─ eins.
𝐄𝐕𝐄𝐑𝐘𝐓𝐇𝐈𝐍𝐆
kapitel eins; back in town
❝ Aber ich bin glücklich ❞
─── ❀ ───
Die vertraute warme kalifornische Luft schlägt Sage entgegen, als sie aus dem Flugzeug tritt und automatisch legt sich ein Lächeln auf ihre Lippen.
Sie hat ihr zu Hause vermisst. L.A. Es kommt Sage wie eine Ewigkeit vor, als sie das letzte Mal ihre Familie besucht hat.
Aber jetzt, da sich ihr Bruder dazu entschieden hat zu heiraten, ist sie auf seinen Wunsch hin seine Trauzeugin.
Eigentlich hat sie damit gerechnet, dass es Phil ist, vielleicht sogar Stu, immerhin sind sie seine besten Freunde, aber als er ihr verkündet hat, er macht Tracy einen Antrag, von da an, war es Doug schon klar, dass er niemand anderen als Trauzeugin haben möchte, als seine kleine Schwester.
Niemand kennt ihn besser als sie. Und deshalb hat er sie in New York besucht, nur um ihr das mitzuteilen.
Sage hat L.A. und somit ihren Bruder und ihre Eltern vor vier Jahren verlassen, als sie ein Jobangebot in New York angenommen hat.
Jetzt für ihn wieder nach L.A. zu kommen, ist für die Schwester selbstverständlich und sie fühlt sich geehrt, diese Rolle übernehmen zu dürfen.
Auch wenn sie weiß, was das bedeutet und mit sich bringt. Vor allem wen.
Doch bevor sie darüber nachdenken kann, sieht sie ihren Bruder und ihre Eltern, die ihr zuwinken. »Sage!«, ruft ihre Mutter, die sich von ihrem Mann löst, um ihrer Tochter in die Arme zu fallen.
»Hey, Mom«, begrüßt Sage sie und die Tochter lässt ihren Koffer los. Die beiden fallen sich in die Arme, als Doug seiner Schwester auf die Schulter klopft, ehe sie ihn anlächelt und sie sich auch umarmen.
»Wie geht's dir, Schwesterherz?«, fragt er, als die beiden sich voneinander lösen und Sage ihren Vater umarmt. »Gut. Kann's kaum erwarten, dich im Anzug zu sehen. Das letzte Mal war dein Abschluss und da hast du dich vollgekotzt.«
Doug sieht seine Schwester ungläubig an. »Ey, das sollte doch unser Geheimnis bleiben«, murmelt der Ältere, was Sage auflachen lässt. »Du heiratest, Großer, komm drüber hinweg.«
»Ihr könnt doch nicht jetzt schon streiten«, seufzt die Mutter der beiden, was Sage aufschauen lässt, als sie nach ihrem Koffer greift. »Wir streiten uns nicht, Mom. Wir necken uns. Ganz Geschwisterlich«, erwidert sie, was Doug zustimmend nicken lässt.
Die beiden Geschwister grinsen sich an, der Vater der beiden nimmt Sage den Koffer ab und zusammen gehen sie zum Auto. »Ich kann's kaum erwarten Tracy wiederzusehen«, schwärmt Sage. »Ich frag mich noch immer, wie du es geschafft hast, dass sie dich heiratet.«
»Hey!«, beschwert sich Doug lachend und schubst sie leicht, als sie am Auto ankommen. Sage lacht laut und setzt sich zusammen mit ihrem Bruder auf die Rückbank. »Ganz wie in alten Zeiten«, schmunzelt Sage und schwelgt in Erinnerungen.
»Dann haben wir aber ganz unterschiedliche Erinnerungen«, murrt Doug, weil er es war, der immer drunter leiden musste. Entschuldigend sieht Sage ihren Bruder an. »Jetzt passiert mir das nicht mehr«, erzählt Sage. »Das letzte Mal ist schon ewig her.«
Wovon die beiden sprechen, ist, das Sage sich schon immer übergeben musste, wenn sie hinten im Auto sitzt. Im Alter wurde es besser, aber vor sechs oder sieben Jahren, es war Silvester bei Doug zusammen mit seinen besten Freunden und ein paar anderen Kollegen, hatte sie einen mächtigen Kater und am nächsten Tag im Taxi war es schon zu spät.
Das Auto fährt vom Parkplatz und auf den Highway Richtung Sages Kindheit. »Dein Zimmer habe ich dir zurechtgemacht, Sage«, hört sie ihre Mutter vom Beifahrersitz sagen und dankend nickt die Tochter.
