ChApTeR OnE

Als Zayn diese Wohnung gekauft hatte, war der Spiegel schon da gewesen. Einsam und bedeckt von einem dünnen Tuch hatte er in der Ecke des Schlafzimmers gestanden und nur so dazu eingeladen, von dem Tuch befreit zu werden. Das hatte Zayn getan. Und er bereute es.

Viele verschiedene Theorien hatten seine Gedanken übernommen, was das für ein Spiegel war. Unter anderem hatte er vermutet, er sei verflucht oder gar er selber habe den Verstand verloren. Eine ganze Woche lang hatte Zayn sogar geglaubt, das sei alles ein Traum. Nur das war es nicht.

Jedes Mal, wenn er in den Spiegel guckte, verlor er den Glauben an eine ordinäre Welt. Jedes Mal verpuffte die anfängliche Hoffnung, wenn er einen Blick in den Spiegel warf. Und jedes Mal bekam er es mit der Angst zutun.

Während seine Freunde dachten, er hätte sich erkältet, warf er sich Beruhigungstabletten ein, um nicht völlig durchzudrehen. Ohnehin dachten seine Freunde, er drehte seit kurzem am Rad.

Es war der Spiegel, der Panik in ihm entfachte. Jedes Mal sah er einen Menschen. Noch klang das gewöhnlich, bis auf die Tatsache, dass er nicht sein Spiegelbild sah. In jedem anderen Spiegel sah er seine Reflexion, bloß in diesem nicht. Er sah ein fremdes Gesicht. Er hatte schon viele verschiedene gesehen; Menschen mit dunklen Haaren, hellen Haaren, dunkler Haut, heller Haut, dunklen Augen, hellen Augen, Piercings, Tattoos, Ohrringen, Bärten, ohne Bärte, mit langen Haaren, kurzen Haaren und bedrohlichem und sympathischen Aussehen.

Vor genau einem Jahr hatte Zayn diese Wohnung gekauft und jeden Tag blickte der Halbpakistani in den Spiegel und sah jemand anderen. Noch nie war es ihm untergekommen, dass er sich selber in dem Spiegel sah. Es grenzte für ihn schon fast an ein Wunder, würde er sich selber erkennen.

Wie jeden Morgen trottete er ins Badezimmer, duschte sich schnell, föhnte seine Haare und stylte sie, zog sich an und betrat wieder sein kleines Schlafzimmer.

Zayn besaß für seine zwanzig Jahre viel Geld, aber er blieb bodenständig und hatte nur das, was er wirklich brauchte. Er könnte sich mehrere Häuser leisten, tat es jedoch nicht. Wie gesagt, er war bodenständig. Zudem gab er lieber sein Geld für andere aus. Er hatte schon viel gespendet für hungrigen Kinder in Afrika und tat es auch regelmäßig. Vor drei Monaten hatte er auch  angefangen, Blut zu spenden, allerdings tat er dies nicht aus Mitleid mit denen, die Blutmangel hatten. Er sah es als eine Art Opfergabe an und wiegte sich in der Hoffnung, dass das Schicksal es endlich gut mit ihm meinte, und den Spiegel entfluchte. Mittlerweile hatte er wieder den Glauben, der Spiegel sei verflucht.

Zayn warf einen ausgiebigen Blick in den Spiegel und erstarrte zu Salzsäure.

Braun trifft auf Smaragdgrün.

Zayn hatte noch nie in seinem Leben solche wunderschöne Augen gesehen. Die Augen des Mädchens, das ihm entgegenblickte, waren grün, aber kein gewöhnliches, sondern sie schienen heller zu scheinen, als die Sonne es am Himmel je könnte. Ihre lockigen braunen Haare hatte sie zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden und trug einen ausgewaschenen blauen Hoodie und dazu noch eine schwarze Skinny Jeans. Das konnte Zayn erkennen, da der Spiegel so groß wie er selbst war.

Fast schon geduldig wartete er darauf, dass das Mädchen sich kurz bewegte, wie jedes andersartige Spiegelbild es tat, und somit etwas entscheidendes an sich offenbarte. Sofort passierte etwas. Mit ihrem linken Auge zwinkerte sie verschwörerisch und ihr einer Mundwinkel hob sich leicht, wodurch ein Grübchen sichtbar wurde.

