33 | Fallschirmsprung
Es fühlte sich so an, als sei mein Kopf von meinem Körper getrennt worden. Etwas verdeckte meine Augen, doch meine Arme und Hände reagierten nicht. Das erinnerte mich sehr stark an die erste Aufgabe, in welcher ich liebevoll betäubt und entführt wurde.
Wenn ich darüber nachdachte, war es dumm danach nicht zum Arzt zu gehen - wer wusste, was mir dort gespritzt wurde.
Ich konnte meine Körperteile nicht mal spüren.
War das eine Schlafmaske, welche auf meinen Augen lag? So etwas besaß ich nicht mal.
Warum waren meine Augen verbunden?
Langsam konnte ich meinen unteren Körperbereich wieder spüren und ich merkte, wie mein Hintern auf dem kalten Boden saß.
»Sie kommt zu sich!«
Das war das Erste, was ich hörte. Es war dumpf. Wie als wäre ich Unterwasser. Um so mehr spürte ich den leichten Tritt gegen mein Bein.
Ich fühlte mich wie auf Drogen. Zwar wusste ich nicht, wie es war, wenn man unter Drogen stand, jedoch stellte ich es mir genauso vor.
Alles war wie betäubt - sogar mein Hörsinn.
Erst nach einer kurzen Zeit, welche sich jedoch wie eine Ewigkeit anfühlte, gelang ein leiser Ton in meine Ohren.
Ich konnte nicht ganz Zuordnen, zu was dieser Ton gehörte. Ich konnte ja nicht mal zuordnen, ob das alles real oder nur ein Traum war.
Jemand machte sich an meiner Augenbinde zu schaffen und ich versuchte mich schnell von diesem Jemand wegzudrehen. Ohne Erfolg.
Mein Körper hörte einfach nicht auf mich.
Grelles Licht ließ mich für kurze Zeit verblinden.
Nur langsam gewöhnten sich meine Augen an die Helligkeit und es fühlte sich so an, als wäre ein Schalter bei mir umgelegt worden, welcher alle Sinne auf Hochtouren brachte.
Laute Propellergeräusche erschlugen mich regelrecht. Meine Gliedmaßen kribbelten, wie als seien sie aus ihrem Winterschlaf erwacht und ich blickte direkt in das Gesicht von Jimin, welcher neben mir saß und die Augenbilde, welche zuvor noch meine Sicht verdeckte, in seiner Hand hielt.
Vorsichtig bewegte ich meinen Kopf, nur um die anderen Acht zu erkennen.
Warum waren wir in einem Hubschrauber? Wie bin ich überhaupt hierhergekommen?! Das war doch schon Freiheitsberaubung auf höchstem Niveau!
Gerade als ich ansetzen wollte, zu fragen was hier los war, kam ein Mensch aus dem Cockpit.
Er trug eine Maske, welche ziemlich gruselig ausschaute. Die Augen waren schwarz, der Mund wurde zusammengenäht und verzog sich links zu einem Grinsen und rechts hing der Mundwinkel weit nach unten. Die Haut war schneeweiß.
Zwar gab es sonst nichts besonders an der Maske, jedoch war die Aura, welche von dieser Gesichtsbedeckung ausging, nicht gerade freundlich.
Wir blieben alle ruhig sitzen. Keiner Bewegte sich, sondern folgten mit den Blicken nur dem maskierten Mann. Grob setzte uns dieser große Kopfhörer auf den Kopf, welche mit Schnüren an der Decke befestigt waren.
War das -S? Könnte wirklich der Mann, welcher für das Geschehen der letzten Tage verantwortlich war, uns die Kopfhörer aufgesetzt haben und vor uns stehen? Sein Gesicht verdeckt und unerkennbar.
So gerne wollte ich die Maske von seinem Gesicht zerren, doch die Angst hielt mich zurück.
Sobald jeder von uns die roten Teile auf dem Kopf hatte, verschwand der Mann wieder im Cockpit.
»Ihr habt schon lange nicht mehr meine Stimme gehört! Habt ihr sie vermisst?«, ertönte die verstellte Stimme von -S, welcher kurz in Gelächter ausbrach - nichts war lustig. Der sollte sich mal beruhigen.
»Jedenfalls, heiße ich euch willkommen, zu der finalen Aufgabe!«
Wir schauten uns alle gegenseitig an.
