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Es war niemand geringerer als Bilbo, der uns mit seinem Schwert Stich, wie er es getauft hatte, losschnitt und somit befreite. Wir fielen, noch immer in die Netze gehüllt, zu Boden. Angewidert riss ich es so gut es ging von mir ab, ein paar Fetzen blieben allerdings an meinen Haaren und Kleidern hängen.

Die Gefahr war noch nicht gebannt, denn die Spinnen gingen nun so auf uns los. Wir konnten uns gegen sie wehren, aber abgesehen davon, dass wir Bilbo - mal wieder - verloren hatten, kamen plötzlich Elben aus den Bäumen gesprungen und bedrohten uns mit ihren Bögen.

Ein blonder Elb hielt direkt vor uns an und richtete einen Pfeil auf Thorin. "Glaubt nicht, ich würde Euch nicht töten, Zwerg. Es wäre mir ein Vergnügen."

Na, das sind ja nette erste Worte. Ich drängte mich an den Zwergen vorbei, neben Thorin, welcher die Augen zukniff, als würde er ein Gebet an seine Vorfahren schicken, ich möge doch bitte einfach den Mund halten. Der blonde Elb richtete seine Waffe nun auf mich. "Hey, hey, hey, ganz ruhig, Blondie." Warnend hob ich die Hände.

"Ihr seid kein Zwerg", bemerkte er.

Der is' ja 'n ganz Heller. "Stimmt", nickte ich nur.

"Was seid Ihr dann? Und was wollt ihr hier?"

"Das geht Euch nichts an, mein Lieber." Ein unschuldiges Lächeln ruhte auf meinem Gesicht, während der Elb mich mit einer Mischung aus Irritation, Gereiztheit und Belustigung musterte. Belustigung? Na toll, noch so einer, der mich unterschätzt.

"Ich frage kein zweites Mal", informierte Blondie mich ruhig.

"Auch gut." Ich zuckte mit den Schultern. "Alles, was ich sagen wollte, war, dass wir keinen Ärger wollen. Wir wollen bloß diesen Wald durchqueren, das ist alles." Nun ernst sah ich dem Elb in seine blauen Augen. "Nichts weiter."

Spöttisch hob er eine Braue. "Das werden wir noch sehen."

Da ertönte ein Schrei. Es war Kili. "Hilfe!" Eine Riesenspinne zerrte ihn am Fuß mit sich. Fili und ich wollten ihm zur Hilfe eilen, doch die Elben hielten uns zurück. Eine rothaarige Elbin landete auf dem Waldboden und tötete einige Spinnen, inklusive der, die Kili gerade zum Abendbrot verspeisen wollte.

"Werft mir einen Dolch rüber!", rief Kili ihr mit Blick auf eine Spinne, die aus dem Wald kam, zu. "Schnell!"

"Wenn Ihr denkt, ich gebe euch eine Waffe, Zwerg..." Sie fuhr herum und warf einen Dolch, der die Spinne genau in der Mitte des Kopfes traf. "...dann irrt Ihr euch."

Naserümpfend verschränkte ich die Arme vor der Brust. "Ich mag sie nicht", murmelte ich. Fili, der neben mir stand und es hörte, sah belustigt zu mir.

"Durchsucht sie!", ordnete der blonde Elb an. Er selbst richtete sich an mich. Gespielt entsetzt zog ich die Augenbrauen nach oben.

"Denkt Ihr, nur, weil Ihr eine Frau seid, lasse ich Euch außenvor?" Der Elb nahm mir meinen Bogen, meine Pfeile und mein Schwert.

"Nein", seufzte ich dramatisch. "Aber man kann ja wohl hoffen."

Er schnaubte belustigt und drehte sich bereits wieder um. Ich grinste. "Idiot...", nuschelte ich, vergaß dabei das gute Gehör der Elben. Der Blonde kam zurück, betrachtet mich von oben bis unten und bückte sich, um in meinen Stiefel zu greifen.

"Verdammt."

Triumphierend grinsend schwenkte er den Dolch vor meiner Nase hin und her, wendete sich dann an Gloin und zog etwas aus seiner inneren Manteltasche. Entrüstet verlangte er den Gegenstand (ich glaube, es war ein kleiner Bilderrahmen oder sowas) zurück. "Das ist persönlich!"

