☂ ᵃᵘᶠ ʷᵃˢ ᶠᵘᵉʳ ᵉᶤᶰᵉᵐ ᵘᶰᶤᵛᵉʳˢᵘᵐ ˡᵉᵇᵉᶰ ʷᶤʳ¿

Kurze Erwähnung von Suizid!!

☂ jungkook

Ich muss ganz ehrlich gestehen, dass ich selber noch nicht realisierte, hier zu stehen. In einem wildfremden Zimmer mit einer mehr oder weniger fremden Person. Oder war es meine verdammte soziale Angststörung, die mir Taehyung als fremde Person immernoch verkaufen wollte? Heute war Freitag, es war abends. Dementsprechend war ich in Belastungserprobung.

Belastungserprobung war einfach die zwei bis drei Tage von Freitag bis Sonntag, die man bei sich zuhause verbringen musste. Das hatte den Zweck für uns PatientInnen herauszufinden, wie weit wir es aushalten und bewältigen können, alleine auf uns gestellt zu sein. Ohne die Hilfe der Psychiatrie beziehungsweise den PflegerInnen und ÄrztInnen.

Dadurch, dass ich ein Waisenkind bis vor einem Jahr war, hatte ich logischerweise nirgends einen Ort, wo ich hingehen konnte. Man versuchte es zwar immer mit Pflegefamilien, aber es brachte nichts, wenn ich sowieso nur für paar Monate bei ihnen eingeplant war und gelebt hatte. Jetzt, wo ich 19 Jahre alt war, suchte ich bereits nach Wohnungen für mich, um nicht immer von der Psychiatrie abhängig zu sein.

Erst seit einem Jahr machte ich diese Belastungserprobungen, weil ich da erst volljährig war. Und heute stand ich in der Wohnung von Taehyung für die dieswöchige BE. Wahnsinn. Nach unserem zufälligen Treffen um gefühlt 3 Uhr morgens entschied ich mich eher spontan dazu, diese BE bei ihm zu verbringen. Vorallem hatten wir beide sehr viel noch zu besprechen, zumal ich jetzt nicht mehr wusste, wie das mit uns beiden weiter gehen würde.

Bauten wir auf unser unklares Verhältnis eine Freundschaft auf? Wie würde uns unsere Vergangenheit für die Zukunft beeinflussen? Wie nannte man diese Phase, in der wir beide gerade steckten?

Ich fragte mich, ob ich ihn mochte beziehungsweise auf welche Weise ich ihn mochte. Es war für mich kein Geheimnis mehr, dass ich mich zu seiner Person hinzugezogen fühlte. Ich fühlte mich immer wohl bei ihm. Er gab mir das Gefühl nicht falsch zu sein, für der, der ich eben nun mal war.

Ich stellte meine Tasche mit seinen Sachen auf die riesige Fensterbank seines Schlafzimmers und blickte aus den genauso großen Fenstern heraus. Es waren zwei große Fenster, die man wie eine Tür öffnen konnte. Ebenso hatte man einen breiten Ausblick auf den Himmel und den Horizont, was ich gerade merkte, als ich hinaus schaute.

,,Gefällt dir die Aussicht? Manchmal sitze ich mit einem Buch auf dieser Fensterbank und lasse die bunten Farben des Himmels auf die einzelnen Buchseiten strahlen. Wenn es dann nachts ist, lasse ich die Lichterkette an und schaue zum Horizont, bis ich einschlafe.",ertönte Taehyungs Stimme, woraus ein deutlicher Klang von Entspannung und Frieden herauszuhören war.

Er war gerade dabei unsere Jacken aufzuhängen und seinen Autoschlüssel zur Seite zu legen, nachdem er mich von der Klinik abgeholt hatte. Ich ließ seine Worte für einen Moment auf mich sacken und sortierte mich innerlich. Es fiel mir immernoch trotz jahrelanger Behandlung sehr schwer zu reden und bei einer Konversation fokussiert zu bleiben.

,,Du hast das gerade sehr poetisch formuliert. Man hört es dir an, dass du viel liest. Ehrlich gesagt, bin ich fast schon eifersüchtig darauf, wie viele Bücherregale in deiner Wohnung stehen. Sei es im Flur, Wohnzimmer oder hier.",antwortete ich leicht am Grinsen, während ich gedanklich mit mir am hadern war, ob ich meine dünne Jacke ausziehen soll oder nicht.

