𝐾𝑎𝑝𝑖𝑡𝑒𝑙: 𝟒𝟑

𝐾𝑎𝑝𝑖𝑡𝑒𝑙: 𝟒𝟑

ℑ𝔫𝔫𝔢𝔯𝔥𝔞𝔩𝔟 𝔡𝔢𝔯 𝔉𝔢𝔰𝔱𝔲𝔫𝔤𝔢𝔫 𝔳𝔬𝔫 𝔄𝔰𝔨𝔞𝔟𝔞𝔫
ℳ𝒶𝓇𝓎𝒶𝓃𝒶

  

Eisiger Wind. Kalte Gischt. Die Zelle, in die man mich für jene Nacht sperrte, war die Definition der Hölle auf Erden. Ein Loch in der Mitte des Bodens, durch das man das Meer gegen die Klippen prallen sehen konnte. Man konnte es aufschäumen hören, den Geruch von Salz riechen. Es war so kalt, dass ich das Gefühl hatte, diese Nacht nicht zu überleben. Ich zitterte am ganzen Körper wie  Espenlaub. Dementoren zogen an der klaffenden Öffnung im Boden vorüber und mit jedem Mal befiel mich ein Gefühl von absoluter Freudlosigkeit. Schlimmer strafen konnte man mich wohl gar nicht mehr... Auch wenn ich mir in dieser Tatsache hier in Askaban nicht einmal mehr sicher war. Welche Register fuhr man hier wohl noch auf? Soweit wie möglich war ich in der Zelle verschwunden, presste meinen Rücken gegen das eiskalte, scharfkantige Gestein. ,,Blumen und frisch gemähter Rasen...", flüsterte ich gebrochen, vergrub das Gesicht in den Händen. Die langen Umhänge der Dementoren flackerten unheilvoll im Wind, ihre Gegenwart überzog den Zellenboden mit einer feinen Eisschicht. Mit zusammengebissenen Zähnen drückte ich den Hinterkopf gegen das kalte Gestein hinter mir, schloss die Augen. ,,Bei Gott", brachte ich hervor, ehe ich die Hände über den Ohren zusammendrückte und so sehr schrie, dass mein Hals scharf zu brennen begann. Ich schrie mir den Schmerz aus der Brust, schnappte nach Luft, ehe ich meinen Schädel gewaltsam mit der Felswand in meinem Rücken kollidieren ließ und scharfer Schmerz in meinen Schläfen zu brennen begann. Wie ein Feuer. Aber Feuer war warm... Genauso warm wie das Blut, das langsam meinen Nacken hinab rann. 

   

,,Wenn du pustest, darfst du dir etwas wünschen... Na los, wünsch dir was!" Aus dunklen Augen sah er mich an, während wir auf der Wiese hinter dem Haus meiner Eltern lagen und die Sonnenstrahlen der spätsommerlichen Nachmittagssonne die Oberfläche des Sees vor uns zum Glitzern brachten. Ich schüttelte den Kopf, betrachtete die Pusteblume in seinen blassen Fingern. ,,Du brauchst diesen Wunsch dringender als ich, Severus... Du könntest dir wünschen, dass James und Sirius aufhören, dich zu ärgern...", gab ich zurück und er schüttelte den Kopf. ,,Das ist mir egal... Das ist nicht wichtig genug. Dafür ist ein Wunsch zu wertvoll", widersprach er mir und ich musterte ihn. Er war blass wie immer, seine rabenschwarzen Strähnen fielen ihm in die Stirn. Wir waren gerade mal vierzehn - und wir hatten noch keinerlei Ahnung, wie sehr unser Leben sich noch verändern und wie weit wir uns voneinander entfernen würden. ,,Ich hasse die beiden dafür", meinte ich und zog meine Beine an. Er schüttelte den Kopf. ,,Du solltest keinen Hass verspüren, Hass ist ein unreines Gefühl, Maryana." Ich begegnete erneut dem Ernst seines Blickes. Ich setzte mich langsam auf. ,,Was wünschen wir uns dann? Dass unsere Wege sich niemals trennen? Dass... wir uns nicht voneinander abwenden werden?" Vorsichtig sah ich ihn an. Severus setzte sich ebenfalls auf. ,,Das ist unabwendbar." Seine Stimme klang bitter. Er sah mich nicht an, als er ein kleines Notizbuch aus seiner Tasche zog und die Blume zwischen die Seiten schob. ,,Ich hebe sie dir auf. Ich hebe dir einen Wunsch auf, weil du meine Freundin bist. Wenn du ihn brauchst, dann komm zu mir... Egal wann, egal wie. Ich werde sie in einem verzauberten Glastropfen für dich aufbewahren", meinte er leise und ich biss mir auf die Unterlippe. ,,Aber... Severus, warum? Du könntest dir so viel wünschen, du-" Er unterbrach mich, indem er mich wieder aus seinen unergründlich tief dunklen Augen ansah. ,,Weil der Wunsch dir gehört, Maryana. Und eines Tages wirst du ihn brauchen, du wirst mich brauchen. Und dann bin ich da. Damit erfülle ich uns nicht nur einen Wunsch... Denn damit werden wir uns niemals ganz voneinander abwenden. Diese Blume bindet uns aneinander." 