"Wer ist das?" Abwertend betrachtete der blonde Elb das Bild. "Euer Bruder?"

"Das ist meine Frau!"

Wäre die Situation nicht so ernst, hätte ich bestimmt gelacht. Ein zweiter Elb untersuchte mich nun erneut und fand in meinem anderen Stiefel noch mein Messer. Zögernd betrachtete er mich und wollte schon... obenrum nachsehen, da schlug ich ihm auf die Hand. "Sag mal, geht's noch?!"

Er verdrehte die Augen, ließ mich dann aber in Ruhe. Er hätte nichts in meinem Ausschnitt gefunden, zumindest keine Waffen. Also... Ihr wisst schon. Aber nächstes Mal sollte ich vielleicht welche da verstecken.

"Das ist mein kleiner Junge, Gimli!", rief Gloin da gerade aus.

Überrascht sah ich zu ihm rüber. "Du hast einen Sohn?!"

"Aber hallo."

"Oh", machte ich nur. "Gut zu wissen."

Die Elben brachten uns zu Thranduils Schloss und sperrten uns in dessen Kerker. Diese waren, wenn ich das mal so anmerken durfte, ziemlich klein, weswegen immer nur einer oder zwei von uns in eine Zelle passte. Ich wurde zum Glück von Blondie (ich hatte erfahren, dass sein Name Legolas lautete) zu Fili gesteckt, Kili landete in einer Zelle gegenüber. Die rothaarige Elbin sperrte ihn ein.

Für den Bruchteil einer Sekunde sah Kili in meine Richtung, dann klebten seine Augen wieder an ihr. "Wollt ihr mich nicht durchsuchen?", fragte er. "Ich könnte alles mögliche in der Hose haben."

Gereizt biss ich die Zähne zusammen. Flirtete er in so einer Situation ernsthaft mit dieser Waldelbin?

"Oder nichts", konterte diese gerade. Vermutlich hätte ich das an ihrer Stelle auch gesagt, doch jetzt ließ ich das außer Acht. Die hält sich wohl für besonders witzig.

Mir fiel der Blick auf, den Fili mir von der Seite aus zuwarf. "Was?", blaffte ich.

"Gar nichts", sagte er schnell und schaute weg.

Bilbo war nach wie vor verschwunden. Ich hoffte, der Halbling würde einen Weg finden, uns zu befreien, doch es war mehr als unwahrscheinlich, ungesehen an den Elben vorbeizukommen. Ich spitzte die Ohren, als ich Legolas auf Elbsisch fragen hörte: "Warum starrt der Zwerg dich an, Tauriel?"

Kili starrt sie an? Ich biss mir auf die Lippe. Mir doch egal.

Der Rest des Gesprächs zwischen den beiden Elben ließ darauf schließen, dass Tauriel Kilis berüchtigtem Charm zum Opfer gefallen war, wobei sie blind war für die Gefühle, die Blondie ganz offensichtlich für sie hegte.

"Eifersucht steht Euch nicht", sagte ich auf Elbisch, als Tauriel weg war und Legolas allein vor meiner und Filis Zelle stand. Überrascht sah er zu mir rüber. "Ihr beherrscht Sandarin?"

"Offensichtlich."

Da Fili nichts von dem verstand, was wir sagten, setzte er sich, irgendetwas vor sich her murmelnd, auf den Boden und lehnte sich mit geschlossenen Augen gegen die Wand, ohne weiter auf uns zu achten. Ich stellte mich ans Gitter und auch Legolas kam näher, wobei ich merkte, wie Kili mit zusammengekniffenen Augen zu uns rüber sah. Ich ignorierte ihn gekonnt und schenkte Legolas meine volle Aufmerksamkeit.

"Wo habt Ihr es gelernt?"

"Ein Freund hat es mir beigebracht", antwortete ich wahrheitsgemäß.

"Hm", machte Legolas nur. Für ein paar Sekunden hielten wir noch Blickkontakt, dann riss er sich los und ging Tauriel nach. "Ach übrigens..." Auf halber Strecke drehte er sich noch einmal um. "Euch steht sie auch nicht. Die Eifersucht." Ohne ein weiteres Wort ließ er mich verdattert zurück. Was meinte er?