Zayn wollte es sich nicht eingestehen, doch sie war das hübscheste Mädchen, das er je gesehen hatte. Ihm fiel erst, nachdem sich das Zwinkern und das Lächeln öfters wiederholt hatten, auf, dass sie ein Nostril-Piercing in Form eines dünnen Rings hatte. Zu schade, dass sie irreal war.

Zayn wandte sich ab, denn langsam gingen ihm ihre sich in einer Dauerschleife befindenden Gesten auf den Geist und er zückte sein Handy. Liam hatte ihm geschrieben.

Zayn, kannst du was zum Frühstück holen und dann zur Villa kommen?‹

Zayn seufzte, denn er konnte sich vorstellen, weshalb Liam seine Hilfe benötigte. Wahrscheinlich hatte Niall - wie schon so oft - den Kühlschrank über Nacht um einige Lebensmittel erleichtert und nun gab es nichts zu essen. Und Liam konnte nichts besorgen, denn er musste Niall im Zaum halten, nicht zum Kannibalismus umzusteigen. Das war einer der Gründe, weshalb Zayn lieber alleine wohnte: er war kein Freund von Drama, Unruhe und Chaos, welches seine besten Freunde immer und überall stifteten.

Eigentlich war Liam der, der das Chaos verhinderte und dafür sorgte, dass Niall, Louis und Harry weder im Gefängnis noch in der Klapse landete und Zayn hielt sich da meist raus, auch wenn sie in einer Band waren und sie bereits zwei Alben aufgenommen hatten und damit berühmt geworden waren.

Zayn griff nach seinem Portemonnaie und steckte es gemeinsam mit seinem Ausweis, dem Wohnungsschlüssel und seinem Handy in seine Jackentasche. Daraufhin verließ er sein Apartment und lief schnellen Schrittes die Treppe nach unten. Auf dem Weg traf er auf Mrs Monroe, eine alte Bewohnerin des Hauses, deren Mann schon vor drei Jahren verstorben war.

»Zayn, mein Junge, warum hetzt du denn so?«, fragte sie mütterlich. »Der größte Feind der Qualität ist die Eile

Zayn mochte Parina Monroe gerne. Nicht selten haute sie kluge Sprüche raus, denn ihr Mann hatte die Lyrik geliebt und vieles war bei ihr hängengeblieben. Außerdem war sie eine Meisterin im Kuchenbacken. Am besten war ihr Schokokuchen, von dem man nie genug bekommen konnte. Niall hatte Zayn einmal sogar nur wegen dem Kuchen besucht, den Mrs Monroe Zayn gebracht hatte. Als Gegenleistung half Zayn ihr meistens beim Tragen der Einkäufe, denn sie war nun wirklich nicht mehr die Jüngste.

»Niall hat wieder den Kühlschrank leer gegessen«, entgegnete Zayn und winkte ihr zum Abschied kurz zu. »Ich muss mich beeilen, sonst frisst er noch Liam auf.«

»Tu das, mein Junge, tu das«, murmelte die Frau noch, ehe Zayn durch die Haustür lief und in sein Auto einstieg. Er hatte ein normales Auto, nichts auffälliges, ein einfacher Wagen in weiß. Zwar wurde es schnell schmutzig, indessen war es besser als in schwarz, denn im Sommer war es relativ warm in London.

Zayn entschloss sich dazu, bei einem Café schnell Essen zu besorgen und steuerte somit auf das nächstgelegene Bistro zu. Dort angekommen nahm er mehrere Donuts, Gebäck und fünfmal Kaffee mit. Als er fertig war, verließ er das Café wieder und öffnete die Autotür. Doch eine Bewegung im Augenwinkel ließ ihn innehalten. Er sah Locken, die in einem Pferdeschwanz zusammengefasst waren.

Zayns Atem stockte und sein Herz schlug schneller. War es das Mädchen aus dem Spiegel? Sie drehte sich um und er stellte enttäuscht und gleichzeitig erleichtert fest, dass es nicht sie war, denn dieses Mädchen wirkte jünger, hatte einen dunkleren Hautteint und blaue Augen.

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(1121 Wörter)

Votes und Kommis nicht vergessen.

Kritik ist erlaubt, ich beiße nicht.

All the love as always.

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