9.
»Ehm ... Ich - du - WAS?!«
Kreische ich beinahe hysterisch. Ernsthaft. Wenn ich meine Mundwinkel nicht langsam wieder nach unten zwinge, laufe ich Gefahr, für den Rest meines Lebens, mit einem grotesken Lächeln auf dem Gesicht zu verbringen.
Während ich Aleski nur weiterhin fassungslos anstarre, und mich frage, ob ich mich nicht doch verhört habe, nimmt er mein Gesicht in seine großen kräftigen Hände. Er bedacht mich mit einem so ernsthaften Blick, dass ich unwillkürlich erschaudere. Ein wimmern, kann ich nur schwer unterdrücken. »Ja. Ja du hast richtig gehört. Aber bitte, später. Wir werden uns später damit befassen. Denn wenn ich jetzt nicht aufhöre dich zu berühren, gibt es für mich kein halten mehr ...«
Ach du ...! Oh ja! Bitte, bitte nimm mich jetzt!
Schreie ich in Gedanken flehend. Gequält schließt er die Augen, tritt von mir zurück. Verdattert bliebe ich an Ort und Stelle stehen. Schaue zu, wie er unruhig im Raum umher wandert. Schließlich bleibt er mir, mit dem Rücken zugewandt, an einem Fenster stehen.
»Du hast gestern etwas gesehen nicht wahr?« , blickt er mich kurz über seiner Schulter hinweg an. Geistesabwesend nicke ich. Worauf will er hinaus? Aleski lacht freudlos auf. Sein Rücken verkrampft sich. »Ich habe mir schon gedacht, dass du es wieder verdrängen würdest. Bei Saltõja, ich hätte dich beinahe umgebracht!«
Hart schlucke ich den Kloß in meinem, nun Furz trockenen Hals hinunter. Ich sehe auf meine Füße, weiß nicht wohin ich meine Augen sonst richten soll. »Er hat sich dir gezeigt, nicht wahr?« Überrascht schnellt mein Kopf nach oben. Aleskis Stimme, ist unerwartet sanft geworden. Die Stimmungsschwankungen dieses Mannes verwirren mich ungemein. »Tja. Und was ist dir aufgefallen? Denke nach.«
Jetzt bin ich noch mehr verwirrt. Nachdenken? Schwarze Locken... Blut... Entsetzt keuche ich auf, als ich plötzlich das vollständige Bild vor meinem Geistigen Auge sehe. Ich gehe in die Knie, während ich versuche es zu begreifen. »A-aber ... W-wie ist das möglich? I-ich - bin das wirklich ich? S-so viel Blut ...« , zittere ich grauenhaft. Starke Arme umfangen mich. Aleski murmelt Worte auf dieser mir wunderschönen unbekannten Sprache, in mein Ohr. Auch wenn ich nicht weiß, was sie bedeuten, so beruhigen sie mich doch. Sogar mein zittern hat nachgelassen. »Er war dein Vorfahre. Erinnerst du dich an die Geschichte, die Mykol dir erzählte?« , streicht er mir über den unteren Rücken. Leicht nicke ich, mit dem Gesicht in seiner Halsbeuge vergraben. Er duftet soo himmlisch ...
»Der, der sich das Messer ins Herz rammte, um die Welten zu retten, warst du. Dein Auserwählter Vorgänger.« Wenn ich schon gedacht habe, ich habe einen Schock, so ist diese neue Offenbarung einen Witz gegen die vorige. Okay Johnny, ganz ruhig bleiben. Einen Anfall zu bekommen, bringt dich nicht weiter. Du willst Klarheit. Fakten und Sicherheit. Also atme ich tief durch und schiebe mich ein Stück von ihm zurück. Ich muss ihn ansehen dabei. Gefangen in seinen Armen zu sein, ist zwar wirklich schön, doch für unser eigentlich ernstes Gespräch, nicht von Vorteil. Obwohl ich total im Hormonrausch bin, muss doch einen kühlen Kopf bewahren.
»O-okay. Und was noch? I- ich meine das war doch noch nicht alles, oder? Warum bin ich hier? Wer seid ihr alle wirklich? Was hat es mit den Auserwählten auf sich?!« , bin ich zum Ende hin doch lauter geworden, als ich eigentlich wollte. Also wer in meiner Lage ist, der würde bestimmt nicht so "locker" mit der ganzen Sache umgehen wie ich. Wortlos starrt der Mann mit den tausend Gesichtern mich nur an. Er scheint abzuwarten, ob noch mehr aus mir herausbricht. Wirklich zuvorkommend ...
