The Cemetery


Zitternd vor Anspannung stand Jungkook auf und verliess sein Zimmer. Keiner kam ihm in die Quere, als der durchs Wohnzimmer hechtete und mit wuschigem Kopf aus dem Haus stürmte. 

Draussen war es dunkel. Als Jungkook anfing zu rennen, zischte er schmerzerfüllt auf. Etwas hatte ihm voll auf die Brust geschlagen. Erst im nächsten Augenblick realisierte er, dass er ja immer noch die Kamera um den Hals baumeln hatte. 
"Verdammt", fluchte er und kickte mit dem Fuss gegen einen alleinstehenden Briefkasten. "Fuck!", Tränen strömten ihm über die Wangen.

Scheppernd viel ein Schild zu Boden, auf dem in schnörkligen Buchstaben "Park" stand. Na toll, jetzt hatte er den Briefkasten seines besten Kumpels geschorttet. 

Der Schlag, den er auf die Brust bekommen hatte, war stark gewesen und schmerzte immer noch. Jungkook bemühte sich nicht einmal die Tränen wegzuwischen, sondern lief einfach weiter. Er hatte kein Ziel, er würde gehen, wohin auch immer seine Beine ihn tragen würden. 

Schlussendlich kam er an einer abgelegenen Bushaltestelle an. Weder wusste er wo er war, noch wie er wieder zurückkommen könnte also setzte er sich kurzerhand auf den Bürgersteig und starrte wie bessessen in die Dunkelheit. 

Eine etwas stärkere Biese fegte über seinen Kopf. Der Teenager zog die Beine eng an den Körper, die Hände legte er schützend um die Kamera. Eiskalt wie seine Hände waren, konnten sie nur mit Mühe den schweren Apparat festhalten. 

"Ich bin ein Psychopath", dachte er, "ich habe mich geschnitten, geritzt, das ist nicht normal!"

Seine Gedanken sammelten sich zu einem trüben Teufelskreis, aus dem es kein Entkommen zu geben schien. 

"Wieso bring' ich mich nicht einfach um?", fragte er sich, "mein Leben ist erbärmlich, ich bin erbärmlich." Es schien schon fast so, als würde er sich immer mehr von dieser Meinung überzeugten, weil er nichts anderes hatte, an dem er festhalten konnte. 
Aber er durfte nicht wie Taehyung enden, er wollte nicht seinen ganzen Körper verstümmeln. Bei seinem Freund hatte es ihn nie gestört, dass er zu 80 Prozent mit weissen Narben bedeckt war, aber er war nicht so schön wie Taehyung, er würde sich fühlen wie das hässliche Entlein.

Ein lauter Schrei zerriss die Stille. 

Der Schwarzhaarige brauchte einen Augenblick um zu bemerken, dass er gebrüllt hatte. Verzweifelt liess er seinen Kopf nach unten fallen und fasste sich mit den Händen in Nacken und Haare. Etwas ihn im verlangte von ihm sich wehzutun, dass er sich schnitt würde aber nicht reichen. Der 15-jährige verspürte regelrecht den Zwang dazu sich hier und jetzt zu töten.

"Bleib am Leben, du musst überleben"; hallte es in seinem Kopf auf einmal wieder. Das waren nicht seine eigenen Gedanken, auch keine Erinnerungen, das war er. 

"Geh weg!", schrie Jungkook in Tränen. Immer stärker fing er an zu weinen. "Es reicht mir verdammt nochmals! Mach das du wegkommst Taehyung! Du bist tot verdammt!", kreischte er. 

"Lass mich sterben! Bitte, lass mich einfach sterben verdammt nochmal!", schrie er sich die Seele aus dem Leib, "ich hab' es satt allein' zu weinen! Niemand versteht mich ihr verfickten Hurenkinder! Ich hoffe diese Welt verbrennt mit all den schrecklichen Menschen!"

Jungkook schluckte, sein Hals tat furchtbar weh von dem ganzen Geschrei. Wimmernd senkte er den Kopf und fing an noch heftiger zu weinen. 

"Was bin ich für 'ne Lusche geworden", warf er sich vor, "ich bin so schwach! Jetzt sitzte ich hier und muss allein' weinen."

Bei seinen letzten Worten riss er schnell den Kopf hoch. Die Flüssigkeit lief ihm von der Nase runter auf die Lippen. "Wasser", dachte er. Im nächsten Moment rauschte es und der Regen prasselte nur so auf ihn herap. 