  

War es naiv? War es naiv, dass ich mir jetzt in diesem Moment wünschte, ich hätte einen Wunsch frei? Ich wüsste nicht, ob ich mir den Tod wünschen würde... Oder doch, Askaban zu verlassen. Doch war ich überhaupt noch genug ich selbst, um in der echten, sorglosen Welt zu leben? Liebte mich Sirius überhaupt noch? Würde Asterion mich überhaupt wieder erkennen? Fahrig fuhr ich mir durchs Haar. ,,Eine Pusteblume... Ich wünschte mir, ich hätte eine Pusteblume", wimmerte ich, ließ mich langsam auf den Steinboden sinken, rollte mich zitternd in der Kälte zusammen. Rasselnder Atem ließ mich schluchzend die Augen schließen. ,,Nicht schon wieder...", hauchte ich schwach, vergrub das Gesicht in den Händen. Der Dementor lehnte über mir. Sein Atem war kalt und roch faulig... ,,Du hättest es verhindern können, du hättest alles verhindern können! Warum hast du nichts getan?!"  Warum hatte ich nichts getan?... So viele Menschen waren gestorben, vor meinen Augen. So viel Leid in diesem schrecklich blutigen Krieg. Ich hätte so viel verhindern können. Der Dementor fand nicht mehr viel bei mir... Meine Seele hatte sich voller Furcht und Hoffnungslosigkeit im hintersten Winkel meines Körpers zusammengekauert. Es gab nicht viel positives, das er verschlingen konnte. Umso schneller verschwand er wieder durch das klaffende Loch in mitten der Zelle. Am liebsten würde ich mich in die Wellen stürzen und in eisiger Kälte ertrinken, spüren, wie das Wasser meine Lungen flutete und ich endlich Frieden fand. 
   

Frieden. Er wäre ruhig und warm, würde mich in behütende und tröstende Arme schließen. Wimmernd drückte ich meine Stirn gegen die eisige Schicht über dem Felsboden. Ich konnte mich kaum rühren. Mein Körper war vor Kälte ganz klamm, als ich langsam auf das Loch in der Zelle zu robbte. Es wäre so einfach. Ich müsste mich bloß fallen lassen... Nichts und niemand würde mich aufhalten. Die Außenwelt hatte mich sowieso schon vergessen. Sirius würde eine Andere lieben können, Asterion würde eine Andere als Mutter akzeptieren. Es wäre, als hätte es mich nie gegeben. Schluchzend sah ich hinab in die tosenden Wellen. Gischt spritzte mir entgegen. So einfach... Zu einfach... Zitternd schüttelte ich den Kopf. Es war falsch. Aufgeben war falsch. Knurrend robbte ich wieder zurück, stieß ein verzweifeltes Schnaufen raus, raufte mir durchs Haar. Eine einfachen Pusteblume... Ich hatte nie geglaubt, einmal so sehr einen Wunsch zu brauchen - ganz gleich ob er in Erfüllung ging oder nicht. Doch Severus Snape offenbar schon. Aber das war längst vergangene Zeit... 