Ich fand mich einfach hässlich. Meine Arme waren voller dicker Narben, gleichzeitig war ich unfassbar dünn. Ich hatte einfach keinen Bauch, ich sah aus wie ein Skelett mit einer einzigen Hautschicht. Jedenfalls fand ich mich so aussehend. Trotzdem trug ich manchmal kurzärmlige Sachen oder Klamotten, die betonter waren. Einfach, um mich meiner Angst zu stellen und mir selber zu beweisen, dass es die Stimmen in meinem Kopf waren, die mich fertigmachten und nicht immer unbedingt die Menschen um mich herum.

,,Ich habe dir ja erzählt, wie ich damals mit meinem Vater auf unserem Boot gelesen habe. Anschließend dann aber durch dich wieder ins Lesen gefunden habe.",erwiderte Taehyung ruhig, als er zu mir schaute und mir ein fröhliches Lächeln schenkte. Dies erwiderte ich unsicher, bevor ich mich vollständig zum Fenster drehte und meine Jacke doch noch auszog.

,,Dass du durch mich wieder zum Lesen kamst, habe ich vergessen gehabt.",gab ich ehrlich zu. Es war jetzt das erste Mal, dass wir über unsere Vergangenheit sprachen mit dem Bewusstsein, uns seit Jahren eigentlich zu kennen. Ich spürte die Verlegenheit wieder auftauchen, als ich daran zurück erinnerte, wie er mir unwissend von diesem ,,intelligenten Jungen, der ihm das kleine Büchlein mit den Gedichten damals schenkte" erzählte.

Der war ich.

,,Ich habe es nie vergessen.",kam es wie aus der Pistole geschossen. Ich verschränkte meine Arme vor der Brust, drehte mich wieder zu ihm und lehnte mich stehend an die Fensterbank, während ich meinen Blick zu ihm wandte und nun seine warmen Augen auf mir liegen fand. Ich wusste nicht, was ich jetzt antworten sollte. Schließlich wusste ich ja nicht, wie er über mich dachte.

,,Ich habe dich nie vergessen.",ergänzte er anschließend wieder ruhiger. Er kam nun mit langsamen Schritten auf mich zu und blieb dennoch paar Meter von mir entfernt stehen. Seinen großen Körper lehnte er an die Bettsäule, wobei seine Hände in seinen Hosentaschen verweilten. Seine Worte ließ ich wieder erstmal auf mich wirken und schaute ihn verloren an. So standen wir erstmal still gegenüber voneinander.

,,Und ich weiß, dass du mich über die Jahre auch nie vergessen hast, Jungkook.",hauchte er vorsichtig, zugleich ich ihn dennoch sehr gut in dieser stillen Wohngegend verstehen konnte.

,,Sei es im positiven oder negativen Sinne. Ich bin schuldig für so viele Aktionen, Handlungen und Taten, mit denen ich dich jahrelang gefoltert habe...",sprach er weiter, indessen er mir konstant in die Augen schaute und sagte:,,weshalb ich so froh bin, dass du überhaupt noch mit mir redest. I-Ich sollte eigentlich weinend auf dem Boden vor dir knien und um deine Verzeihung betteln."

Ohne ihn auf irgendeine Weise zu unterbrechen, ließ ich ihn seinen Teil an Gefühlen und Gedanken aussprechen, schließlich waren diese mir sehr wichtig. Emotional war ich aber nicht wirklich präsent. Ich hörte ihm zu, seiner tiefen weichen Stimme, aber das Einzige, was ich dachte, war, ,,Du hast doch selber so viel gelitten. Stelle mich nicht in den Vordergrund, wenn wir beide schon damals zerstörte, schutzlose Wesen waren."

,,Als du mir an dem Tag vor paar Wochen eher unbewusst erzähltest, was du mir damals gegenüber empfunden hast, wurde mir schwarz vor Auge und meine Kehle kratzend trocken. Da war ein friedlicher Junge, der mich mochte, für den ich aber der letzte Kicker in die Psychiatrie war. Trotzallem hast du mich über die Jahre hin in deinem Kopf gehabt und in deiner damaligen Einweisung als Schutzperson gesehen, indem du unser Klassenfoto mit dir trugst."

