Gestresst drängte ich mich durch die Tribünen des Trimagischen Turniers, um Hermine und Ginny zu finden. Ich wollte mit ihnen sein, wenn Harry gegen den Drachen kämpfte. Denn ich hatte unglaublich Angst um ihn. Immerhin war er jünger als alle anderen Teilnehmer und nicht so erfahren. Meiner Meinung nach war es einfach nur unfair, den Vierzehnjährigen gegen siebzehnjährige und viel erfahrenere Zauberer antreten zu lassen. Die Gefahr, in die ihn die Leiter dieses Turniers somit brachten, war sehr hoch.

Vor einigen Wochen hatte das neue Schuljahr schon begonnen. Die zwei Schulen Beauxbatons und Durmstrang waren wegen des Trimagischen Turniers angereist. Für uns Hogwarts Schüler war dies eine sehr positive Überraschung gewesen. Auch ich hatte mich unglaublich gefreut, da ich mich möglicherweise mit den Franzosen und Bulgaren anfreunden würde.

Als Harrys Namen allerdings aus dem Feuerkelch gezogen worden war, war ich unglaublich schockiert gewesen und meine Freude war sofort verschwunden. Ich mochte den Brillenträger sehr, denn er war immer nett zu mir und er behandelte mich nicht wie die nervige, kleine Schwester seines besten Freundes.

Plötzlich stolperte ich, was mich aus meinen Gedanken riss. Verdammt noch mal, wieso zum Teufel war ich denn so tollpatschig? Wider meiner Erwartungen landete ich nicht auf den harten Tribünen, sondern wurde stattdessen von warmen Händen aufgefangen. Warme Hände, die gar nicht zu der meist kalten Fassade des Besitzers passten.

Ein Gefühl von Déjá-Vu überkam mich, als ich in vertraute tiefe, graue Augen blickte. Hinter diesen Augen verbarg sich ein heftiger Sturm, der über einem wilden Meer tobte. Der Sturm ließ Draco ganz kalt sein, doch in diesem Moment versuchten warme Sonnenstrahlen, durch die dichten Wolken zu durchdringen. Die Kälte, die der Sturm verursachte, zu bekämpfen. Doch wie brachte ich diese warme Seite aus Draco heraus?

Erneut durchfuhr mich dieses Kribbeln, das ich bereits bei der Quidditch Weltmeisterschaft gespürt hatte. Es war unbekannt und doch hatte ich eine Vermutung, was es bedeutete. In allen Büchern über Liebe, die ich so gerne las, kribbelte immer etwas in den Hauptcharakteren, wenn sie in jemanden verliebt waren.

Und ich schämte mich so sehr, dass Draco dieses Kribbeln bei mir verursachte. Wieso tat er es überhaupt? Ich kannte den Malfoy nicht einmal richtig.

„Danke", sagte ich, unfähig irgendetwas Anderes aus meinen Lippen zu bekommen.

„Kein Problem. Suchst du wieder mal deine Familie? Sie sind da drüben.", er zeigte auf Hermine, Ginny, Ron, Fred und George. Mir fiel ein Stein vom Herzen, ich hatte immerhin, ich würde sie nie finden.

„Danke Draco." Es war so schön, ihn mit seinem Vornamen anzusprechen. Draco. Lateinisch für Drache, was perfekt zu dem Sturm in ihm passte. Normalerweise beleidigte er jeden, der ihm in den Weg kam, so wie ein Drache jeden verletzte. Aber auch Drachen konnten manchmal ruhig sein, wenn sie unter den richtigen Personen - oder Tierwesen - waren.

„Gerne, viel Spaß!", sagte er und fügte noch mit einem listigen Grinsen hinzu, „Wie viele Galleonen wetten wir, dass Potter keine fünf Minuten aushält?"

„Draco!", entgegnete ich wütend. Aber ich musste akzeptieren, dass er meine Freunde einfach hasste. Immerhin verspürte ich dasselbe für seine.