  

Elf Tage später

Es war früh am Morgen. Asterion hatte die halbe Nacht geschrien, weil das Zahnen momentan besonders schlimm war - und Sirius hatte eine ganze Weile lang ausgesehen, als hätte er am liebsten mit geweint, während er seinen Sohn auf seinen Armen gewiegt und sich unglaubliche Sorgen gemacht hatte. Am liebsten wäre er mit dem Zahnweh des Kleinen noch ins St. Mungos gefloht. Es war sehr früh am Morgen, als Sirrah Sylvane lautlos die Treppen hinab trat, mit den Phiolen des Vielsafttrankes bewaffnet. Sie schluckte einen Moment. Wenn sie jetzt gleich mit Alastor nach Askaban apparierte, dann kam sie vielleicht nie wieder zurück. Sie würde Asterion nie wiedersehen, Remus nie wiedersehen... Sie senkte den Blick, als ihre Kehle eng wurde. Ein Abschied würde es nur noch schlimmer machen... Und Remus würde sie auch niemals gehen lassen. Es war besser, wenn sie einfach ohne weiteres verschwand. Sie zog sich die Kapuze über den Kopf, ehe sie aus der Haustür trat. Alastor Moody wartete bereits ungeduldig auf sie, sein Glasauge zuckte unruhig. ,,Da bist du ja, Sylvane", murrte er und Sirrah nickte tapfer, versuchte sich zu fassen. Sie musste Maryana aus Askaban befreien, das war das Einzige, was wichtig war. Sie hatte es ihrer Freundin versprochen, so wie sie es auch Asterion und Sirius versprochen hatte. Sie würde eine Familie wieder vereinen... Während sie selbst nichts mehr zu verlieren hatte. Bis auf Remus... Doch hätte der Werwolf sie wirklich jemals an sich herangelassen? Vermutlich nicht... ,,Bereit?" Fragend sah Alastor sie an. Sirrah warf einen letzten Blick zum Hause der Blacks. Es tut mir wirklich leid, Remus... Aber ich habe ein Versprechen gegeben. 

    

,,Bereit...", murmelte sie, griff nach dem Arm des Aurors. Einen Moment fühlte die junge Hexe sich, als würde sie durch einen engen Schlauch gepresst werden und ihr Magen kam gefährlich ins Schlittern. Als sie die Augen wieder öffnete und sich gerade noch so daran hindern konnte, sich zu erbrechen, sah sie Meer. Gischt spritzte hoch, als Wellen gegen Klippen schlugen und Sirrah schluckte hart, als sie schemenhafte Gestalten über ihr um die Festungen von Askaban kreisen sah. ,,Merlin...", hauchte sie. Allein der Anblick des riesigen Gefängnisses vor ihr ließ ihr kalt werden. Ihr Herz zog sich zusammen, ihre Handflächen begannen vor Angst zu schwitzen. Wie musste sich Maryana gefühlt haben, als sie zum ersten Mal die gewaltigen Festungen von Askaban hinauf geblickt hatte? Sirrah schluckte hart. Alastor schleifte sie auf eine Hintertür zu. Ein Hauself öffnete ihnen. Er war recht gut bestückt für einen Hauselfen, was sie Kleidung anging - und verschwand wortlos, als Alastor ihm ein paar Sickel in die Hand drückte. Sirrah sah ihn fragend an und er winkte ab. ,,Gieriger Elf, lässt sich für alles Mögliche bezahlen...", murmelte er und sah sie ernst an. ,,Hier bist du auf dich gestellt." Er reichte ihr zwei seiner Haare, die er in einer kleinen Glas-Phiole aufbewahrt hatte. ,,Viel Glück..." Sirrah nickte. ,,Kann ich sicher gebrauchen...", flüsterte sie, biss sich auf die Unterlippe. Alastor verschwand und sie gab seine Haare in den Vielsafttrank. ,,Wohlbekommens..." Sie legte den Kopf in den Nacken. Der Geschmack des Vielsafttrankes war widerlich und so klumpig, dass sie ihn kaum runter bekam. Sie ließ die Phiole fallen und sie zerbrach. Damit war der erste Trank aufgebraucht. Ihre Sicht verschleierte, sie glaubte, sich doch noch jeden Moment übergeben zu müssen. 

  

