XXVI. Geständnis
„Vielleicht würde dir etwas Schlaf gut tun. Du hast in den letzten Tagen ununterbrochen gearbeitet", sagte Erziraphael und hob seine Hand, um Crowley's Kopf zu streicheln.
Es könnte Einbildung gewesen sein, aber er hätte schwören können, dass er Crowley bei dem Kontakt schnurren hörte.
,,Wenn du willst, könnte ich mir ein oder zwei Bücher aussuchen und wir könnten uns hinlegen."
Crowley nickte leicht und rollte sich dann komplett um Erziraphael's Schultern, damit der Engel aufstehen konnte.
,,Gibt es einen Grund, warum du heute eine Schlange sein wolltest?", fragte der Engel und versuchte, neugierig und nicht besorgt zu klingen, während er seine Bücher durchstöberte.
,,Ich möchte nicht, dasss du sssie siehssst", flüsterte Crowley.
,,Aber wieso denn, Crowley?"
,,Mein Flügel wird schwarzzz, Engel ..."
Aziraphale verspürte eine seltsame Mischung aus Erleichterung und Enttäuschung. Er war froh, dass Crowley's Flügel wieder dieselbe Farbe annahmen, wohl wissend, dass der weiße Flügel den Dämon ein wenig abschreckte. Doch unbewusst hatte er gehofft, dass die weißen Federn ein Zeichen dafür waren, dass der Allmächtige Crowley eine Erlösung anbot. Erziraphael hatte sich gewünscht, dass Crowley nach dem, was er durchgemacht hatte, zu den Engeln zurückkehren könnte, aber offensichtlich war das nicht der Fall. Crowley, dachte er, könnte sich in demselben Dilemma befinden - nicht sicher, ob er glücklich oder traurig sein sollte.
,,Das ist doch großartig?", zwang sich Erziraphael zu sagen, als er ein Buch aus dem Regal zog. ,,Du wirst in kürzester Zeit zu deinem alten Selbst zurückkehren. Es besteht kein Grund, sich zu schämen."
„Wenn du esss sagssst", meinte Crowley und schlang seinen Körper um Erziraphael's Brust. Ja, das sollte definitiv eine Umarmung sein - obwohl der Engel wusste, dass sein Freund es niemals zugeben würde.
„Okay, ich habe mein Buch. Legen wir uns oben hin. Soll ich Tee kochen, bevor du schläfst?"
„Nein… ich möchte gleich schlafen."
Also trug Erziraphael ihn wieder die Stufen hinauf und legte sich mit Crowley in das breite Bett. Sie lagen ungefähr eine Stunde zusammen, bevor Crowley sich wieder in seine menschlich aussehende Form verwandelte; eines seiner Beine über Erziraphael's und einen Arm um seine Taille gewickelt. Sein Kopf war auf Erziraphael's Schulter und aus irgendeinem Grund fühlte sich der Engel, als ob sein Herz einen Schlag aussetzen würde. Crowley hatte seine Flügel ausgestreckt, der schwarze Flügel drückte sich gegen die Matratze und der weiße - hier und da mit kleinen, neuen schwarzen Federn gesprenkelt - streckte sich zur Decke aus. Zwei weiße Federn schwebten hinab, als er die Flügel geöffnet hatte und Erziraphael musste wegsehen.
,,Du scheinst dich wohl zu fühlen", kommentierte Erziraphael und rutschte ein wenig unter dem neuen Gewicht hin und her.
„Meine Flügel fühlen sich merkwürdig an", murmelte Crowley - nun wieder mit normaler Stimme. Sein Blick war auf Erziraphael's Hand gerichtet.
,,Du willst, dass ich es tue ... nicht wahr?"
,,Nun, das musst du nicht", sagte Crowley und sein Flügel begann sich auf dem Bett und Erziraphael's Körper niederzulegen.
,,Ich habe nicht gesagt, dass ich nicht würde“, erwiderte der Engel und streckte seine Hand aus, bis Crowley seinen Flügel nach vorne zu seiner Handfläche brachte. Sein Herz setzte immer noch einen Schlag aus, als er begann, die Federn zu streicheln. Crowley schloss die Augen und summte vor Vergnügen.
,,Bist du froh, dass sie schwarz sind?", wollte Erziraphael wissen.
Crowley summte weiter und drückte seinen Körper ein wenig näher.
„In Schwarz siehst du besser aus“, fügte der Engel hinzu. ,,Ich liebe deine schwarzen Federn."
,,Sagst du das nur, damit ich mich nicht schlecht fühle, wenn Gott mich wieder verlässt?"
„Gott verlässt dich nicht wieder", sagte Erziraphael und zupfte an einer der weißen Federn.
„Warum werden sie dann schwarz? Mir wurde doch vergeben ... Es war ein weißer Flügel. Ich bekam einen weißen Flügel und jetzt -"
,,Crowley ... die Federn ... "
Erziraphael seufzte und fuhr ein letztes Mal mit seinen Fingern durch die langen Federn. ,,Es sind meine Federn. Deshalb sind sie weiß."
Im nächsten Moment war Crowley's Kopf von seiner Brust entfernt - seine Gliedmaßen zogen sich zurück und sein Flügel schoss zurück zur Wand.
„Was meinst du? Wovon redest du?"
,,Ich ... ich weiß nicht ... ich war verärgert, als du gegangen bist, und ich hatte ... einen Wortwechsel mit dem Allmächtigen. Eigentlich ein einseitiger Austausch. Wie auch immer ... Nachdem du gegangen bist, sagte ich, dass ich meine beiden Flügel geben würde, damit du deinen zurückhaben könntest. Und siehe da -"
,,Nein", stieß Crowley aus und verzog entsetzt das Gesicht.
,,Das hast du nicht ... Erziraphael, bitte sag mir, dass dies ein Witz ist. Bitte sag mir, dass du deine Flügel nicht für mich aufgegeben hast."
Es war genau wie bei den Bonsai-Bäumen im Gewächshaus. Crowley's Maßstäbe für das, was Erziraphael verdiente, waren so weit von der Norm entfernt, dass nichts außerhalb der absoluten Perfektion würdig sein konnte. Es war egal, ob verwelkte Blätter mit der richtigen Sorgfalt geheilt werden konnten - es war egal, ob die Federn da waren, aber die falsche Farbe. Wenn es nicht absolut perfekt war, war es es nicht wert. Crowley sah sich nicht als würdig an.
,,Ich habe meine Federn nicht verloren. Ich habe sie dir gegeben, weil ich wollte, dass du glücklich bist.
Da war wieder dieser gewisse Glanz in Crowley's Augen und seine Flügel pulsierten langsam mit nervöser Energie hin und her. Ein Teil von Erziraphael erwartete, dass Crowley sich wieder in eine Schlange verwandeln und flüchten würde, aber stattdessen schüttelte er nur fassungslos den Kopf und wandte den traurigen Blick ab.
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top