𝗫 | withdrawal
"Potter und Malfoy."
Vier Jahre lang. Vier Jahre lang waren er und Albus nie in eine Gruppe gekommen.
Wie um alles in der Welt war Matherson auf die Idee gekommen, dass jetzt ein guter Zeitpunkt für das erste Mal war?
Damit bestätigte sich für Scorpius lediglich der Verdacht, dass die Zaubertrankprofessorin einen sechsten Sinn für die ungünstigesten Paare überhaupt hatte und nicht davor zurückschreckte, von diesem Gebrauch zu machen.
Er saß neben Rose, wie eigentlich in jedem Fach, das die beiden zusammen hatten. Sie hatte keine Ahnung davon, was zwischen Scorpius und ihrem Cousin passiert war, aber es schien sie auch nicht zu interessieren, schließlich mochte sie Albus auch nicht besonders. So warf sie ihrem Freund nur einen mitleidigen Blick zu, als dieser wie in Zeitlupe seine Sachen zusammenpackte und sich in die letzte Reihe neben seinen ehemals besten Freund setzte.
Eine Weile lang sagten die beiden nichts und beobachteten lediglich, wie Matherson die anderen Paare einteilte und dann die Anweisungen für die heutige Stunde an die Tafel schrieb.
"Tut mir leid, dass du mit mir in einer Gruppe bist.", sagte Albus dann und seine Stimme hatte einen Ton, den Scorpius beinahe dazu brachte, hier und jetzt in Tränen auszubrechen. Er biss sich aber lediglich auf die Unterlippe und schwieg; er hatte keine Ahnung, was er erwidern sollte.
"Ist in Ordnung, wenn du nicht mit mir Reden willst, Malfoy. Aber dir scheint es ja ganz gut zu gehen." Es war beinahe spöttisch, aber all dieser Spott wurde von der Frustration in der Stimme des Potters übertroffen.
Es ging Scorpius nicht gut. Er war ein nervliches Wrack: jede Minute ohne Albus schien sich unendlich lang zu ziehen, und auch, wenn er die Zeit mit Rose nicht ganz so sehr verabscheute wie erwartet, so vermisste er seinen besten Freund doch mehr, als Worte es jemals beschreiben könnten. Jede einzelne Faser in seinem Körper sehnte sich danach, dass alles wie früher war: dass sie bis spät Abends am Bootshaus saßen und gemeinsam darüber lachten, wie Albus sich über Ellen lustig machte, oder dass sie eine ihrer unbeholfenen Umarmungen austauschten, nachdem Albus einen Brief von seinem Vater bekommen hatte.
Außerdem machte es ihn fertig, wie sich Albus verhielt. Wenn das überhaupt möglich war hatte er sich im letzten Monat noch mehr zurückgezogen, und er redete mit beinahe niemandem mehr, außer hin und wieder mit Lorcan und Roxanne. Scorpius konnte es nicht wirklich beurteilen, aber manchmal wirkte es auch so, als würde die Beziehung von Albus und seinem großen Bruder sich verbessern, seit dieser mit den beiden im Krankenflügel gewesen war.
Außer Rose hatte Scorpius auch niemanden mehr, und er würde nicht wirklich behaupten, er hätte Rose, da die beiden ganz klar unterschiedliche Gefühle für den jeweils anderen hegten. Er hatte Rose in diesem einen Monat noch nie geküsst; es hatte sich einfach nicht die Gelegenheit ergeben, und er wollte es auch so lange aufschieben, wie es nur ging.
Das prinzipiell angenehme an der Beziehung war, dass Rose nie ihre Stimme erhob oder für ihre eigene Meinung einstand: die Betonung lag hierbei auf prinzipiell. Denn Scorpius persönlich hätte eine willenstarke Rose viel lieber als Ellens Schoßhündchen, auch wenn das wahrscheinlich bedeuten würde, dass seine Freundin öfter die Initiative ergreifen würde. Das hieß, dass sie nicht um seine Erlaubnis bitten würde oder warte, bis er den ersten Schritt machte.
Der Malfoy war sich immer noch unsicher, wie er mit Albus reden sollte. Er hasste ihn und hatte guten Grund dazu.
Also schwieg er einfach weiter und fixierte die Tafel.
"Soll ich die Zutaten holen?", fragte Scorpius dann - die ersten Worte, die er seit einem Monat an Albus richtete.
"Tu, was du nicht lassen kannst.", sagte dieser nur und lehnte sich betont gleichgültig in seinem Stuhl zurück.
Die Stunde über arbeitete Scorpius gänzlich alleine an seinem Zaubertrank. Albus hatte abgewunken mit den Worten "Nicht, dass ich dich noch aus Versehen berühre", und saß jetzt bloß neben ihm und starrte Löcher in die Luft. Der Malfoy hatte sich nicht beschwert, immerhin war Albus' Verhalten verständlich. Wäre er in seiner Situation, würde er sich wahrscheinlich genauso verhalten: Nur ohne die bissigen Erwiderungen, er würde wahrscheinlich einfach gar nichts sagen und versuchen, nicht in Tränen auszubrechen.
