26 - Lee Felix

Chan und Woojin waren auch mittlerweile angekommen und während Minho und Woojin sich etwas abseits besser kennenlernten, versuchte ich den Mut zusammen zu nehmen um Chan die Wahrheit zu erzählen. Ich konnte mir schon denken, dass er wusste was passiert war, doch ich kannte meinen Bruder zu gut, weshalb ich wusste, dass er es unbedingt aus meiner Sicht hören wollte.

,,Ich war bei Changbin." presste ich hervor und Chan stand ruckartig von der Bank auf, auf der wir saßen.

,,Du warst was?!" Chan war so laut gewesen, dass sich sogar Minho und Woojin zu uns umdrehten und langsam auf uns zusteuerten.

,,Mama hat angerufen und gesagt, dass Changbins Vater sie angerufen hat und er meinte, dass Changbin sich entschuldigen will. Was kann ich dafür, wenn er plötzlich wieder über mich herfällt und mich vergewaltigt?!" Zum Ende hin wurde ich sehr laut und Chan sah mich mit großen Augen an. Hatte er wirklich nicht mit sowas gerechnet? Oder war er so geschockt, weil sich seine Vermutung bestätigt hatte?

,,Felix, ich - es - verdammt!" Er zog mich plötzlich in eine Umarmung die mich sehr überraschte. Er wusste wirklich nicht was er sagen sollte und irgendwie machte mir das Angst, denn normalerweise wusste er immer was er zu sagen hatte. Es war das erste Mal, dass ich ihn so hörte und es machte mir Angst. Ich wollte ihn damit nicht auch noch belasten, es wäre zu viel für ihn. Chan mag vielleicht stark wirken, aber in wirklichkeit war er sehr schwach wenn es um seine psyche ging. Ich wusste, dass Chan es nicht lange aushalten würde, bis er sich wieder selbst verletzte. Mich überkamen wieder die Gefühle von Angst und Ekel. Diese Berührungen von Changbin waren ekelhaft und ich spürte sie immer wieder auf meiner Haut. Aber mir war Chan gerade wichtiger und der Gedanke, dass er sich schon längst was angetan hatte, ging mir nicht aus dem Kopf.

,,Zeig mir deine Arme." bestimmend sah ich meinen Bruder an, der sich nur widerwillig die Ärmel hochkrempelte und mir seine Unterarme entgegen streckte. Er vermied jeglichen Kontakt mit mir indem er seinen Kopf genervt wegdrehte. Ich musterte seine Arme und sah einzelne frische Wunden, worauf ich seine Ärmel wieder runterzog.

,,Und genau deswegen wollte ich nicht dass du es weisst." stellte ich ihm klar, doch mein Bruder verdrehte nur die Augen, vermied blickkontakt. Minho und Woojin waren mittlerweile bei uns angekommen und sahen zwischen uns fragend hin und her, doch hatte ich gerade keine Zeit dafür.

,,Dich belastet schon die ganze Sache mit unseren Eltern und deiner Vergangenheit und dann willst du dich auch noch um meine Probleme kümmern? Meine Probleme auf deinen Schultern tragen?" Ich war verwirrt, aber gleichzeitig auch sehr wütend. Natürlich war Chan mein Bruder, doch ich wusste dass ihn meine Probleme psychisch ebenso fertig machten, wie mich. Ich wollte nicht dass er meine Probleme auf seinen Schultern trug, es machte ihn fast mehr zu schaffen als mich selbst.

,,Weisst du überhaupt warum mir deine Probleme so zur last fallen?!" schrie er mich plötzlich an, klang verzweifelt und ich wusste ehrlich nicht, was er mir damit sagen wollte. Mein Gehirn machte dass alles nicht mehr mit, es konnte einfach keine Zusammenhänge finden.

,,Jedes Mal, wenn du Probleme hast die dich runterziehen, habe ich das Gefühl nicht für dich da gewesen zu sein. Ich habe das Gefühl, ich konnte dich nicht beschützen. Ich fühle mich wie ein schlechter großer Bruder!" brüllte er mich weiter verzweifelt an und ich war schockiert von dem was er sagte. Ich konnte nicht anders als mich in seine Arme zu werfen, mit dem Versuch ihm zu vermitteln, dass er kein schlechter Bruder war. Er war der beste große Bruder den man sich vorstellen konnte, auch wenn er manchmal etwas überfürsorglich war. Ich wusste, er wollte mich nur vor Changbin beschützen und wollte nicht, dass ich alleine unterwegs war, aber ich war zu naiv um darüber nachzudenken. Vielleicht wollte ich einfach unbewusst meiner Mutter gefallen, indem ich auf sie hörte und zu Changbin ging. Vielleicht hätte sie mich ja wieder aufgenommen, vielleicht hätte sie mich und Chan wieder aufgenommen.

Ich drückte Chan etwas fester, nachdem er meine Umarmung erwiderte. So wie er für mich da war, wollte ich auch für ihn da sein und durch diese Umarmung wollte ich ihm zeigen, dass ich da war. Das er mit mir reden kann wenn es ihm schlecht ging. Chan bedeutete mir mehr als alles andere auf dieser Welt und auch wenn er manchmal scheisse war, würde ich ihn für nichts auf dieser Welt eintauschen.

,,Ich hab dich lieb, Chan." nuschelte ich in seine Brust, worauf er seinen Griff um mich etwas verstärkte. Er versteckte seinen Kopf in meiner Halsbeuge und gerade mal eine Sekunde später hörte ich ihn schniefen. Er weinte in meine Halsbeuge und ich ließ ihn. Zur Beruhigung strich ich durch seine Haare. Ich selber war den Tränen nah und als ich Chan erneut schniefen hörte, brach der Damm und ich ließ meine Tränen stumm freien Lauf.

Chan löste sich irgendwann aus unserer Umarmung und Strich mir die Tränen aus dem Gesicht. Er schien sich wieder komplett beruhigt zu haben, denn er fing an liebevoll zu lächeln.

,,Ich hab dich auch lieb, Felix."

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