☂ ˡᵃˢˢᵉ ᵐᶤᶜʰ ᵇᶤᵗᵗᵉ ᶰᶤᶜʰᵗ ᵐᵉʰʳ ʷᵉᶤᶰᵉᶰ

☂ erzählerin

Es war ein weiterer Routinetag für Taehyung, den er wie täglich auch in der Bücherei verbrachte. Entspannt beriet er seine KundInnen, räumte Sachen um oder stellte Bücher an ihren Plätzen zurück, die an der Kasse abgegeben wurden. Das Übliche eben. Gleich aber würde er den Laden schließen, dachte er sich zufrieden mit seiner Arbeit von heute.

Entspannt nahm er den Schlüssel aus der Schublade seines Büros und entschied sich dazu, die Bücherei heute mal fünf Minuten früher zu schließen, da die letzten KundInnen den Laden vorhin verließen. Die Straßen draußen waren an diesem Sonntag etwas leerer, was ziemlich üblich für ein Wochenende in der Gegend war. Solche Tage genoss der hartarbeitende Junge dann doch mehr als er zugeben wollte.

Als er die Lichter in der Bücherei ausknipste, begab er sich zurück in sein Büro, wo noch das kleine Licht der Nachttischlampe erleuchtete. Schnell machte er sich einen warmen Tee, während er eines seiner Lieblingsbücher aus seiner Schublade fischte und dieses auf den Tisch ablegte.

Mit der Teetasse in der Hand setzte er sich nach weiteren neun Stunden voller Arbeitszeit hin und atmete erstmal tief durch. Es war schon anstrengend, wenn man Stunden hintereinander konstant am Arbeiten war. Auch wenn man dies vielleicht während der vergangenen Zeit nicht sofort merkte. Darauffolgend strich er sich mit beiden Händen einmal kräftig durch das Haar, dann ermüdet über das Gesicht und lehnte sich in seinem weichen Bürostuhl zurück.

Für eine ganze Weile genoss der introvertierte Junge die Stille dieses Zimmers, sowie das Alleinesein, welches er mit vergehendem Alter immer mehr zu schätzen wusste. Ruhig griff er anschließend nach dem Notizheft, welches er vorhin aus der Schublade geholt hatte und öffnete dies sorgsam. Aufeinmal schien er wieder vollkommen konzentriert in seinem Tun zu sein, als er das sehr alte Werk in seinen Händen hielt.

Das Notizheft war in einem knalligen Rotton, der über die Jahre hin etwas an Pracht verlor. Unten links auf dem Cover war ein kleines Gänseblümchen rein gestickt, welches dem Heft einen süßen Eindruck gab. Eine kleine Schnalle an der rechten Seite hielt das kleine Heftchen kompakt zusammen.

Es war ungefähr fünf Jahre her, als Taehyung das Notizheft von seinem Mitschüler in die Hand gedrückt bekam. Ein normaler Schultag, wo der so sonderbare Junge mit seinen strahlenden, unschuldigen Augen auf ihn zu marschierte und sein Buch friedlich in beiden Händen hin und her schaukelte.

Taehyung konnte es noch ganz genau erinnern. Die hellblaue Latzhose, die der Junge an diesem Tag mit einem gelb-weiß gestreiften Shirt trug. Ein eher untypisches Outfit für einen 14-Jährigen, dachte sich dieser vertieft, während er nachdenklich seine Hand über das Cover entlang fahren ließ. Von Zeit zu Zeit dachte er nämlich an ihn zurück. Den Jungen, den er damals so sehr verletzte. Der Junge, der damals in ihn verliebt war.

Jeon Jungkook.

Das war sein Name. Er war eines der Kinder an der Schule, die mit niemanden richtig Kontakt aufnehmen konnten. Nicht, weil er nicht wollte, sondern eher weil er von jedem abgewiesen wurde aufgrund seiner sehr kindlichen Art und Weise für das fortgeschrittene Alter. Taehyung erinnerte wieder das breite Lächeln des so glücklich aussehenden Jungen an diesem Tag und wie dieser ihn stolz anstrahlte.