"What the heck", staunend blickte der Junge nach oben. Der Regen schwemmte seine Tränen regelrecht weg, er weinte immer noch.

"Du bist nicht allein, niemals", flüsterte die bekannte Stimme in seinem Kopf.

Auf einmal durchbrach ein gleissend heller Blitz die stockdunkle Nacht. 

Jungkook zuckte zusammen, denn der weisse Strahl war nicht weit von ihm entfernt in einen Baum eingeschlagen, den er in der Dunkelheit nicht gesehen hatte, dieser jedoch hatte nun angefangen zu brennen.  Das Feuer war zu weit weg, als dass es für den Jungen gefährlich werden könnte, aber die Wärme reichte knapp bis zu ihm. 

Mit grossen Augen blickte Jungkook um sich und realisierte nun auch endlich wo er sich befand. 
Er stand vor dem offenen Friedhof in der Nähe Seouls, der an den berüchtigten Gespensterwald grenzte.  Unzählige Gräber konnte er ihm flimmernden Licht des Feuers erkennen, hinter jedem Grabstein befand sich ein Hügel. 

Der 15-jährige musste bei dem anblick Schlucken. Er stand direkt neben dem Tor des Friedhofs, wo ein einzelner, etwas vereinsamter Grabstein in die Höhe ragte. Es schien, als wäre er vergessen gegangen, als hätte dieser Mensch keine Familie mehr, die auch seinen Überresten Ehre schenken konnten.  

"Jungkook!", erschrocken kreischte der Schwarzhaarige auf, als ihn etwas an der Schulter packte und kurzerhand umdrehte. Ein dunkelhaariger Lockenkopf stand keuchend vor ihm. "Du musst hier weg", sagte er ausser Atem, "du darfst nicht hier sein, Kooks." 
"Woher zum fick kommst du Taehyung!? Bist du mir bis hierhin gefolgt!?", fragte Jungkook mit verstörtem Ausdruck. 

Wurde er jetzt auch noch paranoid?

Taehyung antwortete nicht. Er legte seine Hände an Jungkooks Nacken und legte seine Lippen dann kurz, aber verlangend auf die des Jüngeren. Etwas verwirrt erwiederte der Schwarzhaarige, bevor sich sein Freund auch schon löste und ihn mit angsterfüllten Augen anblickte. 

"Wieso bist du hierher gekommen?", fragte Taehyung besorgt. Angespannt biss er sich auf die Lippen.  "I-ich", stotterte der Jüngere. "Hier ist es zu gefährlich für dich", sagte der Lockenkopf schon fast flehend. "Wieso?" Keine Antwort. "Baby, bitte sag mir was los ist, ich hab' das Gefühl verrückt zu werden", gab Jungkook zu und blickte ihn erwartend an.  

"Es ist hinter dir her", hauchte Taehyung. Seine tiefe Stimme klang so unheilvoll, dass dem Jüngeren ein kalter Schauer über den Rücken lief. 

"W-was? Was ist hinter mir her!? Taehyung, Baby rede mit mir verdammt!", schrie Jungkook verzweifelt, "ich will endlich antworten!" Tränen liefen ihm über die Wangen. 

Erschrocken fuhr er zusammen als er ein lautes Kreischen vernahm. Es war eine hohe Männerstimme gewesen, nicht seine eigene. Jungkook ging hastig ein paar Schritte nach hinten und prallte gegen Taehyungs Brust, der ihn um die Taile packte und wieder zu sich umdrehte. 

Ein zweiter Schrei verriss die Stille, lautes Knacken von Knochen. 
Jungkook suchte alamiert die Gegend ab. Ein Schatten huschte im Halbdunkeln zwischen den Gräbern umher. Ein fürchterliches Gelächter drang an sein Ohr. Der Junge hatte das Gefühl, der Wahnsinn höchstpersönlich würde ihn holen. 

Mit funkelnden Augen sah Taehyung den Schwarzhaarigen an, der seine Tränen wieder nicht unter Kontrolle bekam. Pure Furcht spiegelte sich in seinen panisch leuchtenden Augen wieder. 

"Der Tod wartet auf dich Jeon Jungkook", kicherte eine hässliche Stimme. Der Schatten wurde schneller, kam näher. 

"Ich liebe dich", flüsterte der Dunkelhaarige mit zitternder Stimme. 

"Lauf!", schrie Taehyung panisch.


 "Lauf um dein Leben!", brüllte er.


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