~Jetzt ist die Kacke am dampfen~
Lucian
Angespannt lief ich hinter Talia auf eine große Flügeltür zu. Leise schwang diese auf und ließ mich die Magie spüren, die von den Türflügeln ausging. Vorsichtig betrat ich den dunklen Raum, der ähnlich wie ein Thronsaal aufgebaut war. Eine hohe Decke mit hohen Fenstern, die von dunklen Vorhängen verdeckt wurden und den Raum so verdunkelten. Dunkle Wände und ein dunkler Holzboden, Kerzenhalter an hölzernen Säulen.
Ein Kaminfeuer, vor dem eine Sesselgruppe mitsamt Tisch stand. Ein schwarzer Teppich, der meine Schritte dämpfte. All das führte dazu, dass ich mich wie in ein anderes Zeitalter zurück versetzt fühlte.
Erst einige Sekunden später, als ich mich aus der Eleganz des Raumes reißen konnte, bemerkte ich eine leichte Bewegung nahe der Sesselgruppe. Allein die Tatsache, dass ich meinte, etwas dunkles zu sehen, führte mich zu dem Schluss, dass Adrian auf einem der Sessel sitzen könnte. Ein Gedanke, der mir nicht behagte. Ganz und gar nicht.
Ich zuckte zusammen, als die große Tür mit leichtem Hall zuschlug und unterdrückte den Wunsch, zu dieser zu laufen und an ihr zu rütteln, bis sie oder ich nachgaben. Doch stattdessen riss ich mich zusammen, folgte Talia zu der Sesselgruppe und blieb stehen, als sie es ebenfalls tat.
„Er ist da, Meister."
Dann drehte sie sich um und ließ mich unschlüssig stehen. Wieder öffnete sich die Tür und schlug hinter der Hexe zu. Es war einige Zeit lang still und ich sah mich nervös um. Nach einer gefühlten Ewigkeit ergriff Adrian schließlich das Wort.
„Komm her und setz dich doch, Lucian."
Mit langsamen Bewegungen lief ich auf die Sessel zu und ließ mich schließlich in einen der Ohrensessel fallen. Ich saß Adrian jetzt gegenüber und konnte ihn direkt ansehen. Wieder wurde ich unruhig, als ich den zufriedenen Ausdruck auf seinem Gesicht sah.
Er musterte mich, dann meinte er leise und, meiner Meinung nach, zu zufrieden: „Schon mal was von Druiden gehört?"
Ich nickte vorsichtig. Druiden waren Magier mit besonderen Begabungen. Ein unangenehmes Gefühl beschlich mich und ich musste mich zusammenreißen, damit ich nicht genauer nachfragte. Die Genugtuung würde ich ihm nicht geben. Adrian nickte zufrieden, dann hob er eine Hand und eine Tür direkt neben dem Kamin öffnete sich.
Ein junger Mann betrat den Raum und setzte sich auf einen weiteren Sessel. Er wirkt gepflegt und arrogant, wie er mit seinen nach hinten gegelten Haaren und dem hellblauen Polohemd lässig in seinem Sessel saß.
Adrian deutete auf den Mann und meinte: „Das ist Luke, er ist ein Druide mit ganz besonderen Fähigkeiten. Er kann nämlich Gedanken lesen und manchmal auch in die Zukunft sehen."
Luke nickte und ein zufriedener Ausdruck huschte über seine Gesichtszüge. Er schien wohl ziemlich stolz zu sein. Arschloch. Plötzlich verzog er den Mund und funkelte mich wütend an.
„Das habe ich gehört. Nenn mich nie wieder Arschloch."
Ich grinste gemein. Arschloch. Arschloch. Arschloch. Das wütende Funkeln wurde nicht weniger, eher im Gegenteil. Adrian beobachtete uns nur, seine Miene vollkommen emotionslos. Irgendwann, als ich noch viel schlimmere Bezeichnungen in Lukes Richtung dachte und er kurz davor war, sich auf mich zu stürzen, mischte sich Adrian ein.
„Es reicht. Luke, du weißt wonach du zu suchen hast."
Auf Lukes Lippen breitete sich ein gemeines Grinsen aus. Irgendwas gar nicht gutes würde jetzt gleich passieren. Plötzlich schoss ein Migräneähnlicher Schmerz in meinen Kopf, der mich aufzischen ließ.
Es fühlte sich so an, als würde jemand sich durch meinen Kopf wühlen und meine Gedanken und Erinnerungen durch die Gegend werfen. Es dauerte eine kurze Zeit bis mir dämmerte, dass dem wirklich so war. Ich versuchte irgendwie den Eindringling, Luke, zu verscheuchen, doch ohne Magie hatte ich keine Chance gegen den Druiden. Mein Herz klopfte vor Angst, dass er irgendetwas fand, was Adrian half.
