Chapter 63

(Bild: Collage James und Sirius)

James Potter P.o.V.:

Den ganzen Tag falte ich das Pergament jetzt schon auf und wieder zusammen bis es nur noch ein galleonengroßes Rechteck ist. Doch schlauer bin ich deswegen nicht geworden. Der Absender ist noch immer unbekannt. Aber die Worte blieben dieselben. 

Sie sind in Gefahr. Voldemort hat einer Allianz mit den Blacks zugestimmt. Wenden Sie sich an Ihre Kollegen aus dem Autorenbüro und lassen Sie sich beschützen. Verstecken Sie sich. Und dann noch: Keine Sorge um Ihre Kinder, die Blacks wollen sie mit dem Mord an Ihnen verletzten. Vorerst sind sie in Hogwarts sicher.
Stellen Sie keine Nachforschungen über mich an, ich kann nur helfen, wenn ich anonym bleibe.

Der letzte Satz bereitet mir Kopfschmerzen. Helfen? Welcher Helfer will keine Anerkennung für seine gute Tat? Nur einer, der dadurch in Gefahr gerät, schießt es mir durch den Kopf. Aber wer sollte sich von den Todesseranwärtern, die noch mach Hogwarts gehen, auf unsere Seite schlagen? Sämtliche Kandidaten gehen nach Slytherin, und mit den Schlangen haben wir es uns schon lange verscherzt.

Und warum? Warum dieses Risiko? Regulus kommt mir in den Sinn. Wer sonst kommt infrage ausgerechnet meine Eltern zu warnen?

All den Todesserangriffen ist nie eine Warnung vorangegangen. Wieso wir? Wieso jetzt? Wieso nicht bei Grace oder einem der vielen anderen Opfer?

Trotz der Dankbarkeit dem Helfer gegenüber, dass er meine Eltern vor dem sicheren Tod bewahrt hat, befindet sich ein Misstrauen in mir, das mit jeder Minute wächst und alle nur denkbaren Sirenen läuten lässt. Und ich spüre Wut, unsägliche Wut auf die Welt und jeden, der es wagt, ein Mordkomplott gegen meine Mum und meinen Dad zu planen. Das Pergamentstück, das gerade zusammengefaltet ist, ist ein überraschend solider Widerstand, als ich es zwischen meinen Fingern zusammendrücke. Meine Fingerspitzen werden weiß, doch ich höre nicht auf. Meine Gedanken kreisen, immer und immer wieder um die unnatürlich grade geschriebenen Buchstaben in meiner Hand.

Die Schlafsaaltür geht auf und alle  Anspannung fällt reflexartig von mir ab. Ich erkenne Sirius' Gang, noch bevor er mit seinen Händen die Bettpfosten greift, sich vorbeugt und mich angrinst. Sein Haar, das Mum am Tag vor unserer Abreise extra kurz gezaubert hat, ist inzwischen beinahe kinnlang und schwingt lustig hin und her. "Prongs, Prongs, Prongs. Du befindest dich doch jetzt noch nicht schon im Land der unendlich Möglichkeiten, oder? Es sind Ferien, da ist Party angesagt!"

Ich hole aus. Sirius blinzelt verwirrt, als ihn ein Pergamentrechteck an der Stirn trifft und sieht ihm dann dabei zu, wie es lautlos zu Boden fällt. "Ah, verstehe! Du bist in der jamischen nachdenklichen Brumm-Laune und gerade nicht ansprechbar.", er klingt hinter all der gespielten Coolness bitter und seine Augen nehmen einen fast schon finsteren Ausdruck an. Er stößt sich ab, wobei mein Bett ein paar Zentimeter über den Boden schabt, und wirft sich dann mit Schwung auf sein Himmelbett.

Stille erfüllt den Raum und ich bereue, den Brief weggeworfen zu haben, denn meine Finger haben nichts mehr zu tun, was meinen Fuß in regelmäßigen Abständen gegen das Holz schlagen lässt. Sirius sagt nichts, obwohl ich weiß, dass ihn solche nervösen Ticks in den Wahnsinn treiben. 

"Unten im Gemeinschaftsraum kamen gerade die Nachrichten im Radio, James." Die Stirn gerunzelt drehe ich den Kopf in Sirius' Richtung. Er starrt angestrengt an die Decke, die Beine langgestreckt und die Hände auf seinem Oberkörper verschränkt, als würde er proben, wie es sich als Toter liegt. Ich blinzle, um dieses Bild aus dem Kopf zu bekommen. Die einzige Person, die heute meine finsteren Gedanken vertreiben konnte, war Lily Evans. Und das nur, weil sie etwas getan hat, das ich niemals erwartet hätte. 

