𝐂𝐚𝐫𝐦𝐮𝐞𝐥 • gulity

♡ SAMUEL

,,Carla!", rief ich in die Dunkelheit hinein und es kam mir vor, als ob meine Stimme tausendfach von den Wänden widerhallte. ,,Carla!"

Keine Antwort.

,,Carla!"

Das konnte nicht sein. Gerade eben lief sie noch vor mir und suchte das Auto ihres Fahrers. Sie verschwand nicht einfach so.

Ich entdeckte das Auto, aber da der Fahrer nicht losfuhr bedeutete das für mich, dass Carla noch nicht hier gewesen war.

,,Carla!"

Verdammt.

Ich gab es nicht gerne zu, doch sie bedeutete mir mehr als ich wollte. Meine Suche nach Beweisen gegen sie endete damit, dass ich mehr ihre Unschuld, als ihre Schuld beweisen wollte.

Ich wusste, dass Carla Marina nicht getötet hatte- das wäre einfach nicht ihr Stil gewesen. Leider glaubte ich ziemlich sicher zu wissen, dass Carla alles aus dieser Nacht wusste.

Schlimmer noch. Carla Rosòn Caleruega war der Grund für Marinas Tod.

Ob direkt oder indirekt sei infrage gestellt, aber dieses Wissen zerriss mich innerlich fast. Einerseits wollte ich sie mögen, mich ihr hingeben. Andererseits wusste ich, dass wir uns gegenseitig benutzten.

Wann immer ich sie in die Enge trieb reagierte sie mit dem was sie am besten konnte. Küsse, Sex, Kontrolle.

Und ich fiel jedes Mal aufs neue darauf hinein.

So oder so, ich mochte sie. Der Gedanke das ich sie gerade nicht sah machte mir mehr Angst als ich zugeben wollte.

Eilig rannte ich die Straße entlang und bogen in die düsteren Seitengasse ein.

,,Carla antworte mir!", schrie ich lauter und mein Herz klopfte laut und schnell. Wo war sie nur?

Ich hielt inne, versuchte meinen Atem zu kontrollieren und schloss die Augen. Ich konzentrierte mich auf jedes noch so kleine Detail, versuchte die Absätze von Carlas Schuhen zu hören.

Vergeblich.

Und unnötig.

Denn kaum ein paar Sekunden darauf vernahm ich ein dumpfes Geräusch ein paar Gassen links von mir, gefolgt von einem Schrei.

Dann war wieder alles still, als wäre nichts gewesen, kurz darauf wieder Stimmen.

Einen Moment lang fühlte ich mich unfähig mich überhaupt zu bewegen. Meine Angst um Carla wuchs in jeder Sekunde immer mehr. Ich verlor schon Marina, nochmal durfte das nicht passieren. Nicht schon wieder.

Der Gedanke das Carla in Gefahr sein könnte machte mich rasend und ich zwang mich zu rennen. Ich folgte dem Geräusch, indem ich so schnell rannte wie noch nie in meinem Leben.

Schnell bog ich in eine weitere Nebengasse ein, inder kaum Licht brannte.
Beinahe stolperte ich über einen am Boden liegenden Körper, aber es gelang mir gerade noch das Gleichgewicht zu behalten.

Sofort erkannte ich das glitzernde Kleid aus dem Club wieder, denn auch in der schlecht beleuchteten Gasse war es unfehlbar. Carla.

Hastig kniete ich mich neben sie auf dem Boden und nahm ihr Gesicht in die Hände. Meine Erleichterung als ich ihren Puls unter meinen Fingern spürte, war unglaublich groß. An ihrer Lippe klebte Blut, genau wie an der Schläfe. Es sah aus als hätte jemand ihren Kopf gegen die harte Hauswand gehauen.

,,Samuel..."

Sie brauchte nichts weiter zu sagen, ich wusste was los war. Rasch drehte ich mich um und erinnerte mich an Rebekas Boxkampflektionen. Immer den Gegner überraschen. Ohne lange zu zögern schlug ich das erste Mal zu und erwischte ihn geschickt. Natürlich wartete ich nicht lange und schlug wieder und wieder zu, drängte ihn immer weiter von Carla weg und wich seinen Angriffen aus.

Die wenigen male, in denen ich einen Blick auf sein Gesicht erhaschte, musterte ich ihn überrascht. Ich kannte ihn, denn er gehörte zu Nanos Freunden. An seinen Namen erinnerte ich mich jedoch nicht.

