27


˚ ✧ ⋆。˚

TAEHYUNG

Die Minuten bis zu dem Augenblick, an dem unsere Eltern das Haus verlassen würden, zogen sich ewig lang. Zumindest musste dies Jungkook so vorkommen. Schon seit einigen Stunden gab er mir in unserem Wohnzimmer etwas Nachhilfe in Mathe. Seine Mutter war auf die grandiose Idee gekommen, dass er mir in diesem so wichtigen Fach doch helfen könnte.

Dass ich Mathe eigentlich verabscheute, war für mich aber noch lange kein Grund, Jungkook nicht zuzuhören, selbst wenn er mir alles lustlos erklärte. Mein jüngerer, zukünftiger Stiefbruder schien von diesem Fakt – wie allgemein in letzter Zeit – sehr verwirrt zu sein. Seit vorgestern schaffte der Schwarzhaarige es kaum, mich vernünftig anzusehen. Es war kein Wort zwischen uns beiden gefallen, geschweige denn hatte er sich wie so oft über mich beschwert.

Vorerst hatte ich mir einen Reim daraus machen können. Inzwischen war ich mir aber nicht mehr so sicher, ob Jeon Jungkook tatsächlich in meiner Gegenwart einen Ständer bekommen hatte. Möglicherweise war der Gute ja wirklich schwul oder bisexuell... und möglicherweise empfand er mich als attraktiv, sodass er Angst hatte, ich könnte genau dies von ihm denken.

Aber auch wenn das im ersten Moment noch positiv klang, bedeutete das immer noch, dass er mich hasste. Er würde mich höchstwahrscheinlich auch niemals auch nur ansatzweise mögen können. Diese Erkenntnis deprimierte mich, auch wenn ich sie im Endeffekt doch schon gehabt hatte.

Kaum, dass das Geräusch der zufallenden Haustür ertönt worden war und Appa und Yeon das Haus verlassen haben mussten, hörte Jungkook augenblicklich auf, mir irgendwelche mathematischen Regeln vorzubeten, und schaute über seine Schulter zum Flur.

„Ich glaube, ich verstehe es langsam etwas...", sagte ich dann gedehnt, um ihm dadurch indirekt zu danken. Abgesehen davon, dass ich stinkfaul war und Mathe mir schon seit Jahren den letzten Nerv raubte, hatte ich es noch nie gecheckt. Doch jetzt... jetzt funktionierte es zumindest etwas.

„Ist doch jetzt egal, wir brauchen den Schlüssel", blockte er wie erwartet ab und erhob sich. Ich tat es ihm gleich, um auf ihn herabzuschauen. Er schien sichtlich nervös zu sein und verschränkte seine Finger ineinander. Das machte er immer, wenn er unsicher war.

Unser Plan sah wie folgt aus: Um in das Büro seiner Mutter zu gelangen, brauchten wir einen dazugehörigen Schlüssel. Es existierten zwei Stück. Einer baumelte am Schlüsselbund von Yeon selbst und der andere gehörte Olga, sodass diese dort wischen und Staub putzen konnte.

Das Problem für Jungkook war, dass es für ihn sicherlich nicht einfach war, neben seiner Mutter nun auch noch Olga auszurauben. Ich hatte ihn murmeln gehört, als er glaubte, ich sei auf der Toilette: „Nur für uns alle. Für Appa, für Eomma. Selbst wenn es egoistisch ist... mach es."

Beide bedeuteten ihm viel, und er fühlte sich sichtlich mies. Aber zugleich dachte er bei diesen Diebstählen auch an die beiden, da er in mir und Appa eine scheiß Zukunft vorhersah... Yeon und Olga konnten sich wirklich glücklich schätzen, von Jungkook dermaßen geliebt zu werden, da er alles für seine Liebsten tat. Die Vorstellung war wirklich surreal, wenn ich sie auf mich selbst bezog.

Wir gingen stumm nebeneinander her, als wir Olgas Bereich zusteuerten. Ein ziemlich schräger Gesang und der Geruch von süßen Badekugeln schlug uns entgegen, als wir nur noch wenige Meter von ihrer Tür entfernt waren.

„Sie nimmt ein Bad", schlussfolgerte Jungkook, der immer noch etwas bleich im Gesicht aussah.

„Dann gehst du da am besten rein", bestimmte ich schließlich. „Warum ich?", wollte er augenblicklich perplex von mir wissen, und für einen kurzen Moment schien seine Angst vergessen zu sein, denn der giftige Blick, den er mir nicht selten schenkte, war in sein Gesicht zurückgekehrt.

„Es ist dein Mutter. Außerdem kennt Olga dich", entgegnete ich achselzuckend, obwohl ich innerlich durch unseren Augenkontakt ein dumpfes Gefühl bekam.

„Ich will sie aus Versehen aber auch nicht nackt sehen." Der Schwarzhaarige schluckte schwer, und ich konnte nicht verhindern, dass sich bei seiner Befürchtung ein leichtes Schmunzeln auf meine Lippen schlich. Nein, das will ich definitiv auch nicht.

