~Magie ist ein wahres Biest~
Lucian
Der Kommentar war kurz, ihm war aber ein Link angefügt, den ich erstmal ignorierte. Immer wieder ging ich den einfachen Satz durch, der dort stand und konnte nicht glauben, dass das stimmte.
Der Uralte ist erwacht und wird dich jagen, kleines Monsterchen.
An sich etwas, was von einem totalen Verrückten geschrieben sein musste, wäre da nicht die Tatsache, dass die Anhänger des Dämons ihn Der Uralte nannten und das nur meine Eltern mich kleines Monsterchen genannt hatten. Eigentlich schon ein sehr peinlicher Spitzname und nicht wirklich professionell von dem Verfasser, doch die Erwähnung erfüllte ihren Zweck. Nur ich konnte die Botschaft so ernst nehmen, jeder andere lachte wahrscheinlich darüber.
Für alle anderen war ich immer ein Wunder, ein einzigartiger Schatz und wer weiß was noch gewesen. Schon immer war mir diese Aufmerksamkeit unangenehm gewesen, dass einzige was ich schließlich tat war atmen. Ich hatte nicht wie meine Eltern eine Dimension gerettet oder mein Leben geopfert.
Zögernd klickte ich nun auf den Link. Dieser führte zu einem kurzen Video, welches das zeigte, was ich immer hatte vermeiden wollen. Ein Video, kurz und doch grausam in seinem Inhalt.
Es zeigte das Ende der Beschwörung in dem alten Vulkan, in welchem der Dämon sein Ende hätte fristen sollen. Dann erschien nur noch eine gewaltige Flamme, die das trübe, orangefarbene Licht erhellte. Kurz sah man ein Podest aus Stein, auf welchem ein großer, muskulöser Körper ruhte, der sich leicht zu regen begann.
Der Dämon.
Blitzschnell loggte ich mich aus und schaltete meinen Computer aus. Dann legte ich etwas Geld auf den Tisch. Mit klopfendem Herzen verließ ich den Laden und lief, so schnell ich konnte, Heim. Auf dem Weg schossen mir jede menge Fragen durch den Kopf.
Wie hatte der Zirkel herausgefunden, wo der Dämon schlief? Wie hatten sie den Blutbann, mit dem Blut meiner Eltern versiegelt, durchbrochen? Wann hatten sie den Dämon befreit? Und wie sollte ich ihn wieder bannen?
Noch weitere Fragen schossen durch meinen Kopf, doch die schob ich zur Seite. Stattdessen konzentrierte ich mich erst einmal auf die Schutzzauber, die mein Haus umgaben. So, wie es schien, war alles in Ordnung. Gut.
Ich schob das große, eiserne Tor auf, welches der einzige Zugang zum Grundstück war. Der Rest wurde von einer gewaltigen Hecke umgeben, die das Gelände vor neugierigen Blicken schützte. Hinter dem Tor lag eine mit Kies bestreute Straße, umgeben von einer weiten Rasenfläche.
Das Gras war ordentlich auf wenige Zentimeter getrimmt und saftig grün. Am Ende des Weges lag eine Art Vorhof aus hellem Pflasterstein, in dessen Mitte ein eleganter Springbrunnen stand. Auf der Plattform inmitten des Wassers thronte eine gewaltige Abbildung des ersten Erdengels, Lucian.
Ich war nach ihm benannt worden, eine außerordentliche Ehre. Und ein sehr ironischer Zufall, denn so wie es aussah würde unsere Ära auch mit diesem Namen enden. Doch heute blieb ich nicht wie so oft stehen, um mir die filigranen Arbeiten anzusehen oder einen schlechten Witz über das Schicksal zu reißen, sondern hetzte direkt auf das Haus, eher gesagt die gewaltige Villa, zu, die sich, aus weißem Stein erbaut, hoch in den Himmel erhob.
Ich schloss die Tür auf und betrat die große Eingangshalle, die Licht durchflutet und hell vor mir lag. Ich lief an zahlreichen Türen vorbei, die in Wohnzimmer, Küche, Esszimmer und mehrere Gästezimmer führten und bestieg schließlich die marmorne Treppe, die in das obere Stockwerk führte. Wieder kam ich in einen langen Flur mit hohen Decken und wieder durchquerte ich diesen. Am Ende erhob sich eine große Flügeltür, die ich, unbeeindruckt von den feinen Schnitzereien, aufstieß.
