𝑰-5 | Und zwischendurch gibt's Zickenkrieg
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KAPITEL FÜNF
UND ZWISCHENDURCH GIBT'S ZICKENKRIEG
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„Marry, steh auf!", rief eine aufgebrachte Stimme und verschlafen blinzelte ich. Es war dunkel, bis auf das kleine Licht neben mir, das Daphnes blasses Gesicht, eingerahmt in zwei Locken ihrer honigblonden Haare, erleuchtete. Mehr konnte ich nicht erkennen, denn die Slytherin schwenkte die leuchtende Spitze ihres Zauberstabs direkt in mein Gesicht und nahm mir so die Sicht. Stöhnend kniff ich die Augen zusammen und drehte mich auf die andere Seite des Betts, nur um im nächsten Moment wieder herumzufahren und sie wütend anzufauchen: "Weißt du, wie spät es eigentlich ist?"
"Weißt du, dass ich dachte, du würdest freiwillig auf die Party gehen? Ich stand bestimmt eine Viertelstunde nur am Eingang und habe nur auf dich gewartet und jetzt muss ich dich auch noch aus dem Bett werfen!", rief sie. Ihre dünnen Augenbrauen hatten sich zusammengezogen und eine steile Falte grub sich durch ihre zarte Stirn. Ihre Wangen waren leicht gerötet, wahrscheinlich vor Wut. Sie sah so aus, als würde sie mich am liebsten erschlagen wollen.
Ich setzte mich auf, unterdrückte ein Gähnen und rieb mir über die müden Augenlider. Als ich gestern in den Gemeinschaftsraum zurückkehrt war, hatte ich es mir anders überlegt. Mir war es egal, was Malfoy von mir denken würde, wenn ich nicht auf dieser Party erschien. Ich hatte mich einfach im Pyjama in mein Bett gekuschelt, hatte gelesen und war dann in Seelenruhe eingeschlafen.
„Ist die Party schon zu Ende?" Ich sah auf und betrachtete meine Freundin, die immer noch säuerlich auf mich hinabblickte. Sie trug ein weinrotes, relativ enges Kleid, dass sich sanft an ihren zierlichen Körper schmiegte. Zusammen mit einem hohen Zopf und den rot bemalten Lippen, gab ihr Aussehen eine Menge her. Ich wollte nach meinem Zauberstab greifen, doch Daphne schlug meine Hand weg.
„Nein, aber wenn wir uns beeilen, schaffen wir es noch fast rechtzeitig.", antwortete sie und ließ den Schlafsaal, ohne einen Spruch sprechen zu müssen, hell aufleuchten. Geblendet schlug ich meine Hände vor's Gesicht und stöhnte erneut.
„Ich werde nicht dort hingehen, Daphne. Ich will schlafen." Ich öffnete meine Finger einen Spalt breit und sah, wie sich ein böses Grinsen über ihr Gesicht legte. Sie war fest entschlossen, mich zu dieser Party zu schleppen.
Ehe ich mich versah, standen wir vor der Tür des Ravenclaw-Gemeinschaftsraums. Die Vertrauensschüler hatten für diese Nacht das Passwort in „Spaßbremse" geändert, wobei mich Daphne mit einem bedeutungsvollen Blick ansah. Als wir den Raum betraten blieb mir der Atem weg, was nicht nur an der Schülermenge lag, die ausgelassen in der stickigen Luft tanzte. Die Schüler aus dem sechsten oder siebten Jahrgang mussten einen Erweiterungszauber gesprochen haben, sodass der Gemeinschaftsraum riesig wirkte.
„Wow", staunte ich, was Daphne sofort missinterpretierte.
„Die Party ist die beste fast geheime Party, die hier seit Jahren stattgefunden hat!", rief sie gegen den Lärm. „Man sagt, es gäbe sogar Feuerwiskey." Mit diesen Worten packte sie mich am Arm und zog mich durch die Menge.