"Schließt du jetzt schon Freundschaft mit diesem Elb?" Abfällig sah Kili, der sich an seine Zellentür gelehnt hatte, Legolas nach.

"Musst du gerade sagen, Herr-Ich-Könnte-Alles-Mögliche-In-Der-Hose-Haben", schnaubte ich.

Er drehte den Kopf zu mir und grinste. "Sag bloß, du bist eifersüchtig."

Ich lachte freudlos auf. "Das hättest du wohl gern. Ich finde es einfach unreif von dir, dass du in einer solchen Situation mit dieser Waldelbin flirtest!"

"Ach, und wie nennst du deine Masche im Wald vorhin? War das etwa kein Flirten?"

"Was für eine Masche?" Verständnislos legte ich den Kopf schief, in mir brodelte die Wut. Was war Kilis verdammtes Problem? Ich hatte doch nicht mit Legolas geflirtet! Oder etwa doch?

"Tu nicht so, du weißt genau, was ich meine."

"Jetzt hör mir mal zu, du kleiner-"

"Haltet die Klappe!", riefen die anderen Zwerge, die endgültig genug von uns hatten, wie aus einem Munde und erst da fiel uns ein, dass wir ja nicht allein waren. Entnervt wandte ich mich von der Zellentür ab und lehnte mich neben Fili an die Wand, ließ mich auf den Boden sinken. "Wie kommst du mit so einem arroganten, nervigen Bruder klar?", fragte ich, leise genug, dass meine Stimme nicht an die anderen Zellen drang, und stützte den Kopf in die Hände.

Fili schmunzelte. "Tu nicht so, als würdest du ihn hassen, Tia."

Ernst erwiderte ich seinen Blick. "Doch, ich hasse ihn. Aus tiefster Seele."

"Tust du nicht."

"Doch."

"Nein."

"Woher willst du das wissen?" Langsam ging auch Fili mir auf die Nerven mit seinen Bemerkungen, genau wie Legolas und Bofur. Was war nur mit diesen Männern los?

"Weil ich nicht blind bin, Tia." Fili war plötzlich sehr ernst geworden. "Ich bin nicht der Einzige, der merkt, wie ihr einander anschaut, wenn ihr denkt, der andere würde es nicht bemerken."

"Ich schaue Kili nicht an. Nicht mehr, als ich alle anderen auch anschaue", fand ich und runzelte die Stirn.

"Vermutlich merkst du es nur nicht", beharrte Fili ruhig. "Aber es bist nicht nur du. Ich habe meinen Bruder noch nie so mit einem Mädchen erlebt. Ich glaube..." Er unterbrach sich kurz, schien sich seine Worte gedanklich zurechtzulegen. "Ich glaube, dass du mehr als nur ein Mädchen für ihn bist, und auch mehr als nur eine Freundin."

Daraufhin musste ich losprusten. "Der beste Witz, den ich je gehört habe, Fili. Für einen Moment dachte ich tatsächlich, du meinst es ernst."

"Ich meine es auch ernst."

Mein Lachen verstummte. Wollte Fili ernsthaft andeuten, dass Kili etwas für mich empfand? Und ich... auch für ihn? "Das ist doch absurd!", rief ich, worauf die anderen Zwerge teils irritiert, teils entnervt zu uns rüber schauten. Schnell senkte ich den Kopf. "Das ist doch absurd", widerholte ich leiser. "Ich empfinde nichts für deinen Bruder. Außerdem, hast du nicht gesehen, wie er diese Elbin angegafft hat?"

Fili stöhnte entnervt auf und schloss wieder die Augen, lehnte sich zurück, als wären wir hier nicht gefangengenommen worden, sondern im Urlaub. "Ich geb's auf."

"Was gibst du auf?", fragte ich irritiert nach, doch es kam keine Antwort mehr. Seufzend lehnte ich den Kopf gegen die steinernen Wände und dachte nach. Ich hatte Kilis Verhalten mir gegenüber immer als etwas gedeutet, dass für ihn üblich war. Ich hatte angenommen, dass er jede Frau so behandelte; die Elbin in Elronds Haus, Tauriel Ich konnte einfach nicht glauben, dass ich für ihn mehr als nur eine Freundin war.

Und dass ich etwas für Kili empfinde, ist in etwa so möglich, wie dass ich Tauriel leiden kann.

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