung zu kaufen. Dementsprechend fühlte sich das Jackett sanft und angenehm auf der Haut seines nackten Oberkörpers an. Er könnte sich tatsächlich daran gewöhnen, so rumzulaufen. Natürlich würde das nie jemand erfahren. Ansonsten müsste entweder er oder die andere mitwissende Person unter der Erde landen. Denn Scham konnte Yoongi durchaus sehr gut empfinden.

„Okay, ich bin so weit fertig. Wie sieht's bei dir aus." Jimin, der noch etwas an seinem Korsett herumzuppelte, und somit offensichtlich eine Entscheidung getroffen hatte, trat, ohne zu klopfen, in das Zimmer des Älteren ein.

„Ich auch.", den letzten Knopf schließend, drehte er sich zu seinem Zwilling um. „Das geht doch so klar, oder?", nun vor einer Person in Fleisch und Blut stehend, war das Gefühl, unter der ‚Jacke' halb nackt zu sein dann doch ein anderes als nur vor seinem Spiegelbild, welches ihn nicht mit Blicken und Kommentaren verurteilen konnte.

„Ahhh.", ein perverses Grinsen schlich sich auf das Gesicht des 23-Jährigen. „Willst du dich doch nicht für die Hochzeitsnacht aufsparen?"

„JIMIN!", mit seiner Entenlampe nach seinem Zwilling schmeißend, ihn jedoch um Weiten verfehlend, versuchte er die aufkommende Röte zu unterdrücken. „Ich werde mich ganz sicher nicht flachlegen lassen. Außerdem gibt es die ‚Hochzeitsnacht' als solche doch gar nicht mehr."

„Schon gut.", abwehrend hielt der Jüngere die Hände in die Höhe. „Ich habe es so auch gar nicht gemeint. Aber davon mal abgesehen, siehst du heiß aus. Und das, wohl gemerkt von mir zu hören, ist schon ein sehr großes Kompliment." Eingebildet klopfte er sich selbst auf die Schulter, bevor er nun wieder ernster zu seinem Zwilling blickte. „Aber nun im Ernst. Wenn du dich unwohl fühlst oder so, ich kann mich ganz schnell umziehen und wir gehen im Partnerlook, wenn es dir damit besser geht."

„Nein.", abwinkend schüttelte Yoongi sich. Er hielt gerade heute sehr wenig davon, dass man mit Zwillingen immer identisches Aussehen oder Partnerlook in Verbindung brachte. So wollte er heute auf keinen Fall auftreten. Es gab schließlich auch in dieser Welt Menschen, mit komischen Geschmäckern. Wer weiß, vielleicht fanden ihre Ehepartner ja den Fakt, dass sie Zwillinge waren, besonders attraktiv. Ihn persönlich würde es eher abschrecken. Aber in welcher Position war er schon, um das beurteilen zu können? „Wir bleiben jetzt so."

„YOONGI! JIMIN! WIE WEIT SEID IHR?"; Aradias Stimme erklang durchs Treppenhaus zu ihnen herauf und unterbrach den Silberhaarigen dabei Luft zu holen, um etwas erwidern zu können. „WIR MÜSSEN SO LANGSAM LOS!"

„KOMMEN!", sich selbst die Seele aus dem Leib schreiend, griff Jimin noch nach seiner Handtasche, die etwas robuster und keinesfalls mädchenhaft wirkte. „Hast du was zum Reintun?" Besagte Handtasche vor den Älteren geöffnet hinhaltend, schmiss dieser den Lidschatten und ein Ladekabel in die Handtasche. Sein Handy fand Platz in der Innentasche seines Jacketts.

Jimin selbst musste sein Handy in seine Handtasche tun. Das Korsett hatte eben keine praktischen Taschen. Aber man konnte eben nicht immer gut aussehen und maximalen Komfort genießen.

„Dann lass und mal unser Schicksal besiegeln.", einmal durchatmend lief Yoongi voran, die Treppe runter und in den Hausflur, wo sie sich beide noch schnell ihre Lackschuhe anzogen - Jimin wohlgemerkt mit einem erheblichen Absatz - bevor sie nach draußen, in den Wagen zu ihrer Mutter stiegen. Beide nahmen natürlich auf der Rückbank Platz.

Der kritische Blick ihrer Mutter entging ihnen nicht, doch kommentierte sie diesmal kein bisschen das Aussehen ihrer Kinder. Vermutlich saß der Schock selbst ihr noch tief in den Knochen.

„Jungs.", die andauernde Stille wurde durch die Stimme der Mitte 50-Jährigen unterbrochen. „Heute wird unter keinen Umständen über den Durst getrunken."

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Wie geht es euch? <3

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