War das sein Ernst? Es würde dann einfach fertig sein? So schnell? Warum hatte er aber dann die Universität für eine Woche sperren lassen? Diese unbeantworteten Fragen machten mich verrückt!
»Die bisherigen Aufgaben waren ungefährlich. Jetzt jedoch könnt ihr sterben. Eine falsche Entscheidung, ein falscher Schritt und man hat das Spiel verloren.«
Er lachte erneut.
Sterben? Was zum Teufel... Was war los mit diesem Mann?! Er konnte doch kein Menschenleben für sein dummes Spiel in Kauf nehmen!
»Diese Aufgabe, wird länger als gewöhnlich. Denkt dran; ihr seid meine Spielfiguren. Das ist mein Spiel. Verstößt ihr gegen die Regeln, wird das Konsequenzen haben.«
Mein Blick ging zu Hoseok, dessen Seele sich schon längst von seinem Körper verabschiedet hatte, so fertig war er mit seinen Nerven.
Oder er war bewusstlos.
»Warum seid ihr in meinem Hubschrauber? Ganz einfach; die Aufgabe wird in der Luft stattfinden. Über euch seht ihr Fallschirme. Setzt sie euch auf den Rücken - oder ihr werdet ein schnelles Ende finden.«
Hoseok war doch nicht bewusstlos, da er schnell nach oben griff und sich den Fallschirm auf den Rücken spannte. Wir taten es ihm gleich.
Ich war überrascht, wie leicht der Fallschirm war. Ich dachte immer, die würden mehr wiegen.
»Ihr werdet gleich aus dem Hubschrauber geworfen. Doch, ihr kennt es doch alle auf Filmen, ein Fallschirm wird nicht funktionieren. Ein unschöner Tod, nicht wahr? ...Wenn man die Überreste vom Boden aufsammeln muss~«
Mein Herz begann wie wild zu schlagen. Ich wusste zwar nicht, wie schwer so ein Fallschirm normalerweise war, doch meiner war wirklich verdächtig leicht.
Bitte nicht. Ich wollte nicht, dass ich oder jemand anderes an einer bescheuerten Aufgabe starb!
»Die letzte Aufgabe, beginnt jetzt.«
Ehe er fertig gesprochen hatte, klappte der Boden unter unseren Füßen weg. Die Kopfhörer lösten sich von unseren Köpfen und schwebten, an der Schur befestigt, über dem Abgrund, in welchen wir schreiend fielen.
Während sich Hoseok, Jimin und Yoongi die Seele aus dem Leib schrien, versuchte Namjoon wieder die Führung zu übernehmen. Er war echt ein geborener Anführer.
»Wir müssen uns alle festhalten!«, schrie er. Seine Stimme kam nur brüchig bei mir an. Zu laut war der Wind, welcher um meine Ohren peitschte.
Ich wusste nicht genau, wie ich es anstellte, doch ich kam letzten Endes bei Jade und Jungkook an und griff nach ihren Händen.
So entstand ein großer Kreis. Wir alle hielten uns fest und flogen gemeinsam immer weiter auf den harten Boden zu.
»Taehyung, du öffnest zuerst deinen Fallschirm!«, schrie Namjoon wieder und versuchte Luft zu holen.
»Wenn deiner aufgeht und du nach oben fliegst, schließen wir anderen den Kreis wieder und der Nächste öffnet seinen Schirm!«
Wir alle nickten schnell. Ich tat mir wirklich schwer, nicht in Panik auszubrechen. Verdammt! Passierte das alles wirklich?!
Taehyung ging dem Befehl nach und zog an der Schnur. Zum Glück spannte sich sein Fallschirm sofort auf.
Während wir immer schneller zu Boden fielen, schwebte er gemütlich den Weg nach unten.
Wir schlossen den Kreis wieder und Jin war nun an der Reihe.
So ging es immer weiter, bis schließlich nur noch Namjoon, Yoongi und ich übrig waren. Die Anderen hatten Glück gehabt und schwebten seelenruhig in der Luft herum. Also kam nur noch einer von uns Drei in Frage.
»Yuna, jetzt du«, meinte Namjoon und ich nickte leicht. Mit zitternden Fingern griff ich nach der Schnur, welche meinen Fallschirm aktivieren sollte.
