IV
Der Himmel leuchtete hell über ihnen - all die Sterne, die sie nahezu jede Nacht auf hoher See erblickten - als Seonghwa vorsichtig San abwimmelte und sich zu seinen Liebsten legte.
Doch Hongjoong schaute gar nicht zu seiner Rechten. Seine Blicke hingen an der Schönheit des Himmels fest und die des ehemaligen Prinzen an seinem Versprochenen.
Vorsichtig glitt seine Hand zu der des Silberhaarigen, dessen Haare auf dem Boden verteilt waren. So lang waren sie, doch dennoch seidig und gesund.
Mit der Zeit jedoch wurden sie zu einem etwas dunklerem Grau, wahrscheinlich vermisste es seinen Haaren an der Sonne, denn der Herbst war früh angebrochen.
Liebevoll verschränkte der Park seine Finger mit denen seines Liebsten. Selbst diese kleinen Gesten machten ihn immer noch ganz aufgeregt, ließen ihn breit Lächeln so als wären sie frisch verliebt. Obwohl. Frisch verliebt waren sie nicht, doch ihre Liebe blühte in letzter Zeit immer mehr auf. Die Verlobung hatte den genau richtigen Zeitpunkt getroffen, den Zeitpunkt, wo ihre Herzen geöffnet waren.
Auch der Blick des Schwarzhaarigen wendete sich so langsam ab, doch nur für eine kurze Zeit, denn die leichten Sommersprossen auf der Nase seines Liebhabers musste er sich noch anschauen, sie näher analysieren, seinen hohen Nasenrücken bewundern, ihn bewundern.
Ohne dieses beruhigende Gefühl konnte der Park nicht mehr Leben: Das Gefühl zu wissen, dass Joong sicher war, bei ihm und es auch so verbleiben würde, es erfüllte ihn.
"Du bist das Schönste, was ich jemals beobachten durfte. Weißt du das?"
Eine Antwort kam nicht zurück. Stattdessen drückte der Kim seine Hand etwas, zeigte, dass er da war, ihn hörte und sah still zu ihm.
Ohne etwas zu sagen.
Mucksmäuschenstill.
Selbst ein Wimpernschlag sagte mit einer Absicht viel aus, seine Augen spiegelten in ihrem dunklen Dasein seine Liebe wieder.
"Komm her.", murmelte der Ältere als er sich in seine Arme warf, in seine Wärme.
Bei seinem Zuhause angekommen summte er zufrieden, ließ seine Hände über den Rücken des anderen gleiten, spürte die Arme seines Captains um sich.
"Mir ist nicht nach sprechen. Jedoch bemerke ich wie müde du schon bist. Schließe deine Augen für eine Weile. Bald, da sind wir unter dem Sternenhimmel unseres Heimatlandes.", schmunzelte er.
"Ich kann nicht."
Beide grinsten vor sich hin.
"Musst du unbedingt weiter starren?"
"Mein Starren ist existenziell, doch wieso hat sich dein Blick plötzlich so verändert? Es ist anders als vorher, doch ich beklage mich nicht, nein."
Kurz verweilte der Kim in Stille.
"...Niemals hatte ich gedacht, dass ich eines Tages einen Prinzen heirate."
"Prinz ist es ja nicht mehr ganz.", erwiderte der Park denn das alles hatte er für seine Freiheit hinter sich gelassen und um ehrlich zu sein war es auch längst überfällig gewesen.
"Das macht es noch tausend Mal besser. Besser, da du kein Teil mehr dieser Familie bist. Trotzdem empfinde ich mich der Rolle als Rebelle, in einem Märchen, der mit der Prinzessin durchbrennt, gleich."
"So war es ja auch.", kicherte Seongie, hielt seine Hand fest und blickte hinaus.
"Ich bin nicht einmal mehr der Bruder meiner Schwester....", bemerkte er. Seine Kindheit war hinüber nach der Realisation.
