ᴋᴀᴘɪᴛᴇʟ 6 - ᴄʟᴜʙʜᴏᴜsᴇ
Freya stieg seufzend aus der Dusche, wickelte sich ein Handtuch um ihre langen Haare und ein weiteres um ihren Körper. Sie rümpfte angewidert die Nase, als sie erneut den süßlichen Geruch von Vanille wahrnahm.
»Ach, ist ja widerlich«, raunte sie.
Sie lief durch das Badezimmer und griff nach ihrem Handy, welches auf dem Nachttisch lag. Ein breites Lächeln legte sich auf ihr Gesicht, als sie sah, wer ihr geschrieben hatte.
Tom. Ihr bester Freund. Sie kannten sich nun bereits zehn Jahre. Auch seine Kindheit war nicht die gewesen, welche man einem Kind wünschte, aber so fanden die beiden sich. Kämpften sich zusammen durch ihr Schicksal und so entstand auch zwischen ihnen ein Band, welches sich nicht zerstören ließ.
Freya legte sich auf das Bett und öffnete die Nachricht.
-Urlaub ist genehmigt. Ich komme Donnerstag Nacht an und kann bis Dienstag bleiben.-
Freya grinste über beide Ohren, während sie antwortete.
-Bei den Göttern, das ist die beste Nachricht seit Tagen. Du glaubst gar nicht, wie sehr ich mich auf dich freue. Ich hatte schon Angst, dass ich am Wochenende ohne dich trinken muss. –
Es dauerte nur Sekunden, bis sie Antwort bekam.
-Ich mich erst. Ich habe das Gefühl, dass wir uns seit Jahren nicht gesehen haben. Du fehlst mir und ich würde dich niemals allein bei dieser Party lassen. Ich breche doch keine Traditionen.-
Ein warmes Gefühl schlich sich durch ihren Körper, als sie seine Worte las.
-Ich vermisse dich auch. Ich muss los, gib mir Bescheid, wann ich dich vom Flughafen holen soll.-
-Mach ich. Sag allen liebe Grüße. Hab dich lieb, Kleine.-
Freya schickte ihm noch einen Kusssmile und rappelte sich dann aus dem Bett. Sie ließ ihr Handtuch fallen und ging zu ihrem Kleiderschrank. Wieder stand sie planlos davor und wühlte sich durch ihre schwarzen Klamotten. Sie stöhnte, denn das langweilte sie doch glatt schon wieder, dass sie sich nicht entscheiden konnte. Sie legte dann den Kopf schief und zuckte mit den Schultern.
»Ach Scheiß drauf«, sagte sie zu sich selbst, schnappte sich dunkle Unterwäsche, eine Jogginghose und ein schlichtes Top.
Niemanden würde es interessieren, wie sie rumrannte. Na ja, außer es wäre vielleicht ein Einhornkostüm und dann würde ihre Familie sie wahrscheinlich direkt einweisen lassen. Mit einer schnellen Bewegung band sie sich ihre Haare zu einem Dutt zusammen und schnappte sich im Vorbeigehen einen Hoodie.
Ihr dröhnte bereits Musik entgegen und dabei hatte sie ihre Zimmertür noch nicht mal richtig geöffnet. Liam stand also noch unter der Dusche und da sie neben den lautstarken Schlager auch seine Stimme hörte, würde es wohl noch dauern bei ihm.
Und, ja. Richtig gelesen. Schlager. Eine der Macken, die Freya ihm gern aus dem Leib prügeln würde, aber nicht durfte. Sie verstand es nicht. Nicht mal im Ansatz, aber solange er diese Vergewaltigung der Ohren nur unter der Dusche hörte, konnte sie es ignorieren.
Was eigentlich auch gelogen war. Aber ihm damit aufziehen funktionierte nicht, denn er schämte sich nicht dafür, also blieb ihr ja nur ignorieren.
Freya schüttelte den Kopf und schloss die Tür hinter sich. Auf ihn warten war keine Option, denn es würde noch ewig dauern, bis er endlich fertig war. Ja, an ihm ist eine erstklassige Frau verloren gegangen, zumindest was die Badezimmerzeiten anging.
Freya stieg die Treppen nach unten und da das Haus in völliger Stille lag, war Nora also noch nicht zurück und Jaxon wohl immer noch im Clubhouse. Und genau das war Freyas nächstes Ziel. Sie verließ das Haus über die Terrassentür und sofort drang der Geruch von verbranntem Holz in ihre Nase. Ein Lächeln legte sich in ihr Gesicht, als ihr Blick zum Clubhouse wanderte. Davor brannten zwei Feuertonnen und das Knistern des Feuers drang bis zu ihr. Sie lief langsam los und ließ ihren Blick über das Gelände gleiten.
Vor dem Clubhouse standen um die fünfzehn Bikes, was für einen Montagabend ungewöhnlich war. Wieder machte sich das komische Gefühl in ihr bemerkbar. Sie seufzte und rieb sich über die Schläfen. Was hatte sie erwartet? Immerhin waren die letzten zwei Monate völlig ruhig abgelaufen. Und Ruhe war nie gut, denn das hieß meistens, dass der nächste Sturm größer werden würde.
