Hinterlist

Luxe

Am nächsten Morgen quälte ich mich eher schlecht als recht um acht Uhr aus dem weichen Bett.

Aber naja, was tat man nicht alles, um einen genialen Plan zu verwirklichen. Unter der Dusche, unter welcher ich mich mental auf den Tag vorbereitete, ging ich nochmal meinen Plan durch.

Schritt 1: mich bei den McLaneys unbeliebt machen. √

Schritt 2: mich bei der ach so tollen Gemeinde beliebt machen.

Schritt 3: den McLaneys richtig viel Ärger bereiten.

Schritt 4: Dafür sorgen, dass ich hier schnellstmöglich weg komme.

Ich war mir zwar noch nicht ganz sicher, wann ich mit welchem Schritt beginnen würde, aber eins war sicher: Ich würde den Plan in die Tat umsetzen und, wie bei meinen anderen Plänen auch, als Sieger vom Platz gehen.

Zufrieden mit meinem Plan trat ich aus diesem Paradies hinaus und trocknete mich ab. Dann schlang ich mir das Handtuch um die Hüfte, föhnte meine Haare und beeilte mich, in mein Zimmer zu kommen.

Dort begann ich in dem Kleiderschrank zu wühlen, um ein kirchentaugliches Outfit zu finden. Es dauerte nicht lange, da hatte ich, wonach ich suchte. Mit einem zufriedenen Grinsen schlüpfte ich in Boxershorts, eine schwarze, enge Jeans und ein dunkles Hemd.

Als nächstes schnappte ich mir das wichtigste: Ein kleines, helles Kreuz aus weißgold mit einem passenden Kettchen. Während ich das Accessoire anzog, dachte ich wehmütig an den Vorbesitzer.

Die Kette hatte meinem Vater gehört, von dem ich sie geerbt hatte. Die Kette hatte für ihn viel bedeutet, da er sie von meiner verstorbenen Großmutter zu seiner Konfirmation bekommen hatte.

Ich schob den Anhänger vorsichtig zurecht und öffnete einen zusätzlichen Knopf meines Hemdes. Jetzt lag das Kreuz auf meiner nackten, tätowierten Brust, direkt über einem kleinen, schlafenden Drache. Während ich mich noch im Spiegel musterte und meine Haare kämmte, beschloss ich, die Kette fortan immer zu tragen. Mein Vater hatte es schließlich auch immer so gehalten.

Dann, um etwa 8:45 Uhr, schlurfte ich müde die Treppe runter. Fast als hätte irgendeine höhere Macht mich gesegnet, begannen die McLaneys gerade zu frühstücken. Nicht, das ich die Familie plötzlich mochte, ich hatte nur einen unglaublichen Hunger und keine Ahnung, wo was in der Küche zu finden war.

So ließ ich mich auf den freien, schon gedeckten Platz, neben Rhyse fallen und brummelte ein „Morgen" in meinen nicht vorhandenen Bart. Man, ich war ja heute richtig gut drauf!

„Gut das du da bist Luxe. Ich wollte Rhyse gerade hochschicken."

Ich nahm Linas freundliche Worte mit einem schweigenden Nicken zur Kenntnis und bediente mich dann, wie der Rest der Familie, an dem üppigen Sortiment am Tisch.

Keine Viertelstunde später hatte ich drei Brötchen mit Nutella, Honig, Erdbeermarmelade, Erdnussbutter, Gouda und Salami verdrückt. Natürlich pro Brötchenhälfte nur eine Sorte. Ich hatte schon genug Leute getroffen, die die verrücktesten Varianten zusammenwarfen.

Dabei hatte ich zwei Tassen Kaffee getrunken und fühlte mich endlich wie ein Mensch. Linas Blick bei den Massen an Essen, die ich gegessen hatte, war wirklich lustig. Naja, wenn man ein Brötchen aß und einen halben Kaffee trank war es wohl verwunderlich, wenn jemand so viel aß.

Als ich jedoch auch Toms und, zu meinem besonderen Leidwesen, Rhyse' Blicke auf mir spürte, konnte ich mir eine spöttische Frage nicht mehr verkneifen: „Was? Ich hatte gestern nur ein halbes Rumpsteak. Der Tag reicht mir als Diät vollkommen."