Olgas Versuche, ihre Lieblingsopernsängerin zu imitieren, erreichten ihren Höhepunkt und Jungkook hielt sich die Ohren zu. „Das ist ja nicht auszuhalten..." Dann verdrehte er die Augen. „Gut, ich mach's. Aber bleib hier, und gibt irgendein Warnzeichen, wenn sie sich nähert."

Ich nickte mechanisch und somit schlich sich Jungkook in Olgas Salon. An diesen grenzten ihr Schlafzimmer und ihr Bad. Er musste also an letzterem vorbei, um zur Kommode zu gelangen, auf welchem sich wohl ihr Krimskrams befand.

Obwohl ich eigentlich auf die Tür achten sollte, nutzte ich den Moment, um Jungkook von hinten zu beobachten. Ich mochte es, wenn er nur seine Gammel-Sachen trug, die aus einem großen Shirt und einer Jogginghose bestanden. Irgendwie war er so niedlich... bis er begann mit mir zu sprechen.

Alles verlief reibungslos und Jungkook kam nahezu strahlend und mit dem Schlüsselbund in der Hand zu mir zurück. Für einen kurzen Moment konnte ich wieder nicht herum, ihn anzustarren.
„Boah... hab' ich Schiss", gab er schließlich zu. „Wir müssen uns jetzt beeilen. Sie badet nicht ewig."

„Sonst sieht sie, dass ihre heiligen Schlüssel weg sind, schon klar", entgegnete ich und wandte meinen Blick ab, ehe Jungkook sich keuchend die dunklen Haare zurückstrich und hinüber zur kleineren Treppe nickte, über welche wir in den ersten Stock gelangen würden. „Los?"


(...)

Ich konnte kaum glauben, es tatsächlich sagen zu können, aber Jungkook und ich schafften es, in das Büro seiner Mutter einzudringen. Dort war es wie auch im restlichen Haus top aufgeräumt. Während Jungkook, der sich hier auszukennen schien, sofort einen bestimmten Aktenschrank zusteuerte, begab ich mich zu dem Schreibtisch von Yeon, um mir einige Fotos anzusehen.

Dort befanden sich einige Aufnahmen von ihr selbst als junge Frau, von Jungkook als kleiner, noch niedlicherer Junge und von der dreiköpfigen Familie. Ich stellte fest, dass Jungkook immense Ähnlichkeit zu seinem Vater aufwies. Aus irgendeinem Grund wurde mein Herz beim Anblick dieser Fotografien schwer. Ich gehörte dieser Familie noch nicht einmal an, und doch konnte ich diesen Schmerz, den Jungkook empfinden musste, irgendwie nachvollziehen, obwohl mein Appa noch lebte.

„Hier ist sie." Ich blickte zu meinem Stiefbruder, der eine schwarze Akte in die Höhe hob. Anschließend verschloss er den Schrank wieder sorgfältig. „Nichts wie raus hier."

Gesagt getan. Ich, der den Schlüssel zum Büro in den Händen hielt, wartete darauf, dass Jungkook aus diesem trat, ehe ich den Raum sorgfältig verschloss. Wir hatten keinerlei Spuren hinterlassen. Alles war glatt gelaufen.

„Weißt du, es ist komisch...", begann er schließlich und schaute auf die Akte herab, sodass ich mich nur wundern konnte, dass er plötzlich vergessen zu haben schien, dass Olga irgendwann ihr Bad beendet haben musste, und er Groll gegen mich hegte.
„All die Zeit dachte ich immer, dass ich niemals so etwas tun würde... und nun ist alles so anders. Seitdem e-er tot ist... nun spiele ich die Fehler meiner Mutter gegen sie aus..."

Unschlüssig, wenn nicht beschämt sah er mich an, und ich konnte nicht anders, als in diesem Augenblick Mitleid für ihn zu empfinden. Bis auf den Tag, an dem er betrunken gewesen war, hatte er noch nie so offen mit mir gesprochen. Mein Herz machte einen kurzen Aussetzer.

Ich blieb jedoch stumm, als er ein weiteres Mal mit sichtlicher Verzweiflung in der Stimme ansetzte: „Ich weiß es selber nicht, nur... nur–"

Mit einem Mal zuckten wir beide zusammen, als es plötzlich klingelte. Während Jungkook erst mich und anschließend auf die Akte in seinen Händen starrte, konnte ich nichts anderes tun, als in Richtung des Flures zu schauen.

Das hieß dann wohl: Fuck.




✧ ✧ ✧

weiß selber nicht, wieso ich es noch so soft am Ende gemacht habe gahaha

und ich bin selber überrascht, dass ich plötzlich so viel aus taes sicht schreibe... ich muss immer aufpassen, nicht zu viel zu spoilern xD

— denkt ihr, die beiden werden jetzt erwischt?

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top