Sie lief an den Feuertonnen vorbei, die drei Holzstufen nach oben, auf die schmale Terrasse, welche sich einmal um das Clubhouse zog. Ihr Blick fiel auf den alten Ledersessel, der neben der Eingangstür stand. Er war leer. Sie runzelte die Stirn. Eigentlich saß da immer Jay.
Jay, das Urgestein des Clubs. Er war einer der Mitbegründer und war immer da. Er schlief im Clubhouse, er lebte in dem Clubhouse und er saß immer auf diesem Stuhl.
Ihre Hand wanderte auf die Klinke der Tür und sie drückte langsam die massive Holztür auf. Der Geruch von kaltem Rauch und abgestandenen Bier kroch ihr entgegen. Freya rümpfte die Nase.
»Bei den verfluchten Göttern lüftet gefälligst mal«, raunte ihre Stimme durch den Raum.
Sofort drehten sich drei Köpfe zu ihr. Doug, der hinter der Bar stand, grinste sie breit an.
»Kann auch eine Duftkerze anbrennen«, erwiderte er.
Freya zog eine Braue nach oben und sah ihn fassungslos an.
»Witzig, Kleiner«, sagte sie sarkastisch und trat in den Raum.
Jeder wusste, dass sie diese stinkenden Dinger hasste. Dann lieber Motoröl oder Benzin.
Sie lief kopfschüttelnd auf ihn zu und grüßte dabei die anderen beiden. Es waren die Prospects, die Doug am Nachmittag zur Verzweiflung gebracht hatten. Na ja, und ansonsten war niemand weiter hier.
Der Clubraum lag gespenstisch leer vor ihr. Die Sitzecken, welche alle aus einem Tisch und schweren Lederhockern bestanden, lagen, verweist in den nebligen Ecken und selbst die Bar, die sich direkt vor ihr erstreckte, wirkte etwas trostlos.
Freya setzte sich auf einen der Barhocker und Doug sah sie an.
»Bier oder Whiskey?«, fragte er.
Freya sah hinter die Theke.
»Bier oder nein, lassen wir das. Whiskey«, verbesserte sie sich.
Doug nickte nur und schon griff er nach der Flasche, goss etwas davon in ein Glas und schob es ihr über die Theke.
Freya lächelte ihn an.
»Danke und jetzt sag mal, wo sind denn alle?«, fragte sie.
Er seufzte und sah zu der Tür, welche rechts von ihnen lag. Freya folgte seinem Blick und als sie sah, wo genau er hinsah, rieb sie sich über den Nacken.
Only Members, stand auf einem Schild an der Tür.
»Sie haben Sitzung?«, fragte sie und starrte dabei auf die Tür.
»Ja«, erwiderte Doug knapp.
Nicht gut. Gar nicht gut. Freya nahm einen weiteren Schluck Whiskey, doch selbst das Brennen in ihrem Rachen und das warme Gefühl, welches sich in ihrem Magen ausbreitete, konnte nicht verhindern, dass sich ihre Nackenmuskulatur sofort anspannte. Sitzungen fanden immer mittwochs statt und das konnte nur eins bedeuten. Ärger und bei ihrem Glück, wahrscheinlich so richtigen.
Doch ehe Freya sich in ihren Gedanken verlieren konnte, flog die Tür hinter ihr auf und Liam betrat das Clubhouse.
»Seid gegrüßt, alle miteinander«, schrie er schon fast und stoppte mitten im Satz, als er feststellte, dass kaum einer da war.
Die Prospects nickten ihm nur zu und er lief direkt auf Freya zu, die in ihr Glas starrte. Als er bei ihr ankam und sah, wie sie förmlich die Schultern an die Ohren gezogen hatte, legte er ihr sanft seine Hände auf diese.
»Was ist los?«, fragte er besorgt und drückte leicht zu.
Sie atmete tief ein und versuchte sich zu entspannen, während Liam ihr den Nacken massierte.
»Sie haben Sitzung und nein, keine Ahnung warum«, erwiderte sie.
Liam runzelte die Stirn und sah zu der Tür, hinter der sein Vater saß. Sein Blick wanderte zu Doug, der gerade die Theke abwischte.
»Weißt du, was los ist?«, fragte Liam ihn.
Doug hielt in seiner Bewegung inne und sah ihn an.
»Nein«, sagte er kopfschüttelnd und räusperte sich.
»Whiskey?«, fragte er und Liam nickte.
Er massierte noch einen Moment weiter Freyas Nacken und als Doug ihm sein Glas auf die Theke stellte, setzte er sich neben sie.
Diese rieb sich über die Stellen, die Liam gerade bearbeitet hatte und ließ dann die Schultern hängen.
»Klingt nicht gut«, sagte sie und sah Liam mit besorgtem Blick an.
Der nickte und nahm einen Schluck aus seinem Glas.
»Tja, uns bleibt also nur warten«, sagte er.
Freya seufzte.