Wir verabschiedeten uns und ich ging zu Ginny, Hermine, Ron, Fred und George.

„Da bist du! Wir dachten du hättest wieder mit Malfoy rumgemacht", scherzte Fred. Wenn er wusste, dass ich soeben mit genau dieser Person geredet hatte. Er würde mich - oder wohl eher Draco umbringen.

Nachdem Diggory gegen den Drachen gewonnen hatte, fiel mir der erste Stein vom Herzen. Als Fleur es schaffte, ein weiterer. Als Krum bestand, noch einer. Nun war mein Herz schon viel leichter.

Jetzt war nur noch Harry dran. Ich war vermutlich genauso nervös wie Ron und Hermine, die Händchen hielten. Bei dem Anblick musste ich schmunzeln. Denn ich wusste, dass Ron mehr als Freundschaftliches für Hermine empfand.

Harry kam herein. Wusste er, was er gegen den ungarischen Hornschwanz machen sollte? Ich hatte keine Ahnung. Hoffentlich. Tatsächlich nahm er seinen Zauberstab heraus, sagte irgendetwas und nach einiger Zeit flog sein Feuerblitz direkt in seine Hand. Er stieg auf und versuchte den Drachen abzulenken. Jetzt konnten wir nur noch hoffen, dass der Feuerblitz schnell genug war.

Ich drückte ihm so fest die Daumen, dass sie schon ganz taub wurden. Bestimmt wären sie blau, wenn ich sie anschaute. Aber meine Augen galten nur Harry, der tapfer gegen den Ungarischen Hornschwanz kämpfte.

Nach einiger Zeit ergatterte auch er das goldene Ei. Er hatte es meiner Meinung nach besser als alle anderen gemacht.

Alle Champions hatten es geschafft. Wir kreischten vor Freude, alle hatten überlebt!

Nachdem die erste Aufgabe geendet hatte, veranstalteten die Gryffindors eine Party in ihrem Gemeinschaftsraum. Ich durfte als einzige Schülerin eines anderen Hauses mitfeiern. Hermine, Ginny und ich saßen zu dritt in den weichen Sesseln neben des Kamins. Ein Feuer prasselte und füllte den in Rot dekorierten Raum in ein warmes Licht.

„Ich muss euch was erzählen", sagte ich.

„Was ist denn?", fragten Hermine und Ginny gespannt.

„Vor dem Match", erzählte ich vorsichtig, „Hat Draco mich aufgefangen, als ich gestolpert bin und dann hat er mir gezeigt, wo ihr seid."

„Was?", entgegneten die zwei entgeistert.

„Wieso ist er zu dir so...", Ginny suchte nach dem richtigen Wort, „...anders?"

„Das frage ich mich auch!", meinte ich.

„Ich glaube, er mag dich", sagte Hermine, "Und zwar mehr als freundschaftlich."

„Glaube ich nicht. Ich meine, wieso sollte er mich mögen? Ich bin eine Weasley und eine Ravenclaw", erklärte ich.

„Jedenfalls, du darfst nicht mehr mit ihm reden", warnte mich Ginny, „Falls er dich mag, du solltest nichts mit ihm eingehen. Er wird nicht gut zu dir sein."

Aber ein Teil von mir glaubte meiner Schwester nicht. Ich mochte den blonden, gutaussehenden Slytherin mehr, als es vielleicht gut war. Sein Sturm, der sich hinter seinen Augen erinnerte, faszinierte mich in einer Weise, die einfach nur falsch war. Und trotzdem mochte ich ihn, was mich total verwirrte.

Auf einmal ertönten ohrenbetäubende Schreie, als Harry das goldene Ei öffnete. Sofort machte er es wieder zu, damit nicht uns allen die Ohren abfielen. Im Gemeinschaftsraum brach verwirrtes Gemurmel aus. Was bei Merlins Bart war das gewesen?