Als sie sich keuchend wieder aufrichtete und ihr Blickfeld wieder aufklärte, blinzelte sie einen Moment irritiert. Es war ein merkwürdiges Gefühl, durch ein Glasauge zu sehen. Scharfer Schmerz fuhr durch ihr eines Bein, als sie den ersten Schritt setzte. Alastor trug eine Bürde auf seinen Schultern, die man ihm gar nicht so ansah, wie sie eigentlich war. Sirrah schluckte. Der Auror musste unsagbar stark sein, in so einem geschundenen Körper weiterzuleben. Die junge Hexe straffte die Schultern, ehe sie als Alastor Moody durch das Gefängnis hinkte. Er hatte ihr alles genaustens erklärt... Sie wusste, wie sie in den Korridor gelangte, in welchem Maryana festgehalten wurde. Sie schluckte schwer, als sie mehreren misstrauisch dreinblickenden Hauselfen begegnete. Doch die meisten zogen kurz darauf die Köpfe wieder ein. Hinkend schleppte sie sich die Treppen rauf, die ihr ewig vor kamen. Dann drückte sie die Türen auf. Maryanas Zelle war die Erste, die kam. Sirrah blieb stehen. Ihr Herz zog sich zusammen, als sie ihre Freundin erblickte. Maryana war mager geworden... Dabei war ihre Figur einmal so wunderschön und vor allem weiblich gewesen. Sie hatte sie immer um ihre ausgeprägten Reize beneidet - davon war nun nichts mehr übrig. Ihre Haare hingen ihr in zottligen Locken im Gesicht, sie hatte sich zusammengekauert und rührte sich nicht. Sie wirkte zusammengefallen und gebrochen. Sirrah atmete tief durch. Langsam trat sie an die Zellengitter. ,,Maryana?" Keine Reaktion. Es war seltsam, ihre hohen Stimmbänder aus dem Mund von Alastor Moody. Sie räusperte sich. Maryana rührte sich nicht einmal und Sirrah bekam es mit der Angst zutun. War sie zu spät? Hatte sie zu lange gebraucht? War Maryana schon nicht mehr sie selbst? 

   

Langsam schloss sie die Finger um die Gitterstäbe. ,,Maryana", sprach sie ihre Freundin erneut an und sie hob den Kopf. Sirrah durchfuhr Schock. Sirius hatte schon schrecklich ausgesehen, doch ihre Freundin sah aus wie ein Schreckgespenst. Übersät von Kratzern und blauen Flecken, eingefallene Wangen, ein zu spitzes Kinn. Trübe Augen, die beinahe leblos wirkten. Zusammengefallen. Ihre Augenringe waren große, unheilvolle Halbmonde, die sich beinahe an ihren Nasenflügeln trafen. Könnte Sirius seine Geliebte so sehen, würde es ihn zerreißen. Blut haftete an dem Stoff ihrer Hose und Sirrah konnte finster und mit einem bitteren Geschmack auf der Zunge nur erahnen, woher es kam. ,,Moody... Was willst du?" Sie sah wieder weg. Sirrah schüttelte leicht den Kopf. Schock hatte sie einen ganzen Moment gelähmt und sprachlos gemacht. Das war nicht mehr die Frau, die sie gekannt hatte. Das war nicht mehr die Maryana, die sie vor einiger Zeit verabschiedet hatte. Wie lange saß sie nun in Askaban? Beinahe zwei Monate? Sie sah vollkommen zerstört aus. Spitz stachen ihre Schulterblätter aus dem Stoff ihrer Kleidung hervor. Aß sie überhaupt? Sie sah beinahe aus wie der Tod. Ihr Blick wirkte abwesend und wirr. War sie gedanklich überhaupt klar? ,,Nicht Moody. Ich bin es, Maryana. Sirrah", flüsterte die junge Hexe nun heiser und Maryana schwieg einen Moment. ,,Sirrah...?", hauchte sie mit schwacher Stimme und drehte langsam den Kopf. ,,Ja..." Langsam ging sie in die Knie. ,,Ich hole dich hier raus", hauchte sie und Maryana sah sie ungläubig an. ,,Hier... raus?" Tränen sammelten sich in ihren rehbraunen Augen und Sirrah nickte heftig, griff in ihre Umhangtasche. ,,Ja... Ich habe Vielsafttrank bei mir, Maryana. Er wird dich in Moody verwandeln. Wir werden einfach Plätze tauschen. Du kannst nachhause gehen, meine Kleine."

  