„Warte, was? Wiskey?" Ich wehrte mich unbeholfen, doch Daphne hörte mich durch den Lärm nicht oder ignorierte mich einfach gekonnt. Ich stieß gegen eine Menge Schüler, die meisten merkten es nicht einmal, bis ich jemandem hart auf den Fuß trat, in ihn hinein krachte und mit ihm auf dem Boden landete.
„Autsch", fluchte er und eigentlich wäre ich spätestens jetzt vollkommen ausgetickt, doch ich erstarrte gerade, als ich zu meiner Schimpftriade ansetzen wollte. Es war Harry Potter auf dem ich saß. Potter war auch hier. Seine dunklen Haare standen wild zu allen Seiten ab und das weiße Hemd, das er trug schien ihm irgendwie nicht richtig zu passen. Mit wem er wohl gegangen war? Er wandte mir seinen Blick zu und ich wurde augenblicklich knallrot, während mir diese smaragdgrünen Augen überrumpelt entgegenblinzelten. Bei Salazar, was tat ich hier überhaupt?
„Marry, komm von dem Jungen runter. Der platzt gleich vor Scham.", bemerkte Daphne von der Seite und ertappt sprang ich auf. In der Tat sah Potter so aus, als könnte er einen Eimer Eiswasser ins Gesicht gut vertragen. Er war mindestens genauso feuerrot angelaufen wie ich. „Tut mir ja leid, Saint Potter, aber unsere liebe Vertrauensschülerin hier ist ein wenig durch den Wind. Einen schönen Abend noch."
Wenn es denn noch ging, wurde ich noch röter – Wieso musste sie mich denn daran erinnern, dass ich am wenigsten hier sein sollte? – und murmelte eine leise Entschuldigung, die der Gryffindor wahrscheinlich nicht einmal gehört hatte. Wie kam Daphne denn auf die Idee, ihm das einfach so ins Gesicht zu sagen? Ergeben ließ ich mich von meiner Freundin mitziehen, während ich mir gleichzeitig wünschte im Boden versinken oder zumindest ans andere Ende der Welt apparieren zu können. Ich hatte auf Potter gesessen! Auf der lebenden Legende Harry Potter! Das überstieg das schlimmste Szenario, das ich mir hätte vorstellen können.
„Daphne, ich glaube, ich muss sterben.", murmelte ich, als wir endlich langsamer wurden und in einer kleinen Ecke mit Sitzgelegenheiten ankamen. Dort unterhielten sich auch schon Zabini und Nott mit zwei teuer aussehenden Gläsern in der Hand. „Mein Schamgefühl ist für heute einfach überlastet."
„Ach, stell dich nicht so an. Sei froh, dass ich noch ein paar Kleider in deiner Größe dahatte." Sie hatte nicht unrecht. Daphne besaß Zuhause mehr als genug Kleider, für Partys, die in der Schulzeit eigentlich nie stattfanden. Für heute hatte sie sich dann gleich ein ganzes Dutzend von ihren Eltern schicken lassen und mich geradewegs in eins hineingezwungen, das laut ihr sehr gut zu mir passte.
„Da seid ihr ja wieder. Es wurde schon fast langweilig ohne dich." Zabini hatte sich mit einem breiten Grinsen zu uns umgedreht, doch seine Augen lagen allein auf Daphne. Auch ihm gefiel wohl der Anblick der Slytherin. Es war nicht zu leugnen, dass weinrotes Spaghetti-Träger-Kleid plus Beinschlitz eine erstaunlich passende Kombination für eine Slytherin war. Ihre blonden Haare verliehen ihrem Aussehen etwas engelhaftes. Eine Schlange in Engelform - was eine Ironie.
„Ich kotz gleich, Zabini. Nehmt euch ein Zimmer.", kommentierte Nott von der Seite, der sein Jackett schon mitsamt seiner Krawatte auf einer Couch abgelegt hatte und trank sein Glas in einem Zug leer. Er schwankte ein wenig und ließ sich dann auf eben jene Couch fallen. „Scheiße, Avery, du hast mich wirklich einfach abserviert."
