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Jungkook:

Gerade als ich aus der Dusche trat, hörte ich mein Handy klingeln. Noch tropfnass griff ich danach, ohne groß nachzudenken, und nahm den Videoanruf an. Erwartungsvoll lächelte ich, fest überzeugt, dass Taehyung mich anrief – doch auf dem Bildschirm erschien stattdessen Jimin. Mein Lächeln gefror für einen Moment, doch ich zwang mich, es aufrechtzuerhalten. Doch Jimin sah alles andere als erfreut aus. Sein Gesicht war ernst, beinahe finster.

"Hey… alles okay?", fragte ich, während ich das Handy auf den Rand des Waschbeckens stellte. Mit einer Hand begann ich, mich abzutrocknen, darauf bedacht, dass nur mein Gesicht im Bild war. Jimin musste meinen Körper ja nicht unbedingt sehen. Wäre es Tae gewesen, hätte ich ihn vielleicht ein bisschen provoziert – aber so… lieber nicht.

"Nein, es ist überhaupt nichts okay!", begann Jimin ohne Umschweife, "Ich bin ziemlich sauer auf deinen Freund. Und nur damit du's weißt – er liegt im Krankenhaus. Bis morgen."

Meine Hand erstarrte mitten in der Bewegung. Ich starrte Jimin an, mein Herz setzte einen Schlag aus. "Was?! Wieso? Geht es ihm gut? Hat er sich verletzt? Ist… ist was mit dem Baby?" Die Worte stolperten hektisch aus meinem Mund, während ich das Handtuch vergaß und mich nur noch auf Jimins Gesicht konzentrierte.

"Er hatte eine Panikattacke." Jimin seufzte, strich sich frustriert durch die Haare. "Und um sich da rauszuholen… hat er sich in den Arm gebissen. Nicht nur ein bisschen. Es hat geblutet wie Sau."

Ein Teil von mir atmete erleichtert auf – zumindest war es nichts Lebensbedrohliches. Aber gleichzeitig zog sich meine Brust schmerzhaft zusammen. Was macht er nur mit sich?

"Verdammt…", murmelte ich, fuhr mir übers Gesicht. "Warum… warum macht er das?"

Jimin zögerte, als würde er überlegen, ob er mir das wirklich erzählen sollte. Dann brach es aus ihm heraus. "Taehyung will nicht, dass ich dir das erzähle, aber… du musst es wissen." Seine Stimme wurde weicher. "Als Tae und ich in der Schule waren – du weißt ja, dass er sich damals geritzt hat. Er war sechzehn. Hatte diesen verdammten Selbsthass, mit dem er nicht klarkam… Und Schneiden war seine einzige Art, sich irgendwie zu befreien. Es hörte erst auf, als er endlich Abstand von der Person bekam, die ihn am meisten unter Druck gesetzt hat. Seitdem… seitdem hat er nie wieder etwas gemacht. Er war glücklich. Aber…" Jimin hielt inne, bevor er weitersprach. "Seit der Schwangerschaft bricht alles wieder auf. Jungkook, du siehst es nicht. Du bist nicht hier. Aber ich… ich sehe, wie es ihn auffrisst. Er zerbricht daran."

Ich hörte jedes Wort, während ich mir schnell etwas überzog. Mein Herz pochte laut in meinen Ohren. "Bist du gerade bei ihm?", fragte ich schließlich. Ich musste ihn sehen. Mit eigenen Augen.

"Ja, warte… Ich bin extra rausgegangen, um in Ruhe mit dir zu reden." Das Bild wackelte, als Jimin zurück ins Gebäude ging. Ich setzte mich aufs Bett und wartete, ein beklemmendes Gefühl breitete sich in meiner Brust aus.

Dann sah ich ihn.

Taehyung hielt das Handy in der Hand, sah mich durch den Bildschirm an – seine Augen müde, sein Gesicht blass. Seine sonst glänzenden Haare hingen ihm schlaff über die Stirn. Tiefe Augenringe lagen unter seinen Augen, und seine Wangenknochen traten viel zu deutlich hervor. Mein Herz zog sich schmerzhaft zusammen. Er sah aus, als hätte ihn jemand aus dem Leben gesaugt.