Sanft sah Sirrah das zerbrechliche Etwas hinter den Gefängnisgittern an. Urplötzlich war ihre Angst verschwunden, sie bereute ihre Entscheidung keine Sekunde mehr. Maryanas Anblick hatte sie davon überzeugt, das Richtige zutun. Sie tat das Richtige... So wie Maryana aussah, hatte sie nicht mehr lange, bis sie sterben würde. Sie musste hier raus. Heute noch. ,,Sirrah...", wimmerte sie, rutschte an die Gitter heran, legte ihre Finger an das Eisen. ,,Sirrah..." Schluchzend schloss sie die Augen. ,,Sirrah, ich glaube, ich kann nie wieder etwas Schönes fühlen..." Erneut verkrampfte sich Sirrahs Herz aufgrund tiefstem Mitgefühls. ,,Doch, Maryana, das wirst du. Sirius, Asterion. Sie warten zuhause auf dich. Du musst nur trinken", wisperte sie und Maryana sah sie an. ,,Sie... Sie warten? Sie haben keinen Ersatz gefunden?", brachte sie hervor. Sirrah schüttelte heftig den Kopf. ,,Nichts und niemand könnte dich ersetzen, Kleines. Los, trink. Dann kannst du einfach hier rausspazieren, du kannst gehen. Und es wird alles wieder gut werden..." Liebevoll sah sie die Schreckgestalt vor sich an, die einst so wunderschön und ihre beste Freundin gewesen war. Maryana sah aus, als hätten die Dementoren sie schon lange geküsst... Nur dass sie geistig anwesend zu sein schien, überzeugte Sirrah Sylvane davon, dass es nicht so war. Langsam reichte sie Maryana die Phiole durch die Gitterstäbe, während ihre zittrigen Hände ihr sanft eine Haarspitze auszupften. ,,Trink", hauchte sie und Maryana betrachtete die Phiole in ihren blassen, aufgerissenen Fingern, hob sie langsam an. Sirrah schöpfte Hoffnung. War es doch so einfach? Würde sie ihre Freundin tatsächlich nachhause bringen können? Hoffnungsvoll sah sie Maryana an - und ihr Herz rutschte ihr in die Kniekehlen, als die Rothaarige inne hielt, blinzelte. Erst jetzt schien sie zu verstehen...

  

,,NEIN!" Mit einem Aufschrei, der Sirrah zusammenzucken ließ, feuerte sie die Phiole in die hinterste Ecke ihrer Zelle. Sie zerbrach. ,,Nein... Merlin, Maryana, nein! Was hast du getan?!", stieß sie fassungslos hervor, Wut und Sorge schwangen in ihrer belegten Stimme mit. Schluchzend schüttelte Maryana den Kopf. ,,Ich tausche nicht. Ich könnte das hier nicht einmal meinem schlimmsten Feind zumuten. Es ist mein Schicksal und ich trage es. Bis in den Tod. Ich konnte Sirius damit befreien, meine Aufgabe ist getan!" Sie vergrub das blasse, schmutzige Gesicht in den Händen und fassungslos sah Sirrah ihre Freundin an. Noch immer so furchtbar stur... Sie fühlte sich wie ein Ballon, aus dem man die Luft gelassen hatte. Jede Hoffnung in ihr verpuffte. Ihre letzte Chance. Ihre letzte Chance, Maryana aus Askaban zu befreien... Sie war dahin. ,,Was hast du nur getan...", flüsterte sie mit bebender Stimme und aus glasigen Augen sah Maryana sie an. ,,Fechte das Urteil an, Sirrah. Ich werde die Zeit des Prozesses auch noch überstehen..." Sirrah schmeckte Galle auf ihrer Zunge, als sie den Blick senkte. ,,Ich kann es nicht anfechten... Ich habe die Beweise nicht mehr... Und Amandriel, er... Er ist tot..." Die Worte verließen schneller ihren Mund, als sie hätte nachdenken können. Sie erwartete, das Maryana zu schreien begann. Zu weinen. Doch ihr Blick wurde nur seltsam ausdruckslos. ,,Okay...", hauchte sie. ,,Dann bin ich erst recht froh, nicht getauscht zu haben. Ich komme niemals hier raus..." 

 

,,Was ist nur mit dir passiert..." Sirrah betrachtete Maryana voller Schmerz. Und Schuld. Sie hatte versagt. Hoffnungslos versagt. Sie war eine Versagerin. Sie schaffte es nicht, Asterion seine Mutter zurückzubringen... ,,Deine Haare werden braun." Emotionslos sah Maryana ihre Freundin an und Sirrah schluckte. Sie hatte sich schon gedacht, dass ihr bei dem Trank ein Fehler unterlaufen war... Doch die Zeit hätte trotzdem gerade so gereicht, um Maryana entkommen zu lassen. ,,Maryana...", flüsterte sie und die Rothaarige lächelte schwach. ,,Ist schon okay. Ich weiß, dass ich hier sterben werde. Ich hoffe, es ist bald soweit..." Sirrah glaubte, selbst den Kuss des Dementoren zu spüren. Ihr Herz stürzte die Klippen hinab und zerschellte. ,,Du musst gehen... Deine Nase wird zu klein", brachte Maryana hervor und Sirrah sah sie verzweifelt an. ,,Ich... Ich werde die Beweise zurückholen, ich werde dich hier rausholen!", rief sie aus und Maryana sah zur Seite. ,,Okay..." Sirrah glaubte, jeden Moment wahnsinnig zu werden. Maryana war nicht mehr menschlich. Sie war nur noch ein Schatten ihrer selbst. Vermutlich nicht mehr zu retten. Sie wirkte wie paralysiert. Und sie glaubte ihr nicht. Sirrah brach in Tränen aus. Ungehalten, verzweifelt. Maryana betrachtete sie. ,,Ich liebe dich, Sirrah. Und Asterion... Und Sirius... Und Remus... Ihr dürft mich nicht vergessen, wenn ich tot bin." Nun weinte die Insassin doch. Sie schluchzte so bitter, dass Sirrah sich nur noch zerstörter vorkam. Das hier war schlimmer als der Tod. 