Nachdem ich ein paar Mal ins Leere gegriffen hatte, bekam ich es doch noch zu schnappen und zog mit aller Kraft daran.
Ich hatte es geahnt. Mein Rucksack war zu leicht.
Es kam kein Fallschirm raus. Nein, viel mehr löste sich der ganze Rucksack von meinem Körper und flog an mir vorbei, ein Stück weiter nach oben.
Namjoon und Yoongi rissen ihre Augen auf. Nuri und Jade begannen panisch zu schreien und ich versuchte mir einzureden, dass alles gut wird.
-S meinte es wirklich ernst. Wir konnten sterben.
Ich konnte meine Angst nicht mehr zurückhalten und begann ebenfalls zu schreien. Ich hatte Glück, dass keine Fliege hier entlang flog, doch das wäre wirklich mein kleinstes Problem gewesen.
»Yuna, entspann dich! Wir schaffen das!«, schrie mir Yoongi zu und griff nach meiner Hand, damit ich zurück in den Kreis kam.
Ich sah wie die Beiden angestrengt miteinander und auch mit mir redeten, doch es kam kein Wort in meinen Ohren an. Ich fühlte mich wie betäubt.
Ehe ich mich versah, öffneten Beide ihrer Fallschirme. Ich spürte, wie mein Tempo abrupt langsamer wurde und es meine Beine nach oben zog.
»Wir sind zu nah aneinander.«
Yoongi blickte nach oben und machte auf die beiden Fallschirme aufmerksam, welche sich gegenseitig den Platz wegnahmen.
Ich schloss einfach meine Augen. Viel ausrichten, könnte ich eh nicht und eine Panikattacke hätte uns auch nicht weitergeholfen.
»Jetzt~«, meinte Namjoon und dann passierte alles ganz schnell.
Ich wurde nach rechts gezogen. Yoongi befahl mir, meine Füße zu heben und dem tat ich auch gleich. Ich schlang sie um seine Hüfte und presste meinen Kopf an seine Brust. Während er mit der einen Hand den Schirm steuerte, spürte ich die Andere an meinem Rücken.
Doch natürlich war der Fallschirm nicht auf das Gewicht von zwei Personen ausgelegt.
Zu zweit kamen wir auf einer großen Wiese an und rollten mit schnellem Tempo über diese. Yoongi drückte meinen Kopf fest an seinen Oberkörper und schützte diesen somit vor dem harten Boden.
Wir kamen zum Stehen. Doch wir bewegten uns kein Stück. Wir mussten den Schock und das Adrenalin erst mal verdauen. Meine Atmung setzte erst viel später wieder regelmäßig ein.
Yoongi hatte mir geholfen - mal wieder. Und ich war ihm so unendlich dankbar dafür.
»Oh mein Gott, Yuna!«
Jade rannte zu mir und entfernte mich von Yoongi, indem sie mich hochzog und in die Arme schloss. Namjoon hingegen half dem Blonden, welcher unter mir lag.
Immer noch unter Schock erwiderte ich Ihre Umarmung nicht. Ich verstand nicht, warum S so weit ging. Warum wollte er, dass ich starb? Hatte ich gegen eine Regel verstoßen? Fand er mich nervig?
Das musst geplant sein, immerhin wurden wir, so gesehen, den Fallschirmen zugeteilt.
»Scheiße! Verdammt, was ist falsch mit diesem Psycho?!«, fluchte Yoongi und rieb sich seinen Ellenbogen.
Bevor wir uns auch nur etwas von der Aktion beruhigen konnten, zeigte Jungkook schnell nach oben.
»Passt auf!«
Eine Glasflaschen kam in schneller Geschwindigkeit auf den Boden geschossen und zersprang, nur knapp neben uns, in tausend Scherben. Das hätte auch ganz böse enden können.
Ein weißer Zettel kam zum Vorschein, auf welchem ein großes „-S" zu erkennen war. Das ist nicht sein Ernst.
Wir waren doch bloß Studenten! Hasste er uns so sehr? Meinte Nuri nicht, dass Nathaniel Studenten hassen würde?
Eins war sicher; diese Aufgaben würde nicht so human ausgehen, wie die Bisherigen. Schon allein die Aktion gerade bewies dies. Wir konnten uns nicht auf unser Glück verlassen. Wir mussten uns gegenseitig vertrauen und helfen.
W Ö R T E R: 1713
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