,,Was willst du von Carla?", knurrte ich und hielt ihn so fest, dass er sich nicht weiter wehren konnte. Ich wollte Antworten. ,,Fass sie noch einmal an und du wirst nicht mehr so gut davonkommen wie jetzt."

Nanos Freund sah mich atemlos an. In seinen Augen lag Erkennen. Er wusste wer ich war. ,,Dein Bruder sitzt im Gefängnis, verdammt nochmal, während du dich mit der kleinen Marquesa vergnügst. Und Nano wird nie da rauskommen wenn wir ihnen nicht den wahren Mörder bringen!"

,,Carla ist keine Mörderin", knurrte ich und merkte, wie ernst ich diese Worte meinte. Ich sagte sie voller Überzeugung, ohne Zweifel. Ich glaubte zumindest aus ganzen Herzen das Carla nicht die Mörderin war.

,,Ach ja? Hast du auch nur einmal daran gedacht, dass sie alles bekommen hat was sie will? Sie hat das Geschäft ihres Vaters gerettet als die Uhr aufgetaucht ist, sie ist Marina losgeworden und dir ist sicherlich auch Christians kleiner Unfall aufgefallen? Alle um sie herum leiden, während sie auf ihrem Thron sitzt und ihr Vermögen sortiert. Die Reichen kommen immer davon und dein Bruder leidet dafür!"

Das alles war mir selber durch den Kopf gegangen und ich wollte es nicht hören. Ich wollte einfach nicht mehr hören.

Aber Nanos Freund hörte nicht auf zu reden. Er ließ all seinen Frust an mir aus.

,,Sie hat alles bekommen was sie will und was tust du? Du vögelst sie und lässt dich genauso von ihr kontrollieren wie Christian. Mal sehen wann du von einem Auto angefahren wirst."

Es reichte. Es reichte entgültig.

,,Und wenn ich die Antworten aus Miss Marquesa rausprügeln muss, dann werde ich das tun. Denn das ist das echte Leben und davon hat sie keine Ahnung."

,,Verschwinde, bevor dir noch etwas ernsthaftes passiert!", fuhr ich ihn schließlich an. Am liebsten würde ich nochmal zuschlagen, aber im Grunde sagte er nichts falsches. Er sprach nur die Gedanken aus die ich seit Wochen im Kopf hatte. Und ich wäre nicht besser als er, wenn ich jetzt auf ihn einschlug.

Glücklicherweise tat er mir den Gefallen und verschwand, während ich wieder zu Carla eilte, die immer noch reglos auf dem Boden lag.

,,Wach auf", flüsterte ich leise und rüttelte leicht an ihr. ,,Bitte wach auf."
Als ich sie etwas anhob kippte ihr Kopf reglos zur Seite und auch sonst zeigte sie nicht viel Leben. Doch ich gab nicht auf und redete so lange auf sie ein, bis sie ihre großen grünen Augen langsam öffnete.

Sie starrte mich an. Es sah kalt aus, aber in ihren Augen sah ich etwas anderes. Verzweiflung.

,,Geht es dir gut?", fragte ich leise.

Carla antwortete nicht. Ich glaubte eine einzelne Träne in ihren Augen erkennen zu können.

,,Ich dachte immer, dass lügen einfacher wäre als die Wahrheit zu sagen. Dabei sind es die Lügen, die alles kaputt machen während die Wahrheit einen von innen heraus zerstört, weil man sie nicht aussprechen darf", flüsterte Carla schließlich und ich griff nach meiner Hand.

,,Dann sag endlich die Wahrheit", flüsterte ich leise. Hoffnungsvoll sah ich sie an und strich ihr eine blonde, blutige Strähne aus dem Gesicht. ,,bitte."

Doch Carla blieb sich selbst treu. Natürlich tat sie das. Sie ließ ihre Maske nicht einfach fallen. Nicht einmal, als Nanos Freund sie verletzt hatte.

Vorsichtig zog ich sie auf meinen Schoß und sie schlang stumm die Arme um mich. ,,Machst du mir Macaroni?"

Ich seufzte leise. Das Thema zu wechseln konnte sie gut, aber solange es ihr so beschissen ging wollte ich sie nicht zusätzlich bedrängen.

,,Ich dachte du hasst mein Macaroni", meinte ich und schmunzelte leicht.

,,Es schmeckt wirklich nicht gut, aber seltsamerweise liebe ich es genau deshalb. Weil du es mir präsentierst als sei es ein nobles fünf Sterne Menü."

,,Dir macht wohl sonst keiner Macaroni", stellte ich fest.

,,Doch, aber du machst es von Herzen."

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