Sirius dreht auch den Kopf, aber erst nachdem ich ihn gut eine Minute angestarrt habe. Wenn ich nicht wüsste, dass mein bester Freund der furchtloseste Mensch der Welt wäre, würde ich vermuten, dass Angst in seinen grauen Augen steht. Doch das Licht, das einzig und allein von der untergehenden Sonne stammt, könnte mir hier einen Streich spielen. Oder Sirius will mich mit Schauspielerei aus meinem Gedankenkarussell holen. Das alles hätte ich geglaubt, hätte er mich nicht beim Vornamen genannt.

Ich richte den Blick wieder auf den Baldachin meines Bettes und Sirius macht es mir gleich. "Wer ist gestorben?", frage ich, mir durchaus bewusst, dass es jemand sein wird, den ich kenne. "Niemand, aber nur, weil keiner Zuhause war. Es gab eine Art Hausdurchsuchung. Oder eher Hausverwüstung." "Wer war nicht wo Zuhause?" Sirius antwortet nicht sofort, doch das sagt mir alles. "Mum und Dad...", er schluckt und dreht den Kopf zu mir, "...Mum und Dad waren nur durch diesen anonymen Hinweis nicht Zuhause." Er lässt mir Zeit, die Neuigkeit aufzunehmen. "Im Radio haben sie gesagt, dass die Todesser die Schutzzauber durchbrechen konnten und dann das ganze Grundstück...durchsucht haben." Es ist klar, dass er verwüstet meinte.

"James... Es tut mir leid. So, so leid. Sie haben dein Zimmer kaum angerührt, aber Selenas und meines... die Räume wurden förmlich weggesprengt. Es ist klar, dass sie es auf uns abgesehen haben. Nicht auf euch. Ihr seid wegen uns ins Fadenkreuz gerückt. Und das tut mir leid, James, das musst du mir glauben. Ich hätte niemals-", er stockt, seufzt und schluckt dann laut, ehe er fortfährt:"Doch, ich hätte es ihnen zugetraut, jemanden zu engagieren. Aber ich hätte ahnen müssen, dass sie sich mit Voldemort zusammentun und dass es schon jetzt so weit ist. Es war ein offenes Geheimnis, dass Voldemort auf dem Festessen der Reinblüter sein würde und ich habe einfach nicht erkannt, was so offensichtlich war. Ich hätte es mitbekommen müssen. Es tut mir leid, James. Selena und ich werden uns natürlich ab sofort von deinen Eltern fernhalten. Wir werden uns irgendeine Bleibe in der Nähe des Bahnhofes suchen, wo wir den Sommer über leben werden und dann-" "Halt die Klappe, Sirius!", mein Tonfall ist bestimmt, doch meine Stimme ist weder erhoben, noch wütend. "Halt einfach die Klappe."

Sirius atmet stoßartig aus und presst dann seine Handballen auf seine Stirn. "Du bist mein Bruder, der Sohn meiner Eltern, also halt die Klappe und lasse dir von uns ein Zuhause geben.", ich spreche leise, aber nachdrücklich. Sirius Hände rutschen von seiner Stirn, als wäre sie aus Butter. "Was?", fragt er heißer. 

"Du hast mich schon verstanden. Mum und Dad kümmert es nicht, ob unser Haus von Irren mit Masken gestürmt wurde oder ob du und Sel ihnen Mörder auf den Hals gehetzt habt. Sie lieben euch wie sie mich lieben. Und das heißt, dass sie für euch noch weitere Mordanschläge überstehen werden. Ohne es euch beiden übel zu nehmen oder sich zu wünschen, euch niemals aufgenommen zu haben." Ich greife nach meinem Kissen, ziehe es unter meinem Kopf heraus und schleudere es ohne hinzusehen auf meinen besten Freund. Es ist viel zu hoch, als dass es den liegenden Sirius treffen könnte. Ich bin einfach so wütend auf ihn. Dass er immer noch nicht verstanden hat, dass er ein Teil der Potter-Familie ist. "Du wirst geliebt, also hör auf dich ständig-" Ein dumpfer Aufprall auf den Boden bringt mich dazu, meine Arme in die Matratze stemmen und meinen Oberkörper aufzurichten. 