,,N-Naja, also eigentlich wollte ich nur das Notizbuch dir geben. Ich habe da monatelang Gedichte reingeschrieben, viele auch über dich und wollte sie dir zeigen. Vielleicht gefallen si-"

Unwohl im Magen zog der Schwarzhaarige seine Augenbrauen zusammen, um die unangenehmen Erinnerungen von damals zu verdrängen. Bis heute konnte er sich selber nicht dafür ausstehen, wie er damals mit Jungkook umgegangen war. Er beleidigte, erniedrigte und machte sich lustig über ihn. Über einen bereits psychisch eingeschränkten Jungen, der ihm einfach eine ehrliche Freude machen wollte.

,,Wieso habe ich ihm das angetan?",wisperte Taehyung leise unter Tränen bei den Bildern des lächelnden Jungen, welches er in einem Moment damals zerstörte. Ein wunderschönes Lächeln, mit funkelnden und großen Kugelaugen sowie einer weichen Stupsnase.

Taehyung wusste innerlich, weshalb er auf dieser Weise mit Jungkook umgegangen war. Er konnte keine Menschen ausstehen, die ähnlich wie seine Mutter waren. Taehyung selbst war extrem jung, als seine Mutter bereits an einer bipolaren Störung erkrankte, und sein Vater starb. Menschen, die ihn an diese harte Fakten seines Lebens erinnerten, verabscheute er zutiefst.

Heutzutage war dies selbstverständlich nicht mehr so, aber als Jugendlicher wusste er sich einfach nicht anders zu helfen, als mit Hass und Erniedrigung, Kontrolle über seine Gefühlswelt zu erlangen. Aber wie hätte er es dem damals 14-jährigen Jungkook erklären sollen? Hätte er dies überhaupt tun können? Nein.

Ein einfaches ,,Dankeschön!" Und ein liebes Lächeln hätten es auch getan, dachte sich der Mann, der bis heute mit viel Reue geladen war. Er erinnerte nur noch, wie Jungkook von diesem Tag an nie wieder in der Schule auftauchte. Gleichzeitig wusste er ebenso, dass er der letzte Kicker für diesen Schritt war.

Viele in der Schule spekulierten über Jungkook's möglichen Tod durch den Suizid oder seine Aufnahme in einer ,,Irrenanstalt". Als der zierliche Junge am besagten Tag vor ihm zusammen klappte, erschrak er letztlich und ließ sich dies nicht vor seinen Freunden zeigen. Doch innerlich hatte er unfassbare Angst um Jungkook gehabt.

Tränend öffnete Taehyung das Notizheft, welches er somit bis heute mit sich trug und immer wieder mit Gedenken an Jungkook da reinlas. Es war diese wunderschöne, kursive Handschrift des Jungen sowie die kleinen Zeichnungen von ihm, die dem Älteren so sehr gefielen. Denn Jungkook war ein sehr begabter Junge schon damals gewesen, was ihm immer wieder beim erneuten Durchlesen seiner Gedichte klar wurde.

,,Wenn ich dich eines Tages wieder sehen kann, werde ich alles in meiner Macht tun, um deine Verzeihung zu kriegen. Ich werde mich entschuldigen und dir alles geben, was ich dir damals genommen haben. Ich verspreche es dir.",sprach dieser leise mit sich selbst, wobei er sich verzweifelt erneut seine Tränen weg strich und eine bestimmte Seite des Heftes öffnete, die ihm bis heute ans Herz ging.

Ich sehe dein Lächeln, hinter das du dich täglich versteckst, sowie dein inneres Leiden, an welches du zerbrichst.

Wenn mein Herz zu dir sprechen könnte, Kim Taehyung, würde es sagen:,,Ich werde dich nicht gehen lassen, dich stumm begleiten, solange ich kann. Eines Tages wird alles wieder gut werden. Eines Tages wirst du wieder aufrichtig lachen können."

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