Mit meinen Worten, die Lina etwas schuldbewusst dreinblicken ließen, schien ich etwas bei Tom wach gerüttelt zu haben. Der Mann setzte sich etwas auf und blickte neugierig in meine Richtung. Oh Oh.

„Wo wir schon von gestern reden, weshalb warst du eigentlich so spät bei der Familie Peterson?"

Ich zuckte mit den Achseln.

„War noch bei meiner Ex. Warum?"

Tom lehnte sich kopfschüttelnd zurück und meinte nur, plötzlich desinteressiert: „Ist nicht so wichtig."

Ich zog eine Augenbraue in die Höhe, sagte aber ausnahmsweise nichts. Stattdessen stand ich auf, schnappte mir aus reiner Gewohnheit meinen Teller und brachte ihn in die moderne Küche. Dort räumte ich ihn sogar noch in die Spülmaschine ein, dann reichte es aber mit Höflichkeit. Nicht, dass diese Leute noch dachten, ich wäre gut erzogen. Das würde ihr gesamtes Weltbild zertrümmern.

Ohne nochmal zu den McLaneys in das Esszimmer zu gehen, sprang ich die Treppe hoch steuerte auf das Bad zu. Dort putzte ich meine Zähne und ging aufs Klo. Danach wanderte ich wieder gemächlich in mein Zimmer.

Dort machte ich meine Stereoanlage an, es lief gerade auf einer von mir zusammen gestellten Playlist Livin on a Prayer von Bon Jovi. Mit dem Track einigermaßen zufrieden blickte ich auf mein Handy und verzog das Gesicht.

Seit gestern hatte ich 45 verpasste Anrufe von Leyla. Verdammt, verstand die ein 'Es ist Schluss' nicht, wenn das jemand zu ihr sagte? Schnaubend schleuderte ich das Smartphone wieder auf mein Bett und vertrieb mir die Zeit, bis wir zur Kirche gingen, damit meinen Kleiderschrank etwas zu sortieren.

Zuerst kam alles raus, dann wurde es auf Stapel sortiert. Sobald ich alle Stapel hatte, begann ich mit aufhängen. Erst weiße Hemden und Jacken, dann hellere, als nächstes dunklere und schlussendlich schwarze. Schwarze Hemden und Jacken hatte ich überwiegend, wie mir mal wieder schmunzelnd auffiel.

Als nächstes kamen die Hosen, Unterwäsche, Socken, Pullis und Tshirts. Ich war gerade bei der Hälfte meiner Klamotten angekommen und gab lauthals American Idiot von Green Day zum Besten, da unterbrach ein lautes Räuspern meine entspannte Phase.

Seufzend drehte ich mich zur Tür und funkelte Rhyse genervt an. Dieser jedoch hatte nur Augen für meine Klamotten.

„Wie viel Kleidung hast du bitteschön?", wollte er schließlich entgeisert wissen.

Ich verdrehte die Augen und pustete mir eine Strähne aus der Stirn, die etwas zu lang war und mich schon die ganze Zeit über nervte.

Dann antwortete ich lässig: „Ich weiß ja nicht wie du Typen siehst, aber es ist durchaus möglich so viele Sachen zu haben. Ist besser als immer dasselbe zu tragen. Was machst du eigentlich hier?"

„Ich sollte dich holen, wir wollen los."

Mein Blick glitt zur Uhr. 9:45 Uhr. Ich nickte und stand langsam auf. Provozierend langsam schaltete ich nun auch die Stereoanlage aus - Sie hatte mittlerweile zu Basket Case von Green Day geschaltet - und trottete die Treppe hinunter.

Natürlich hatte ich vorher Handy und Kopfhörer eingepackt. Nicht, dass ich mich noch mit jemandem unterhalten müsste. Unten schlüpfte ich in dunkle Turnschuhe und meine Lederjacke und schloss die Haustür hinter mir. Dann schlurfte ich zu dem bereits wartenden Wagen und setzte mich nach hinten neben Rhyse.

Gott sei Dank war die Rückbank groß, so hatte ich mehr als genug Platz und musste nicht ständig Rhyse berühren. Allein der Gedanke daran jagte mir einen Schauer den Rücken hinunter. Nach etwa 5 Minuten unterhaltsamer Stille kamen wir an.

