Kapitel 13
,,Es tut mir so leid..."
,,Yoko, alles ist gut."
,,Das ist meine Schuld, es tut mir leid!"
Ren sah mich etwas überfordert an, als ich so verzweifelt vor ihm kniete und versuchte, mich irgendwie dafür zu entschuldigen, dass das Leben seiner Mutter jetzt auf dem Spiel stand und das nur, weil irgendein Psychopath da draußen aus irgendeinem Grund VERRÜCKT nach mir war!
Ich verstand die Welt nicht mehr.
Wieso ich?
Wieso konnte ich nicht glücklich werden?
Hatte ich nicht genug gelitten?
Sora sollte sich gefälligst ein anderes Opfer suchen und mich endlich in Ruhe lassen.
Ich wollte leben und endlich wieder lächeln können.
Stattdessen ringe ich um mein Leben und das seit Jahren schon.
Ich sah Ren verzweifelt an.
,,Bitte tu mir nichts, ich wollte das ja gar nicht, du musst mir glauben!"
,,Ich tu dir nichts!", antwortete er darauf und kniete sich vor mir hin. ,,Steh jetzt auf, ja? Wir finden eine Lösung, ohne dass jemand verletzt wird."
Mein Blick senkte sich und ich wischte mir die Träne weg, die meine Wange runterlief. ,,Gibst du mich an ihn ab..? I-ich könnte es verstehen! Er... Er hat schließlich deine Oma..."
Ren schüttelte den Kopf. ,,Ich geb dich doch nicht an einen Psycho, wie den ab. Das würde ich niemals tun. Wir rufen die Polizei!"
,,Aber... er sagte, er knallt sie sofort ab, wenn er merkt, dass die Polizei eingeweiht ist... ", murmelte ich und sah gedankenverloren zu Boden. Ich wollte nur einmal ohne Sorgen und Kummer leben können. Wie damals, als ich mich noch "Kind" nennen konnte.
,,Er wird es nicht rausfinden."
Ich sah zu ihm hoch und bemerkte sowas, wie Entschlossenheit in seinen Augen. Er war sich wirklich sicher in dem, was er tat. Und das für eine doch eigentlich Fremde.
,,Wieso tust du das?", war also meine nächste Frage und Ren schien nicht lange nachzudenken. ,,Ich möchte dir helfen, ist doch selbstverständlich." Kurz machte er eine Pause, dann redete er weiter:,,Ich finde, du hast schon genug gelitten, Yoko. Es wird Zeit, dass er dafür büßt!" Er lächelte mich aufmunternd an, doch ich konnte hinter die Fassade blicken.
Er war aufgewühlt und wahrscheinlich genauso verzweifelt, wie ich.
Kein Wunder, seine Oma, die ihn 7 Jahre lang gepflegt und erzogen hatte, war jetzt bei einem verrücktem Mann, der sie umbringen würde, wenn ich nicht zu ihm zurück gehen würde.
Wobei verrückt noch ein untertriebenes Wort war.
Für Psychopathen gab es eben keine richtige Ausdrucksweise.
Sie waren halt Psychopathen.
,,Ich gehe zur Polizei. Möchtest du mitkommen?"
Ich zögerte, dann schüttelte ich den Kopf. ,,Nein. Kann ich hier bleiben?"
Ren sah mich unsicher an. Und da erinnerte ich mich an seine Worte, dass es durchaus sein könnte, dass Sora wusste, wo ich war. Und das machte auch nur Sinn, woher sonst sollte Sora wissen, dass die Oma, die er kaltblütig gekidnapped hatte, genau die war, die Ren so sehr vermissen würde?
Doch das änderte meine Meinung nicht.
Ich wusste, dass Sora in seinem neuem Versteck lungerte und darauf wartete, dass ich zu ihm zurück kroch. In seiner Vorstellung hatte ich niemanden und niemand bräuchte mich. Doch ich war bereit, das zu ändern und das war es, was Sora nicht sah.
Er weiß gar nichts über mich.
,,Ich bleibe bitte", wiederholte ich also und Ren gab nur noch ein Nicken von sich.
Ich hatte keine Lust, von Leuten angestarrt oder angesprochen zu werden, noch wollte ich zur Polizei und von denen noch befragt werden.
Das war zu anstrengend. Ich wollte Ruhe haben.
Also setzte ich mich in Rens Bett, sobald dieser sich auf den Weg machte und sah mich neugierig um.
Dabei kannte ich den Raum schon.
Er war recht ordentlich gehalten.
Neben dem großem schwarzem Boxspringbett stand ein kleiner Nachttisch, auf welchem ein Bild stand. Ich nahm es in die Hand und erkannte darauf meinen Gastgeber, der seinen Arm lächelnd um eine ältere Dame gelegt hatte. Doch Ren's Lächeln war mit dem der Dame kaum zu vergleichen. Dieses wirkte so unendlich liebend und herzlich, dass man darin schmelzen könnte. Ich musste selbst ein wenig lächeln.
Das war sicherlich seine Oma.
Ich legte das Bild zurück an seinen Platz und mein Blick schweifte weiter ins Zimmer. Ein kleiner Eckschrank stand am Ende des mittelgroßen Zimmers und dieser war geziert von wenigen Fotos, auf welchen man Ren und Gleichaltrige sah. Sicherlich Freunde. Auf einem Bild standen sie sogar neben dem Eifelturm. Ich sah das Bild fasziniert an.
Während ich die Hölle durchlebte, durften andere in meinem Alter ihr Leben in vollen Zügen auskosten.
Ich wusste nicht, ob mich das freuen sollte, oder ob ich eifersüchtig sein musste, aber ich war glücklich darüber, dass Ren nicht wusste, wie es war, das Leben zu leben, dass ich leben musste.
Ich sah mich weiterhin um. Außer einem Schreibtisch gab es in dem Zimmer nichts, was irgendwie zu erwähnen wäre und ich kuschelte mich ins Bett.
Wie schön das sein musste, wenn man sich nach einem hartem Tag in der Schule in dieses Bett legen konnte und einfach nichts tun musste.
Keine Sorgen, keine Ängste und kein Entführer, vor dem du zu befürchten hattest, dass er jeden Moment halbnackt in den Raum stürzt, bereit dazu, dir den Tag so richtig zu vermiesen.
Ich konnte bei dem Gedanken nicht schlafen, also drehte ich mich auf den Rücken und starrte die Decke an.
Eine Weile lang dachte ich an absolut nichts, hatte mein Gehirn abgeschaltet und döste einfach dahin, bis ich plötzlich eine Stimme wahrnahm.
,,Yoko, hattest du nicht vor, zurückzukommen?"
Kaum hatte ich Sora gehört, saß ich schon auf dem Bett und sah mich panisch um. Doch da war niemand.
Ich atmete tief ein und aus. Wartete noch 2 Minuten. 3. 4.
Und nach 5 Minuten war ich mir sicher, dass das nur reine Einbildung war.
Ich schloss kurz die Augen. ,,Beruhige dich, Yoko... Da ist niemand... ", sagte ich zu mir selbst.
Ich hätte es ja wissen müssen.
Selbst wenn ich Sora entfliehe, wird er mich nie so wirklich loslassen.
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