"Schatz… was machst du nur für Sachen?" Meine Stimme war sanft, aber ich konnte den Anflug von Enttäuschung nicht verbergen.

Taehyung senkte sofort den Kopf, seine Schultern bebten leicht. Stille legte sich über uns, bis er schließlich wieder aufsah – und ich sah die Tränen, die sich in seinen Augen sammelten. "E-es tut mir leid, Kookie… I-ich hab Angst. Ich hab so große Angst… Ich kann das alles nicht. I-ich kann kein Kind bekommen… nicht jetzt…" Seine Stimme zitterte, und mit jedem Wort brach mir das Herz ein Stückchen mehr.

Ich schluckte hart. "Was meinst du…?" Meine Stimme war leise, vorsichtig, als würde ich Angst haben, ihn mit der falschen Reaktion weiter in den Abgrund zu ziehen.

Taehyung schluchzte laut auf, und Jimin zog ihn sofort in eine feste Umarmung. Ich sah hilflos zu, unfähig, die Distanz zwischen uns zu überbrücken. Ich wollte bei ihm sein, ihn halten – aber mein Vertrag fesselte mich hier. Ich konnte nicht zu ihm. Nicht jetzt. Nicht, ohne alles zu riskieren.

"Ich kann ihm das nicht antun…" Seine Worte erstickten in einem Weinkrampf, und ich rieb mir erschöpft übers Gesicht. Es tat weh, ihn so zu sehen. So verzweifelt.

Ich atmete tief durch. "Schatz, hör mir zu." Meine Stimme war fester, bestimmter. "Ich liebe dich. Ich liebe alles an dir. Deine Augen, deine Stimme, deinen wundervollen Körper und deinen einzigartigen Charakter. Aber eine Sache hasse ich… und das ist, dass du dich nicht an erste Stelle setzt." Ich sah ihn eindringlich an. "Wenn du nicht bereit bist, ein Kind zu bekommen, dann musst du es auch nicht. Das ist deine Entscheidung. Dein Körper. Ich werde dich nicht dafür hassen. Ich werde dich nicht verlassen. Ich will, dass du glücklich bist. Und wenn du das Baby nicht willst, dann ist das in Ordnung. Wir können immer noch Kinder haben, wenn du dich bereit fühlst."

Taehyung schüttelte den Kopf, Tränen tropften auf sein Shirt. "N-nein… Ich kann das nicht. Du wirst mich hassen, Kookie. Ich weiß es! Du wirst mich verlassen…" Seine Stimme brach erneut, und ich sah, wie Jimin ihn fester an sich drückte.

Ich sah ihm tief in die Augen. "Und wenn ich es doch tun würde – wäre es das wert? Würdest du dich lieber kaputtmachen, nur um mich zu halten? Tae… hör mir zu. Es ist okay, Angst zu haben. Es ist okay, es nicht zu wollen. Und es ist okay, sich für sich selbst zu entscheiden."

Jimin warf mir einen dankbaren Blick zu, hielt Tae fest. Ich seufzte leise und sprach weiter. "Du hast Zeit bis zur 12. Woche. Warte noch ein bisschen, denk darüber nach. Und wenn du dann immer noch dasselbe fühlst… dann werde ich dich unterstützen. Ich liebe dich. Egal, wann wir bereit sind, Eltern zu werden – es muss sich für dich richtig anfühlen."

Ich sah, wie Taehyung mich anstarrte, als würde er meine Worte erst richtig verstehen müssen. Doch ich ließ ihm keine Zeit zum Antworten. Ich lächelte schwach und flüsterte: "Ich liebe dich, okay? Ich leg jetzt auf." Ohne auf eine Antwort zu warten, ließ ich das Handy sinken, starrte auf den schwarzen Bildschirm.

Lieber habe ich einen glücklichen Freund ohne Kind als einen zerbrochenen mit.

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... Warum bangelt gerade jeder um ein Happy end?

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