✜20✜
Taehyung ✜
Nach ein paar Tage der abstinenz entschied ich mich dazu, wieder Arbeiten zu gehen. Mir fehlte irgendwie die Beschäftigung - sei es auch nur, das ich einen blöden Kaffee für den ekligen schleimbolzen von Chef machen musste. Außerdem hatte ich dort alle Unterlagen hinterlegt - könnte in den Archiven ältere Artikel über den Reaper heraussuchen. Vielleicht fand ich ja etwas interessantes? Etwas was man schnell hätte übersehen können?
Ich ignoriere auch diese gewisse innere Stimme in mir, die mich erneut warnen wollte. Zuerst leise, dann immer drängender - ein inneres Wissen, das ich eine gewisse Grenze überschritt. Aber ich wollte nicht darauf hören, genauso wenig wie ich auf Jimins Worte hören wollte.
Ich war groß genug um selbst meine Entscheidungen zu treffen, sei es noch so gefährlich - es war imerhin mein Leben. Sagte man nicht ständig, man solle
etwas wagen, wenn man etwas großes erreichen wollte?
Und ich wollte etwas großes erreichen. Ich wollte nicht für die Ewigkeit nur der blöde Fußabtreter bleiben und den Drucker meinen besten Freund nennen.
Nein, ich war zu etwas höheren Berufen. Nur weil ich eher zurückhaltend und vielleicht auch eine spur zu nett war, hieß das doch noch lange nicht das ich schlecht arbeitete. Meine Noten waren sehr gut. Am Wissen mangelte es mir nicht... also wieso zum Teufel gab man mir keine Chance?!
Finster starrte ich mein Spiegelbild entgegen. Musterte mich mit kritischen Blick.
War es weil ich blondes Haar hatte? Machte es mich zu nett? Zu jung? zu lieb?
Meine braunen Augen blickten schließlich mit einem Hauch Ironie zurück während eine Strähne meines äußerst widerspenstigen Haar nervig ins Gesicht fiel. Ich kräuselte die Nasenspitze an der sich das kleine Muttermal befand und stieß frustriert die Luft aus.
Sollte ich mir vielleicht einen neuen Haarschnitt machen lassen? Oder vielleicht sollte ich mir ja doch mal paar styling Tipps von Jimin geben lassen und meine heiß geliebten vintage Sachen ausnahmsweise mal im Schrank lassen.
Aber war das dann noch ich?
Mehr als missmutig begann ich mich anzuziehen und versuchte meinen Haaren anschließend einen gewissen Pepp zu verleihen aber egal wie ich sie auch hinlegte, es gefiel mir nicht. Frustriert zerstörte ich die Frisur wieder und beließ es einfach dabei.
"Tae hast du es bald oder was brauchst du heute so lange?" rief Jimin ungeduldig und begab sich fertig angezogen zur Wohnungstür. "Schwing dein Arsch hier her, sonst kommen wir zu spät!"
Ich wandte mich augenblicklich von meinem Spiegelbild ab und packte zügig die Sachen für die Arbeit zusammen. Dann stürzte ich auch schon aus meinem Zimmer und kam Jimin völlig abgehetzt entgegen, der die Hand bereits an die Türklinke hielt.
"Wieso siehst du auf dem Kopf aus, als hättest du dort ein Vogelnest?"
"Hm was meinst du?" ich warf einen prüfenden Blick in den Flurspiegel und zog scharf die Luft ein. Ach du liebe Zeit! Wie sah ich den aus? Selbst das Hemd das ich hastig angezogen hatte, war ganz zerknittert.
"Zumindestens hab ich diesmal zwei zusammenpassende Socken an..." murmelte ich, während ich hektisch versuchte, mit den Fingern zumindest für einwenig Ordnung auf dem Kopf zu sorgen.
Jimin kicherte amüsiert und ignorierte meinen Blick, dem ich ihm daraufhin vorwurfsvoll zuwarf. "Ach Tae, du bist manchmal echt zu verpeilt und das macht dich so niedlich." er knuffte mich in die Wange, was mich grisgrämig murren ließ, doch er ließ sich von meinem Schmollen nicht abschrecken und ignoriert meine trotzig vorgeschobene Unterlippe - knuffte mich sogar noch fester. Blödmann.
Niedlich. Ich wollte nicht niedlich sein.
Ohne meinen inneren Protest laut zu bekunden, folgte ich Jimin - immer noch leicht grummeld - hinaus in die Kälte und zog mir beim Laufen die Jacke bis zur Nase hoch. Es war ein herrlicher Herbstmorgen. Zwar war es kalt - doch die Sonne zeigte sich immer mehr und schien mild vom Himmel, spendete einem so zumindestens etwas Wärme.
Wir hatten nur noch paar Minuten Zeit bis der Bus direkt vor unserer Nase wegfahren würde.
Für unsere Umgebung hatten wir daher kein Zeit. Dabei war es morgens besonders schön, gerade wenn es noch so schön ruhig auf den Straßen war.
Am Stadtpark vorbei, erlangte plötzlich etwas - besser gesagt Jemand meine Aufmerksamkeit. Ein sanfter Wind versetzte die Wasseroberfläche des Teiches in kleine kräuselwellen, auf denen sich die Sonne glitzernd spiegelte. Und genau dort stand ein junger Mann. Zumindestens dachte ich, er würde dort stehen. Schwarzes Haar, helle reine Haut, ausdruckstarke dunkle Augen, rosa gepflegte Lippen.
Das war doch -
Mein Blick verlor sich in der Ferne und ich bekam gar nicht mit wie ich stehen blieb.