Auf Leute, die nicht wussten, was es bedeutete, beste Freunde zu sein, mochten diese Reaktionen vielleicht übertrieben sein. Aber das waren sie nicht ganz und gar nicht - Scorpius und Albus hatten immer nur einander. Es war ein wenig so, als wäre ein Teil von Scorpius mit Albus verschwunden und hatte ihn unvollständig zurückgelassen. Denn das war das, was sie waren: beste Freunde. Viele Leute benutzten den Ausdruck, aber nur wenige gaben ihm eine Bedeutung.
Denn das war es, was es für Scorpius und Albus bedeutet hatte, beste Freunde zu sein. Sie waren immer für den anderen da und konnten sich über alles unterhalten, sie hatten das unsinnigste Thema stundenlang ausschlachten können. Aber jede Medaille hatte eine Kehrseite, denn es bedeutete auch, dass sie stückweit voneinander abhängig waren. Gerade waren sie wie auf Entzug, aber kein Entzug der gesunden Art, schließlich hatte keiner dem anderen geschadet. Und dieser Entzug machte die beiden Jungen fertig.
Am Ende der Stunde hatten sie immer noch kein Wort gewechselt. Der Zaubertrank, den Scorpius gebraut hatte, ließ deutlich zu wünschen übrig; keine Überraschung, denn wie sollte er sich konzentrieren, wenn Albus neben ihm saß? Im Buch war das angestrebte Resultat beschrieben als "dickflüssige, marineblaue Masse", jedoch glich Scorpius' Gebräu mehr grellorangenem Wasser.
Es war nicht das erste Mal, dass Scorpius in letzter Zeit in irgendetwas versagte, worin er sonst passabel war. Er hatte nicht das Gefühl, er könne sich konzentrieren, und an Sachen die ihm Spaß gemacht hatten, wie zum Beispiel lesen, fand er keine Freude mehr.
Was nützte es ihm, stundenlang mit Rose über Schulbüchern zu hängen, wenn die ganzen Informationen seinen Kopf mindestens genauso schnell verließen, wie er sie aufgenommen hatte?
Es war zum verzweifeln. Seine Tage verliefen nach dem gleichen Muster: er frühstückte früh morgens, um ja nicht Albus oder irgendwem anders zu begegnen, und verbrachte das, was da von seinem Morgen übrig blieb, vor dem Klassenzimmer, in dem er seine erste Stunde hatte. Danach hatte er den ganzen Vormittag Unterricht, der unsinnig schien, wenn man bedachte, wie wenig Scorpius davon mitbekam, und nach dem Unterricht traf er sich mit Rose in der Bibliothek oder am schwarzen See, die beiden Orte, die Albus mittlerweile konsequent zu meiden schien. Manchmal war Ellen dabei, manchmal nicht, er registrierte es meistens nicht oder versuchte, sich daran nicht zu stören.
Es war wie, als wäre Scorpius plötzlich taub geworden. Alle seine Sinne fühlten sich an wie abgestumpft, als würde er einfach nur durchs Leben gehen und keine Eindrücke so wirklich registrieren.
Es war nichts wichtiges passiert im letzten Monat. Nichts, worauf Scorpius stolz war, nichts, was er als wertig genug empfand, um sich daran zu erinnern.
Rose war als einzige an seiner Seite, die einzige Gesellschaft, die das alles ein wenig besser machte. Im Gegensatz zu Scorpius war sie nun fröhlich und voller Energie, aber sie begann, sich mit jedem Tag ein wenig mehr über ihren Freund zu sorgen, der nie redete.
Stille, das war alles. Betäubung. Ja, betäubt war wohl das richtige Wort, um Scorpius Gemütszustand zu beschreiben. Er wartete einfach nur, dass die Zeit verging, aber sie heilte nunmal keine Wunden, wenn man nichts dafür tat. Und "nichts" war eine ziemlich treffende Beschreibung von Scorpius' Alltag.
Die einzige Emotion, die ihn manchmal übermannte, war Hass. Und es war seltsam für Scorpius, denn normalerweise hasste er niemanden. Hass war ein genauso bedeutendes Wort wie Liebe, und er schreckte davor zurück, es zu benutzen. Aber er wusste nicht, wie er diese extreme Art von Abscheu sonst nennen könnte. Immer, wenn Ellen redete, sich über andere lustig machte oder schlicht und einfach wieder einmal ihre durchgeknallte Manipulation abzog, fuhren Scorpius Schauer über den Rücken. Und zwar nicht die angenehmen, die er in Verbindung mit Albus brachte; Ellen ekelte ihn an.
Es war ihre Schuld, und diese Erkenntnis traf Scorpius wie ein Blitz.
Es war Ellens Schuld, dass Albus heute mit ihm nur drei abfällige Sätze gewechselt hatte, und es war Ellens Schuld, dass Lorcan ihn gerade während dem Mittagessen vom Ravenclawtisch aus mit Blicken erdolchte.
Scorpius schluckte.
Er hasste Ellen McVay. Mit jeder Zelle seines Körpers.
heyyy
mir geht's in letzter Zeit irgendwie nicht so gut (kennt ihr das, wenn ihr euch einfach komplett grundlos down fühlt? so ungefähr hahah) und schreiben hilft mir zum kompensieren, also hier das zweite kapitel für heute :*
ich will übrigens mal meinen kapiteln namen geben, weil es stört mich irgendwie, dass da nur die zahlen stehen xD
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