Die Fahrt über erzählt Sage den anderen nur, wie die Arbeit läuft, was das Leben so macht und für ihre Mutter ganz wichtig, was mit Ron passiert ist. Und noch wichtiger, warum er nicht bei der Hochzeit dabei ist.
Sage hat ihren Eltern und auch Doug bereits am Telefon gesagt, das die beiden sich bereits vor Monaten getrennt haben und sie allein bei der Hochzeit auftauchen würde.
Was sie ihnen nicht erzählt hat, ist, das die beiden schon vor ihrer Trennung ein paar Monate Beziehungspause hatten, weil Ron und Sage sich nur noch gestritten haben.
Müde schaut sie aus dem Fenster, spürt den Blick ihres Bruders auf sich, den sie aber gekonnt ignoriert. Doch als sie das Familienhaus der Billings erreichen und Charlotte und Henry mit dem Koffer von Sage als erstes ins Haus gehen, hält Doug sie am Handgelenk auf.
»Was ist los?«, fragt er sie ruhig, was Sage die Augen verdrehen lässt. »Ich will nicht drüber reden«, erwidert sie nur leise und versucht sich aus seinem Griff zu befreien, doch wird der Griff um ihr Handgelenk fester.
»Sage«, sagt Doug. »Du hast dich vor zwei Monaten von Ron getrennt. Was ist vorgefallen?«
»Ich will nicht drüber reden«, murmelt sie leise und schafft es sich endlich aus seinem Griff zu befreien. »Außerdem, was willst du von mir hören, Doug? Das ich unfähig bin, eine Beziehung zu führen?«
Doug schüttelt den Kopf. »Nein, das bist du nicht, Sage.« Er atmet ruhig. »Ich würde nur gerne wissen, was vorgefallen ist. Du schienst glücklich gewesen zu sein, mit ihm.«
»Das war vor einem Jahr«, erwidert Sage. »Eben. Und was ist in dem letzten Jahr passiert?«, fragt Doug interessiert. »Ich frag nur, weil ich mich um dich sorge, Sage. Weil du mir wichtig bist, und ich will, dass du glücklich bist.«
»Aber ich bin glücklich«, erwidert Sage. Lüge. »Wirklich.«Lüge. Ein aufgesetztes Lächeln und Sage drückt Doug am Oberarm. »Mir ging es nie besser.« Lüge.
➥
Sage sitzt auf dem Bett ihres Kinderzimmers und starrt auf die Bilder, die an ihrer Wand hängen. Dann klopft es an der Tür und Sage sieht ihren Bruder, der im Türrahmen steht und sie besorgt ansieht. »Kann ich reinkommen?«
»Klar«, erwidert sie leise und schenkt ihm ein Lächeln, als er sich neben sie setzt. »Alles gut?«, fragt sie ihn, als sie seinen Blick auf sich spürt. »Das sollte ich eher dich fragen, kleine Schwester«, gibt Doug grinsend wieder.
Doch Sage antwortet ihm nicht direkt. »Ist es wegen Ron?«, fragt Doug sie vorsichtig. »Oder ist es wegen was anderem?« Wegen Phil?, fragt er sie stumm.
»Ron und ich waren glücklich«, seufzt Sage schließlich. »Das waren wir wirklich. Wir wollten sogar zusammenziehen. Haben uns Wohnungen angeschaut, Häuser mit Gärten, guten Schulen für unsere zukünftigen Kinder«, Sage macht eine Pause und schließt ihre Augen, um die Aufkommenden Tränen zu unterdrücken, »es war perfekt.«
»Was ist passiert?«, fragt Doug sie. »Wenn es perfekt war, warum habt ihr euch getrennt?«
Sage seufzt und denkt an den Moment zurück, wo alles schiefgelaufen ist.
»Die Hochzeitseinladung von deinem Bruder ist angekommen«, grinst Ron, als er die Karte aufmacht und auf Sage zugeht, die in der Küche steht und essen macht. »Wirklich?«, fragt sie aufgeregt und legt den Kochlöffel beiseite.
Sage nimmt ihrem Freund die Karte aus der Hand und macht sie auf. Ein Bild von Doug und Tracy ist zu sehen, wie sie sich in den Armen halten und in die Kamera lächeln. Dann das Datum. »Im Juni«, sagt sie leise. »Das ist in sieben Monaten.«
»Sag zu«, grinst Ron und drückt ihr einen Kuss auf die Wange. »Immerhin bist du seine Trauzeugin.« Sage sieht Ron nickend an. »Das kann ich immer noch nicht verstehen«, sagt sie lachend.