Vor mir breitete sich nun ein wahres Paradies aus. Bücher aller Art, egal wie alt und groß, in Reihen von Regalen gestapelt. Die Bibliothek, das Herzstück des Hauses. Ich warf meinen Rucksack auf den großen Schreibtisch, der vor einem riesigen Fenster stand, und warf dann einen kurzen Blick aus dem Fenster.
Nur gepflegter Rasen, wohin das Auge reichte. Beruhigt atmete ich tief durch, dann machte ich mich auf die Suche nach einem Buch zum Thema Dämonen. Da ich vor Jahren eine Liste angelegt hatte, in der alle Bücher verzeichnet waren, musste ich nicht lange suchen, bis ich die Bücher zum Thema Dämonen fand.
Ich machte mich an die Arbeit und begann in allen Büchern nach Sprüchen zur Dämonenbannung zu suchen. Ich schlug das erste Buch auf. Nichts. Nachdem ich das zweite kurz überflogen hatte stellte ich es ebenso zurück. Wieder nichts.
Auch beim nächsten Buch, welches ich aus dem Regal zog, wurde ich nicht fündig. Ebenfalls beim nächsten. Und beim übernächsten. Schließlich hatte ich alle Bücher durch und immer noch nichts gefunden. Ich ließ mich müde seufzend an einem Regal hinuntergleiten.
Nichts. Einfach nichts. Vielleicht war das auch nur eine gelungene Täuschung Lucian, versuchte ich mir selbst Mut zu machen. Während mein Herz darauf hoffte und mein Verstand nach Beweisen für eine Täuschung suchte, sagte mir mein Bauchgefühl, dass es keine Täuschung war.
Mit einem weiteren Seufzen erhob ich mich wieder und setzte mich in Bewegung. Ich würde bei den Bannsprüchen weiter suchen. Ich war fast bei den entsprechenden Regalen, als mich irgendetwas zu stören begann. Es war wie ein Klingeln, welches sich langsam durch meinen Kopf zu fressen begann. Verwirrt sah ich mich um.
Klingelte hier etwas? Nein, das nicht. Bekam ich plötzlich Tinnitus? Nein, das wurde immer anders beschrieben. Was dann? Nachdenklich verzog ich das Gesicht. Irgendwoher musste das doch kommen. Aber wenn es von keinem Gegenstand kam, dann...
Die Erkenntnis traf mich vollkommen unvorbereitet. Die Schutzzauber. So schnell ich konnte rannte ich wieder zu den großen Fenstern im vorderen Bereich der Bibliothek. Dann sah ich hinaus und erstarrte.
Einige einsame Gestalten kamen langsam auf das Haus. Die Zauber verlangsamten sie, aber trotzdem. Verwirrt runzelte ich die Stirn. Es waren zu wenige um so weit zu kommen, es sein denn sie hatten Hilfe. Ich starrte noch einige Sekunden aus dem Fenster, zu überrascht von dem, was ich sah.
Dann riss ich mich los und rannte in mein Zimmer, welches auf derselben Etage, aber am anderen Ende der Villa, lag. Dort kämpften sich ebenfalls Magier gegen die Zauber zum Haus hindurch. Müsste ich wetten würde ich sagen, dass auch aus den anderen Richtungen Magier und Hexen heran strömten.
In Sekundenschnelle lief ich zurück in die Bibliothek. Mein Herz raste und mein Mund war staubtrocken. Ich wandte mich sofort den Schutzzaubern zu und suchte nach einem, der gegen so viele Angreifer auf einmal wirkt, doch wieder fand ich nichts. Verzweifelt richtete ich meinen Blick aus einem der Fenster uns fluchte. Die Magier waren schon um einiges näher als zuvor.
Ein Klingeln riss mich aus meiner Verzweiflung. Während ich, zum wiederholten Male an diesem Tag, in den vorderen Teil der Bibliothek hetzte, fragte ich mich, woher das Klingeln kam. Dort machte ich sofort die Quelle des Geräusches aus. Mein Handy.