"Du bist, aber nun der Bruder aller, die auf dem Schiff sind und gewesen sind."
Ein leichtes Schmunzeln erschien auf den Lippen der 'Braut' des Piraten.
"Da hast du einen wahren Punkt gefunden, mein Liebster."
Ein Seufzen entkam seinen Lippen, nicht länger konnte er dieses in sich halten, doch es war in diesem Kontext eher erleichtert.
"Stell dir vor was passiert sobald sie übermorgen den Ring erblicken, wenn wir aussteigen."
"Es wird Klasse..."
"Auf jeden Fall."
Aufgeregt sahen beide einander an, bevor Joong die ganzen lieblichen Gesten etwas zu viel wurden, und er sich aufsetzte.
"Du solltest zu Bett gehen.", wiederholte der Kapitän und klopfte rhythmisch und auffordernd auf die Brust seines Liebsten.
Mit dem strengen Gesichtsausdruck, den er hatte gehorchte der Mann neben ihn ihm und erhob sich letztendlich. Den Silberhaarigen griff er an seiner Hand.
"Lass uns gemeinsam in unser Schlafgemach."
"Ich beabsichtete noch ein wenig hier zu bleiben. Wooyoung und San sind völlig erschöpft. Sie können den Dienst in diesem Zustand nicht übernehmen."
Ertappt schaute der Kim als er seine Gründe nannte.
"Immerhin sind wir der Grund ihres Feierns. Da übernehme ich es bei ihren Glückwünschen immer gerne."
"Aber-", fing der ehemalige Prinz mit seinen Worten an, verwarf seine Gedanken jedoch.
"Lasse mich zumindest an deiner Seite schlafen, auch wenn ich die Wache nicht übernehme. Oder nein ich mache sie mit dir."
"Das brauchst du nicht.", widersetzte Hongjoong sich und hielt die Hand seines Geliebten fest.
"Wirklich.", versicherte er ihm und lächelte ihn voller Liebe an.
Es war wieder der eine Blick, der dem Schwarzhaarigen so surreal erschien.
"Komm her.", murmelte dieser und zog den Kim etwas grob an sich.
Ein verwunderter Laut, verließ seine Lippen, doch Hongjoong ließ es zu und ließ auch zu, dass die Liebe seines Lebens ihre Münder mit einander verband. Ihr Kuss war zart, doch nicht sonderlich sanft, stattdessen voller Leben und Gefühlen. Diese liefen über, wie der Rum, der hier ach so oft über den Rand eines Glases schwappte, konnten sich nicht mehr versteckt halten.
Es erinnerte den Silberhaarigen an früher. An sein bald vergangenes altes Leben und an den großen Wendepunkt, der Tag an dem er Hwa traf und den selben Abend, wo er ihn küsste.
Nichts nahm er ernst, zog den Prinzen außerhalb in dieser einen Kneipe, die er schon längst hätte vergessen, ohne jegliches nachdenken, in einen Kuss.
Gefallen fand er damals bloß in seinem Aussehen, den Ellenbogen, die er locker auf der Theke abgelegt hatte und die Blicke, die er ihm schenkte. Sie waren nicht lüstern und unhöflich wie sonst, so wie er es zu der Zeit gewohnt war, doch stattdessen spiegelten sie die Einstellung des Gentlemans gegenüber dem Objekt seiner Begierde wieder.
Außerdem verzog er sein Gesicht an jenem Tag in einer so niedlichen Weise. Das Trinken wie ein Pirat war er immer noch nicht gewohnt, fand kein großes Gefallen daran, wie Yunho und Mingi, die selbst bei dem Geruch schlechte Erinnerungen hochkommen spürten.
"Küsse mich so wie damals. Damals als unsere Seelen noch so jung waren.", flüsterte der Kapitän gegen Seonghwas Lippen.