Warum zum Teufel sind wir überhaupt gefahren?, fragte ich mich im Stillen. Ich meine, Tom und Lisa waren für das Stückchen noch fit genug und über Rhyse musste ich ja überhaupt nicht reden. Kopfschüttelnd stieg ich aus und folgte langsam den McLaneys zu der hellen Kirche. Dabei entging mir nicht, dass Rhyse ein bis zweimal in meine Richtung schaute.

Als er es auf dem kurzen Stück ein weiteres Mal machte zeigte ich ihm meinen Mittelfinger und hatte nach einem genervten Blick seinerseits Ruhe. Man, ging der Idiot mir auf die Nerven.

Durch unsere leichte Verspätung, wir hatten kurz nach zehn, bekamen wir gerade noch Plätze ganz hinten, aber das machte mir herzlich wenig aus. Ein größeres Problem hatte ich damit, dass ich mich entscheiden musste, ob ich einer älteren Dame oder Rhyse auf die Pelle rücken sollte.

Und die Entscheidung fiel mir verdammt schwer. Auf der einen Seite hatte ich beschlossen, dass ich Rhyse wegen diesem seltsamen Kribbeln aus dem Weg gehen sollte. Auf der anderen Seite sah die Frau so streng aus und hatte viel zu viel Parfum drauf. Außerdem roch sie nach alten Leuten.

Nach 10 Minuten unruhigem umher Gerutsche und strengen Blicken der überparfümierten Dame neben mir rutschte ich näher zu Rhyse. Er war dann doch das kleinere Übel. Tatsächlich roch er auch um einiges besser. Nach Wald und... Okay, jetzt war nicht der Zeitpunkt, um über Gerüche nachzudenken.

Besonders da ich so in Gedanken versunken gewesen war, dass ich nicht bemerkt hatte, das alle zum beten aufgestanden waren. So musste ich nun ganz langsam und unauffällig aufstehen und hoffen, dass niemand es bemerkt hatte.

Dem war glücklicherweise auch so und ich überstand diesen unglaublich langweiligen Gottesdienst. Sobald die ersten gegangen waren und die McLaneys sich auch aus der Reihe bequemt hatten, stürzte ich zur Tür. Am Weg warf ich noch zehn Cent in den Klingelbeutel, ich war ein absoluter Wohltäter, und lief auf schnellstem Wege zum Auto.

Dort angekommen drehte ich mich um und entdeckte die drei in einer Gruppe älterer Leute. Da konnte ich noch lange warte. Also zog ich mein Handy mitsamt Kopfhörern aus meiner Jackentasche, drückte die Ohrstöpsel in meine Ohren und hörte Musik.

I am nothing but a fool

Left my family for you

Drang die ruhige, fast schon traurige Stimme des so genannten XOV aus den kleinen Boxen und half mir dabei, mich zu beruhigen. Weshalb ich überhaupt durch den Wind war, wusste ich nicht.

Kopfschüttelnd lehnte ich mich an das Auto und beobachtete Rhyse. Warum zum Teufel konnte ich mich in seinen Augen verlieren? Das klang so unglaublich kitschig, genauso wie die Sache mit den Schmetterlingen in Bauch.

Er sah schon gut aus. Und er war intelligent, wenn ich da meinem Instinkt richtig traute. Und er war freundlich. Er war alles, was ich hatte werden wollen. Ein guter Grund, um ihn zu hassen.

Er stellte den Typ dar, den meine Eltern sich immer als Sohn gewünscht hatten. Manchmal hatte Mum auch, um mich zu Ärgern, gemeint, sie könne sich so einen Mann auch als Schwiegersohn vorstellen, wenn aus ihrem mal nichts würde.

Damit hatte sie nur immer wieder einen Nerv getroffen. Einen Nerv, der mich immer mit einer gewissen Angst und Schuldbewusstsein zurück ließ. Zumindest, als ich älter war.

ABCDEFGHIJKLMNOPQRSTUVWXYZ

Kennt ihr diese Leute, die im Unterricht immer Gummis flitschen?

Ich ja. In Reli hab ich eins voll abbekommen. Unser Lehrer ist ausgerastet😂

Und ich kann nur noch mit rechts am Handy schreiben (bin Linkshänderin), weil ich 'ne Sehnenscheidenentzündung und deshalb ne fucking Bandage hab😐

Aber egal, ich hoffe das euch das Kapitel gefällt. Und danke für über 200 Reads💕

Over and Out, _Amnesia_Malum_

21/08/2019: Ich habe echt mal am Handy geschrieben. Die guten, alten Zeiten

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