Es war schon etwas surreal, das musste ich zugeben. Während ich mir mein Handy schnappte warf ich einen Blick hinaus. Die Magier waren stehengeblieben, dass Klingeln in meinem Kopf aber blieb. Es war Recht erträglich, aber dennoch nicht gerade angenehm. Ich sah auf das Display des kleinen Geräts und zog die Augenbrauen zusammen.
Unbekannter Anrufer stand dort in großer Schrift. Wieder warf ich einen Blick aus dem Fenster. Dabei erkannt ich eine Person, die etwas weiter vorne stand und etwas an ihr Ohr hielt. Ich atmete einmal tief durch und nahm dann den Anruf an.
"Guten Tag, wer ist da?", fragte ich mit möglichst entspannter Stimme.
Mein Körper dagegen war das Gegenteil von Entspannt. Meine Finger krallten sich um das Handy und ich lehnte mich fest gegen den Schreibtisch, um nicht nervös herumzulaufen oder sonst etwas zu tun, was mich eventuell verraten könnte. Vielleicht würde mein vermeintliches Selbstbewusstsein sie ja abschrecken. Wer's glaubt.
Nach einigen Sekunden Stille erklang eine weibliche Stimme vom anderen Ende der Leitung:" Ach, Engelchen, schön, dass du fragst. Ich bin Talia, vom Zirkel der..."
Ich unterbrach sie.
"Ich weiß, vom Zirkel der Traidor. Könntest du wohl so nett sein und deinen Freunden sagen, dass sie von meinem Rasen verschwinden sollen? Der ist frisch gemäht."
Ich warf einen weiteren vorsichtigen Blick aus dem Fenster und sah, wie Talia wütend eine Hand zur Faust ballte. Mitglieder des Zirkels hassten es, wenn man sie als Verräter bezeichnete, sie nannten sich lieber círculo del demonio. Aber mein Ziel hatte ich erreicht.
Ein wütender Magier war selten ein guter, da die Magie dann meistens selbstständig arbeitete und, naja, Magie war ein wahres Biest. Ein leises knurren riss mich aus meinen Gedanken. Ich unterdrückte ein amüsiertes Geräusch. Sie hatte tatsächlich vor Wut geknurrt. Wie gesagt, ein Biest.
Doch schnell kam ich wieder in die Realität zurück. Während meine Gesprächspartnerin noch versuchte, ihre Wut zu kontrollieren, konzentrierte ich mich auf die Schutzzauber. Ich versuchte herauszufinden, wie die Magier diese bekämpften. Solange ich Talia am Apparat hielt, könnte ich mir Zeit erarbeiten.
Schnell fiel mir auf, dass, was auch immer sie machten, fast alle Zauber zerstört hatte. Lediglich der letzte hielt noch. Dieser musste auf jeden Fall halten, nicht nur meinetwegen, sondern auch um die ganzen Bücher vor den hungrigen Fingern des Zirkels zu bewahren. Nicht auszudenken, wenn solche mächtigen Schriften in die Finger solcher Wesen gerieten.
Während ich fieberhaft überlegte, was ich tun sollte, um den Zauber zu erhalten, sprach Talia weiter: "Du bist wirklich vorlaut. Aber das wird dir auch nicht helfen, wenn wir dir in deinem kleinen Häuschen einen Besuch abstatten. Du hast fünf Minuten, um aus dem Haus zu kommen. Sonst zerstören wir alles."
Im nächsten Moment legte sie auf. Ich tat es ihr gleich und rannte dann los. Ich durchquerte den Flur, sprang die Treppe hinab und ging mit schnellen Schritten auf die Verandatür im hinteren Teil zu. Jetzt hieß es alles oder nichts.
Meine Finger schloss ich um kühlen Griff und schickte noch ein Stoßgebet an alle meine Vorfahren. Ich konnte nur hoffen, dass mein, in den letzten Minuten erschaffener Plan, nicht zu viele Lücken aufwies. Dann stieß ich die Tür mit einem Ruck auf.
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So, ein neues Kapitel. Ich hoffe, es gefällt euch. Was haltet ihr eigentlich von einer Art Kosenamen? Sowas wie kleiner Engel oder so? Ich würde mich sehr freuen, wenn ihr mir eure Meinung dazu schreibt.
_Amnesia_Malum_
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