Gab es eigentlich eine Kraft, die zwei Menschen über weiter Entfernung miteinander verband? Ich fühlte mich mit einem Male von ihm angezogen und konnte gar nicht genau sagen woran das lag.
Konnte es Zufall sein, daß wir uns erneut über den Weg liefen? Ein seltsames Gefühl beschlich mich, konnte es aber nicht genauer beschreiben oder sagen woher es kam. Sein Blick haftete gedankenverloren beinahe traurig auf dem Wasser, es wirkte so....
"Yaaa Taehyung! Wieso schlägst du hier Wurzeln. Willst du wirklich zur spät zur Arbeit kommen?!"
Leider zerstörte Jimin diesen äußerst intimen Moment, in dem er direkt vor meinem Blickfeld auftauchte und mir somit die Sicht auf den jungen Mann versperrte, dem ich jetzt bereits zum dritten Mal begegnet war. Instinktiv wich ich zur Seite aus und wollte nochmals nach ihm schauen, doch da war er bereits wie aus dem Nichts verschwunden.
Hände wedelten vor meinem Gesicht herum um versuchte mich aus meiner seltsamen Trance zurück zu holen. "Erde an Taehyung! Wo starrt du eigentlich hin?" Jimin folgte meinem Blick und entdeckte... natürlich nichts.
"Da.. also da war wieder der eine-" stammelte ich unbeholfen und versuchte mich irgendwie zu erklären - bekam jedoch keinen vernünftigen Satz zur stande und da platze meinem besten Freund entgüldig der Geduldsfaden. Er packte mich am Handgelenk und zog mich rigoros im Eiltempo mit sich mit. "Keine Zeit für Smalltalk, wir kommen zu spät!!"
Wir erreichten den Bus noch in aller letzter Minute. Vollkommen außer Atem aber erleichtert, das wir es noch rechtzeitig geschafft hatten, ließen wir uns auf die hinteren Plätze fallen. Wir konnten sogar noch lachen obwohl ich wusste das Jimin mir am liebsten den Hals umgedreht hätte, weil ich ja so lange trödeln musste.
Den Gedanken an Mr. Perfect versuchte ich bewusst bei Seite zu schieben. Auch wenn mir das - in anbetracht der gerade geschehenen Situationen, äußerst schwer fiel. In Moment aber hatte ich eindeutig andere Prioritäten und Schwärmereien gehörten da mit Sicherheit nicht mit hinein.
Mein Puls schien sich nach diesem kurzen aber intensiven Sprint gerade erst beruhigen zu wollen, als ich aus dem Augenwinkel eine bekannte Gestalt entdeckte. Was zum...! Das durfte doch nicht wahr sein!
Ich drehte den Kopf nur ein kleines Stück zur Seite und erstarre noch auf der Stelle, nicht wissend, was ich von dieser weiteren, unbewussten Begegnung halten sollte.
Mein Kopf ruckte sofort wieder zurück, so als wäre ich gerade bei etwas ziemlich verbotenes ertappt worden und blickte starr gerade aus, in der Hoffnung ich wurde nicht entdeckt. Meine Wangen glühten verräterisch.
Natürlich warf mein seltsames Verhalten Fragen auf. "Was ist jetzt schon wieder los? Du siehst aus als hättest du einen Geist gesehen." fragte Jimin und das natürlich so laut, das es ausnahmslos jeder im Bus hatte hören können.
"Psssht!!" ich riss die Augen auf und presste meinem besten Freund in anbahnender Panik den Finger an die Lippen und hoffte das ihn das zum Schweigen brachte. Es klappte. Er schloss den Mund aber nicht ohne mich extrem irritiert anzusehen.
Erst als ich mir sicher sein konnte das Jimin auch tatsächlich die Klappe hielt, zog ich mich langsam zurück und senkte anschließend den Blick. Ich schaute auf meine Hände und spielte nervös mit den Fingern, als könnte mich das vor meiner inneren aufgewühltheit retten.
Wie konnte das sein? War das wirklich noch Zufall? Unsicher wie ich mich jetzt am besten verhalten sollte sah ich nochmals unauffällig über die Schulter - Er schien mich nicht bemerkt zu haben. Ein Glück. Dann erst drehte ich mich hastig wieder zurück.
"Hör zu.." begann ich im Flüsterton und beugte mich näher zu Jimin vor.
"Wieso flüstern wir?" unterbrach er mich leise. "Werden wir verfolgt? Sag bloß der Reaper ist hinter uns her." die Belustigung in seiner Stimme war unverkennbar und ließ mich murren.
"Hör auf mit dem Schwachsinn!" herrschte ich ihn an und zog ihn am Kragen noch näher. "Er ist hier...! Er war es auch den ich vorher im Park gesehen hab!" zischte ich leise und versuchte mit äußerst seltsamen Kopfbewegungen auf den Schwarzhaarigen hinter mir aufmerksam zu machen.
"Wer?" Jimin runzelte die Stirn und sah mich verdutzt an. "Wovon redest du da? Und was sollen diese komischen Zuckungen?"
"Meine Güte!! Von Mr. Perfect? Klingelts endlich bei dir?" kam es mir nun wesentlich energischer über die Lippen.
Man sah wie es in Jimins Kopf ratterte, sekundenlang geschah nichts, doch dann endlich schien ihm die Erleuchtung zu kommen. "Ah!" machte er und strahlte plötzlich über beide Ohren.
"Der Typ auf den du ein Auge geworfen hast!" posaunte er im nächsten Moment auch einfach so laut und frei heraus.
Jetzt hatte ihn mit Sicherheit jeder gehört. Jeder.
---
oof... nicht wirklich viel passiert :'(
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top