"Alles gut?", frage ich. Sirius ist nirgends zu sehen. Dann nehme ich ein hündisches Schwanzwedeln hinter dem Himmelbett wahr, und eine Sekunde später springt ein Hund mit pechschwarzem Fell und dunklen, aber leuchtenden Augenaufs Bett und sieht mich vorwurfsvoll an. Ich kann mir vorstellen, dass so ein Abgang als Hund angenehmer ist. Beeindruckend, dass er sich noch im Fallen verwandeln konnte.

Ich verkneife mir ein Grinsen. "Wer rechnet auch schon damit, dass du sitzt?", frage ich den Hund, welcher daraufhin den Kopf schief legt und mich mit seinen Augen durchbohrt. Nachdem der Blick seine volle Wirkung entfaltet hat, sitze ich plötzlich wieder Sirius, dem Menschen, gegenüber. "Du hast mich einfach runtergefegt!", meint er fassungslos.

"Sorry, Kumpel, wollt ich nicht." Sirius zieht die Augenbrauen hoch. "Sicher?", fragt er nach. Ich nicke mit ehrlich schuldbewusster Mine und entschuldige mich noch einmal. Sein Blick verändert sich. "Danke", sagt er leise, "Für das, was du als letztes gesagt hast." Ich grinse und lasse mich zurück auf mein Bett fallen. "Du bist mein Bruder, Sirius, vergiss das niemals." "Werd ich nicht.", verspricht er flüsternd. "Gut." Schweigen tritt ein und legt sich über uns. Keiner von uns ist darauf aus, über belanglose Alltagsthemen zu sprechen, also hängt jeder seinen Gedanken nach. 

Ich muss trotz der frühen Uhrzeit eingeschlafen sein, denn das nächste, was ich mitbekomme, ist Sirius, der mich an der Schulter rüttelt und meinen Namen immer und immer wieder flüstert. "Prongs, wach auf. Na los, Kumpel, es ist wichtig." Vor den Fenstern herrscht Dunkelheit, nur im Schlafsaal brennt eine einzelne Kerze auf Sirius' Nachtschränkchen. Es ist bestimmt weit nach Mitternacht. 

Remus' und Peters Vorhänge sind zugezogen. Ihre regelmäßigen Atemzüge dringen nur gedämpft hindurch, doch Peters Schnarchen erreicht meine Ohren ohne Probleme. Ich setze mich auf, lehne mich gegen das Kopfende meines Himmelbettes und sehe Sirius verschlafen dabei zu, wie er es sich am anderen Ende meines Bettes gemütlich macht. Er hat einen Brief in der Hand, den er keine Sekunde aus den Augen lässt. 

Erst jetzt fällt mir auf, dass ein kalter Luftzug im Schlafsaal seine Runden dreht. Ich mustere die Fenster, aber ohne meine Brille kann ich nicht erkennen, ob eines geöffnet worden ist.

Wo ist dieses Teil, wenn man es mal braucht? Ich sehe mich mit zusammengekniffenen Augen um und ertaste zur selben Zeit, ob meine Brille auf meinem Nachttisch liegt. Was sie tatsächlich tut. Ich frage mich, wer von den Jungs sie mir abgenommen hat. Sirius sieht genauso verpennt aus wie ich, was Remus zu meinem Favoriten macht. 

Inzwischen ist es im Raum eisig kalt und mit meiner Brille auf der Nase kann ich auch erkennen, dass es einige Schneeflocken durch das einzig offene Fenster direkt neben Sirius' Bett herein geweht hat. Mit einem Blick auf Sirius, der wie gebannt den Brief liest und keine Anstalt macht, das Fenster zu schließen, dass er trotz zweistelligen Minustemperaturen offen gelassen hat, schlage ich ergeben die Bettdecke zurück. Der Fußboden ist noch kälter als die Luft, weswegen ich zwei kurze Sprints hinlege, um mich so schnell wie möglich wieder unter meiner Decke verkriechen zu können. 

"Also", fange ich an, die Füße wieder im Warmen und einigermaßen wach, "was ist so wichtig?" Sirius, auf dessen Gesicht sich ein breites Lächeln gebildet hat, reicht mir den aufgefalteten Brief. "Sie haben geschrieben! Ich kann zwar nichts lesen, aber das ist ihre Chiffre!" Erleichterung durchströmt mich von den Zehenspitzen bis zum Haaransatz. Es geht ihnen gut!