Erst nach einer gefühlten Ewigkeit hörte der Schmerz abrupt auf. Es dauerte etwas, bis ich wieder wusste wo ich war und mir sicher war, dass niemand mehr in meinen Gedanken herumspukte.
Langsam wurde mir klar, dass ich meine Finger fest in den weichen Stoff des Sessels gekrallt hatte. Vorsichtig löste ich sie und sah dann zu Luke. Mein Kopf pochte immer noch etwas und ich wollte gerade beginnen, gemeine Gedanken zu denken, als mir die seltsame Position des Druiden auffiel.
Er saß kerzengerade auf seinem Sessel, die Hände, wie ich gerade eben noch, in die Lehne gedrückt. Sein Blick war leer, seine Augen fast komplett weiß. Adrian stand neben ihm, seine Haltung angespannt.
„Was siehst du, Luke?"
Adrians Stimme klang angespannt und irgendwie... ehrfurchtsvoll.
Luke drehte seinen Kopf mit einer mechanischen Bewegung in Richtung des Dämons, dann meinte er mit leiser Stimme: „Es kommen schwere Zeiten auf dich zu, Dämon. Du wirst von deinen Nächsten verraten und kannst nur noch auf den Vertrauen, der dir am gefährlichsten scheint. Doch es gibt jemanden, der noch schlimmer ist und euch beide loswerden will."
Bei seinem letzten Satz drehte er den Kopf zu mir. Meinte er mich? Ich konnte nicht nachfragen, da Luke plötzlich wie ein Kartenhaus in sich zusammen fiel.
Kurz herrschte eine undurchdringliche Stille, dann pfiff Adrian. Der Laut ließ mich zusammenzucken.
Zwei junge Vampire stürzten aus der Tür, durch die auch Luke die Bibliothek betreten hatte, und hoben den jungen Druiden hoch. Im nächsten Moment waren sie schon verschwunden und ich blieb alleine mit einem wütenden Dämon zurück. Ich setzte mich etwas weiter auf und beobachtete angespannt Adrian, wie er mir ruckartigen Schritten vor dem Kamin auf und ab lief.
Das Feuer loderte immer wieder auf und beleuchtete ihn mit einem beunruhigenden Flackern, was meine angespannte Stimmung nicht unbedingt verbesserte. Irgendwann blieb Adrian an dem dunklen Tisch stehen und fasste nach einem Buch. Kurz hielt der Dämon es nur in der Hand, dann wirbelte er herum und warf es mit einer schnellen Bewegungen weg.
Das Buch flog über meinen Kopf hinweg und landete mit einem lauten Knall an einer Wand. Von dem plötzlichen Wutanfall erschrocken erhob ich mich. Im nächsten Moment sah ich das nächste Buch auf mich zu fliegen. Erst kurz bevor es mich traf machte ich einen Satz zur Seite und entging der alten Erstausgabe eines Gedichtbandes von Johann Wolfgang von Goethe.
Bevor der Dämon das nächste Buch werfen konnte fragte ich entgeistert: „Warum wirfst du mich mit so alten Erstausgaben ab?"
Adrians Augen funkelten bedrohlich kalt, als er aggressiv sagte: „Warum sollte ich dich nicht abwerfen, Kleiner?"
Und wieder flog ein Buch, dieses Mal ein Lehrbuch übers Segeln, auf mich zu. Ich reagierte nicht schnell genug und wurde seitlich am Kopf getroffen. Jetzt war wirklich die sprichwörtliche Kacke am dampfen.
Fluchend taumelte ich etwas und kämpfte um mein Gleichgewicht. Ein weiteres Buch flog auf mich zu und nur mit Mühe und Not entging ich dem. Ich taumelte zurück und suchte mir etwas, wo hinter ich mich verstecken konnte, während ein ständiger Buchregen auf mich nieder ging.
Ich ließ mich schließlich hinter eine Säule in Türnähe fallen und schlang beide Arme um meinen Kopf, den ich auf meinen angezogenen Knien ablegte. Als ich nach einiger Zeit nicht mehr hörte, wie Bücher gegen Wände krachten, erhob ich mich leicht und spähte um die Ecke. Was ich dann sah, ließ mich erstarren.
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Nach einer halben Unendlichkeit lade nochmal ein Kapitel hoch. Sry das so lange nichts kam, hatte ein bisschen Stress. Ich hoffe, dass dieser Lückenfüller euren Erwartungen entspricht, wenn nicht tut es mir sehr leid.
Eure _Amnesia_Malum_
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