  

,,Asterion darf nicht vergessen, wer seine Mutter war. Sirrah!" Sie umgriff die Gitterstäbe. ,,Sirrah, bitte! Er darf mich nicht vergessen! Ich liebe ihn, ich liebe ihn!" Flehend sah sie sie an. Sirrah glaubte, jeden Augenblick zusammenzubrechen. Nie hatte sie solchen Schmerz verspürt, nie. Es war schlimmer als der Tod, schlimmer als Amandriels Tod. Es war, als zerfetzte eine scharfe Messerklinge ihre Seele. ,,Er wird dich niemals vergessen...", hauchte sie. Sie sah an sich hinab. Sie sah schon viel zu sehr aus wie sie selbst. Das würde die Hauselfen misstrauisch machen, immerhin war sie als Moody hier rein spaziert. ,,Sirrah..." Maryana vergrub das Gesicht in den Händen. Ihre Finger krallten sich in ihre Haare, sie begann zu schreien, als durchlitt sie die schlimmsten Qualen. Sirrah Sylvane stand da, spürte sich selbst zerbrechen und war nicht in der Lage, sich zu bewegen. Ein grober Griff um ihren Oberarm riss sie aus ihren selbstzerstörerischen Selbstvorwürfen. ,,Sylvane, Zeit zu gehen", knurrte Alastor. Er musste es geahnt haben. Jetzt rettete er sie. ,,Aber... Maryana...", flüsterte sie, sah zu der schreienden Schreckgestalt, die ihre Nägel in ihre eigenen Haut grub, ihr eigenes Gesicht zerfetzte. ,,Du kannst nichts für sie tun!", herrschte Alastor sie an, riss sie an sich. Er war frei von dem Fesselzauber, der den Insassen innerhalb der Festungen keinerlei Magie erlaubte - und schaffte es unter großem Aufwand mit Sirrah direkt aus der Festungen zu apparieren. Er hatte sie gerettet. Doch Sirrah hatte niemanden gerettet. Alles war noch schlimmer, noch endgültiger, noch hoffnungsloser geworden. Maryana war nur noch ein Geist... Sie hatte es mit eigenen Augen gesehen. Und sie hatte nichts tun können, sie hatte sie zurückgelassen. Und sie ahnte, Sirius und Remus wussten schon von ihrem Verschwinden - und auch, wohin sie gegangen war. Wie sollte sie Sirius gleich erklären, was in Askaban vorgefallen war...? Wie erfolglos ihr Handeln gewesen war, wie umsonst das Warten, das Planen? Das alles für nichts. Ein Nichts, das Sirrah Sylvanes Herz verschlang. 


   

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Hier bin ich wieder!

Eigentlich wollte ich nur vorschreiben und morgen wieder updaten, aber irgendwie... hatte ich dann doch den Drang dazu, das Kapitel hochzuladen. Das mit dem Vorschreiben kann  ich irgendwie einfach nicht. :D

In dem Kapitel war jetzt ziemlich viel los - im Gegensatz zu den Letzten und da sich teilweise beschwert wurde, habe ich mich jetzt einfach mal gefügt und die Vielsafttranksache geschehen lassen. Noch dazu habe ich einen interessanten, lange geplanten Flashback bei Maryana erwähnt.

Zu der Gefängniszelle, in der sie am Anfang des Kapitels sitzt, habe ich mir übrigens meine Inspiration von GAME OF THRONES geholt, eine meiner Lieblingsserien.

Ich hoffe, das Kapitel hat euch gefallen!
Feedback dazu würden mich sehr freuen, besonders weil es so ein wichtiges Kapitel war!

Liebe Grüße,
Eure wingsofeden

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