Ich sehe auf eine Ansammlung von Buchstaben, die zusammen keinen Sinn ergeben. Nur wenn man diesen einen ganz bestimmten Schlüssel hat, kann man die Buchstaben nach der alphabethischen Reihenfolge so verschieben, dass logische Sätze entstehen. Der Schlüssel, den Selena, Sirius und ich uns ausgesucht haben für geheime Briefe zwischen uns und Mum und Dad ist 11191971. Um 11 Uhr am 1. September 1971 hat die Rumtreiber-Ära begonnen, ein Ereignis, das keiner von uns jemals vergessen will.

Sirius schnappt sich die nächstgelegene Feder, die entweder ihm oder Peter gehört, denn Remus ist zu ordentlich, um sein Schulsachen auf dem Boden herumliegen zu lassen, und ich bin mir sicher, dass meine in meiner Schultasche ist, und entschlüsselt vor sich hin murmelnd den Brief, indem er Zahlen und Buchstaben für mich ohne Sinn auf das Pergament kritzelt.

Und so wird aus MJFKF TPOEFS, FJY OPGGFW FB NFIU FDDQ NVU. VOB HNOU FT HDU. FPS TJOM JV TPNFOC JW LJOFN BJLOFSFO QBDZ EFT NRORZUFSJDNB. ZVDIU KJCAF OJDQU WHDI EFVKNUJHFO, MFABOT HFFBAUU IBU FT XRSM NFGBFQSUPDI XFAENU, XFOO RIA PIO JO MJN LOHF UAFRIU. QBTBU JBG FVDQ BDM VOE TCFUSU OJDQU IB WJFM DOOBH BO. JW MRLCF, NVV VWK EBE der wirkliche Brief: 

Liebe Kinder, wir hoffen es geht euch gut. Uns geht es gut. Wir sind im Moment in einem sicheren Haus des Ministeriums. Sucht bitte nicht nach demjenigen, der uns gewarnt hat. Es wird gefaehrlich werden, wenn ihr ihn in die Enge treibt. Passt auf euch auf und stellt nicht zu viel Unfug an. In Liebe, Mum und Dad

Sirius grinst mich breit an, als ich von dem entschlüsselten Brief aufsehe. Ich muss nicht seine Gestik und Mimik analysieren, um zu wissen, wie froh er über diese Nachricht ist. Denn ich fühle das Gleiche. Mir wurde das gleiche tonnenschwere Gewicht von den Schultern genommen und die gleiche Portion Drogen gespritzt.

Sirius springt auf und öffnet seinen Schrank, in dem er eine quadratische Schachtel mit sämtlichen Briefen aufbewahrt, die wir je von Mum und Dad bekommen haben. Man mag es ihm nicht ansehen, aber er ist nicht den ganzen Tag lang der coole Mädchenschwarm. Der Sirius, der gerade fein säuberlich die Box voller Erinnerungen öffnet, steht im krassen Gegensatz zu dem, der am Anfang des vierten Jahres ein Poster mit einem blonden, amerikanischen Bikinimodel an die Innenseite seiner Schranktür geklebt hat. 

Grinsend lasse ich mich zurück in meine Kissen fallen. "Wie war eigentlich der restliche Sylvesterball mit Laura Miller? Du hast gar nichts davon erzählt." Es raschelt, ehe er antwortet:"Wärst du nicht schon kurz nach Mitternacht verschwunden, hättest du es mitbekommen, Prongsy." Sirius kehrt mit federnden Schritten zu seinem Bett zurück und erwidert meinen neugierigen Blick mit einem überheblichen und wissenden. 

"Na komm schon, Padfooty, wie war's?" Er zuckt mit den Schultern, während er sich die Bettdecke bis zum Kinn hochzieht. "Ganz schön, sie ist nett und lustig und gar nicht so schüchtern wie ich am Anfang gedacht habe, aber..." Im flackernden Licht der Kerze kann ich nicht mehr erkennen, als dass er einen Augenblick lang die Augen schließt und tief durchatmet.

"...sie ist nicht Marlene.", beende ich seinen Satz. Sirius nickt, die Lippen fest zusammengepresst. "Ja", sagt er schließlich verhalten, "keine ist wie Marlene."

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(Bildquelle: https://i.pinimg.com/236x/f0/ac/3c/f0ac3c643f7d0b7a6f60af384a869f4b--aaron-johnson-lily-potter.jpg)

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