⚠️ Triggerwarnung: Erinnerung einer Vergewaltigung, Selbstverletzung, Erwähnung von Suizid ⚠️

"Es war kurz vor meinem dreizehnten Geburtstag gewesen. Die Freundin meines fünf Jahre älteren Bruders war dagewesen und alles schien wie immer gewesen. Sie gab mir regelmäßig Mathenachhilfe und an sich war sie immer nett und ich hab mich gut mit ihr verstanden... Vielleicht sogar ein bisschen zu nett, wenn ich so darüber nachdenke und auf die Zeit zurückblicke... Jedenfalls war der Tag anders gewesen. Ich hatte meine Sporttasche vergessen gehabt, die Hälfte meiner Hausaufgaben lag auf meinem Schreibtisch und dementsprechend hab ich eine schlechte Note bekommen... Als wollte mir der Tag sagen, dass ich heute besonders achtsam sein sollte.

Wir haben für Mathe gelernt, wie jeden Mittwoch, aber an dem Tag schien sie ein bisschen mehr auf Körperkontakt aus zu sein, was ich nicht hinterfragt habe. Anfangs war es nur mein Arm, meine Wangen und meine Haare, aber irgendwann war es doch mehr, als eigentlich erlaubt war...

Irgendwann hat sie mich an Stellen angefasst, an der die Freundin deines Bruders dich eigentlich nie hätte anfassen sollte. Auch sonst niemand in dem Alter. Und ich hab sie immer und immer wieder darum gebeten, dass sie mich in Ruhe lassen soll und hab, als sie weitergemacht hat, mich sogar versucht zu wehren. Aber ich hatte nicht so viel Kraft, wie sie es hatte. Ich war immerhin zwölf und hatte nicht sofort verstanden, was abging...

Sie war so schwer und ihr Gewicht hat mich nahezuerdrückt. Mir die Luft genommen. Ich hab gedacht, dass ich ersticke, wenn sie nicht von mir ablässt. Irgendwann hat sie mir den Mund zu gehalten und meine Handgelenke nach oben gedrückt, dass ich mich gar nicht mehr wehren konnte. Ich konnte nicht mal nach Hilfe rufen, weil sie so stark war... Deswegen darf mich niemand an meinen Handgelenke oder überhaupt an meinen Händen anfassen. Auch Seungmin nicht... Ich bekomme Panik, denn ich denke, dass mir das gleiche direkt nochmal passiert, obwohl es absurd ist. Mit seinem Partner Händchen zu halten, ist doch etwas vollkommen Normales und trotzdem kann ich nicht, ohne diese Bilder immer wieder hervorblitzen zu sehen...

Ich hab zwei Jahre lang die Sache totgeschwiegen, weil die Freundin meines Bruders gehörte immerhin zur Familie und es wäre meine Schuld, wenn das ans Licht käme. Ich dachte, ich wäre der Schuldige und nicht sie. Immer wieder habe ich versucht es zu verdrängen, aber jedesmal, wenn mir Freunde noch so nahe kamen, tauchten die Bild vor meinen Augen auf und wieder habe ich dasselbe gefühlt, wie zu diesem Zeitpunkt. Selbst in meinem Schlaf hab ich es jedes Mal von Neuem erlebt und hab mich unter Schlafentzug gesetzt. Ich wurde immer schwächer und mir ging es immer schlechter... Ich hab jegliche Lebensfreude verloren und irgendwann konnte ich es nicht mehr ertragen, ich hab angefangen mich selbst zu verletzen, hatte recht schnell auch meinen ersten Suizidversuch, weil ich es nicht mehr aushalten konnte. Und dann ist alles ganz schnell ans Licht gekommen.

Zweieinhalb Jahre habe ich geschwiegen, ehe irgendjemand was mitbekommen hat. Aber es wurde alles schlimmer, statt besser. Ich hab den Fehler noch immer bei mir gesucht, obwohl ich das Opfer war. Ich werde nie eine richtige Beziehung führen können, wie ich es mir wünsche, weil sie mein Leben zerstört hat. Und noch immer kann ich damit nicht umgehen.

Aber egal welche vorm des Missbrauchs, wir sollten sie nie totschweigen. Denn erst wenn wir darüber reden, werden die Menschen aufmerksam und lernen zu verstehen, wieso wir so sind. Wie sehr man daran brechen kann und vielleicht werden sie es auch eines Tages verstehen, dass man oft die Schuld bei sich sucht, anstatt bei dem, der das verantwortet hat. Immerhin hätte man es selbst auch verbinden können, wenn man stark genug wäre.

Wir sind stark, Felix. Auch wenn wir das nicht sehen können. Aber wir haben es bis hierhin geschafft und wir werden es auch weiterhin schaffen.

Und manchmal müssen wir es uns einreden, damit wir es glauben."

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Wenn euch die letzten beiden Kapitel zugesetzt haben, ihr schlimme Gedanken habt, dann bitte redet mit jemanden. Schreibt mich an oder ruft die Nummer der Telefon Seelsorge - 0800 1110111 - an!

Ihr seid nicht allein!
You're strong and you're loved. I believe in you!