Kapitel 11
„Professor, kann ich bitte kurz mit Ihnen sprechen?" fragte Avessa respektvoll und der hochgewachsene alte Zauberer, der von Nahem noch so viel beeindruckender war, als gestern Abend, wandte sich ihr lächelnd zu. Auch die Professoren Snape und Lupin sahen sie an, jeder mit deutlichem Interesse, was sie allerdings kaum bemerkte. Zu unruhig war sie durch das, was passiert war, auch wenn man ihr das kaum ansah, als sie erneut kühl, aber respektvoll lächelte und beeindruckt zu ihm aufsah.
Dumbledore kam die kleine Stufe hinab von dem Podest, auf dem der Lehrertisch stand, damit die Lehrer immer einen guten Blick über die Schüler hatten und sie bemerkte, dass er dies wohl unbewusst tat, um nicht so über ihr aufzuragen. Sofort spürte sie eine starke Sympathie für den Schulleiter und sah kurz zu ihren Brüdern, die dies wohl ganz anders sahen.
„Was kann ich für Sie tun, Miss Carrow?", fragte Dumbledore freundlich und sah sie über die Halbmondbrille mit deutlichem Interesse an. „Sie wirken ein wenig aufgewühlt." Avessa lächelte erneut verbindlich und straffte sich. „Ich würde gern die Möglichkeit eines persönlichen Gesprächs mit ihnen haben, Sir. Am besten heute und am besten so schnell wie es geht.", sagte sie, erneut mit Respekt in der Stimme, doch hörte man deutlich, dass sie es gewohnt war, Dinge einzufordern.
Der Schulleiter zog eine Augenbraue hoch und lächelte. Er betrachtete sie einen Moment, dann nickte er langsam. „Wie es der Zufall will, möchte auch ich gern mit Ihnen sprechen, Miss Carrow, daher schlage ich vor, dass Sie direkt mit mir zu meinem Büro kommen. Ich denke, es ist sinnvoll, wenn wir das gleich klären, damit... niemand länger warten muss." Er sagte es leichthin, doch schien er nicht nur sie beide zu meinen. Avessa wölbte eine Augenbraue und Erstaunen zeigte sich in ihrer Miene. „Ich...habe Unterricht." Sie deute auf ihren Plan und Dumbledore nickte.
„Welches Fach?" Avessa sah auf den Plan und zog eine Augenbraue hoch, lächelte dann aber kühl, wenn auch zufrieden. „Wahrsagen, Sir. Da wird es nicht schlimm sein, wenn ich etwas verpasse.", entkam es ihr ungewollt und sie errötete, als ihr klar wurde, was sie an ihrem allerersten Tag zu ihrem Schulleiter gesagt hatte.
Ein sehr kurzes amüsiertes Schnauben erklang und auch Dumbledore schmunzelte leicht, als wisse er um ihre Gedanken – und würde sie nicht missbilligen. Zu ihrer Überraschung wandte er sich kurz nach rechts und als sie dem Blick folgte, entdeckte sie Professor Snape, der zu ihnen sah. Sie zuckte leicht zusammen, hatte sie ihn zuvor nicht bemerkt und war erneut von dem intensiven Blick der schwarzen Augen etwas eingeschüchtert. „Wenn ich recht in der Annahme gehe, würde Ihnen Professor Snape in der Hinsicht wohl nicht wiedersprechen", sagte Dumbledore amüsiert und der Erwähnte wölbte eine Augenbraue.
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Er verfolgte den kurzen Wortwechsel zwischen den beiden und ihm fiel auf, dass auch Lupin dies tat. Seine Mundwinkel verzogen sich, als würde er leicht die Zähne fletschen. Wie er ihn verachtete. Zudem war er eine Gefahr für die Schule! Aber Dumbledore hatte nicht auf ihn gehört. Nun...er würde ihn im Auge behalten.
Als er die Aussage des Mädchens hörte, die von einer angenehmen Realitätsverbundenheit zeugte, entkam ihm ungewollt ein kurzer amüsierter Laut, den er sofort abbrechen ließ. Doch als sie so verunsichert wirkte, in dem Moment, indem sie seiner ansichtig wurde, lächelte er schmal und ohne Freundlichkeit. Er mochte, wie ihre Augen sich leicht weiteten, die Wangen etwas dunkler zu werden schienen und ihr Atem deutlich ein kleines bisschen schneller ging.
Er mochte es generell, diese Auswirkung auf Schüler zu haben, schürte es meist ein schlechtes Gewissen und Angst und so traute sich kaum noch einer, in seinem Unterricht Scherze zu machen. Natürlich bis auf die unseligen Zwillinge, die ihn viel zu sehr an zwei andere Querulanten erinnerte, mit denen er sich hatte rumschlagen müssen.
Doch bei ihr...war es mehr als nur die Freude, eine Schülerin einzuschüchtern. Zumal ihr Blick nun eher forschend und irritiert schien, als verschüchtert. Als würde sie etwas an ihm nicht verstehen. Es reizte ihn, in ihren Geist zu schauen, den er eh die ganze Zeit latent zu vernehmen meinte. Wahrscheinlich müsste er nur seine eigenen Schilde ein wenig senken, um genauer zu hören, was dieses Mädchen dachte. Es mochte beherrscht und ruhig wirken, was er durchaus schätzte, doch schien es in ihr zu brodeln und zum ersten Mal interessierte ihn derlei bei einer Schülerin.
Sein Blick ging zu dem Schulleiter, der ihn ungefragt mit in das Gespräch gezogen hatte. „Jeder vernunftbegabte Zauberer würde dieser Aussage wohl zustimmen, Schulleiter", schnarrte er in seinem gelangweiltsten Tonfall.
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Dumbledore nickte schmunzelnd und blickte wieder zu Avessa, die stumm den Zaubertrankprofessor betrachtete. Etwas an ihm irritierte sie zutiefst: Immer noch konnte sie keinerlei Emotionen an ihm wahrnehmen. Sie war es gewohnt, Menschen nicht nur aufgrund ihrer Aussagen, Mimik und Gestik einzuordnen, sondern ganz besonders aufgrund ihrer Gefühle. Sie wusste, wie diese empfanden und konnte daher ihre Einstellung ihr selbst gegenüber sehr gut einschätzen. Es hier nicht zu können, machte sie praktisch blind. Und verflucht unsicher.
„Nun, dann kommen Sie, Miss Carrow, damit sie so wenig wie möglich verpassen. Ich sage nur noch schnell Professor Trelawny Bescheid." Professor Snape erhob sich ebenfalls. „Das dürfte sie doch eigentlich bereits wissen...", kam es von der warmen Stimme Professor Lupins und Avessa musste lächeln, als er ihr zuzwinkerte. Sie nickte ihm und Professor Snape respektvoll aber knapp zu und folgte dann dem Schulleiter.
„Wir wollen ja nicht, dass Professor Trelawny sich Sorgen macht. Sie ist ein wenig...pessimistisch manchmal, was die Zukunft ihrer Schüler angeht", wisperte Dumbledore und gluckste, ihr zuzwinkernd. Sie blinzelte etwas argwöhnisch, war er so anders, als sie erwartet hatte. „Natürlich nicht, Professor Dumbledore." Sie passierten den Tisch der Gryffindors, doch waren ihre Mitschüler bereits zum Unterricht aufgebrochen.
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