Ich beobachtete, wie seine Schultern steif und dadurch seine Haltung aufrechter wurde. Gleichzeitig regte ich mich kein einziges Stück, war darauf fokussiert ihm zuzuhören und seine Gefühle auf mich wirken zu lassen. Wahrscheinlich realisierte ich immernoch nicht, dass ich den echten Taehyung vor mir hatte, nur in 5 Jahre älter.

,,Ich habe mich damals in unserer Schulzeit täglich gefragt, was ich nicht nur dir sondern allen anderen so Schlechtes angetan habe. Es fühlte sich ab einem Punkt nicht mehr so schlimm an, täglich von euch misshandelt zu werden - sei es verbal, körperlich oder emotional. Wahrscheinlich, weil ich dies von zuhause bereits kannte und somit nichts anderes in der Schule erwartete.",fing ich leise an zu erzählen, als nichts mehr von ihm kam. Ich senkte meinen Kopf und schaute zu Boden, weil es mir einfach peinlich war.

,,Als ich dann aber eines Tages in dieses typisch psychiatrisch aussehende Zimmer aufwachte und über die ersten Monate alles Passé laufen ließ, realisierte ich, dass du selber bestimmt eine leidende Seele warst. Es musste einfach dieser Grund gewesen sein, weshalb du dich so verhalten hattest, weil du ja kein schlechter Mensch bist. Mal abgesehen davon, dass es keine schlechte Menschen gibt, sondern nur schlechte Erfahrungen, hast du mir dies einmal auch gezeigt. Durch dein Kompliment in Kunstgeschichte für mich.",setzte ich meine Aussagen fort und versuchte alles so gut wie möglich zu formulieren, ohne peinliche Versprecher zu haben.

,,Diese einzig eine Erfahrung und der Rückschluss darauf, dass du selber innerlich am Kämpfen warst, ist auch der Tag gewesen, wo ich dir gegenüber nie mehr Groll oder Frust verspürt hatte. Nur Empathie, Zuneigung und Verständnis. Deswegen bliebst du bis zum heutigen Tag auch in meinem Kopf. Denn ich hoffte stark, dass aus dir ein glücklicher und erfolgreicher Mensch geworden ist.",endete ich auch meine Gedanken immer leiser werdend und spannte meine Arme nervös an. Tief atmete ich durch und blickte immernoch auf den Boden, um konzentriert zu bleiben.

,,So, wie du es nach all den Jahren voller Leid verdient hättest, Taehyung.",ergänzte ich dann doch noch nach einer Weile der Stille, wo wir beide wohl die Gedanken und Gefühlen des Anderen auf uns wirken ließen. Langsam schaffte ich es auch mit den vergehenden Minuten meinen Kopf etwas anzuheben und zu entdecken, wie vertieft Taehyung mich eigentlich musterte.

Er schien wirklich gedanklich am Arbeiten zu sein, als er allmählich auf mich zu kam, wobei ich ihn haargenau beobachtete. Tatsächlich war er mir für einen Moment plötzlich unfassbar nah, alsdenn er nur paar Atemzüge von mir entfernt stand und ich ihn eher fragend anschaute. Ohne mich aufrecht hinzustellen oder ansatzweise zu bewegen, musterte ich sein Gesicht nachdenklich.

,,Ich dachte, du hast Suizid begangen, als man über die Jahre hin nie wieder von dir hörte oder dich sah."
,,Mehr oder weniger stimmt dies. Ich habe mehrere Versuche hinter mir, wie du ja weißt. Ich habe es tatsächlich sehr oft versucht."

Mit einem stark berührten und getroffenen Blick schaute er mir in die Augen, während er sich erstmal sammeln musste, um irgendwas von sich geben zu können. Für mich waren meine Worte zwar Normalität und ein Teil meiner Geschichte, aber für ihn war das etwas ganz Anderes.

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Mensch, wo bin ich bloß wieder so lange gewesen? :/ Auf der Arbeit in meiner +40 Std. Woche und aktuell mit meiner zweiten Covid Infektion zuhause.

Es ist anders, wenn man mit 15 auf Wattpad chillt und schreibt, als wenn man 19 ist und Themen wie Zukunftsplanung, Beruf, Studium, Prüfungen, erste Wohnung etc. Auf einen zukommen.

Deswegen hoffe ich, ihr könnt es mir nachsehen, dass ich oftmals nicht aktiv sein kann, aber wenn ich dann schreibe, mit vollen Herzens. :)

Fühlt euch gedrückt!
- Eleja ♡

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