»Sieht so aus. Also, dann erzähl mal. Wie war dein Tag?«, fragte sie und versuchte zu verbergen, dass sie es eigentlich überhaupt nicht interessierte.
Liam grinste in sein Glas, nahm einen Schluck Whiskey und stellte es dann auf der Theke ab.
»Nervig, auch wenn es dich nicht interessiert«, sagte er.
Freya sah ihn fragend an.
»Nervig?«
Liam nickte.
»Ja, weil jeder wissen wollte, wo du bist«, erklärte er.
Freya schnaubte abwertend.
»Als ob«, gab sie von sich und leerte ihr Glas.
Liam lachte auf.
»Doch, ich schwöre. Ich weiß nicht woher, aber jeder weiß, dass du dem alten Kirnbach die Nase gebrochen hast«, sagte er und zuckte dabei mit den Schultern.
Freya schüttelte den Kopf.
»Nein, du weißt natürlich nicht, woher das alle wissen«, sagte sie und boxte ihm dabei auf den Oberarm.
Liam lachte erneut auf.
»Nein. Ich war es nicht, aber ich denke, das war die Rache seines eigenen Sohns. Er hat ihn doch auf ein Internat geschickt«, sagte Liam, als erneut die Tür des Clubhouse aufging.
Diesmal drehte sich Freya herum ebenso wie Liam und beide sahen in das lachende Gesicht von Nora.
»Na meine Stinker«, warf sie ihnen entgegen, doch auch ihr Lachen verschwand, als ihr Blick durch das leere Clubhouse ging.
»Sitzung«, kam es von Liam und Freya parallel geschossen.
Nora zog die Brauen nach oben und lief zu der Bar. Als Erstes zog sie ihr Handy aus der Tasche, schaltete es ab und reichte es Doug. Der nahm es und legte es in eine schwere Metallbox auf der anderen Seite der Bar. Handys waren im Clubhouse untersagt. Entweder man ließ sie direkt zu Hause oder sie mussten, ohne Ausnahme, in dieser Box verstaut werden. Als Doug sich wieder zu Nora drehte, reichte er ihr direkt ein Bier und sie setzte sich neben ihre Kinder.
»Wisst ihr schon, was passiert ist?«, fragte sie und auch in ihren Worten schwang die Sorge mit.
Liam und Freya schüttelten beide den Kopf.
»Okay, na ja, wir werden es erfahren«, sagte sie und nahm einen Schluck Bier.
»Was habe ich verpasst?«, fragte Nora und sah ihre Kinder an.
Freya schwieg und Liam kroch ein Grinsen ins Gesicht.
»Ich habe Freya gerade erzählt, dass sie jetzt so eine Art Superheld in meiner Schule ist«, sagte Liam.
Nora sah ihn fragend an.
»Es wissen alle, dass sie dem Direktor die Nase gebrochen hat«, erklärte er und Nora funkelte ihn sofort giftig an.
»Liam Shield, das ist doch wohl nicht dein Ernst«, sagte sie mit erhobener Stimme, was direkt alle Blicke auf sie fallen ließ.
Liam hob augenblicklich resignierend die Hände in die Luft.
»Ich war es nicht«, sagte er und sah seine Mutter ernst an.
Sie musterte ihn, konnte aber keine Anzeichen einer Lüge erkennen.
»Dein Glück, Freundchen«, raunte sie ihn an.
Doch ihre ernste Art hielt keine zwei Minuten und schon hellte sich ihre Miene auf und was mit einem leichten Lächeln begann, endete in einem lautstarken Lachen.
»Meine Fresse, dieser Penner hatte es aber auch mehr als verdient und sein Gesicht, als er realisierte, dass es Freya war, die ihm eine gegeben hatte. Bei den Göttern, ich hätte mir fast eingepinkelt, bei dem Versuch nicht loszulachen«, pustete Nora plötzlich los.
Liam lachte und schüttelte den Kopf.
»Du hast doch gelacht und das den ganzen Abend, soweit ich mich erinnere«, sagte er.
Und wieder lachte Nora los.
»Ja natürlich, weil ich es irgendwann nicht mehr zurückhalten konnte, und Jaxon musste sich auch auf die Zunge beißen, um nicht loszulachen. Du hast doch nur nicht mitgemacht, weil du genauso pissig warst, wie Freya«, presste Nora unter Tränen kichernd hervor.
Liam leerte sein Glas.
»Jap, Freya war einfach nur zu schnell. Andernfalls hätte ich ihm seine dämliche Fresse umdekoriert«, sagte Liam und ließ sich erneut das Glas von Doug füllen.
Freya seufzte laut.
»Du warst schon immer zu langsam«, sagte sie grinsend und sah zu Liam, der ihr den Mittelfinger entgegenhielt.
Freya lachte und boxte ihn erneut.
»Komm, sei froh darüber. Du wärst nicht mit einem Rauswurf davongekommen. Dich hätte er sicher angezeigt. Er hatte es verdient und ich würde es immer wieder so machen«, schob Freya nach und musste selbst lachen, als sie zurückdachte.
Ihr wollt wissen, was passiert ist? Okay, lasst uns acht Wochen zurückspulen.
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