Ron sieht seine Freundin mit einem Lächeln an. »Ich kann es kaum erwarten deine Freunde aus der Kindheit endlich kennenzulernen«, sagt er in Gedanken. »Schade, dass sie meistens nie können, wenn wir deine Familie in L.A. besuchen.«
Sage presst ihre Lippen aufeinander. Ja, das hatte sie ihm erzählt. Das sie in Wirklichkeit Doug darum gebeten hat, Phil nicht zusagen das sie zu Besuch in L.A. ist, weiß er nicht. »Ja, echt schade.«
»Ich möchte unbedingt alle Geschichten über dich kennen. Wie hast du es nur mit drei Jungs in deinem Leben ausgehalten?«, fragt Ron lachend nach.
»Ach, weißt du«, winkt Sage ab und kümmert sich wieder um das Essen, »so schlimm war das gar nicht. Stu war einfach mein bester Freund, ein weiterer großer Bruder zusätzlich zu dem, den ich schon hatte.«
Ron nickt. »Und Phil?«, fragt Ron nach und legt seine Arme um ihren Körper und verteilt kleine Küsse auf ihrem Hals.
Sage schluckt schwer und windet sich aus seinem Griff. »Phil«, beginnt sie leise und meidet es den Mann anzusehen, der sich vor sie stellt. »Wir waren Freunde.«
»Du redest nie über Phil«, überlegt Ron. »So gute Freunde könnt ihr ja dann nicht gewesen sein.«
Noch immer meidet es Sage ihrem Freund in die Augen zu sehen und greift nach dem Brot, um dieses auf den Tisch zu stellen. Auf Rons Aussage geht sie auch nicht ein.
Ron mustert seine Freundin kritisch und zieht die Augenbrauen hoch. »Sage«, meint der Mann leise und geht auf sie zu. »Zwischen dir und Phil lief doch nicht etwa mal was, oder?«
Sage hält in ihrer Bewegung inne und schaut den Mann entschuldigend an. »Oh, mein Gott«, sagt er fassungslos und fährt sich mit den Händen durchs Gesicht. »Deswegen besuchen wir deine Familie nie, oder?«
»Ron«, beginnt Sage und geht auf den Mann zu, doch dieser schüttelt den Kopf und entfernt sich von ihr. »Nein, nichts Ron«, sagt er aufgebracht. »Du liebst ihn noch, habe ich recht? Deswegen willst du nie nach L.A., oder?«
Kein Wort kommt über Sages Lippen, was Ron auflachen lässt. »Natürlich tust du das. Ich habe recht«, sagt er fassungslos. »Liebst du mich überhaupt?«, fragt er sie nun lauter, was Sage zustimmend nicken lässt. »Natürlich tu ich das.«
»Aber nicht so, wie Phil«, stellt er fest, was Sage wieder nicken lässt. »Es tut mir leid.«
»Wir haben uns gestritten«, erzählt Sage ihrem Bruder die Kurzfassung. »Er konnte mir nicht mehr vertrauen, weshalb wir erst einmal nur eine Pause gemacht haben.«
Doug hört seiner Schwester zu und nickt. »Aber auch nach zwei Monaten Beziehungspause wurde es nicht besser. Wir haben uns schließlich getrennt«, erzählt sie ihm.
Sie zuckt mit den Schultern, da sie nicht weiß, was sie sonst tun soll. Doug betrachtet seine Schwester besorgt. »Hat er dir was getan? Betrogen?«
»Nein«, sagt Sage direkt und schüttelt den Kopf. »Er hat mich nicht betrogen.« Doug macht den Mund auf und will was sagen, doch da geht Sage schon dazwischen. »Und ich habe ihn auch nicht betrogen.«
»Aber du sagtest doch, dass er dir nicht mehr vertrauen konnte«, gibt Doug ihre Worte wieder. Sage presst ihre Lippen aufeinander. »Ich habe ihm nicht die Wahrheit gesagt, das ist alles«, erwidert Sage.
»Aber bei was hast du ihm nicht die Wahrheit gesagt?«, hakt Doug nach, was Sage frustriert, seufzen lässt. »Ich habe nicht nur Ron geliebt.«
Doug schaut seine Schwester mit großen Augen an. »Sage«, sagt er überrascht.
»Ich hatte keinen anderen«, erwidert Sage und verdreht die Augen. »Wirklich« fügt sie hinzu, als sie den Blick ihres Bruders auf sich spürt. »Die erste Liebe vergisst man halt nicht so schnell.«
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