Die letzten Jahre waren unheimlich hart für die beiden Liebenden, ließen sie reifen von einem puren Grün zu einem lebhaften Bunt.
So viel Verrat hatte Seonghwa von seiner Familie gesehen, immenses Leid erfahren und vieles realisiert.
Die Ermordung seiner geliebten Mutter, der zweiten Frau des Königs, die aufgrund ihres nicht-adeligen Ursprungs verhasst war,
der Egoismus seiner Schwester und
die Aggression seines Bruders, der als Thronfolgers genau in die Fußstapfen seines Vaters getreten wäre, hätte das Volk dies nicht verhindert.
Den Dolch spürte er immer noch in seinem Bauch so als wäre die Wunde nie verheilt, die Angst spürte er sich immer noch in seinen Fingerspitzen aufstauen so als hätte Doyoung ihn erst gestern den pechschwarzen, laut atmenden Flur überlassen.
...Und Hongjoong?
Sein ganzes Leben war schon von Kindheit an mit nicht mehr als Gewalt und Leid gefüllt. Jeden Tag dachte er ebenfalls nach, sehr viel über das Vergangene und vergaß ab und zu durch sie sogar das Derzeitige. Seinen Brüdern, trauerte nach, trauerte nicht nur seinen Wunden sondern auch denen seiner Schwestern nach.
Früher, da waren sie die verlorenen Kinder, die nach einem Zuhause suchten.
Genauso wie Wooyoung und Yeosang, wie Jongho und San oder Mingi und Yunho.
Nun differenzierten sie sich ein kleines Stück von den Anderen, gingen einen anderen Weg. Statt Kindern waren sie junge Männer auf der Suche nach Anerkennung, mit ihrem Zuhause vergruben in ihren Armen. Bei den anderen war nicht unbedingt alles anders, sie strebten ebenfalls nach der Selbstverwirklichung, doch sehnten sich nach einem normalen Leben.
Nur waren es die zukünftigen Besitzer dieses Schiffes, das berühmte Dreierpaar, die diese Selbstverwirklichung anders antraten und sich das Reisen in den Kopf setzten.
"Noch zwei Tage...", murmelte Joong. "Dann sind es nur noch wir, ich und du. Und Jongho, doch dieser wird beschäftigt sein."
Auf eine unheimliche Weise fing sein Herz wieder an zu Schmerzen.
"Ich werde sie vermissen. Weinen werde ich jedoch nicht. Das kann ich ihnen nicht antun, geschweige denn mir selbst. Mein Leiden lenkt in einen Weg, dem sie - so wie sie es immer taten - aus Gewohnheit und tiefem Vertrauen folgen. Doch dieser ist bei ihrem Verlust so tief, dass er mich brennen lässt, so tief wie als ich meinen ersten Bruder leblos hielt in meinen Armen."
Tief atmete er durch.
"Gefühle sind nicht für meinen zierlichen Leib geschaffen."
"Dein sensibles Herz, meintest du bestimmt?", antwortete der ehemalige Prinz und ließ den Piraten nicken.
"Nie wollte ich es zugeben, doch zwei meiner Kinder habe ich schon verloren, meine kleinen Brüder, die an Höhe immer über mich reichten, mich übertürmten. Yunho und Mingi..." - "Komm her.", hauchte der Park, ertrug es nicht seinen Liebhaber mit dieser Trauer in seinem Gesicht zu betrachten, zu sehen wie seine Seele brannte, doch er wollte es doch genauso wie er selber...
Die Verwirklichung ihres Traumes erforderte Opfer.
Tief krallte der Kim seine Fingernägel in den hauchdünnen Stoff des Hemds seines Versprochenen und legte seinen Kopf vielleicht das erste Mal mit einem tränen-verschmierten Gesicht an seinem Schlüsselbein ab.
"Ich bin hier."
"Ich bin an deiner Seite und nichts wird das Versprechen, welches wir an unseren Ringfingern tragen, jemals brechen können."
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