»Du bist hier, weil es dein Zuhause ist. Dein richtiges. Die Frau, die dich nicht hat sterben lassen, ist unsere Göttin. Sie lebt im Licht. Sie ist auch diejenige, die vor langer Zeit den ersten Auserwählten erwählte. Auserwählte ist es vorherbestimmt für das Gleichgewicht beider Welten zu sorgen. Zur Begleitung und Schutz, stellte sie ihm zwei Krieger zur Seite, die ihm lehren sollten, was notwendig ist. So kommen wir zu Mykol und Vitarr. Die beiden waren die Krieger deines vorigen Auserwählten. Es ist kompliziert und ich hoffe du kannst mir bis jetzt folgen?« , fragt er vorsichtig und mustert mich etwas zu misstrauisch nach meinem Geschmack. Doch ich nicke bloß. So schwer ist das nun auch nicht zu begreifen. Mit allem werde ich mich später Auseinandersetzen. Denn wenn ich jetzt Anfange zu viel zu denken, wird das hier gar nichts mehr. Aufmerksam warte ich darauf, dass er fortfährt.
»Okay ... Wir gehen noch einmal zurück; Dalion starb durch meine Hand. Der König Saltõjas und seine Berater, entschieden sich dazu, Saliõ nicht mehr regieren zu lassen. Keiner von ihnen wusste, ob nicht noch mehr Intrigen geplant, welche Komplizen Dalion hatte. Sie verschlossen den Weg nach Saliõ, damit niemand mehr die Möglichkeit hatte, zu kommen und zu gehen ... Das unschöne daran ist, dass Dalion vor seinem Tod einen Sohn zeugte. Du kannst dir ja vorstellen was dies bedeutet ... Nachdem die Göttin dich als nächsten Auserwählten erwählte, beging sie einen Fehler. Statt nur dir, Kraft und Macht zu vermachen, spaltete sich sich der Blitz, und traf euch beide. Kõri, den rechtmäßigen Erben Saliõs und dich. Dieser Junge bekam bei deiner Geburt, die Kraft, um beide Königreiche, die zwei Welten, endgültig zu dem seinen zu machen. Und du Johnny, bist der einzige der ihn aufhalten kann. Ohne dich, sind wir alle verloren.«
Ich schlucke kräftig. Das hier, muss ich erstenmal sacken lassen ...
'8 Jahrhundert. Auf einem Dorf Nord Englands.'
Jonathan Quell, hörte die schreie, die ihm bis ins Mark gingen. Gehetzt blickte er sich in der Scheune um. Er musste sich verstecken! Aber es gab kein entkommen. Früher oder später, würden sie ihn finden. Entweder sie legten Feuer, sodass er elendig verbrannte, oder sie würden ihm die Kehle aufschlitzen. Da war ihm letzteres eindeutig die bessere Variante zu sterben. Und wenn er Glück hat, würde es schnell vonstatten gehen. Vielleicht erbarmte sich einer von ihnen, ihn nicht noch zu schänden, ehe er Erlösung findet. Nein! Jonathan würde sich nicht wie ein kleiner Junge, zu ihren Füßen werfen und weinend um Gnade flehen. Er hat Ehre im Leib. Er lässt sich nicht demütigen! Also umgreift er die Mistgabel in seiner rechten fester, und stürmt wild entschlossen nach draußen. Es ist so schrecklich! Die Hütten brennen. Die schreie hören nicht auf, werden schriller. Leichen der Dorfbewohner, Freunde, Frauen und Kinder, bedecken den Weg. Doch gerade, als er wild entschlossen auf einen dieser Monster zu stürmt, dreht dieses sich herum. Abrupt bleibt Jonathan stehen, die Mistgabel fällt aus seiner plötzlich tauben Hand. Diese - diese Augen ... Blau. So blau wie die stürmische See. Der Wikinger ist mit Blut besudelt, hält in der Linken das imposante Schwert, welches so viel Leid zufügte. Sein langes wirres verdrecktes Haar, reicht ihm bis auf die nackte stählerne Brust. »Mõja ...« , raunt der Wikinger in einem tiefen Bariton, in einer ihm fremden melodischen Sprache. Jonathan starrt ihn nur an. Er verlor es. An diesem blutrünstigen Wikinger, verlor er sein Herz.
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