Er lachte leise, legte seinen Kopf in den Nacken und sah die Decke an.
„Sein Stolz ist minimal verletzt, weil du lieber gar nicht gekommen bist, als mit ihm auszugehen. Ich würde ihn nur mit Samthandschuhen anfassen.", raunte Zabini mir zu, als er an mir vorbei ging und Daphnes Hand ergriff.
„Dürfte ich Sie um einen Tanz bitten, Gnädigste?" Er hauchte einen Kuss auf ihren Handrücken, der das Mädchen sofort erröten ließ und nach einem Nicken ihrerseits, zog er sie auf die Tanzfläche. Nun war ich alleine mit Nott. Super Ausgangssituation. Meine Müdigkeit war einer inneren Betäubtheit gewichen. Ich fühlte mich stumpf. Nott tat mir leid. Ich hatte ihn nicht verletzen wollen. Ich hatte mich einfach dagegen entschieden, überhaupt aufzukreuzen, um Malfoy nicht über den Weg zu laufen. Ich seufzte und setzte mich dann neben Nott auf das weiche Polster.
„Du siehst verdammt hübsch aus.", murmelte Nott, der seinen Blick immer noch nicht von der Decke genommen hatte. Er fuhr mit einer Hand über sein Gesicht und schaute dann genau wie ich auf die Tanzfläche.
„Hör zu Nott, du kannst zwar nett sei, aber-"
„Avery, das musst du mir jetzt nicht auch noch ins Gesicht sagen." Er hob eine Hand, wie um mich zu stoppen und sah mich dann aus tiefen, ozeanblauen Augen an. So tief und voller Schmerz. Er wollte es nicht hören. "Es ist alles so wie immer. Du bist mit deinen Büchern beschäftigt und ich hänge halt mit den anderen rum. Und zwischendurch gibt's Zickenkrieg." Er wandte seinen Blick ab und lachte kurz auf, was mich ebenfalls etwas grinsen ließ. Ich machte ein zustimmendes Geräusch und beließ es dabei. Nott würde damit abschließen, das merkte ich. Der tiefe Schmerz kam nicht meinetwegen. Es war der Schmerz, der Wehmut und ich fragte mich, was wohl bei ihm vorgefallen war.
„Hast du eigentlich vor noch mit Potter zu tanzen, oder willst du Malfoy nichts mehr beweisen?", fragte Nott da plötzlich und ließ mich somit wieder an jenes Thema denken, dem ich mit meinem Wegbleiben eigentlich hatte aus dem Weg gehen wollen.
„Weiß ich ehrlich gesagt nicht. Bis Daphne mich aus dem Bett gezogen hat, habe ich das Thema erfolgreich ignoriert. Wo steckt Malfoy überhaupt?", fragte ich und im selben Moment sah ich es. Gerade hatte ein langsamer Tanz angefangen und Pansy Parkinson schmiegte sich an Malfoys Brust, während er starr geradeaus sah und teilweise etwas zu ihr sagte. Sie sahen so gut gemeinsam aus. Malfoy trug ganz klassisch einen schwarzen Anzug, mit weißer Fliege und dunklen Lackschuhen. Er hatte seine Haare zurückgegelt und alles an ihm schrie nach teuer. Pansy hingegen trug ein weißes Kleid mit schwarzen Akzenten. Es sah beinahe so aus, als hätten sie sich abgesprochen, weil sie gemeinsam als Paar hierhergekommen waren und irgendwie passte mir das ganz und gar nicht.
„Dieser Bastard", murmelte ich und nahm dankend ein Glas an, das mir ein Ravenclaw-Schüler, der als sowas wie ein Kellner unterwegs war, anbot. Als ich daran nippte, erfüllte meinen Mund ein bittersüßer Geschmack mit einer kaum wahrnehmbaren Note Alkohol. Das konnte ja noch lustig werden.
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